Beschluss vom 21.07.2025 -
BVerwG 10 B 19.24ECLI:DE:BVerwG:2025:210725B10B19.24.0
Leitsatz:
Aus § 21 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 AtG folgt die Kostentragungspflicht eines Dritten im Falle der Ablehnung eines Antrags auf Vornahme von in § 21 Abs. 1 Nr. 2 AtG bezeichneten Amtshandlungen wie dem Widerruf einer atomrechtlichen Genehmigung oder dem aufsichtlichen Einschreiten.
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Rechtsquellen
VwVfG § 36 Abs. 2 Nr. 4, § 44 Abs. 4 VwGO § 108 Abs. 1 Satz 1 AtG § 17 Abs. 3, § 18 Abs. 2, § 19 Abs. 3, § 21 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2, Abs. 1 Nr. 2 AtSKostV § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 -
Instanzenzug
VGH München - 18.06.2024 - AZ: 22 A 20.40009
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 21.07.2025 - 10 B 19.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:210725B10B19.24.0]
Beschluss
BVerwG 10 B 19.24
- VGH München - 18.06.2024 - AZ: 22 A 20.40009
In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 21. Juli 2025 durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Rublack und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer und Dr. Löffelbein beschlossen:
- Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2024 wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Der Kläger, eine anerkannte Umweltvereinigung, begehrt das atomaufsichtliche Einschreiten gegen den Betrieb eines Forschungsreaktors (FRM II) der Technischen Universität München mit hochangereichertem Uran. Hierin sieht der Kläger einen Verstoß gegen die 3. Teilgenehmigung zum Betrieb des FRM II und beantragte bei dem Beklagten ohne Erfolg, diesen Betrieb zu untersagen. Die Klage auf Aufhebung des ablehnenden Bescheides und Verpflichtung des Beklagten zur Untersagung des weiteren Betriebs des Forschungsreaktors hat der Verwaltungsgerichtshof abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.
II
2 Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
3 1. Die Revision ist nicht wegen der vom Kläger erhobenen ersten Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
4 Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist, oder auf der Grundlage der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 2023 - 2 B 18.23 - juris Rn. 20 m. w. N.). Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsrechtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2022 - 7 B 6.22 - juris Rn. 5 m. w. N.). Daran fehlt es hier.
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Der vom Kläger aufgeworfenen Frage
"Schließt der Umstand, dass ein Genehmigungsakt für eine Anlage (hier eine Anlage i. S. v. § 7 AtG), mit dem der Betrieb der Anlage ab einem zeitlich versetzten Zeitpunkt nur noch mit einem geänderten und noch nicht verfügbaren Einsatzstoff (hier Brennstoff mit abgesenktem Anreicherungsgrad von höchstens 50 % Uran-235 Anreicherung) zugelassen wird und zugleich ein schrittweiser Weg zur Erlangung der für den Betrieb des neuen Einsatzstoffes erforderlichen Änderungsgenehmigung vorgeschrieben wird, die Qualifizierung eines solchen Regelungsregimes als Inhaltsbestimmung aus, weil der neue Einsatzstoff (hier: Brennstoff mit abgesenktem Anreicherungsgrad von höchstens 50 % Uran-235 Anreicherung) selbst von dem Genehmigungsakt noch nicht spezifiziert und nur im Umriss (hier: Brennstoff mit abgesenktem Anreicherungsgrad von höchstens 50 % Uran-235 Anreicherung) gekennzeichnet ist, wie dies der VGH annimmt?"
kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.
6 Die Frage ist nicht fallübergreifend klärungsbedürftig. Ob ein bestimmter Umstand in einem atomrechtlichen Verfahren die Qualifizierung als Inhaltsbestimmung ausschließt, lässt sich nur im jeweiligen Einzelfall beantworten. Die Frage zielt nicht auf die Beurteilung eines abstrakten Rechtsmaßstabs, sondern auf die tatrichterliche Würdigung, ob ein konkreter Verwaltungsakt gemäß der Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont eine Auflage oder eine Inhaltsbestimmung enthält.
7 Zudem ist die Frage, wann eine Auflage im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes und wann eine Inhaltsbestimmung vorliegt, höchstrichterlich entschieden. Die Auflage im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG ist eine Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Die so statuierte Verhaltenspflicht ist mit dem begünstigenden Hauptverwaltungsakt akzessorisch verknüpft und selbstständig durchsetzbar. Demgegenüber ist eine Inhaltsbestimmung ein Element der Hauptregelung, die das genehmigte Tun oder Verhalten entsprechend dem Antrag oder hiervon abweichend festlegt und konkretisiert, indem sie die genehmigte Handlung bzw. das Verhalten räumlich und inhaltlich bestimmt und damit die Genehmigung erst ausfüllt (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Februar 1984 - 7 C 8.82 - BVerwGE 69, 37 <39>, vom 21. Februar 1992 - 7 C 11.91 - BVerwGE 90, 42 <48> und vom 22. November 2018 - 7 C 9.17 - juris Rn. 23). Für die Abgrenzung ist die im Verwaltungsakt zum Ausdruck kommende Regelungsabsicht der Genehmigungsbehörde maßgeblich; es kommt darauf an, welche Rechtsfolgen sie - innerhalb des gesetzlichen Rahmens - mit der jeweiligen Festsetzung erzeugen will. Dabei ist für die rechtliche Einordnung einer im Genehmigungsbescheid enthaltenen Einschränkung der objektive Erklärungsgehalt des Bescheids und nicht die Bezeichnung der entsprechenden Regelung durch die Behörde entscheidend (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. September 2009 - 5 C 32.08 - BVerwGE 135, 67 Rn. 11).
8 2. Die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe im Hinblick auf die Verneinung einer Inhaltsbestimmung durch den Verwaltungsgerichtshof gegen den Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen, greift nicht durch.
9 Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Grenzen der "Freiheit" des Gerichts sind jedoch überschritten, wenn es entweder seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen. Solche Verstöße gegen den Überzeugungsgrundsatz können als Verfahrensmängel gerügt werden (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 30. August 2018 - 7 B 5.18 - juris Rn. 6 m. w. N. und vom 28. Juli 2022 - 7 B 15.21 - NVwZ 2022, 1634 Rn. 44). Eine "aktenwidrige Entscheidung" liegt erst vor, wenn der Streitstoff, den das Tatsachengericht seiner Entscheidung zugrunde legt, von dem tatsächlichen Streitstoff, wie er sich aus den Akten ergibt, zu entscheidungserheblichen Fragen abweicht, sei es, dass er darüber hinausgeht, indem aktenwidrig – "ins Blaue hinein" – Tatsachen angenommen werden, sei es, dass er dahinter zurückbleibt, indem Akteninhalt übergangen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. August 2012 - 8 C 5.11 - Buchholz 428 § 1 Abs. 1 VermG Nr. 28 Rn. 25; Beschlüsse vom 28. Juli 2022 - 7 B 15.21 - NVwZ 2022, 1634 Rn. 44, vom 30. Mai 2023 - 10 BN 2.23 - juris Rn. 7 und vom 11. März 2025 - 10 B 14.24 - juris Rn. 18). Von diesen Maßstäben ausgehend ist ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 VwGO nicht dargelegt.
10 Soweit die Beschwerde moniert, der Verwaltungsgerichtshof habe die Begründung in der 3. Teilgenehmigung (S. 54 f., 83 f.) zur Nichthinnehmbarkeit des Betriebs des FRM II mit dem genehmigten Brennstoff über den 31. Dezember 2010 hinaus als Beleg für das Vorliegen einer Inhaltsbestimmung konzediert (UA Rn. 92), was aber mit der Erwägung, auch Nebenbestimmungen könnten dem Zweck dienen, die Erfüllung gesetzlicher Voraussetzungen eines Verwaltungsakts sicherzustellen, aktenwidrig und willkürlich in Widerspruch zu seiner späteren Überzeugung unter Rn. 132 stehe, ist ein beachtlicher Verfahrensfehler nicht dargelegt. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs gründen sich nicht auf eine objektiv willkürliche Sachverhaltswürdigung. Die Ausführungen zum Zweck einer Auflage, die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen eines Verwaltungsakts sicherzustellen, dienen der Abgrenzung von einer Inhaltsbestimmung. Dies steht nicht im Widerspruch dazu, dass die hier mit der Auflage bezweckte sog. Proliferationsvorsorge nicht zu den Genehmigungsvoraussetzungen gehört, sondern zu der Ausübung des Versagungsermessens auf der Rechtsfolgenseite (3. Teilgenehmigung S. 52).
11 Außerdem kann keine Rede davon sein, dass die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die Erteilung der Genehmigung stehe unter der Prämisse der technischen Umsetzbarkeit der Umrüstung, eine willkürliche oder gegen die Denkgesetze verstoßende Sachverhalts- und Beweiswürdigung sei. Soweit in dem Beschwerdevorbringen der Vorwurf willkürlicher Rechtsanwendung zum Ausdruck gebracht werden sollte, könnte sie mit dieser Rüge einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht begründen. Ein solcher Mangel - läge er denn vor - beträfe die Auslegung und Anwendung materiellen Rechts und wäre nicht geeignet, einen Mangel im gerichtlichen Verfahren darzutun (BVerwG, Beschlüsse vom 21. Februar 2003 - 9 B 64.02 - juris Rn. 6, vom 16. Februar 2012 - 9 B 71.11 - NVwZ 2012, 1490 Rn. 8 m. w. N. und vom 30. Mai 2023 - 5 B 13.22 - juris Rn. 5).
12 Die Annahme der Vorinstanz, die streitgegenständliche Regelung in Abschnitt III.9 stehe unter der Prämisse der technischen Umsetzbarkeit, was einer Auslegung als Inhaltsbestimmung widerspreche, beinhaltet auch entgegen der Auffassung der Beschwerde keine willkürliche oder aktenwidrige Sachverhaltswürdigung. Vielmehr knüpft sie für die Auslegung der 3. Teilgenehmigung an die Begründung des Bescheids an, nach der eine Umstellung ohne Einschränkungen für den Betrieb des FRM II fristgerecht möglich sein werde (UA Rn. 92). Entsprechendes gilt hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, einer Festschreibung der Umstellungsverpflichtung habe es wegen der paraphierten Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Beklagten nicht bedurft (UA Rn. 93). Die Schlussfolgerung des Verwaltungsgerichtshofs, die Umstellungsverpflichtung und der Zeitpunkt einer Umstellung seien hinreichend gewährleistet, so dass es keiner Festschreibung in der 3. Teilgenehmigung mehr bedurft habe, ist keine willkürliche oder aktenwidrige Behandlung von Tatsachenmaterial, sondern wäre allenfalls ein von der Beschwerde geltend gemachter Mangel in der Auslegung und Anwendung materiellen Rechts. Die Grundlage für diese Annahme lag für den Verwaltungsgerichtshof in der damaligen Fassung der Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik und dem Beklagten, die als spätesten Termin für die Umrüstung den 31. Dezember 2010 vorsah. Diesen Umstand hat die 3. Teilgenehmigung auf Seite 54 ihrer Begründung aufgenommen.
13 Dass es in dieser vor Erteilung der Genehmigung abgeschlossenen Vereinbarung heißt, diese berühre keine Fragen, die Gegenstand des Genehmigungsverfahrens und der bundesaufsichtlichen Überprüfung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens hinsichtlich des FRM II seien, begründet entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht die Aktenwidrigkeit der vom Verwaltungsgerichtshof herangezogenen sachlichen Inhalte der Vereinbarung zur Brennstoff-Umrüstung. Ob Inhalte der Vereinbarung bei der Auslegung der 3. Teilgenehmigung zu berücksichtigen sind, ist eine Frage der Anwendung materiellen Rechts.
14 Dies gilt auch für die von der Beschwerde monierte Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs (UA Rn. 94), nur bei Annahme einer Auflage sei der Genehmigungsbehörde die notwendige Flexibilität eröffnet, um auf unvorhergesehene Umstände zu reagieren. Von einer willkürlichen Sachverhaltsannahme kann hier keine Rede sein. Der Verwaltungsgerichtshof kommt vielmehr im Zuge einer Auslegung der 3. Teilgenehmigung zu dem Ergebnis, dass der Umrüstungsbegriff prozedural verstanden werden könne. Bei einer Auflage bestehe die in der Begründung des Bescheids (S. 55 und S. 83 f.) als Reaktion auf die Nichteinhaltung des Umstellungstermins aufgezeigte Möglichkeit des Widerrufs der 3. Teilgenehmigung.
15 Des Weiteren begründet der Verwaltungsgerichtshof seine Annahme einer Auflage und keiner Inhaltsbestimmung damit, es gelte nicht nur Unklarheiten, sondern auch einen genehmigungslosen Zustand zu vermeiden (UA Rn. 94). Diese an Sinn und Zweck orientierte Auslegung der 3. Teilgenehmigung anhand des objektiven Empfängerhorizonts führt nicht auf einen Verstoß gegen Denkgesetze. Nichts anderes gilt für die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die Umrüstung solle ohne signifikante Leistungsveränderung erfolgen (UA Rn. 96 und 101). Sie gründet sich nicht auf einer aktenwidrigen und willkürlichen Sachverhaltswürdigung. Der Beschwerdegegner weist mit Recht darauf hin, dass der Verwaltungsgerichtshof den Kontext der 3. Teilgenehmigung und die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik und dem Beklagten als Tatsachenmaterial berücksichtigt und für seine Überzeugungsbildung herangezogen habe. Schließlich gründet sich auch die Annahme, dass es auf die genaue Einhaltung des Zeitpunkts einer Umrüstung bis zum 31. Dezember 2010 nicht angekommen sei (UA Rn. 97), nicht auf aktenwidriges Tatsachenmaterial. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich auf Angaben des Beklagten (auch zur politischen Einwirkung hinsichtlich des Umrüstungszeitpunkts) und auf die Begründung der 3. Teilgenehmigung gestützt, in der auf die Vereinbarung der Bundesrepublik mit dem Beklagten verwiesen werde. Entsprechendes gilt, soweit die Beschwerde die Sachverhaltsannahme des Verwaltungsgerichtshofs, es komme auf die genaue Einhaltung des Umrüstungszeitpunkts zum 31. Dezember 2010 nicht an, als aktenwidrig moniert. Seine Schlussfolgerung, beide Umstände sprächen gegen eine Inhaltsbestimmung, führt nicht auf einen Verfahrensmangel.
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3. Auch die weitere Grundsatzfrage
"Ist gemäß Art. 44 Abs. 4 BayVwVfG, wenn ein Teil eines im Ermessen der Behörde stehenden Verwaltungsaktes nichtig ist, bei der Beurteilung der Frage, ob er im Ganzen nichtig ist, weil der nichtige Teil so wichtig ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte, darauf abzustellen, wie die Erlassbehörde, bei hinreichender Kenntnis der Sach- und Rechtslage auf Basis einer allein objektiven und nicht subjektiver Betrachtung, entschieden hätte, wie der VGH München in der angefochtenen Entscheidung annimmt?
bedarf keiner Klärung. Die Fragestellung geht von einer nicht zutreffenden Prämisse zum Inhalt der angefochtenen Entscheidung aus.
17 Ob die Teilnichtigkeit eines Verwaltungsakts den gesamten Akt erfasst, beurteilt sich nach Art. 44 BayVwVfG. Danach ist ein Verwaltungsakt im Ganzen nichtig, wenn die Nichtigkeit nur einen Teil von ihm betrifft und der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte. Nicht abschließend geklärt ist der Maßstab der Beurteilung. Der Verwaltungsgerichtshof hat darauf abgehoben, wie die Erlassbehörde bei hinreichender Kenntnis der Sach- und Rechtslage entschieden hätte, was in objektiver und nicht subjektiver Betrachtung zu ermitteln sei (UA Rn. 105; vgl. OVG Münster, Urteil vom 4. Juni 1991 - 5 A 125/90 - NVwZ-RR 1992, 525 <526> sowie Beschluss vom 16. Oktober 2000 - 5 A 2025/97 - juris Rn. 23). Demgegenüber meint die Beschwerde, es sei vorrangig darauf abzustellen, welche subjektiven Erwägungen die Erlassbehörde bei der Erteilung des Bescheids ihrer Ermessensausübung zugrunde gelegt habe (so auch Leisner-Egensperger, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 44 Rn. 52). Klärungsbedarf im Hinblick auf die Feststellung einer Gesamtnichtigkeit des Verwaltungsakts nach Maßgabe objektiver oder auch subjektiver Kriterien bestünde im vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren aber nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich - über den zitierten Obersatz hinaus - nicht nur eine rein objektive Betrachtung angestellt, sondern zusätzlich auch auf den Willen der Behörde abgehoben, wie er sich aus der Begründung der 3. Teilgenehmigung vom 2. Mai 2003 ergibt. Er kommt zu dem Schluss, dass keine Umstellung von HEU-Brennstoff (Highly Enriched Uranium) auf LEU-Brennstoff (Low Enriched Uranium) um jeden Preis gewollt gewesen sei. Die festgelegten Zeitvorgaben hätten nicht auf rechtliche Vorgaben oder gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse über das rechtzeitige Vorliegen eines geeigneten LEU-Brennstoffs gestützt werden können. Die Aussagen in dem Bescheid zur Bedeutung des Umrüstungszeitpunkts hätten unter der Prämisse gestanden, dass eine fristgerechte Umrüstung möglich sei und aus diesem Grund ein Betrieb mit dem genehmigten Brennstoff über diesen Zeitpunkt hinaus nicht hingenommen werden könne (Begründung S. 54 f. und 83 f.).
18 4. Entgegen der Auffassung der Beschwerde leidet das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs nicht insoweit an einem Verfahrensmangel, als es die Gesamtnichtigkeit der 3. Teilgenehmigung verneint hat. Die Rüge der Beschwerde zu aktenwidrigen Feststellungen des Sachverhalts durch den Verwaltungsgerichtshof greift nicht durch. Entgegen ihrer Auffassung hat der Verwaltungsgerichtshof nicht darauf abgestellt, dass die Teilnichtigkeit allein die Umrüstungsfrist, nicht aber die Umrüstungsverpflichtung betreffe. Vielmehr heißt es (UA Rn. 106), aus der Nichtigkeit der zeitlichen Vorgaben folge keine Gesamtnichtigkeit der 3. Teilgenehmigung. Es komme nicht darauf an, ob die Genehmigung ohne eine Umrüstungspflicht als solche versagt worden wäre. Die Auflage sei weiterhin wirksam und so auszulegen, dass die Umrüstung vorzunehmen sei, "sobald der neue Brennstoff entwickelt, qualifiziert und industriell verfügbar ist" (vgl. Begründung S. 54). Diese Erwägung entspricht auch der unter Rn. 92, wo der Verwaltungsgerichtshof ausführt, die Begründung der 3. Teilgenehmigung könne ohne Weiteres so verstanden werden (S. 54 f., 83 f.), dass ein Weiterbetrieb nur deshalb nicht als hinnehmbar angesehen worden sei, weil die (termingerechte) Umstellung als technisch möglich und somit auch als zumutbar angesehen worden sei. Im Folgenden legt der Verwaltungsgerichtshof auf dieser Grundlage die 3. Teilgenehmigung aus und prüft, ob die Genehmigung versagt worden wäre, wenn die Behörde erkannt hätte, dass die Umrüstung bis Ende 2010 nicht möglich sein würde, und kommt unter Berücksichtigung u. a. der Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Beklagten und der Begründung der Genehmigung zu dem Ergebnis (UA Rn. 107 ff.), alles spreche dafür, dass die Auflage dann ohne die Terminsetzung in die 3. Teilgenehmigung aufgenommen worden wäre. Soweit die Beschwerde geltend macht, die Umdeutung des Genehmigungsinhalts gemäß Genehmigungsbegründung auf Seiten 83 f. mit dem Ziel eines actus contrarius bei Verfehlung der Umrüstungsfrist sei aktenwidrig, führt dies nicht auf einen Verfahrensfehler. Betroffen ist allein die Anwendung des sachlichen Rechts und nicht die Abweichung des Streitstoffs, den der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, von dem sich aus den Akten ergebenden tatsächlichen Streitstoff.
19 Dies gilt auch für das Beschwerdevorbringen, soweit es die Sachwidrigkeit der rein objektiven Betrachtungsweise bei der Beurteilung der Auswirkungen einer Teilnichtigkeit auf den Bestand des Verwaltungsakts geltend macht. Ebenso wenig steht falsches Tatsachenmaterial in Rede, wenn die Vorinstanz im Zusammenhang mit der Teilnichtigkeit der 3. Teilgenehmigung auf die Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Beklagten Bezug nimmt. Nichts anderes gilt im Hinblick auf den vom Verwaltungsgerichtshof angesprochenen Aspekt einer gewollten Flexibilität und des rechtlichen Bestands der 3. Teilgenehmigung, der Einordnung der Vereinbarung und der Umsetzungsfrist als politische Entscheidung und ihrer Bedeutung. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
20 5. Hinsichtlich des ersten Hilfsantrags verweist die Beschwerde auf ihre Ausführungen zur Gesamtnichtigkeit gemäß Art. 44 Abs. 4 BayVwVfG und damit im Zusammenhang stehende Verfahrensmängel im angefochtenen Urteil. Insoweit kann auf die oben stehenden Ausführungen Bezug genommen werden.
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6. Rechtsgrundsätzliche Bedeutung kommt auch der von der Beschwerde formulierten Frage
"Ergibt sich aus § 21 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 AtG i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AtSKostV, dass im Falle eines Antrags auf aufsichtliches Einschreiten gemäß § 19 Abs. 3 AtG durch einen Dritten sowie im Falle eines Antrags auf Widerruf der Betriebsgenehmigung nach § 17 Abs. 3 AtG eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Erhebung von Kosten besteht, wie der VGH meint?"
nicht zu. Sie lässt sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Interpretation ohne Weiteres beantworten (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2025 - 10 B 6.24 - juris Rn. 12).
22 Aus § 21 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz - AtG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 15. Juli 1985 (BGBl. I S. 1565), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 4. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2153) geändert worden ist, ergibt sich die Kostentragungspflicht eines Dritten u. a. im Falle der Ablehnung eines Antrags auf Vornahme von in § 21 Abs. 1 Nr. 2 AtG bezeichneten Amtshandlungen. Damit erfasst der Wortlaut die Ablehnung sowohl eines beantragten Widerrufs gemäß § 17 Abs. 3 AtG als auch eines aufsichtlichen Einschreitens gemäß § 19 Abs. 3 AtG. Eine Beschränkung bei den möglichen Antragstellern etwa auf jene, die ohne Erfolg eine Genehmigung beantragen, sieht § 21 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 AtG nicht vor.
23 Diesem klaren Ergebnis steht die Entstehungsgeschichte des Atomgesetzes nicht entgegen. Den Gesetzesmaterialien zum Atomgesetz lässt sich nicht entnehmen, dass Dritte als Gebührenschuldner nicht in Betracht kommen. Zwar finden sich dort keine ausdrücklichen Ausführungen dazu, dass auch Dritte Kostenschuldner sein können, die ein aufsichtsrechtliches Einschreiten beantragen (vgl. BT-Drs. 8/3195 S. 5; vgl. auch BT-Drs. 14/6890). Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass diese Gruppe kostenrechtlich ausscheidet (a. A. VG Wiesbaden, Urteil vom 27. Juni 2007 - 1 E 1615/06 - juris Rn. 30). Andererseits wird in der Begründung des Entwurfs zur Änderung von Kostenvorschriften des Atomgesetzes ausgeführt, dass Kostenschuldner grundsätzlich derjenige sei, der die Amtshandlung einschließlich Prüfung oder Untersuchung veranlasst habe, in der Regel also der Antragsteller, der Genehmigungsinhaber oder derjenige, zu dessen Gunsten sie vorgenommen werde (vgl. BT-Drs. 8/3195 S. 5). Damit ist auch der Dritte erfasst, der eine Verwaltungsmaßnahme beantragt.
24 Dass Drittantragsteller nicht von der Ausnahmebestimmung des § 18 Abs. 2 AtG, wonach die bei Rücknahme oder Widerruf einer Genehmigung oder allgemeinen Zulassung gemäß § 18 Abs. 1 AtG grundsätzlich bestehende Entschädigungspflicht mangels Schutzwürdigkeit des Begünstigten ausscheidet, erfasst sein können, kann ein Entfallen der Kostenpflicht des Drittantragstellers nicht begründen (so aber VG Wiesbaden, Urteil vom 27. Juni 2007 - 1 E 1615/06 - juris Rn. 23). Das Entstehen einer Gebührenpflicht und eines Entschädigungsanspruchs aufgrund Vertrauensschutzes betreffen unterschiedliche und voneinander unabhängige Rechtsverhältnisse.
25 Schließlich folgt eine Kostenfreiheit des Drittantragstellers nicht daraus, dass § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 der Kostenverordnung zum Atomgesetz und zum Strahlenschutzgesetz (AtSKostV) vom 17. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1457), die zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 23. Oktober 2024 (BGBl. I Nr. 324) geändert worden ist, nur die positive Entscheidung, nicht aber die Ablehnung eines Antrags erwähnt (a. A. Stein, in: Hennenhöfer/Mann/Pelzer/Sellner, AtG, 2021, § 21 Rn. 7; Ruttloff, in: Frenz, Atomrecht, § 21 AtG Rn. 9a). Die einschränkende Auslegung des § 21 AtG unter Berücksichtigung der rangniedrigeren Rechtsverordnung scheidet aus. Die Auffassung der Beschwerde geht auch deshalb fehl, weil § 21 Abs. 1a Satz 2 AtG selbst für die in Satz 1 genannten Fälle eine Regelung zur Höhe der Kosten enthält.
26 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.