Beschluss vom 23.09.2004 -
BVerwG 6 P 5.04ECLI:DE:BVerwG:2004:230904B6P5.04.0

Leitsatz:

Für die im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren angestrebte gerichtliche Feststellung, dass die Soldaten in einer militärischen Dienststelle Personalvertretungen wählen, kommt dem Bezirkspersonalrat bei der übergeordneten militärischen Dienststelle, nicht aber dem einzelnen der Dienststelle angehörenden Soldaten die Antragsbefugnis zu.

  • Rechtsquellen
    SBG §§ 2, 49,
    BPersVG §§ 53, 83

  • OVG Koblenz - 05.03.2004 - AZ: OVG 4 A 11908/03 -
    OVG Rheinland-Pfalz - 05.03.2004 - AZ: OVG 4 A 11908/03.OVG

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.09.2004 - 6 P 5.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:230904B6P5.04.0]

Beschluss

BVerwG 6 P 5.04

  • OVG Koblenz - 05.03.2004 - AZ: OVG 4 A 11908/03 -
  • OVG Rheinland-Pfalz - 05.03.2004 - AZ: OVG 4 A 11908/03.OVG

In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. September 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H a h n , B ü g e , Dr. G r a u l i c h und V o r m e i e r
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird hinsichtlich des Antrages zu 1 sowie hinsichtlich der 1. und 10. Panzerdivision eingestellt. In diesem Umfang ist der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz - Fachsenat für Personalvertretungssachen (Bund) - vom 5. März 2004 sowie der Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz - Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) - vom 14. Oktober 2003 wirkungslos.
  2. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den vorgenannten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz zurückgewiesen.

I


Auf der Grundlage von Organisationsbefehlen des Bundesministeriums der Verteidigung sowie des Grundsatzbefehls des Heeresführungskommandos für die Umgliederung seines Kommandobereichs vom 15. März 2001 i.d.F. vom 22. Juni 2001 wurden die bisher fusionierten Stäbe der Wehrbereichskommandos/Divisionen defusioniert. Zugleich wurden die Divisionen aus der truppendienstlichen Führung durch die Korps herausgenommen und dem Heeresführungskommando direkt unterstellt. Dementsprechend entstanden zum 1. Juli 2001 aus dem Stab Wehrbereichskommando II/1. Panzerdivision der Stab der 1. Panzerdivision mit dem Standort Hannover, aus dem Stab Wehrbereichskommando III/7. Panzerdivision der Stab der 7. Panzerdivision mit dem Standort Düsseldorf, aus dem Stab Wehrbereichskommando V/10. Panzerdivision der Stab der 10. Panzerdivision mit dem Standort Sigmaringen sowie zum 1. Oktober 2001 aus dem Stab Wehrbereichskommando VII/ 13. Panzergrenadierdivision der Stab der 13. Panzergrenadierdivision mit dem Standort Leipzig.
Gemäß Erlassen vom 24. September und 10. Dezember 2002 sowie 18. Februar 2003 vertritt das Bundesministerium der Verteidigung die Auffassung, dass mit der Defusionierung die neu gebildeten Divisionsstäbe keine für Soldaten personalratsfähigen Dienststellen mehr seien mit der Folge, dass die Soldatenvertreter sowohl im örtlichen Personalrat als auch im Bezirkspersonalrat beim Heeresführungskommando ihr Amt verlören. Davon setzte der Beteiligte den Antragsteller zu 1 mit Schreiben vom 2. Juni 2003 in Kenntnis. Daraufhin hat dieser das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet, welchem sich drei seiner soldatische Mitglieder (Antragsteller zu 2 bis 4) aus den betroffenen Divisionsstäben angeschlossen haben. Den Antrag auf Feststellung,
1. dass die im Mai 2000 gewählten Soldatenvertreter aus den Stäben der 1., 7. und 10. Panzerdivision sowie der 13. Panzergrenadierdivision einschließlich der jeweils unterstützenden Einheiten weiterhin Mitglieder des Bezirkspersonalrats beim Heeresführungskommando sind,
2. dass die Stäbe der 1., 7. und 10. Panzerdivision sowie der 13. Panzergrenadierdivision einschließlich der jeweils unterstützenden Einheiten weiterhin Dienststellen nach §  49 Abs. 1 des Soldatenbeteiligungsgesetzes sind,
hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Die Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung ihrer Rechtsbeschwerde beziehen sich die Antragsteller im Wesentlichen auf den Vortrag des Personalrats beim Stab der 10. Panzerdivision im Rechtsbeschwerdeverfahren BVerwG 6 P 2.04 . Sie beantragen - unter Abstandnahme von der bisherigen weitergehenden Antragstellung -,
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und festzustellen, dass die Stäbe der 7. Panzerdivision und 13. Panzergrenadierdivision einschließlich jeweils unterstützender Einheiten weiterhin Dienststellen nach § 49 Abs. 1 des Soldatenbeteiligungsgesetzes sind.
Der Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.

II


Das Verfahren ist hinsichtlich des Antrages zu 1 sowie hinsichtlich der 1. und 10. Panzerdivision einzustellen, nachdem die Antragsteller insoweit - sinngemäß - den Antrag mit Zustimmung des Beteiligten zurückgenommen haben; in diesem Umfang sind die Beschlüsse der Vorinstanzen wirkungslos (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 81 Abs. 2 Sätze 2 und 3, § 92 Abs. 2 Satz 3 ArbGG und § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO).
Im Übrigen ist die zulässige Rechtsbeschwerde nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht insoweit nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 ArbGG).
1. Der in der Rechtsbeschwerdeinstanz aufrecht erhaltene Antrag ist nur hinsichtlich des Antragstellers zu 1 zulässig.
a) Insbesondere bestehen gegen dessen Antragsbefugnis keine Bedenken. Im personalvertretungsrechtlichen Beschussverfahren ist die Antragsbefugnis gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsposition betroffen werden kann. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht (vgl. Beschluss vom 10. Juni 1998 - BVerwG 6 P 7.97 - BVerwGE 107, 45, 46 f. m.w.N.; zum Betriebsverfassungsrecht: BAG, Beschluss vom 18. Februar 2003 - 1 ABR 17/02 - AP Nr. 11 zu § 77 BetrVG 1972 Betriebsvereinbarung Bl. 1758 R, 1759 m.w.N.). Durch die angestrebte Feststellung, dass die Stäbe der 7. Panzerdivision und der 13. Panzergrenadierdivision Dienststellen nach § 49 Abs. 1 des Soldatenbeteiligungsgesetzes (SBG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 15. April 1997, BGBl I S. 766, zuletzt geändert durch Art. 18 des Gesetzes vom 20. Dezember 2001, BGBl I S. 4013, sind, wird der Antragsteller zu 1 in seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsstellung als Bezirkspersonalrat beim Heeresführungskommando betroffen. Diese Feststellung hätte zur Folge, dass er von den Soldaten der beiden Divisionsstäbe mitzuwählen wäre (§ 48 Satz 1 SBG i.V.m. § 53 Abs. 2 BPersVG) und deren Interessen - sei es im Stufenverfahren nach § 69 Abs. 3 BPersVG, sei es im Rahmen seiner originären Zuständigkeit nach § 82 Abs. 1 BPersVG - mitzuvertreten hätte.
b) Hingegen kommt den Antragstellern zu 2 bis 4, die nach der Neuwahl im Mai 2004 nicht mehr Mitglieder des Antragstellers zu 1 sind, die Antragsbefugnis nicht zu. Wenn es in § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG heißt, dass in anderen als den in § 2 Abs. 1 SBG genannten Dienststellen und Einrichtungen Soldaten Personalvertretungen wählen, so handelt es sich dabei um eine die Soldaten in ihrer Gesamtheit betreffende und damit kollektivrechtliche Aussage. Eine personalvertretungsrechtliche Rechtsposition für den einzelnen Soldaten wird dadurch nicht begründet. Dies bestätigt der systematische Zusammenhang mit § 49 Abs. 2 Satz 1 SBG, wonach die in § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG genannten Soldaten eine weitere Gruppe im Sinne von § 5 BPersVG sind. Durch die gerichtliche Entscheidung über den Status einer militärischen Dienststelle können daher nur diejenigen in ihrer personalvertretungsrechtlichen Position betroffenen sein, die im Rahmen der Dienststellenverfassung kollektivrechtliche Interessen der Soldaten wahrzunehmen oder sich damit zu befassen haben, wie vor allem Personalvertretung und Dienststellenleitung.
Die Verneinung der Befugnis des einzelnen Soldaten, den personalvertretungsrechtlichen Status einer Dienststelle klären zu lassen, steht im Einklang damit, dass im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren dem einzelnen Beschäftigten nur im Ausnahmefall die Antragsbefugnis zuerkannt wird (vgl. Fischer/Goeres, in: GKÖD Band V, Anhang 2 zu K § 83 Rn. 20; Altvater/Hamer/Ohnesorg/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 5. Aufl. 2004, § 83 Rn. 32; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 10. Aufl. 2004, § 83 Rn. 32; Schmitt in: Lorenzen/Etzel/ Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 83 Rn. 42). Ein solcher Fall kann unter bestimmten Umständen anzunehmen sein, wenn das aktive oder passive Wahlrecht des Beschäftigten streitig ist (vgl. Beschluss vom 18. Oktober 1977 - BVerwG 7 P 23.75 - Buchholz 238.32 § 13 BlnPersVG Nr. 1). Das individuelle Wahlrecht der Antragsteller zu 2 bis 4 ist hier jedoch nicht Streitgegenstand, auch wenn sich die gerichtliche Feststellung zum personalvertretungsrechtlichen Status der Divisionsstäbe darauf auswirkt. Das Recht von Soldaten, ein nach Maßgabe von § 25 BPersVG eingeleitetes Wahlanfechtungsverfahren fortzusetzen, wird durch die vorliegende Entscheidung ohnehin nicht berührt.
Die Verneinung der Antragsbefugnis für einzelne Soldaten in Fällen der vorliegenden Art stimmt mit einer speziellen betriebsverfassungsrechtlichen Normierung einer rechtsähnlichen Fallgestaltung überein. Ist zweifelhaft, ob eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt, so können nach § 18 Abs. 2 BetrVG der Arbeitgeber, jeder beteiligte Betriebsrat, jeder beteiligte Wahlvorstand oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft eine Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragen. Daraus wird in der arbeitsrechtlichen Kommentarliteratur ganz überwiegend geschlussfolgert, dass in den von der Vorschrift erfassten Fällen dem einzelnen Arbeitnehmer keine Antragsbefugnis zukommt (vgl. Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, Betriebsverfassungsgesetz, 21. Aufl. 2002 § 18 Rn. 60; Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock, Betriebsverfassungsgesetz, 6. Aufl. 2003, § 18 Rn. 19; Dörner, in: GK-ArbGG § 81 Rn. 67 f.; Matthes, in: Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, Arbeitsgerichtsgesetz, 4. Aufl. 2002 § 81 Rn. 59).
2. Der somit nur hinsichtlich des Antragstellers zu 1 zulässige Antrag ist nicht begründet. Die Divisionsstäbe sind keine von § 49 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SBG erfassten Dienststellen, in denen die Soldaten Personalvertretungen wählen, sondern Wahlbereiche nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 SBG, in denen sie Vertrauenspersonen wählen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Senatsbeschluss vom heutigen Tage - BVerwG 6 P 2.04 - Bezug genommen. Die dortigen auf den Stab der 10. Panzerdivision bezogenen Ausführungen zu § 2 Abs. 1 Nr. 3 SBG gelten für die hier in Rede stehenden Stäbe der 7. Panzerdivision und der 13. Panzergrenadierdivision entsprechend (vgl. zur organisatorischen Gliederung dieser Großverbände - CPM-Forum: Heeresführungskommando, S. 42 ff., 48 ff.).