Beschluss vom 21.11.2025 -
BVerwG 6 B 22.25ECLI:DE:BVerwG:2025:211125B6B22.25.0

Erfolglose Nichtzulassungsbeschwerde wegen Erledigung eines Prüfungsrechtsstreits infolge Aufhebung des Nichtbestehensbescheids durch das Prüfungsamt

Leitsätze:

1. Die Entscheidung eines Prüfers, einen nicht während der Prüfung erstellten Teil einer Klausurausarbeitung bei der Bewertung nicht zu berücksichtigen, stellt eine Verfahrenshandlung dar, die gemäß § 44a Satz 1 VwGO nur zusammen mit dem Prüfungsbescheid gerichtlicher Kontrolle zugeführt werden kann.

2. Die Überzeugungsbildung des Prüfers, in welchem Umfang eine schriftliche Ausarbeitung als während der Prüfung erbrachte Prüfungsleistung anzusehen ist, erweist sich als eine seiner eigentlichen Bewertung vorausliegende Tatsachenfeststellung. Hinsichtlich dieser Tatfrage besteht kein prüfungsrechtlicher Beurteilungsspielraum.

  • Rechtsquellen
    VwGO § 44a Satz 1, § 67 Abs. 4 Satz 1 bis 3, §§ 130a, 132 Abs. 2, § 133 Abs. 3 Satz 3

  • VG Köln - 23.04.2024 - AZ: 6 K 4506/23
    OVG Münster - 05.06.2025 - AZ: 14 A 1307/24

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.11.2025 - 6 B 22.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:211125B6B22.25.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 22.25

  • VG Köln - 23.04.2024 - AZ: 6 K 4506/23
  • OVG Münster - 05.06.2025 - AZ: 14 A 1307/24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 21. November 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Hahn beschlossen:

  1. Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Juni 2025 wird zurückgewiesen.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  4. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt von der Beklagten die Neubewertung einer Zwischenprüfungsklausur "Strafrecht II - Besonderer Teil".

2 Sein Wiederholungsversuch aus dem Sommersemester 2017 wurde von der Beklagten mit "mangelhaft (3 Punkte)" bewertet. Der Kläger habe u. a. § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) StGB und den Meinungsstreit zum Tatbestandsmerkmal des gefährlichen Werkzeugs nicht behandelt. Auf seinen Wunsch wurde dem Kläger das Original der Klausurbearbeitung zum Zweck der Vorbereitung einer Remonstration ausgehändigt. Mit dieser machte er geltend, auf die als fehlend beanstandeten Punkte auf den Seiten 12 bis 16 seiner Klausurbearbeitung eingegangen zu sein.

3 Mit Bescheid vom 8. Mai 2018 bewertete die Beklagte die Klausur wegen eines Täuschungsversuchs mit "ungenügend (0 Punkte)", da der Kläger im Remonstrationsverfahren die Seiten 12 bis 16 seiner Klausurbearbeitung nachträglich hinzugefügt habe.

4 Nachdem das Verwaltungsgericht den Bescheid mit Urteil vom 15. November 2022 mangels hinreichender Rechtsgrundlage für die Sanktionierung einer nach der Prüfung begangenen Täuschungshandlung aufgehoben hatte, hat die Beklagte bei Prof. Dr. B. angefragt, ob er die Neubewertung vornehmen könne. Dieser erklärte seine Bereitschaft, wies aber darauf hin, dass er den nachträglich ergänzten Teil bei der Bewertung nicht berücksichtigen werde. Nach seiner Bestellung durch den Prüfungsausschuss bewertete er die Klausur mit "mangelhaft (3 Punkte)", da er davon ausging, die Seiten 12 bis 16 seien nachträglich eingefügt worden. Mit Bescheid vom 9. März 2023 setzte die Beklagte den Kläger von der Neubewertung in Kenntnis. Sein Widerspruch blieb ohne Erfolg.

5 Mit Urteil vom 23. April 2024 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Auf Antrag des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zugelassen, da mit Blick auf die geltend gemachte Befangenheit des Prüfers Prof. Dr. B. ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestünden. Nach entsprechendem gerichtlichem Hinweis hob die Beklagte mit Bescheid vom 14. Mai 2025 den angefochtenen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids auf. Sie habe eine neue Bewertung durch einen anderen Prüfer veranlasst und Prof. Dr. W. als Prüfer bestellt.

6 Die Beteiligten haben das Verfahren übereinstimmend im Hinblick auf die Aufhebung der Bescheide für erledigt erklärt, nicht aber hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens auf Neubewertung unter Berücksichtigung der Seiten 12 bis 16 durch einen neuen Prüfer. Daraufhin hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren mit Beschluss vom 5. Juni 2025 (§ 130a VwGO) eingestellt, soweit es die Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben und das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit für unwirksam erklärt. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen, da die weiterverfolgte Verpflichtungsklage mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig geworden sei. Falls die begehrte Verpflichtung, den Prüfer anzuweisen, die Seiten 12 bis 16 bei der Neubewertung zu berücksichtigen, als zulässige Klageänderung anzusehen sei, erweise sich dieser Antrag jedenfalls nach § 44a Satz 1 VwGO als unstatthaft. Die Entscheidung, ob diese Seiten bei einer Neubewertung der Prüfungsleistung (nicht) zu berücksichtigen seien, könne nur gemeinsam mit dem künftigen Prüfungsbescheid gerichtlich überprüft werden.

7 Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde, der die Beklagte entgegentritt.

II

8 1. Der im Schreiben vom 6. November 2025 gestellte Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren ist abzulehnen. Die Rechtsverfolgung des Klägers bietet aus den im Folgenden genannten Gründen keine hinreichenden Erfolgsaussichten (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 und § 121 Abs. 1 ZPO).

9 2. Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Aus den Darlegungen in der Beschwerdebegründung seiner Prozessbevollmächtigten, die gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO allein maßgeblich für die Entscheidung des Senats sind, ergibt sich nicht, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (a)), der Beschluss von einer Entscheidung des Bundesverfassungs- oder des Bundesverwaltungsgerichts abweicht (b)) oder ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem der angefochtene Beschluss beruhen kann (c)).

10 a) Die Revision kann nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen werden. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. November 2019 - 6 B 164.18 - Buchholz 442.066 § 25 TKG Nr. 7 Rn. 10). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2023 - 6 B 34.22 - NVwZ 2023, 1095 Rn. 7).

11 aa) Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam folgende Frage auf:
"Ist es mit dem Anspruch auf eine beurteilung[s]fehlerfreie Bewertung einer Prüfungsleistung aus Art. 12 Abs. 1 GG und dem Anspruch auf Chancengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, dass ein Fachprüfer bei der Bewertung einer in der Bearbeitungszeit erbrachten Prüfungsleistung auch über die Frage zu entscheiden [hat], ob in einem Remonstrationsverfahren gegen die Bewertung einer Prüfungsleistung eine Täuschungshandlung über den Inhalt der in der Bearbeitungszeit erbrachten Prüfungsleistung durch Vorlage einer inhaltlich abweichenden Prüfungsleistung begangen wurde und wie diese Täuschungshandlung zu bewerten ist?"

12 Diese Frage ermöglicht keine Zulassung der Revision wegen Grundsatzbedeutung, weil sie sich mangels Entscheidungserheblichkeit in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würde. Denn zu Umfang und Inhalt der erneuten Bewertung einer Prüfungsleistung hat sich die Vorinstanz nicht verhalten, weil sie den noch anhängigen Teil der Klage bereits aus prozessualen Gründen als unzulässig angesehen und darüber nicht zur Sache entschieden hat.

13 bb) Die Beschwerde sieht des Weiteren grundsätzlichen Klärungsbedarf mit folgender Frage verbunden:
"Handelt es sich bei der Entscheidung, dass in einem Remonstrationsverfahren eine Täuschungshandlung über den Inhalt der in der Bearbeitungszeit erbrachten Prüfungsleistung durch Vorlage einer inhaltlich abweichenden Prüfungsleistung begangen sein könnte und wie diese Täuschungshandlung zu bewerten ist, um eine nur vorbereitende Verfahrenshandlung im Sinne des § 44a S[atz] 1 VwGO für die Bewertung der in der Bearbeitungszeit erbrachten Prüfungsleistung?"

14 Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Denn sie lässt sich aufgrund des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.

15 In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Anwendungsbereich des § 44a Satz 1 VwGO geklärt. Zu den Rechtsbehelfen zählen nicht allein Widerspruch und Anfechtungsklage, sondern die Bestimmung schließt auch ein isoliertes Vorgehen gegen behördliche Verfahrenshandlungen im Wege der Verpflichtungsklage, der Feststellungsklage oder der allgemeinen Leistungsklage aus (BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2002 - 9 A 20.01 - BVerwGE 115, 373 <377> und Beschluss vom 14. Juli 2004 - 6 B 30.04 - juris Rn. 9). Unter den Begriff der Verfahrenshandlung im Sinne der Vorschrift fallen behördliche Handlungen, die im Zusammenhang mit einem schon begonnenen und noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahren stehen und der Vorbereitung einer regelnden Sachentscheidung dienen. Aus dem Gegensatz des Begriffs der Verfahrenshandlung zu dem in § 44a Satz 1 VwGO gleichfalls verwendeten Begriff der Sachentscheidung folgt, dass sich der Ausschluss selbstständiger Rechtsbehelfe grundsätzlich auf solche behördlichen Maßnahmen beschränkt, die Teil eines konkreten Verwaltungsverfahrens sind, ohne selbst Sachentscheidung zu sein, ohne also ihrerseits in materielle Rechtspositionen einzugreifen (BVerwG, Urteil vom 1. September 2009 - 6 C 4.09 - BVerwGE 134, 368 Rn. 21). Unerheblich für die Einordnung als Verfahrenshandlung ist dabei die Rechtsform des vorbereitenden Akts (BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 2022 - 6 B 21.21 - NJW 2022, 1115 Rn. 12).

16 Dementsprechend liegt es nach der in dem erstrebten Revisionsverfahren den Senat bindenden Auslegung der landesrechtlichen Zwischenprüfungsordnung durch die Vorinstanz (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO) auf der Hand, dass die Nichtberücksichtigung eines nicht regelgerecht erbrachten Teils einer Prüfungsleistung bei der Bewertung keine eigenständig anfechtbare Verfahrenshandlung darstellt. Für den vorliegend in Betracht kommenden Fall einer erst nach Erbringung der Prüfungsleistung vorgenommenen Täuschungshandlung sieht das Landesrecht keine gesonderte behördliche Entscheidung vor, mit der das Vorliegen einer Täuschung festgestellt oder hieran Sanktionen geknüpft werden. Demzufolge obliegt - wenn nicht bereits der Prüfungsausschuss eine Sanktionsentscheidung getroffen hat und somit die gesamte Klausur von der inhaltlichen Bewertung ausgeschlossen hat - letztlich dem Prüfer die Entscheidung, welche Teile er seiner Bewertung als Prüfungsleistung zugrunde legt. Die Folgerung des Berufungsgerichts, eine Nichtberücksichtigung einzelner Klausurteile mangels Zugehörigkeit zu der regelgerecht erbrachten Prüfungsleistung werde gerichtlich nur im Rahmen der Anfechtung des Prüfungsbescheids überprüft, steht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Denn die Überzeugungsbildung des Prüfers, in welchem Umfang er eine schriftliche Ausarbeitung als Prüfungsleistung ansieht, ist eine seiner eigentlichen Bewertung vorausliegende Tatsachenfeststellung, bleibt aber verfahrensrechtlich Teil der unmittelbar auf die Sachentscheidung hinführenden Leistungsbewertung.

17 Daraus folgt indes nicht, dass auch hinsichtlich dieser Tatfrage ein prüfungsrechtlicher Beurteilungsspielraum bestünde. Denn die auf der Bestimmung der regelgerecht erbrachten Prüfungsleistung aufsetzenden prüfungsspezifischen Wertungen sind u. a. gerichtlich darauf zu kontrollieren, ob der Prüfer von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist (BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 - BVerfGE 84, 34 <53 f.> und BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2020 - 6 C 8.19 - BVerwGE 170, 1 Rn. 11). Teil dieser Sachverhaltsfeststellung ist die Bestimmung dessen, was genau zu der der Bewertung zugrundeliegenden Prüfungsleistung gehört.

18 Der Senat hält mit Blick auf das weitere Verfahren folgenden rechtlichen Hinweis für geboten: Allein der Umstand, dass ein Prüfer über den bisherigen Verfahrensablauf und die Indizien, die für oder gegen eine nachträgliche Veränderung der zu bewertenden Klausurausarbeitung sprechen könnten, in Kenntnis gesetzt wird, rechtfertigt noch nicht die Annahme seiner Befangenheit.

19 b) Eine Zulassung der Revision wegen Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) kommt nicht in Betracht.

20 Die Darlegung einer Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz des revisiblen Rechts benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten, tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Vorschrift widersprochen hat. Die Beschwerde muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO aufzeigen, dass zwischen den beiden Gerichten ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtssatzes besteht. Dafür ist die Herausarbeitung und Gegenüberstellung sich widersprechender Rechtssätze unverzichtbar (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 <713>). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die ein in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genanntes Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Darlegungsanforderungen nicht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Januar 1995 - 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55 und vom 23. Mai 2023 - 6 B 33.22 - NVwZ 2023, 1427 Rn. 23).

21 Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht im Ansatz gerecht. Denn sie unterlässt es, Rechtssätze der Berufungsentscheidung herauszuarbeiten und diesen Rechtssätze der von ihr angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts gegenüberzustellen. Die Wiedergabe von Fragmenten aus der Begründung der angegriffenen Entscheidung mit sich daran anschließenden, im Stile einer Berufungs- oder Revisionsbegründung abgefassten Rügen gegenüber der Rechtsanwendung der Vorinstanz genügt dem nicht. Der Sache nach rügt die Beschwerde im Gewande von Divergenzrügen lediglich die von ihr als fehlerhaft erachtete Rechtsanwendung des Berufungsgerichts. Damit vermag sie eine Revisionszulassung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht zu erreichen.

22 c) Der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), liegt nicht vor.

23 aa) Soweit die Beschwerde zunächst geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe die im Berufungsverfahren schriftsätzlich benannten Zeugen nicht zu der Frage vernommen, ob im Remonstrationsverfahren eine Täuschungshandlung durch Einfügen der Seiten 12 bis 16 begangen worden sei, bleibt diese Rüge ohne Erfolg. Denn auf die begehrte Zeugenvernehmung kam es nach der für das Vorliegen von Verfahrensmängeln maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 2017 - 6 B 54.16 - NVwZ 2017, 1388 Rn. 6), wonach die Klage bereits unzulässig war, nicht an.

24 bb) Mit der Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) sowie des § 88 VwGO macht die Beschwerde geltend, die Vorinstanz habe das vom Kläger in Wahrheit verfolgte, auf vollständige Neubewertung seiner Prüfungsleistung gerichtete Klageziel nur unvollständig berücksichtigt. Damit verkennt die Beschwerde die alternative Entscheidungsbegründung des Berufungsgerichts. Denn für den Fall, dass auch das Verpflichtungsbegehren streitgegenständlich geworden sein sollte, hat das Oberverwaltungsgericht diesen Antrag gemäß § 44a Satz 1 VwGO als unstatthaft erachtet.

25 cc) Die Rüge, das Berufungsgericht sei hinsichtlich des Verpflichtungsantrags, die Seiten 12 bis 16 bewerten zu lassen, verfahrensfehlerhaft von einer teilweisen Erledigung ausgegangen, greift ebenfalls nicht durch. Dieses Vorbringen missachtet, dass der Prüfungsanspruch des Klägers vollständig erhalten geblieben ist, weil die Beklagte ihre entgegenstehenden Bescheide vom 9. März 2023 und 13. Juli 2023 aufgehoben und eine Neubewertung der Klausur "Strafrecht II - Besonderer Teil" durch einen anderen Prüfer in Auftrag gegeben hat. Damit bestand - entgegen der Annahme der Beschwerde - kein Raum für eine Spruchreifmachung des Begehrens in der Sache durch das Berufungsgericht. Denn ein Prüfer nimmt die Bewertung anhand von Maßstäben vor, die er in Bezug auf die konkrete Prüfungsaufgabe autonom erstellt. Sie beruhen auf einem Bezugssystem, das vor allem durch seine persönlichen Erfahrungen, Einschätzungen und Vorstellungen gebildet wird und aus Gründen der Chancengleichheit auf die Bewertung aller Bearbeitungen derselben Prüfungsaufgabe anzuwenden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 2018 - 6 B 71.17 - NJW 2018, 2142 Rn. 8). Wegen der dabei zu treffenden prüfungsspezifischen Wertungen ist ihm ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, dessen Wahrnehmung nur einer zurückgenommenen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Mit Blick darauf kann ein Verwaltungsgericht die Bewertung einer Klausur nicht ersetzen.

26 dd) Schließlich rügt die Beschwerde, das Berufungsgericht habe nicht durch Beschluss nach § 130a VwGO entscheiden dürfen. Auch das führt nicht zum Erfolg. Nach § 130a Satz 1 VwGO kann das Oberverwaltungsgericht über die Berufung durch Beschluss entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Entscheidung darüber, ob ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 1. November 2024 - 6 B 9.24 - BayVBl. 2025, 235 Rn. 30). Dass die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung ermessensfehlerhaft war, legt die Beschwerde nicht dar. Auf die begehrte Zeugenvernehmung kam es - wie bereits vorstehend ausgeführt - nach der für das Vorliegen eines Verfahrensmangels maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht an.

27 3. Das Vorbringen des nicht postulationsfähigen Klägers in seinem Schreiben vom 6. November 2025 ist wegen des vor dem Bundesverwaltungsgericht herrschenden Vertretungszwangs (§ 67 Abs. 4 Satz 1 bis 3 VwGO) bei der Entscheidung über die Beschwerde nicht zu berücksichtigen. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

28 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 18.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 21. Februar 2025 beschlossenen Änderungen.