Beschluss vom 26.06.2012 -
BVerwG 1 WB 18.12ECLI:DE:BVerwG:2012:260612B1WB18.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.06.2012 - 1 WB 18.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:260612B1WB18.12.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 18.12

  • BMVg - 21.02.2012 - AZ: PSZ I 7 25-05-10 45/12

In dem Wehrbeschwerdeverfahren
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz als Vorsitzende,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Dr. Lauster und
den ehrenamtlichen Richter Major Ortenstein
am 26. Juni 2012 beschlossen:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I

1 Der Rechtsstreit betrifft eine Stellungnahme, die das Personalamt der Bundeswehr gegenüber dem Kreiswehrersatzamt S. - Berufsförderungsdienst (BFD) ... - zu einem Antrag des Antragstellers auf vorzeitige Freistellung vom militärischen Dienst zur Durchführung einer Bildungsmaßnahme nach § 5 SVG abgegeben hat.

2 Der 1973 geborene Antragsteller ist Berufssoldat mit der verwendungsbezogenen besonderen Altersgrenze des 41. Lebensjahres (BO 41). Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 31. Mai 2014 enden. Seit dem 1. Juli 2005 wird er beim ...geschwader ... verwendet; seit dem 1. Mai 2011 ist er dort auf einem Dienstposten als Standardisierungsstabsoffizier eingesetzt.

3 Mit einem an das Kreiswehrersatzamt S. - BFD ... - gerichteten Formularschreiben vom 17. August 2011 beantragte der Antragsteller die Förderung einer Bildungsmaßnahme gemäß § 5 SVG (Fachhochschulstudium Maschinenbau <Bachelor>). Zugleich beantragte er für die Teilnahme an dieser Bildungsmaßnahme die vorzeitige Freistellung vom militärischen Dienst vom 1. Juli 2012 bis zum 31. Mai 2014. Der Kommodore des ...geschwaders ... und der Kommandeur ... erklärten in ihren Stellungnahmen vom 18. August 2011, sie könnten den Freistellungsantrag nicht befürworten. Der Antragsteller gehöre als Fluglehrer für den Eurofighter zum Schlüsselpersonal im Bereich der Ausbildung; er bekleide den Dienstposten des Standardisierungsstabsoffiziers im Stab des ...geschwaders ..., der bei seinem Ausscheiden nachbesetzt werden müsse. Angesichts der äußerst kritischen Personalsituation im Bereich des Fluglehrpersonals Eurofighter und des eng begrenzten Regenerationspotentials stünden der begehrten Freistellung zwingende dienstliche Gründe entgegen. Auch der Befehlshaber des Luftwaffenführungskommandos stimmte dem Freistellungsantrag nicht zu.

4 Mit Schreiben vom 26. September 2011 bat das Kreiswehrersatzamt S. - BFD ... - das Personalamt der Bundeswehr, zur Ermessensfreistellung aus personalplanerischer Sicht Stellung zu nehmen.

5 Mit dem angefochtenen Schreiben vom 12. Oktober 2011 erklärte das Personalamt gegenüber dem Kreiswehrersatzamt S. - BFD ... -, dass es der beantragten Ermessensfreistellung für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis zum 31. Mai 2014 im Rahmen der fachlichen Zuständigkeit nicht zustimmen könne. Zur Begründung führte es aus, dass der Antragsteller als Fluglehrberechtigter und Standardisierungsluftfahrzeugführer auf dem Waffensystem Eurofighter verwendet werde. Obwohl aus rein personalstruktureller Sicht noch ein Überhang an Luftfahrzeugführern im Werdegang Fliegerischer Dienst (Jet) bestehe, bedeute die Tätigkeit und Fähigkeit, über die der Antragsteller im Rahmen seiner Verwendung verfüge, eine Mangelfachtätigkeit, die bis auf Weiteres nicht durch Ersatzpersonal regeneriert werden könne.

6 Daraufhin lehnte das Kreiswehrersatzamt S. - BFD ... - mit Bescheid vom 18. Oktober 2011 den Antrag des Antragstellers auf Förderung einer Bildungsmaßnahme mit der Begründung ab, dass seitens der Disziplinarvorgesetzten des Antragstellers und der personalbearbeitenden Dienststelle der beantragten Ermessensfreistellung aus dienstlichen Gründen nicht zugestimmt worden sei. Deren Feststellungen seien nach der bestehenden Rechtslage für den Berufsförderungsdienst bindend. Die gegen diesen Bescheid eingelegte Beschwerde des Antragstellers vom 10. November 2011 wies die Wehrbereichsverwaltung ... mit Beschwerdebescheid vom 17. Januar 2012 zurück. Gegen diesen Beschwerdebescheid hat der Antragsteller nach Mitteilung des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 (seit dem 1. April 2012: R II 2) - am 5. März 2012 Klage bei dem Verwaltungsgericht S. erhoben (Az.: 1 A .../12), über die noch nicht entschieden ist.

7 Gegen die Stellungnahme des Personalamts vom 12. Oktober 2011 legte der Antragsteller mit Schreiben vom 15. November 2011 Beschwerde ein. Er trug vor, dass Staatssekretär B. am 12. Juli 2011 der Maßnahme zur Unterstützung des Abbaus des personellen Überhangs im Bereich Luftfahrzeugführer des Fliegerischen Dienstes Luftwaffe (Jet) zugestimmt habe. Der Personenkreis, für den diese Weisung bestimmt sei, umfasse alle „BO 41“, die aufgrund der verwendungsbezogenen Altersgrenze bis spätestens zum 31. Dezember 2015 in den Ruhestand versetzt würden. Der Befehlshaber des Luftwaffenführungskommandos habe rechtswidrig die Entscheidung des Staatssekretärs eingeschränkt und Eurofighter-Piloten aus dem möglichen Personenkreis, die die Maßnahme beantragen könnten, ausgeschlossen. Durch Weisung vom 1. August 2011 habe der Befehlshaber seinem Disziplinarvorgesetzten rechtswidrig eine eigenständige Entscheidungsfindung entzogen. Der angefochtene Bescheid vom 12. Oktober 2011 lasse erkennen, dass noch ein personeller Überhang an Luftfahrzeugführern bestehe.

8 Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - wies die Beschwerde durch Beschwerdebescheid vom 21. Februar 2012 als unzulässig zurück. Zur Begründung führte er aus, dass nach § 16 Abs. 4 der Verordnung zur Durchführung der Berufsförderung von Soldatinnen und Soldaten der Berufsförderungsdienst über die Freistellung vom militärischen Dienst nach Vorliegen einer Stellungnahme der nächsten Disziplinarvorgesetzten im Einvernehmen mit der personalbearbeitenden Stelle entscheide. Bei der Stellungnahme des Personalamts zu dem Antrag des Antragstellers auf Ermessensfreistellung handele es sich nicht um eine unmittelbar dem Antragsteller gegenüber ergehende und damit beschwerdefähige Maßnahme. Vielmehr sei das Einvernehmen zwischen der personalbearbeitenden Stelle und dem Berufsförderungsdienst Voraussetzung für die Freistellung vom militärischen Dienst und somit lediglich als Verwaltungsinternum zu qualifizieren. Im Rahmen der dem Beschwerdebescheid beigefügten dienstaufsichtlichen Prüfung legte der Bundesminister der Verteidigung dar, dass und weshalb er keine Veranlassung für ein Einschreiten gesehen habe.

9 Gegen diesen ihm am 27. Februar 2012 eröffneten Bescheid hat der Antragsteller am 20. März 2012 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 26. März 2012 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

10 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller ergänzend insbesondere vor:
Sein Antrag gegen die Stellungnahme des Personalamts vom 12. Oktober 2011 sei zulässig, weil darin eine Maßnahme zu sehen sei, die seine Rechte verletze. Er sei von Dienststellen der Bundeswehr und von Vorgesetzten unrichtig behandelt worden. Es sei ermessensfehlerhaft, ihn von den Maßnahmen zur Unterstützung des Abbaus des personellen Überhangs im Bereich der Luftfahrzeugführer des Fliegerischen Dienstes der Luftwaffe auszunehmen. Mit der in seinem Fall geübten Handhabung sei die Genehmigung des Staatssekretärs ohne Grund eingeschränkt worden. Die Aussage, dass Eurofighter-Piloten für die mögliche Freistellung bei Berufsförderungsmaßnahmen nicht mitzubetrachten seien, sei durch das Protokoll 1/2012 der Divisionskommandeurtagung vom 17. Januar 2012 entwertet. Nun müsse qualifiziertes und vermeintlich rares Eurofighter-Ausbildungspersonal bei der Einsatzplanung mitberücksichtigt werden. Damit seien die Eurofighter-Flugzeugführer mit den Tornado- und F 4-Piloten im Sinne der Genehmigung des Staatssekretärs und der Weisung des Befehlshabers des Luftwaffenführungskommandos gleichzusetzen. Da sachliche Unterschiede zu den übrigen Jet-Verbänden der Luftwaffe jetzt nicht mehr bestünden, liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zu seinen Lasten vor. Darüber hinaus hätte bei seinem Antrag auch seine zeitweise und aktuell erneut eingeschränkte Wehrfliegertauglichkeit mitbetrachtet werden müssen.

11 Der Antragsteller beantragt,
die Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung vom 21. Februar 2012 aufzuheben,
hilfsweise,
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die Beschwerde vom 13. September 2011 erneut zu bescheiden.

12 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

13 Er verteidigt den Inhalt seines Beschwerdebescheids und betont, dass es sich bei der angefochtenen Stellungnahme des Personalamts nicht um eine anfechtbare truppendienstliche Maßnahme handele. Erst die aufgrund dieser Stellungnahme ergehende Ablehnungsentscheidung des zuständigen Kreiswehrersatzamtes stelle eine beschwerdefähige Maßnahme dar. Hiergegen habe der Antragsteller form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Die strittige Stellungnahme sei einer gerichtlichen Überprüfung nicht entzogen. Vielmehr werde sie im Rahmen des Verfahrens gegen den Beschwerdebescheid der Wehrbereichsverwaltung ... vom Verwaltungsgericht S. inzident zu überprüfen sein. Im Übrigen könne der Antragsteller aus dem Protokoll der Divisionskommandeurtagung keine Rechte herleiten. Dieses Protokoll beziehe sich lediglich auf die Abstellung von Personal im Rahmen der Einsätze im erweiterten Aufgabenspektrum. Damit stehe dieser Personenkreis jedoch unverändert für die Erfüllung des Auftrages der Bundeswehr zur Verfügung, was bei einer Freistellung des Antragstellers nicht mehr der Fall wäre.

14 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - .../12 und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

15 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

16 1. Der Antrag, die „Entscheidung“ des Bundesministers der Verteidigung vom 21. Februar 2012, also den Beschwerdebescheid aufzuheben, ist unzulässig.

17 In der Regel ist Gegenstand des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 17 Abs. 1, Abs. 3 WBO - hier in Verbindung mit § 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 WBO - die ursprünglich mit der Beschwerde (bzw. mit der weiteren Beschwerde) angefochtene Maßnahme oder Unterlassung in der Gestalt, die sie durch den Beschwerdebescheid gefunden hat. Ausnahmsweise ist allein der Beschwerdebescheid Gegenstand des Antrags, wenn er den Beschwerdeführer erstmalig beschwert (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 8. März 2006 - BVerwG 1 WB 61.05 - und vom 9. März 2006 - BVerwG 1 WB 52.05 -). Entgegen der Annahme des Antragstellers beschwert ihn der Beschwerdebescheid vom 21. Februar 2012 in diesem Sinne nicht erstmalig. Vielmehr qualifiziert der Bescheid die Beschwerde vom 15. November 2011 mit der Begründung als un-zulässig, dass sie sich gegen die Stellungnahme des Personalamts vom 12. Oktober 2011 richte, obwohl diese Äußerung im Verfahren zur Ermessensfreistellung im Rahmen von Berufsförderungsmaßnahmen nach § 5 SVG keine selbstständig anfechtbare truppendienstliche Maßnahme darstelle. In dieser rechtlichen Bewertung des Bundesministers der Verteidigung im Beschwerdebescheid liegt keine - gegenüber der angefochtenen Stellungnahme vom 12. Oktober 2011 - erstmalige Beschwer zu Lasten des Antragstellers, sondern die Darlegung und Begründung der vorgenommenen rechtlichen Einschätzung der (Un-)Zulässigkeit des eingelegten und zu bescheidenden Rechtsbehelfs (vgl. dazu auch: Beschluss vom 8. März 2006 - BVerwG 1 WB 61.05 - Rn. 20).

18 2. Der hilfsweise gestellte Antrag, „unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die Beschwerde vom 13. September 2011 erneut zu bescheiden“, soll offenbar auf eine entsprechende Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung zur Neubescheidung gerichtet sein. Auch dieser so verstandene Antrag ist unzulässig, weil eine Beschwerde vom 13. September 2011 nicht Gegenstand des vom Antragsteller betriebenen vorliegenden Wehrbeschwerdeverfahrens ist.

19 3. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wäre auch dann unzulässig, wenn das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers - insbesondere unter Berücksichtigung seiner Beschwerde vom 15. November 2011 - dahin auszulegen wäre, dass er die Aufhebung der Stellungnahme des Personalamts der Bundeswehr vom 12. Oktober 2011 und des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 21. Februar 2012 sowie die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung beantragt, eine befürwortende Stellungnahme des Personalamts der Bundeswehr (bzw. der zuständigen personalbearbeitenden Stelle) zu dem Antrag vom 17. August 2011 auf vorzeitige Freistellung vom militärischen Dienst zur Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme gemäß § 5 SVG zu veranlassen.

20 a) Soweit der Antragsteller damit der Sache nach ein dienstaufsichtliches Einschreiten des Bundesministers der Verteidigung gegenüber dem Personalamt erreichen will, ist sein Antrag unzulässig, weil ein Soldat einen derartigen Anspruch im Rahmen des § 17 Abs. 1 WBO nicht geltend machen kann (stRspr, z.B. Beschlüsse vom 14. Juli 2004 - BVerwG 1 WB 18.04 - und vom 8. März 2007 - BVerwG 1 WB 44.06 -).

21 b) Soweit es dem Antragsteller im Ergebnis um die Verpflichtung zu einem truppendienstlichen Handeln geht, strebt er die Korrektur einer Äußerung des Personalamts an. Diese Äußerung stellt jedoch keine wehrdienstgerichtlich anfechtbare und überprüfbare Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO (hier in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WBO) dar.

22 Nach § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 WBO kann ein Soldat die Wehrdienstgerichte anrufen, wenn sein Antrag bzw. seine Beschwerde eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Vorgesetztenpflichten ihm gegenüber zum Gegenstand hat, die im zweiten Unterabschnitt des ersten Abschnitts des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 geregelt sind. Daraus folgt, dass der Soldat nur solche Maßnahmen und Unterlassungen (§ 17 Abs. 3 WBO) seiner militärischen Vorgesetzten einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen kann, die unmittelbar gegen ihn gerichtet sind oder die - obwohl an andere Soldaten gerichtet - in Form einer Rechtsverletzung oder eines Pflichtenverstoßes in seine Rechtssphäre hineinwirken (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 34.05 - m.w.N. <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 59 und NZWehrr 2006, 209> und vom 29. Januar 2008 - BVerwG 1 WB 10.07 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 42>). Überlegungen, Bewertungen, Stellungnahmen oder Zwischenentscheidungen, die lediglich der Vorbereitung von truppendienstlichen Maßnahmen oder Personalmaßnahmen dienen, sind dagegen als Elemente innerdienstlicher Meinungsbildung noch keine die Rechte eines Soldaten unmittelbar berührenden Maßnahmen; sie sind infolgedessen einer selbstständigen gerichtlichen Nachprüfung nicht zugänglich (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 34.05 - m.w.N. <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 59 und NZWehrr 2006, 209>, vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 128, 329 und Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41>, vom 29. Januar 2008 - BVerwG 1 WB 10.07 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 42> und zuletzt vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 1 WB 20.11 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 80 = NZWehrr 2012, 79).

23 Dies gilt auch und insbesondere für Stellungnahmen, die im Rahmen eines mehrstufigen Verfahrens vor der abschließenden Entscheidung der dafür zuständigen Stelle durch eine mitwirkende Dienststelle der Bundeswehr, durch ein entsprechend legitimiertes Auswahlgremium oder durch einen mitwirkungsverpflichteten Vorgesetzten abgegeben werden. Deshalb sind zum Beispiel die Empfehlungen oder Vorauswahlentscheidungen von Personalberater-Ausschüssen, die nach der maßgeblichen Erlasslage der abschließenden Entscheidung des Leiters der Abteilung Personal-, Sozial- und Zentralangelegenheiten im Bundesministerium der Verteidigung oder der abschließenden Entscheidung des Bundesministers selbst vorgeschaltet sind, nicht isoliert gerichtlich anfechtbar. Erst und nur die abschließende Auswahlentscheidung unterliegt als truppendienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO der wehrdienstgerichtlichen Überprüfung (vgl. Beschluss vom 25. März 2010 - BVerwG 1 WB 28.09 - juris Rn. 20 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 73>). Ebenso ist das Ergebnis der Ermittlungen und der Maßnahmen des Militärischen Abschirmdienstes als der in einem Sicherheitsüberprüfungsverfahren mitwirkenden Behörde (§ 14 Abs. 1 und 2 SÜG) nicht als truppendienstliche Maßnahme isoliert anfechtbar; erst die abschließende Entscheidung des zuständigen Geheimschutzbeauftragten über die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Sicherheitsrisiko festzustellen ist, unterliegt als anfechtbare truppendienstliche Maßnahme der wehrdienstgerichtlichen Kontrolle, in deren Rahmen es - mittelbar bzw. inzident - auch zu einer gerichtlichen Überprüfung von Maßnahmen des Militärischen Abschirmdienstes kommen kann, soweit diese in die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten Eingang gefunden haben (Beschluss vom 20. November 2009 - BVerwG 1 WB 55.08 - BVerwGE 135, 247 = Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 76 = NZWehrr 2010, 121).

24 Ein derartiges mehrstufiges Verfahren stellt auch das Verfahren zur Ermessensfreistellung nach § 16 der am 27. Oktober 2006 in Kraft getretenen Verordnung zur Durchführung der Berufsförderung von Soldatinnen und Soldaten - Berufsförderungsverordnung (BFöV) - vom 23. Oktober 2006 (BGBl I 2006, 2336) dar. Nach § 16 Abs. 4 Satz 1 und 2 BFöV in Verbindung mit § 38 Abs. 1 Satz 1 BFöV ist der Berufsförderungsdienst für die Entscheidung über die Förderung der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung zuständig. Diese Entscheidung enthält zugleich die Entscheidung über die Gewährung der dafür erforderlichen Freistellung vom militärischen Dienst. Für die Freistellungsentscheidung ist also nicht die personalbearbeitende Dienststelle der Bundeswehr zuständig. Vielmehr entscheidet allein der Berufsförderungsdienst aufgrund der ihm verordnungsrechtlich zugewiesenen Kompetenz über die hier in Rede stehende Freistellung vom militärischen Dienst in den Fällen des § 16 Abs. 3 BFöV, und zwar nach Vorliegen einer Stellungnahme der nächsten Disziplinarvorgesetzten im Einvernehmen mit der personalbearbeitenden Stelle. Nach dem ausdrücklichen Willen des Verordnungsgebers tritt die personalbearbeitende Stelle im Rahmen der Einvernehmensprüfung lediglich als mitwirkende Stelle der Bundeswehr im Verfahren der Berufsförderung auf. Ihre Stellungnahme richtet sich allein an den entscheidungsbefugten Berufsförderungsdienst und wird dem betroffenen Soldaten nicht bekanntgegeben.

25 Mit der Regelung, die Entscheidungskompetenz für die Freistellung vom militärischen Dienst auf eine zuständige Stelle zu konzentrieren und allein dem Berufsförderungsdienst zu übertragen, hat der Verordnungsgeber bewusst der Gefahr einer Zersplitterung des Rechtsschutzes entgegenwirken wollen, die vor Inkrafttreten der Berufsförderungsverordnung bis zum 26. Oktober 2006 bestand.

26 Nach § 21 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung der §§ 4, 5 und 5a des Soldatenversorgungsgesetzes (in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. November 1994 <BGBl I S. 3442>) - im Folgenden: DVO-SVG - war das Kreiswehrersatzamt, in dessen Bereich der Soldat seinen Standort oder der ehemalige Soldat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte, für die Entscheidungen nach dem Zweiten Teil und nach den §§ 3, 16 und 18 DVO-SVG zuständig. Das schloss neben den (fach-)ausbildungsbezogenen Entscheidungen auch die Entscheidungen über die Freistellung vom militärischen Dienst nach § 10 Abs. 2 und § 18 DVO-SVG ein. In § 21 Abs. 4 DVO-SVG war aber für die Freistellung vom militärischen Dienst eine eigenständige Regelungskompetenz für die personalbearbeitenden Stellen der Bundeswehr festgelegt. Daraus folgte eine bewusste Verselbstständigung der Freistellungs-Entscheidung der personalbearbeitenden Stelle gegenüber der späteren Entscheidung des Kreiswehrersatzamtes über den Antrag auf Bewilligung der Fachausbildung. Diese Verselbstständigung bewirkte ihrerseits, dass die Freistellungs-Entscheidung der personalbearbeitenden Stelle, die dem betroffenen Soldaten auch gesondert eröffnet wurde, als truppendienstliche Entscheidung über seine Verwendung unabhängig von der Entscheidung des Kreiswehrersatzamtes wehrdienstgerichtlich angefochten werden konnte (seinerzeit stRspr, grundlegend: Beschluss vom 21. Februar 1989 - BVerwG 1 WB 15.89 - BVerwGE 86, 128 <130 f.>; vgl. ferner z.B. Beschlüsse vom 27. März 2003 - BVerwG 1 WB 2.03 - , vom 28. März 2006 - BVerwG 1 WB 33.05 - Buchholz 449.4 § 4 SVG Nr. 6 Rn. 21, 25 und vom 8. März 2007 - BVerwG 1 WB 38.06 - Rn. 23, 27).

27 Diese Bestimmungen sind infolge der Anordnung in § 39 Satz 2 BFöV am 27. Oktober 2006 (§ 10 Abs. 2 Satz 2 DVO-SVG m.W.v. 1. Oktober 2008) außer Kraft getreten. Seitdem stellt die Äußerung der personalbearbeitenden Stelle im Rahmen der Einvernehmensprüfung des § 16 Abs. 4 BFöV keine truppendienstliche Maßnahme dar, die im Sinne des § 17 Abs. 1, Abs. 3 WBO isoliert angefochten werden könnte.

28 Die Versagung des notwendigen Einvernehmens im Rahmen eines mehrstufigen Verfahrens nicht als isoliert angreifbare Maßnahme oder als isoliert angreifbaren Verwaltungsakt zu qualifizieren, entspricht auch der Rechtsprechung der allgemeinen Verwaltungsgerichte. Bei der Beteiligung einer mitwirkenden Behörde in einem mehrstufigen Verwaltungsverfahren handelt es sich lediglich um ein Verwaltungsinternum, das die Befugnis zum Erlass der abschließenden Entscheidung bzw. des abschließenden Verwaltungsakts über das streitige Rechtsverhältnis gegenüber dem betroffenen Bürger allein der für die abschließende Entscheidung zuständigen Behörde überlässt. Der Rechtsschutz des Betroffenen hängt dann nicht davon ab, dass die Mitwirkungshandlung der mitwirkenden Dienststelle ihrerseits ebenfalls als Verwaltungsakt qualifiziert wird; vielmehr kann der Betroffene den für die Abschlussentscheidung zuständigen Hoheitsträger verklagen und in diesem Rahmen die inzidente Überprüfung der Mitwirkungshandlung erreichen; eine Zersplitterung des Rechtsschutzes soll auf diese Weise vermieden werden (so die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Versagung des Einvernehmens im Rahmen des § 36 Abs. 1 BauGB: Urteile vom 19. November 1965 - BVerwG 4 C 184.65 - BVerwGE 22, 342 <345> = Buchholz 406.11 § 36 BBauG Nr. 1, vom 25. Oktober 1967 - BVerwG 4 C 129.65 - BVerwGE 28, 145 <146> und vom 7. Februar 1986 - BVerwG 4 C 43.83 - Buchholz 406.11 § 36 BBauG Nr. 35 = NVwZ 1986, 556 = juris Rn. 10 m.w.N.).

29 Die Nichtanfechtbarkeit der Versagung des Einvernehmens folgt außerdem aus § 44a VwGO, der gemäß § 23a Abs. 2 WBO im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechende Anwendung findet (ebenso schon: Beschluss vom 16. Januar 2008 - BVerwG 1 WB 33.07 - BVerwGE 130, 156 = Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 68 <jeweils Rn. 21>). Zu den nicht isoliert anfechtbaren Verfahrenshandlungen im Sinne des § 44a Satz 1 VwGO gehört auch die Versagung eines erforderlichen Einvernehmens (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage 2012, § 44a Rn. 6 und Anhang § 42 Rn. 82; Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, § 44a Rn. 9; VG München, Urteil vom 29. August 2006 - M 1 K 06.19 81 - juris Rn. 18).

30 In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob der Meinung von Kopp/ Schenke (a.a.O. § 44a Rn. 6) zu folgen ist, dass im Ausnahmefall die isolierte Anfechtbarkeit der Mitwirkungsentscheidung in Betracht kommt, wenn über die mitwirkungsrelevante Frage durch die nach außen handelnde Behörde nicht mehr entschieden wird oder wenn die Mitwirkungshandlung absolut selbstständige Bedeutung in dem Sinne hat, dass eine Bereinigung von Mängeln der Mitwirkungshandlung im Klageverfahren gegen den Verwaltungsakt nicht möglich ist. Denn die nach außen handelnde Behörde - hier der Berufsförderungsdienst des Kreiswehrersatzamtes - hat in § 16 Abs. 4 BFöV eine Entscheidungskompetenz auch für die Freistellung vom militärischen Dienst zugewiesen bekommen. Eventuelle Mängel in der Versagung des Einvernehmens können ohne Einbußen im verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren gegen die abschließende Entscheidung des Berufsförderungsdienstes überprüft und revidiert werden. Insofern kommt es auch nicht zu einer Verkürzung des Rechtsschutzes für den betroffenen Soldaten. Denn das angerufene allgemeine Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner gerichtlichen Kontrolle der Entscheidung des Berufsförderungsdienstes auch zu einer inzidenten Überprüfung der Entscheidung der personalbearbeitenden Stelle verpflichtet.

31 4. Der Senat sieht davon ab, den Antragsteller mit Verfahrenskosten zu belasten, weil er die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 WBO nicht als gegeben erachtet.