Verfahrensinformation



Die Kläger, ein Fährbetrieb (BVerwG 9 A 2.23) sowie zwei anerkannte Umweltvereinigungen (BVerwG 9 A 3.23), wenden sich gegen den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss des Beklagten zu dem Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 für den Neubau der Bundesautobahn A 20 – Nord-West-Umfahrung Hamburg; Teilstrecke von der Landesgrenze Schleswig-Holstein/Niedersachsen (Mitte Elbstrom) bis zur Bundesstraße 431 – vom 9. Januar 2023. Auf die Klagen dreier Umweltverbände – darunter die Kläger des Verfahrens BVerwG 9 A 3.23 – stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 28. April 2016 – BVerwG 9 A 9.15 und 9 A 10.15 – fest, dass der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss wegen einer fehlenden Öffentlichkeitsbeteiligung bzgl. des Wasserrechtlichen Fachbeitrags, der erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erstellt worden war, rechtswidrig und nicht vollziehbar war. Weitere Klagen, darunter diejenige der Rechtsvorgängerin des Fährbetriebs, wies das Gericht mit Urteilen vom selben Tag ab. Der angefochtene Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss ändert auf der Grundlage eines neuen Wasserrechtlichen Fachbeitrags die Vorkehrungen zur Reinigung des Straßenoberflächenabwassers sowie die zunächst festgesetzten Einleitungsstellen und legt fest, dass das Prozesswasser für einzeln benannte Parameter bei der Wiedereinleitung in die Elbe deren Vorbelastungswerte nicht übersteigen darf.


Urteil vom 23.04.2024 -
BVerwG 9 A 3.23ECLI:DE:BVerwG:2024:230424U9A3.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 23.04.2024 - 9 A 3.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:230424U9A3.23.0]

Urteil

BVerwG 9 A 3.23

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. April 2024
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und Prof. Dr. Schübel-Pfister
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte.

Gründe

I

1 Die Kläger, zwei anerkannte Umweltverbände, wenden sich gegen den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss des Beklagten zum Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 für den Neubau der Bundesautobahn A 20 - Nord-West-Umfahrung Hamburg; Teilstrecke von der Landesgrenze Schleswig-Holstein/Niedersachsen (Mitte Elbstrom) bis zur Bundesstraße 431 - vom 9. Januar 2023.

2 1. Auf die Klagen dreier Umweltverbände - darunter die der Kläger - stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 (BVerwGE 155, 91) und 9 A 10.15 (juris) - fest, dass der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss wegen einer fehlenden Öffentlichkeitsbeteiligung bezüglich des Wasserrechtlichen Fachbeitrags rechtswidrig und nicht vollziehbar war. Weitere Klagen wies das Gericht mit Urteilen vom selben Tag ab. Im Zuge des nachfolgend von dem Beklagten eingeleiteten ergänzenden Verfahrens erfolgte nach einer Öffentlichkeitsbeteiligung eine grundlegende Überarbeitung des Wasserrechtlichen Fachbeitrags. Auf dessen Grundlage erging der vorliegend angefochtene Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss. Dieser regelt u. a. den Austausch des ursprünglich geplanten Regenrückhaltebeckens gegen ein Retentionsbodenfilterbecken mit Rückhaltebereich und ersetzt die zunächst festgesetzten Einleitungsstellen.

3 2. Die Kläger machen geltend, die Umweltverträglichkeitsprüfung sei fehlerhaft durchgeführt worden. Zwar sei im Jahr 2017 ein Fehlerheilungsversuch bezüglich des Wasserrechtlichen Fachbeitrags einschließlich einer Öffentlichkeitsbeteiligung begonnen worden. Die sodann erfolgte grundsätzliche Überarbeitung des Fachbeitrags, mit welcher die Planung an die aktuelle Rechtslage und an den Stand der Technik angepasst wurde und begründete Einwendungen der Öffentlichkeitsbeteiligung berücksichtigt wurden, sei jedoch nicht Gegenstand der erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung im April/Mai 2021 gewesen, da die Vorhabenträgerin die Verträglichkeitsprüfung auf die Planänderung beschränkt habe. Hierdurch seien der vom Bundesverwaltungsgericht festgestellte Fehler der Ausgangsplanung aus dem Blick geraten und die Antragsunterlagen inkongruent geworden; der Beklagte habe eine Heilung der Beteiligungsdefizite auch insoweit geschuldet, als die Ziele des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und der Öffentlichkeitsbeteiligung bezogen auf das Gesamtvorhaben hätten nachträglich erreicht werden müssen. Es habe eine vervollständigte Verträglichkeitsprüfung nach einheitlichen Grundsätzen erfolgen müssen, d. h. die Prüfungen zum Schutzgut Wasser hätten in die übrigen Teile der Verträglichkeitsprüfung integriert werden müssen. Es fehle daher eine auf alle Schutzgüter und die Wechselwirkungen bezogene Verträglichkeitsprüfung. Darüber hinaus sei keine nachvollziehbare Gesamtabwägung erfolgt, da der Änderungsbeschluss hierzu keine Begründung enthalte. Er beschränke sich vielmehr auf das Wasserrecht. Schließlich sei der globale Klimaschutz zu Unrecht nicht nach § 13 KSG berücksichtigt worden; bei Inkrafttreten des Klimaschutzgesetzes sei das Änderungsverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen.

4 Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30.12.2014, Az.: 404-553-32-A20-02/12, für den Neubau der A 20 Nord-West-Umfahrung Hamburg, Abschnitt von der Landesgrenze Niedersachsen / Schleswig-Holstein bis B 431, in der Fassung der Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 11.04. bis 13.04.2016 und des Planänderungs- und Ergänzungsbeschlusses vom 09.01.2023 (Az: APV 23-553.32-A20-239) aufzuheben,
hilfsweise, den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,
hilfsweise zu 2., den Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, welche die nachteiligen Wirkungen auf die Rechte auf die Umwelt ausschließen.

5 Der Beklagte verteidigt den angefochtenen Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss und beantragt,
die Klage abzuweisen.

6 Die Beigeladene schließt sich den Ausführungen des Beklagten an, ohne einen Antrag zu stellen.

II

7 Die Klage, über die nach § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist zulässig, aber unbegründet.

8 Die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine erneute planfeststellungsrechtliche Entscheidung in einem ergänzenden Verfahren sind eingeschränkt. Ein Planänderungs- und/oder -ergänzungsbeschluss kann, auch wenn er mit dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zu einem einzigen Plan verschmilzt, grundsätzlich nur angefochten werden, soweit er gegenüber dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss eigene Regelungen enthält. Darüber hinaus kann ein im Ausgangsverfahren obsiegender Kläger geltend machen, die vom Gericht festgestellten Mängel seien weiterhin nicht behoben (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 28. September 2021 - 9 A 10.20 - DVBl 2022, 425 Rn. 12 und vom 14. Dezember 2022 - 9 A 17.21 - DVBl 2023, 1222 Rn. 17, 29).

9 Dies vorangestellt, hat die Klage keinen Erfolg.

10 1. Zu Unrecht rügen die Kläger, die im Zuge des ergänzenden Verfahrens durchgeführten Prüfungen zum Schutzgut Wasser hätten in die übrigen Teile der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) integriert, in eine zusammenfassende Darstellung gem. § 24 UVPG sowie die begründete Bewertung gem. § 25 UVPG überführt und es hätten mögliche Wechselwirkungen zwischen den weiteren Schutzgütern nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UVPG berücksichtigt werden müssen.

11 Dem Einwand steht ungeachtet dessen, dass sich gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 2 UVPG die Rechtmäßigkeit der UVP einschließlich ihrer Heilung nach der vor dem 16. Mai 2017 geltenden Fassung des Gesetzes bestimmt, bereits die Rechtskraft des Urteils vom 28. April 2016 entgegen. Danach war der Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 nur insoweit rechtswidrig, als für den während des gerichtlichen Verfahrens erstellten Wasserrechtlichen Fachbeitrag keine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt worden war (BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 10.15 - juris Rn. 28 ff.). Der Senat hat nicht darüber hinaus festgestellt, die Verträglichkeitsprüfung sei insgesamt fehlerhaft, solange es an einer verfahrensfehlerfreien wasserrechtlichen Prüfung fehle. Folglich steht rechtskräftig fest, dass die UVP nur in dem vorgenannten Umfang fehlerhaft, im Übrigen aber rechtmäßig war. Das ergänzende Verfahren konnte daher bezüglich des Wasserrechtlichen Fachbeitrags auf die Öffentlichkeitsbeteiligung beschränkt werden.

12 Dass dieser nachfolgend unter Berücksichtigung neuerer Rechtsprechung und fachlicher Erkenntnisse überarbeitet wurde, rechtfertigt keine andere rechtliche Bewertung. Die überarbeiteten Unterlagen und der geänderte Teil der Planung wurden zum Gegenstand einer weiteren UVP einschließlich einer Öffentlichkeitsbeteiligung gemacht; dies war (nur) insofern notwendig, als sich die bereits gerichtlich überprüfte und für rechtmäßig befundene UVP darauf nicht bezogen hatte. In der das Planänderungs- und -ergänzungsverfahren abschließenden Sachentscheidung wurde die im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss fehlende Bewertung des (geänderten) Gesamtvorhabens hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit den Belangen des Gewässerschutzes und den Bewirtschaftungszielen der Wasserrahmen-Richtlinie sowie der §§ 27 und 47 WHG ausführlich nachgeholt. Die planfestgestellte allgemeinverständliche Zusammenfassung wurde um die Ergebnisse dieser Überprüfung zu §§ 27, 47 WHG ergänzt (Unterlage Anhang 1.1). Danach haben die Planfeststellungsbehörde und die Vorhabenträgerin die im Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 10.15 - festgestellten Mängel behoben und wurde im Ergebnis die gesamte Planung (ursprüngliche Planung und geänderte Entwässerungsplanung) auf ihre Umweltverträglichkeit bezüglich aller relevanten Schutzgüter hin geprüft und bewertet.

13 2. Der Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss leidet unter keinem Abwägungsfehler.

14 a) Ein Abwägungsausfall liegt nicht deshalb vor, weil der angefochtene Beschluss die Feststellung, das Ergebnis der Abwägung könne aufrecht erhalten bleiben, nicht gesondert begründet. Der Beklagte musste keine erneute Gesamtabwägung vornehmen, sondern konnte sich auf die Prüfung beschränken, ob sich die planfestzustellenden Änderungen und Ergänzungen der Planung auf das Ergebnis der Abwägung auswirken. Da der Wasserrechtliche Fachbeitrag einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot verneint und die Verträglichkeitsprüfung bezüglich der Retentionsbodenfilterbecken keine nachteiligen Umweltauswirkungen ergeben hat, bedurfte es für die Verneinung der Abwägungsrelevanz keiner vertieften Begründung.

15 b) Der Beklagte musste darüber hinaus nicht die Auswirkungen des Vorhabens auf Belange des globalen Klimaschutzes ermitteln und berücksichtigen.

16 Dass die UVP keiner Berücksichtigung des Klimawandels bedurfte, hat der Senat mit Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 10.15 - (juris Rn. 180) rechtskräftig festgestellt. Darauf, ob und in welchem Umfang die Kläger in dem damaligen Verfahren Einwände zum Klimaschutz erhoben haben, kommt es entgegen der Ansicht der Kläger nicht an; insbesondere führt der Umstand, dass Kritikpunkte im Rahmen einer Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht wurden, nicht dazu, dass sie noch in einem Klageverfahren gegen einen Planänderungs- oder -ergänzungsbeschluss zu berücksichtigen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2022 - 9 A 17.21 - DVBl 2023, 1222 Rn. 30). Mit der Rechtskraft des stattgebenden Feststellungsurteils, wonach der Planfeststellungsbeschluss - nach Maßgabe der Urteilsgründe - rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, ist zugleich eine negative Feststellung des Inhalts verbunden, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht an anderen als den im Urteil ausdrücklich benannten Fehlern leidet; ein Kläger kann demnach im nachfolgenden Klageverfahren gegen den im ergänzenden Verfahren insgesamt bestätigten oder auch teilweise geänderten Planfeststellungsbeschluss nicht geltend machen, dieser sei über die Beanstandung des Gerichts hinaus wegen weiterer Mängel rechtswidrig (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 2020 - 7 A 1.18 - NuR 2020, 709 Rn. 31). Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob das Gericht die formelle oder materielle Rechtmäßigkeit einzelner Klagegründe ausdrücklich angesprochen und begründet hat; zu Unrecht verweisen die Kläger für ihre gegenteilige Ansicht auf das Urteil des 7. Senats zur Elbvertiefung. Die von ihnen in Bezug genommene Passage (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 2020 - 7 A 1.18 - NuR 2020, 709 Rn. 32) betraf lediglich die Frage, inwiefern Vorfragen eines vom Gericht festgestellten Rechtsfehlers einer erneuten Überprüfung nach Abschluss eines Fehlerheilungsverfahrens entzogen sind.

17 Ungeachtet dessen ist für das streitgegenständliche Planfeststellungsverfahren gemäß § 74 Abs. 2 UVPG das Gesetz noch in seiner vor dem 16. Mai 2017 geltenden, Auswirkungen auf den globalen Klimaschutz nicht einbeziehenden Fassung anzuwenden und findet § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG nicht deshalb Anwendung, weil der Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss erst nach dessen Inkrafttreten erlassen wurde. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich dessen Erlass. Auf den Zeitpunkt eines Ergänzungsbeschlusses ist nur insoweit abzustellen, als die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung im ergänzenden Verfahren auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse stützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung vornimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2022 - 9 A 1.21 - BVerwGE 176, 94 Rn. 161 ff.). Dies ist vorliegend nicht geschehen. Der Umstand allein, dass im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung Klimaschutzbelange thematisiert wurden, ist unbeachtlich.

18 Die an der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung geäußerte Kritik der Kläger erschöpft sich in der Wiederholung von Einwänden, welche der Senat in früheren Entscheidungen bereits zurückgewiesen hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Juni 2019 - 9 A 2.18 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 75 Rn. 20 <insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 166, 1>, vom 11. Juli 2019 - 9 A 13.18 - BVerwGE 166, 132 Rn. 21, vom 3. November 2020 - 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 77, vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 64 ff. und vom 7. Juli 2022 - 9 A 1.21 - BVerwGE 176, 94 Rn. 161 ff.; Beschluss vom 27. November 2018 - 9 A 10.17 - juris Rn. 34), sowie in dem Verweis auf die Europäische Klimaschutzverordnung und die Europäische Governance-Verordnung, denen indes schon die Kläger selbst keine konkrete Regelung entnehmen, welche eine Einbeziehung des Klimaschutzes erzwingt. Gemäß Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2018/842 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 - Europäische Klimaschutzverordnung - gilt diese - worauf auch die Kläger hinweisen – (nur) für die Treibhausgasemissionen, die den IPCC-Quellenkategorien Energie, Industrieprozesse und Produktverwendung, Landwirtschaft und Abfall gemäß der Verordnung (EU) 2018/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 - Governance-VO - zuzuordnen sind. Der Verkehr wird damit nicht erfasst und kann auch nicht durch einen Rekurs auf das nationale Recht – § 13 KSG - einbezogen werden. Mittels der Governance-VO wird ein Governance-Mechanismus eingerichtet; ein Bezug zum vorliegenden Verfahren ist nicht ersichtlich.

19 Der Verweis auf das Senatsurteil vom 23. Juni 2020 - 9 A 22.19 - (BVerwGE 168, 368 Rn. 56) rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Dieses behandelt die Frage, wie zur Vermeidung der Perpetuierung einer Unionsrechtswidrigkeit einem Verfahrensfehler eines bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses nachträglich Rechnung getragen werden kann, wenn dieser sich möglicherweise zugleich auf die materielle Rechtmäßigkeit der im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen wasserrechtlichen Erlaubnis ausgewirkt hat. Zwischen dem festgestellten Fehler der Öffentlichkeitsbeteiligung bezüglich des Wasserrechtlichen Fachbeitrags und der Frage der Prüfung der Auswirkungen auf den Klimaschutz besteht vorliegend schon deshalb kein Zusammenhang, weil Letztere - wie vorstehend ausgeführt - rechtmäßig nicht in die Planfeststellung einbezogen wurden.

20 Die Nichtberücksichtigung des globalen Klimas in der nach altem Recht erfolgten UVP begründet im Übrigen auch keinen unionsrechtswidrigen Zustand, der perpetuiert werden könnte, weil auch das Unionsrecht zwischen Projekten, die der UVP-Richtlinie von 2011 (Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011) unterfallen, und solchen, für die ab dem Stichtag 16. Mai 2017 der erweiterte Klimabegriff der Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 gilt, unterscheidet (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 65).

21 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Es entspricht nicht der Billigkeit, den Klägern die Erstattung auch der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen Antrag gestellt, sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt und sich darüber hinaus auch in der Sache nicht eigenständig inhaltlich am Verfahren beteiligt hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).