Beschluss vom 26.03.2025 -
BVerwG 1 WB 10.24ECLI:DE:BVerwG:2025:260325B1WB10.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.03.2025 - 1 WB 10.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:260325B1WB10.24.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 10.24

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Scheffczyk
die ehrenamtliche Richterin Oberfeldapotheker Dr. Niessen und
den ehrenamtlichen Richter Hauptfeldwebel Kühr
am 26. März 2025 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen eine Versetzung innerhalb X.

2 Der Antragsteller wurde 2003 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Seit 2007 ist er Berufssoldat. Zuletzt wurde er 2021 zum Stabsfeldwebel befördert. Vom 1. Januar 2015 bis zum 31. März 2023 wurde er im A. in X., zuletzt auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt, verwendet. Mit Verfügung vom 9. Februar 2023 wurde der Antragsteller durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr aus Personalbedarfsgründen zum 1. April 2023 zum B. in X. versetzt. Dort trat er seinen Dienst am 3. April 2023 an.

3 Am 20. Oktober 2023 legte der Antragsteller Beschwerde gegen die Versetzung ein. Diese sei aufgrund von falschen Voraussetzungen erfolgt und eine versteckte Disziplinarmaßnahme für seinen Antrag auf Umwandlung seines Dienstverhältnisses in das eines Soldaten auf Zeit. Ein Dienstpostenwechsel innerhalb des A. sei nie erfolgt. Folge der Versetzung sei, dass sich sein Arbeitsweg verzehnfacht habe.

4 Mit Bescheid vom 12. Dezember 2023 wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde des Antragstellers zurück. Diese sei nicht innerhalb der Beschwerdefrist eingelegt worden und deshalb unzulässig. Gründe für ein dienstaufsichtliches Einschreiten lägen nicht vor, da die Versetzung ohne Ermessensfehler erfolgt sei.

5 Am 17. Januar 2024 hat der Antragsteller einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Diesen Antrag hat das Bundesministerium der Verteidigung mit seiner Stellungnahme vom 14. Februar 2024 dem Senat vorgelegt.

6 Der Antragsteller macht geltend, dass seine Beschwerde nicht unzulässig sei. Er habe bereits frühzeitig und klar am 15. November 2022 seine Beschwerde artikuliert. Damit sei seine Beschwerde innerhalb der Beschwerdefrist eingelegt worden. Sie sei auch begründet.

7 Der Antragsteller hat keinen ausdrücklichen Sachantrag gestellt. Im gerichtlichen Verfahren hat er auch nach einer Erinnerung durch das Gericht keine Stellungnahme abgegeben.

8 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

9 Es tritt dem Vorbringen des Antragstellers zur Einhaltung der Beschwerdefrist entgegen.

10 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II

11 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bleibt ohne Erfolg. Die Beschwerde gegen die Versetzung des Antragstellers zum 1. April 2023 wurde verspätet eingelegt.

12 1. Gemäß § 6 Abs. 1 WBO darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom Beschwerdeanlass hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 1 WB 5.12 - juris Rn. 27 m. w. N.). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO, der den Beginn der gerichtlichen Antragsfrist an die Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheids knüpft, setzt § 6 Abs. 1 WBO für den Beginn der Beschwerdefrist nur die tatsächliche, positive Kenntnis vom Beschwerdeanlass voraus. Etwas anderes gilt nur dann, wenn - was hier weder vorgetragen noch sonst erkennbar ist - für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine gesetzliche Regelung oder eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen (stRspr, vgl. z. B. BVerwG, Beschlüsse vom 16. Juli 2013 - 1 WB 43.12 - juris Rn. 30 und vom 28. November 2024 - 1 WB 7.23 - juris Rn. 30).

13 Demnach begann die Beschwerdefrist gegen die Versetzung spätestens am Tag nach dem Dienstantritt des Antragstellers beim B., also am 4. April 2023 und endete damit gemäß § 31 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 188 Abs. 2 BGB (ebenso über § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO, § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB) spätestens mit Ablauf des 3. Mai 2023. Denn nach § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB endigt eine Frist, die - wie hier - nach Monaten bestimmt ist, im Falle des § 187 Abs. 1 BGB mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher durch seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis fällt. Hierbei kommt es auf den Tag der Kenntniserlangung als Ereignis an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2022 - 1 WB 48.21 - juris Rn. 29). Bis zum Ablauf dieser Frist ist eine Beschwerde des Antragstellers gegen die Versetzung nicht eingegangen.

14 Für die Beschwerdefrist ist, anders als der Antragsteller meint, auch nicht auf vor dem Zeitpunkt des Dienstantritts am 3. April 2023 liegende Vorgänge abzustellen. Gegenstand des Antrags auf gerichtliche Entscheidung ist das ursprünglich mit der Beschwerde angefochtene Handeln oder Unterlassen in der Gestalt, die es durch den Beschwerdebescheid gefunden hat (vgl. Dau/Scheuren, WBO, 8. Aufl. 2024, § 17 Rn. 9). Die Beschwerde des Antragstellers vom 20. Oktober 2023 bezog sich ausdrücklich auf die "Versetzung durch BAPersBw" bzw. erfolgte "über meine Versetzung in das B.". Der Vortrag des Antragstellers, dass ein vorangegangener Dienstpostenwechsel innerhalb des A. nicht bzw. nicht ordnungsgemäß erfolgt sei und er darauf seine Vorgesetzten auch aufmerksam gemacht habe, bezieht sich damit auf eine andere Maßnahme (vgl. zum Begriff der Maßnahme Dau/Scheuren, WBO, 8. Aufl. 2024, § 1 Rn. 116 ff.) als die Versetzung im Jahr 2023. Sein Inhalt ist damit für den Lauf der Frist für die Beschwerde gegen Letztere unerheblich. Unerheblich ist auch, ob er am 15. November 2022 bereits eine Beschwerde eingelegt hatte. Denn vor Ergehen der streitgegenständlichen Maßnahme kann gegen diese nicht fristwahrend Beschwerde eingelegt werden.

15 2. Es ist schließlich auch nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Frist durch Umstände gehemmt gewesen wäre, die als unabwendbarer Zufall im Sinne des § 7 WBO zu werten gewesen wären. Auch eine sich über die Fristversäumnis hinwegsetzende Sachentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung, die das Fristversäumnis heilen würde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2023 - 1 WB 51.21 - juris Rn. 22 m. w. N.), liegt nicht vor. Das Ministerium hat die Beschwerde zurückgewiesen, weil sie unzulässig sei. Die inhaltliche Prüfung der Versetzung im Rahmen der Dienstaufsicht erfolgte erst im Anschluss an die Rechtsbehelfsbelehrung im Beschwerdebescheid und endet mit dem Hinweis, dass die dienstaufsichtlichen Feststellungen nicht mit einem Rechtsbehelf angefochten werden können.