Beschluss vom 23.08.2017 -
BVerwG 4 BN 14.17ECLI:DE:BVerwG:2017:230817B4BN14.17.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 23.08.2017 - 4 BN 14.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:230817B4BN14.17.0]
Beschluss
BVerwG 4 BN 14.17
- OVG Münster - 01.02.2017 - AZ: OVG 7 D 71/15.NE
In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. August 2017
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz, Petz
und Prof. Dr. Külpmann
beschlossen:
- Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 1. Februar 2017 wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
Gründe
1 Das Oberverwaltungsgericht hat den angegriffenen Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Die Festsetzungen zur Gebäudehöhe seien nicht hinreichend bestimmt, weil die natürliche Geländeoberfläche als unterer Bezugspunkt nach § 18 Abs. 1 BauNVO in einem natürlichen Gelände mit erheblichen Höhenunterschieden unzureichend sei (OVG Münster, Urteil vom 1. Februar 2017 - 7 D 71/15.NE - BauR 2017, 842).
2 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde der Antragsgegnerin bleibt erfolglos. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
3 Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 30. November 2016 - 4 BN 16.16 - NVwZ 2017, 563 Rn. 5).
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1. Die Beschwerde sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf für die Frage,
ob es tatsächlich bei geneigter natürlicher Geländeoberfläche ergänzender Festsetzungen im Sinne einer Mess- oder Berechnungsvorschrift bedarf oder ob es nicht ausreicht, wenn - wie hier - durch andere Parameter, wie z.B. die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse (ergänzt um Festsetzungen zur Dachform und Firstrichtung in Kombination mit der Festsetzung eng bemessener überbaubarer Grundstücksflächen und maximalen Baukörperlängen) die Berücksichtigung der natürlichen Geländeoberfläche bei der Errichtung von Gebäuden planungsrechtlich sichergestellt wird und First- und Traufhöhen lediglich zur ergänzenden Feinsteuerung von Details der Höhenentwicklung vorgegeben werden.
5 Die Frage führt schon deswegen nicht zur Zulassung der Revision, weil sie auf den Einzelfall ("wie hier") zugeschnitten ist. Sie rechtfertigt eine Zulassung aber auch dann nicht, wenn ihr ein grundsätzlicher Gehalt entnommen werden könnte. Denn sie verfehlt den Inhalt des angegriffenen Urteils. Das Oberverwaltungsgericht hat das nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO nicht revisible Ortsrecht dahin ausgelegt, dass die Festsetzungen der First- und Traufhöhen die Gebäudehöhe bestimmten. Dass diese Festsetzungen nur einer "ergänzenden Feinsteuerung von Details der Höhenentwicklung" dienten, hat es nicht angenommen.
6 Die von der Beschwerde angedeutete Frage wäre in einem Revisionsverfahren im Übrigen nicht klärungsfähig. Anders als von der Beschwerde angenommen, hat die Vorinstanz den angegriffenen Bebauungsplan nicht wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB für unwirksam erklärt, sondern weil seine Festsetzungen zur Gebäudehöhe dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Bestimmtheitsgebot nicht genügten (UA S. 12), das auch für Bebauungspläne gilt (BVerwG, Beschluss vom 4. Januar 1994 - 4 NB 30.93 - Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 69 S. 2). Ob der Plangeber hinreichend klar zum Ausdruck bringt, welche Regelung mit welchem Inhalt normative Geltung beansprucht, ist indes eine Frage der Auslegung des Bebauungsplans, damit des nicht revisiblen Rechts und in aller Regel rechtsgrundsätzlicher Klärung nicht zugänglich (BVerwG, Beschluss vom 30. September 2014 - 4 B 49.14 - ZfBR 2015, 60 Rn. 4 m.w.N.). So erschöpft sich auch die Kritik der Beschwerde darin, das Oberverwaltungsgericht habe bei seiner Auslegung des Bebauungsplans das Zusammenwirken von Festsetzungen zur Zahl der Vollgeschosse und zur Gebäudehöhe nicht gewürdigt.
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2. Ausgehend von der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts möchte die Beschwerde weiter rechtsgrundsätzlich klären lassen,
ab welcher Größenordnung Höhenunterschiede der natürlichen Geländeoberfläche innerhalb einer festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche als erheblich einzustufen sind und damit die Bezugnahme auf die natürliche Geländeoberfläche zur Festlegung eines unteren Bezugspunktes im Hinblick auf die Bestimmtheit nicht ausreichend ist.
8 Auch diese Frage führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Das Oberverwaltungsgericht hat sich davon leiten lassen, dass die natürliche Geländeoberfläche als unterer Bezugspunkt nach § 18 Abs. 1 BauNVO nicht hinreichend bestimmt ist, wenn die angegebenen Werte der Geländehöhen für sämtliche Baugrundstücke jeweils grundstücksbezogene Höhenunterschiede auch im Bereich der Baufenster aufweisen, die über einem Meter liegen (UA S. 13 f.). Für diesen Fall hat es einen erheblichen Höhenunterschied angenommen, der die vorhandene natürliche Geländeoberfläche als unteren Bezugspunkt nach § 18 Abs. 1 BauNVO als zu unbestimmt erscheinen lässt. Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde insoweit nicht auf. Sie strebt vielmehr eine Klärung für eine Vielzahl von Konstellationen nach der Art eines Lehrbuchs an. Das ist nicht Aufgabe eines Revisionsverfahrens (BVerwG, Beschlüsse vom 23. Oktober 2012 - 4 BN 35.12 - ZfBR 2013, 172 = juris Rn. 4 und vom 11. Februar 2016 - 4 B 1.16 - NVwZ-RR 2016, 471 Rn. 2).
9 Die Beschwerde verfehlt im Übrigen die Darlegungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Der bloße Verweis auf die Entscheidung des VGH Kassel, Urteil vom 6. März 2003 - 3 N 1891/01 - (BRS 66 Nr. 42) legt die grundsätzliche Bedeutung nicht dar. Die angeführte Entscheidung erörtert, ob die natürliche Geländeoberfläche als unterer Bezugspunkt nach § 18 Abs. 1 BauNVO festgesetzt werden darf, obwohl sie veränderbar ist, und bejaht diese Frage (a.a.O. S. 231 = juris Rn. 41; ebenso OVG Koblenz, Urteil vom 20. Februar 2014 - 1 C 10824/13 - juris Rn. 45; VGH München, Urteil vom 27. April 2010 - 1 N 08.27 03 - juris Rn. 32; König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 18 Rn. 4; ablehnend OVG Schleswig, Urteil vom 25. April 2002 - 1 K 9/01 - NVwZ-RR 2003, 98 <99>; Hartmann, in: Bönker/Bischopink, BauNVO, § 18 Rn. 6; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 18 Rn. 3; Jaeger, in: BeckOK BauNVO, Stand Juli 2017, § 18 Rn. 7; zurückhaltend auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Februar 2017, § 18 BauNVO Rn. 3; Decker, in: Jäde/Dirnberger, BauGB/BauNVO, 8. Aufl. 2017, § 18 BauNVO Rn. 2). Auf diese Frage kam es dem Oberverwaltungsgericht indes nicht an (UA S. 14), weil es die Festsetzung der Gebäudehöhe bereits aus einem anderen Grund für zu unbestimmt gehalten hatte.
10 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.