Beschluss vom 24.09.2018 -
BVerwG 3 PKH 5.17ECLI:DE:BVerwG:2018:240918B3PKH5.17.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.09.2018 - 3 PKH 5.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2018:240918B3PKH5.17.0]

Beschluss

BVerwG 3 PKH 5.17

  • VG Halle - 28.07.2017 - AZ: VG 1 A 221/15 HAL

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. September 2018
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Dr. Wysk
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
beschlossen:

Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren BVerwG 3 B 34.17 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 28. Juli 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Gründe

1 Dem Kläger kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, weil die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 28. Juli 2017 keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 und 5 ZPO; § 173 VwGO i.V.m. § 78b Abs. 1 ZPO).

2 Der Kläger begehrt als anerkannter Verfolgter die Feststellung weitergehender Verfolgungszeiten nach § 2 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG).

3 Der Kläger war in der DDR als Zahnarzt tätig, zunächst in einer Poliklinik, sodann im Rahmen des Wehrdienstes als Sanitäter bei der NVA. Anschließend war er wiederum als angestellter Zahnarzt tätig und schloss die Ausbildung zum Fachzahnarzt ab. Am 29. Juli 1982 wurde er aufgrund eines Disziplinarverfahrens fristlos entlassen. Erst ab dem 1. Oktober 1983 war er mit Unterbrechungen wieder als Fachzahnarzt tätig. Im Dezember 1985 beantragte der Kläger die Ausreise in die Bundesrepublik und wurde daraufhin vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR "operativ behandelt". Ab dem 12. Juli 1988 war er aufgrund eigener Bewerbung als Bewachungskraft im VEB B. in H. beschäftigt. Nachdem er am Balkon seiner Wohnung ein Plakat mit der Aufschrift "Für freie Ausreise, gegen Berufsverbot" angebracht hatte, wurde er am 25. Juli 1988 inhaftiert und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Am Tag seiner Entlassung (7. Februar 1989) durfte der Kläger in die Bundesrepublik ausreisen. Das Strafurteil wurde hier nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz aufgehoben. Wegen der erlittenen Haft erhielt der Kläger eine Häftlingshilfebescheinigung nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes.

4 Mit Bescheid des Beklagten vom 25. August 2015 wurde der Kläger antragsgemäß als Verfolgter nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz anerkannt. Als Verfolgungszeit wurde jedoch nur die Haftzeit vom 25. Juli 1988 bis zum 7. Februar 1989 festgesetzt.

5 Die hiergegen mit dem Begehren auf Anerkennung weiterer Verfolgungszeiten erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es sei nicht erkennbar, dass der Kläger mit Ausnahme des Strafverfahrens überhaupt von einer hoheitlichen Maßnahme betroffen oder politisch motivierten Eingriffen ausgesetzt gewesen sei. Auch in der DDR sei nicht jeder Eingriff in die berufliche Tätigkeit als politische Verfolgung einzuordnen. Zu der fristlosen Entlassung habe der Kläger durch sein Verhalten Anlass gegeben. Nachfolgende Zeiten der Arbeitslosigkeit seien nicht durch politische Verfolgung bedingt gewesen. Der Kläger habe selbst mehrfach Angebote, als Fachzahnarzt zu arbeiten, abgelehnt. Auch den Wechsel zum Wachdienst habe der Kläger eigenverantwortlich durch eine entsprechende Bewerbung herbeigeführt. Anhaltspunkte, dass er hierzu gezwungen worden sei oder gemeint habe, politisch verfolgt zu werden, seien nicht ersichtlich. Die Berücksichtigung der Zeit des abgeleisteten Wehrdienstes sei ebenfalls ausgeschlossen, weil in der DDR praktisch jeder junge Mann habe Wehrdienst leisten müssen; dies sei nicht als politische Verfolgung anzusehen. Hinsichtlich der in der Rentenversicherung zu berücksichtigenden Qualifikation sei die letzte wahrgenommene Berufstätigkeit als Wachmann zugrunde zu legen.

6 Die vom Verwaltungsgericht nicht zugelassene Revision kann auch im Beschwerdeverfahren BVerwG 3 B 34.17 voraussichtlich nicht zugelassen werden. Es trifft nicht zu, wie der Kläger meint, dass man "gelassen die beiden noch möglichen Instanzen (Bundesverwaltungsgericht, Bundesverfassungsgericht) zulassen" könnte, hätten die Gerichte keine "Angst vor den beruflichen und juristischen Argumenten" des Klägers. Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Zulassung nur befugt, wenn einer der Revisionszulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO dargelegt wird und vorliegt (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Jedoch lassen die Ausführungen des anwaltlich nicht vertretenen Klägers bei der vom Senat von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung nicht erkennen, dass die Voraussetzungen der Zulassung erfüllt sind. Auch bei wohlwollender Prüfung des Vorbringens drängt sich ein Zulassungsgrund nicht auf.

7 Der Kläger macht im Kern geltend, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei sachlich falsch und verletze ihn in seinen (Grund)Rechten. Er verkennt damit, dass weder eine (behauptete) Verletzung des materiellen Rechts noch die (vermeintliche) sachliche Unrichtigkeit eines Urteils als solche zur Zulassung der Revision führen kann. Das Bundesverwaltungsgericht kann im Beschwerdeverfahren nur prüfen, ob die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), das Urteil des Verwaltungsgerichts von einer Entscheidung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte abweicht oder ein Verfahrensmangel bezeichnet ist und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Einen dieser Gründe macht der Kläger auch sinngemäß nicht geltend.

8 Allein aus den im Schriftsatz vom 13. August 2017 genannten Grundrechtsbestimmungen ergibt sich hierzu nichts. Das gilt auch für den dort erhobenen Vorwurf der richterlichen Rechtsbeugung durch das Verwaltungsgericht, den der Kläger allein aus der vermeintlichen Unrichtigkeit des Urteils herleiten will, der aber mehr als fern liegt. Ebenso wenig führt die "Revisionsklage-Begründung" vom 7. Oktober 2017 auf einen Zulassungsgrund. Darin beanstandet der Kläger zum einen, wie die Deutsche Rentenversicherung seine Rente berechnet hat. Auch wenn die Berechnung auf der Grundlage der vorliegenden Rehabilitierungsbescheinigung erfolgt ist, können rentenrechtliche Entscheidungen vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht angegriffen werden; hierfür sind die Sozialgerichte zuständig.

9 Für die Frage der Revisionszulassung unmittelbar bedeutsam ist zum anderen auch nicht, wann die Verfolgungszeit endete bzw. zu welchen Zeiten sie bestand. Sollte dem Verwaltungsgericht insofern, wie der Kläger geltend macht, mit der Beschränkung der Verfolgungszeit auf die Haftzeit ein Fehler unterlaufen sein - wofür aber nichts ersichtlich ist -, würde es sich um einen für die Revisionszulassung grundsätzlich unerheblichen Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung handeln. Hiergegen hat der Kläger nichts vorgebracht, was als Zulassungsgrund in Betracht käme.

10 Schließlich betrifft auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe fälschlicherweise gebilligt, dass der Beklagte im Rehabilitierungsbescheid die rentenrechtliche Eingruppierung nach dem vor der Haft ausgeübten Beruf als Bewachungskraft vorgenommen habe, allein die Rechtsanwendung; ein Zulassungsgrund ist nicht erkennbar. Es ist zwar verständlich, dass der Kläger meint, die Eingruppierung müsse sich nach seiner gesamten Berufstätigkeit richten, die in seinem Fall durch die Tätigkeit als Zahnarzt geprägt werde. Er verkennt damit jedoch, dass es im vorliegenden Rechtsstreit nur um den Ausgleich verfolgungsbedingter beruflicher Einbußen geht. Daher ist es konsequent, wenn der Beklagte einen Ausgleich nur für den Beruf als Bewachungskraft anerkennt, weil durch die als Verfolgung anerkannte Inhaftierung nur in diesen Beruf eingegriffen worden sein könne (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 6 BerRehaG).