Beschluss vom 24.09.2025 -
BVerwG 1 W-VR 13.25ECLI:DE:BVerwG:2025:240925B1WVR13.25.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.09.2025 - 1 W-VR 13.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:240925B1WVR13.25.0]

Beschluss

BVerwG 1 W-VR 13.25

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Scheffczyk am 24. September 2025 beschlossen:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

I

1 Die Antragstellerin wendet sich vorbeugend gegen die - ihr bereits seit längerem angekündigte, jedoch bisher nicht verfügte - Rückversetzung von ihrer derzeitigen Dienststelle in ... nach ... Sie beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie nicht vor Ablauf des Schuljahres 2026/2027 an eine andere Dienststelle als die Dienststelle ... zu versetzen.

2 Zur Begründung macht sie vor allem geltend, dass die Versetzung den Schulabschluss (Abitur) ihrer - von ihr allein erzogenen - Tochter an dem von dieser besuchten Gymnasium in M. vereitele. Außerdem verweist sie auf gesundheitliche Beeinträchtigungen ihrer Tochter bzw. deren laufende Behandlung, die einer Rückkehr nach Deutschland entgegenstünden.

3 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

4 Es hält eine Rückversetzung der Antragstellerin, die im Wege der Spannungsversetzung (Nr. 205 Buchst. g AR A-1420/37) und/oder der Versetzung wegen des Endes einer befristeten Auslandsverwendung (Nr. 205 Buchst. e AR A-1420/37) erfolgen solle, auch unter Berücksichtigung der geltend gemachten persönlichen Gründe für rechtlich zulässig. Im Übrigen sei der Antragstellerin bislang erst die Absicht der Personalführung mitgeteilt, sie innerhalb des nächsten halben Jahres in das Inland zu versetzen, und eine Versetzungsverfügung noch nicht erstellt. Hierbei solle der tatsächliche Zeitpunkt der Versetzung mit ihr abgestimmt werden, um der Tochter einen geregelten Übergang in das deutsche Schulsystem zu erleichtern.

5 Wegen aller Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II

6 Der Antrag ist unzulässig.

7 Vor Ergehen einer truppendienstlichen Maßnahme kommt Rechtsschutz grundsätzlich nur in engen Grenzen in Betracht. Die Zulässigkeit eines derartigen Antrags setzt danach einerseits voraus, dass das künftige Handeln der Vorgesetzten oder Dienststellen, dem die Soldatin vorbeugend entgegentreten möchte, nach seinem Inhalt und seinen tatsächlichen wie rechtlichen Voraussetzungen soweit spezifiziert ist, dass eine Rechtmäßigkeitsprüfung durch den Senat möglich ist. Solange sich noch nicht mit der dafür erforderlichen Bestimmtheit übersehen lässt, welche Maßnahmen drohen oder unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen sie ergehen werden, kann ein berechtigtes Interesse an vorbeugendem Rechtsschutz dagegen nicht anerkannt werden. Das für einen Antrag auf vorbeugenden Rechtsschutz erforderliche Rechtsschutzbedürfnis verlangt zum anderen, dass dem Soldaten nicht zugemutet werden kann, die beabsichtigte truppendienstliche Maßnahme abzuwarten, weil schon eine nur kurzfristige Hinnahme der befürchteten Maßnahme geeignet wäre, ihn in besonders schwerwiegender, womöglich nicht wiedergutzumachender Weise in seinen Rechten zu beeinträchtigen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 2023 - 1 WB 14.23 - juris Rn. 17 und vom 28. November 2024 - 1 WB 47.23 - juris Rn. 27).

8 Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

9 Für den Senat ist nicht absehbar, an welchen konkreten Standort im Inland und zu welchem genauen Zeitpunkt das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die Antragstellerin letztlich versetzen wird. Von der - ebenfalls noch nicht abschließend erfolgten - Festlegung des dienstlichen Erfordernisses, auf das die Versetzung gestützt wird, hängt die Geltung der sechsmonatigen Schutzfrist ab, die im Falle einer Versetzung nach Nr. 205 Buchst. e AR A-1420/37, nicht aber im Falle einer Spannungsversetzung (Nr. 205 Buchst. g AR A-1420/37) zu beachten ist (Nr. 226 Satz 2 und Satz 6 Buchst. e AR A-1420/37). Schließlich ist nicht ersichtlich, welche Einschätzung und Bewertung des Sachverhalts das zuständige Bundesamt für das Personalmanagement zugrunde legen und mit welchen Ermessenserwägungen es seine Entscheidung, insbesondere in Abwägung mit den geltend gemachten schwerwiegenden persönlichen Gründen (Nr. 207 AR A-1420/37), treffen und begründen wird. Verbindlich zu bewerten werden im Falle einer Versetzung nach Nr. 205 Buchst. g AR A-1420/37 etwa auch die innerdienstlichen Spannungen sein, die nach dem Vortrag des Bundesministeriums der Verteidigung in der Dienststelle der Antragstellerin einerseits schon geraume Zeit bestehen sollen, andererseits aber ebenso geraume Zeit zu keinen beschleunigten personellen Konsequenzen geführt haben. Laufenden Veränderungen unterliegt auch die schulische Situation der Tochter der Antragstellerin, für die vor kurzem ein neues Schuljahr begonnen hat.

10 Es ist nicht Aufgabe des Wehrdienstgerichts, im Wege einer Vorabprüfung verschiedene denkbare Sachverhalte und mögliche Entscheidungsoptionen durchzuspielen und zu diesen, noch bevor die Personalführung eine eigene (Ermessens-)Entscheidung getroffen hat, rechtliche Bewertungen abzugeben. Auch der Antragstellerin ist es zumutbar, den Erlass der Versetzungsverfügung abzuwarten und - bezogen auf deren konkreten Inhalt und Begründung - ergänzend zum Rechtsschutz in der Hauptsache ggf. mit einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen (§ 17 Abs. 6 Satz 2 und 3 WBO).