Beschluss vom 26.09.2022 -
BVerwG 6 B 17.22ECLI:DE:BVerwG:2022:260922B6B17.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.09.2022 - 6 B 17.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:260922B6B17.22.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 17.22

  • VG Ansbach - 03.02.2021 - AZ: AN 14 K 19.01598
  • VGH München - 03.02.2022 - AZ: 5 BV 21.964

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. September 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Hahn
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Februar 2022 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Der Kläger wendet sich gegen die Änderung des Nachnamens der Beigeladenen, seiner 2015 geborenen Tochter, die bisher seinen Nachnamen getragen hat. Die Klage hat in der Berufungsinstanz keinen Erfolg gehabt. Die Revision gegen das Berufungsurteil hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zugelassen.

2 Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil hat keinen Erfolg.

3 1. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die Entscheidung der Vorinstanz auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder das Bundesverfassungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die eines der genannten divergenzfähigen Gerichte aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2017 - 6 B 43.17 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 198 Rn. 4 m. w. N.).

4 Nach diesem Maßstab wird die von der Beschwerde behauptete Abweichung von den in der Beschwerdebegründung genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts bereits nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dargelegt. Die Beschwerde beschränkt sich darauf, die aus ihrer Sicht im vorliegenden Fall maßgeblichen Grundsätze dieser Rechtsprechung darzustellen. Sie arbeitet keinen entscheidungserheblichen Rechtssatz des Verwaltungsgerichtshofs heraus, mit dem dieser von einem den in der Beschwerdebegründung genannten Entscheidungen zu entnehmenden Rechtssatz abgewichen wäre. Auf die Behauptung, der Verwaltungsgerichtshof habe sein Urteil in Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mit dem Bestehen einer schweren seelischen Belastung des von der Namensänderung betroffenen Kindes als Folge des bisher geführten Namens, sondern mit einer Belastung der Kindesmutter begründet, kann die Divergenzrüge nicht gestützt werden, da diese Kritik allenfalls auf die richtige Anwendung eines der erwähnten Rechtsprechung entnommenen Rechtssatzes zielt. Nur ergänzend ist daher anzumerken, dass die Darstellung der Beschwerde, der Verwaltungsgerichtshof habe allein auf die Belastung der Kindesmutter abgestellt, in den Gründen des Berufungsurteils keine Grundlage findet. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof eingehend dargelegt, dass und auf welche Weise die durch den bisherigen Nachnamen verursachten Belastungen der Mutter, bei der es sich um die existentiell wichtigste Bezugsperson der erst sechsjährigen Beigeladenen handelt, auch diese selbst beeinträchtigen.

5 2. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO maßgeblichen Darlegungen in der Beschwerdebegründung des Klägers lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind. Die von ihm für klärungsbedürftig gehaltene Frage,
"ob das Interesse des allein sorgeberechtigten Elternteils aufgrund einer eigenen, mit dem Familiennamen des Kindes verbundenen erheblichen seelischen Belastung eine öffentlich-rechtliche Namensänderung gemäß § 3 Abs. 1 NamÄndG rechtfertigen könne, wenn ansonsten keine Erforderlichkeit einer Namensänderung allein zum Wohl des Kindes besteht,"

6 ist mangels Entscheidungserheblichkeit im Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Denn der Verwaltungsgerichtshof ist gerade nicht davon ausgegangen, dass sich die Erforderlichkeit einer Namensänderung nur aus den seelischen Belastungen für die Mutter der Beigeladenen ergibt. Vielmehr hat er ausgeführt, dass durch die Änderung des Nachnamens der Beigeladenen in denjenigen ihrer Mutter geknüpfte Namensband zu ihrer Mutter stelle auch deshalb einen erheblichen Vorteil für die Beigeladene dar, weil es zur Stabilisierung der Beziehung zu der existentiell wichtigsten Bezugsperson beitrage. Darüber hinaus ist die von der Beschwerde aufgeworfene Frage auch deshalb nicht entscheidungserheblich, weil der Verwaltungsgerichtshof die Annahme eines wichtigen Grundes für die Namensänderung nach § 3 Abs. 1 NamÄndG selbstständig tragend ("unabhängig von den vorstehenden Erwägungen ..."; UA Rn. 46 ff.) auch auf die Feststellung eines mit dem Nachnamen des Klägers verbundenen Makels, dem die Beigeladene als nahe Angehörige aller Voraussicht nach (auch) künftig ausgesetzt wäre, gestützt hat.

7 3. Schließlich ergibt sich aus der Beschwerdebegründung auch nicht, dass ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vorliegt bzw. das angefochtene Urteil auf einem solchen beruht. Der Verwaltungsgerichtshof hat entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht dadurch seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO) verletzt, dass er von einer Anhörung des von der Namensänderung betroffenen Kindes abgesehen hat. Für die ordnungsgemäße Begründung einer Aufklärungsrüge muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände, die für das Gericht entscheidungserheblich waren, Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern deren Berücksichtigung auf der Grundlage der Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Dabei müssen die Beweismittel, deren Heranziehung sich dem Berufungsgericht hätte aufdrängen müssen, angegeben werden und es muss dargelegt werden, inwiefern das Urteil im Einzelnen auf der unterbliebenen Heranziehung beruht oder beruhen kann (stRspr, vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2017 - 6 C 42.16 - BVerwGE 159, 64 Rn. 31). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Beschwerde bereits im Ansatz nicht.

8 4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

9 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht vorliegend nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen dem Kläger aufzuerlegen, weil die Beigeladene weder einen Antrag gestellt noch durch ihre schriftsätzlichen Ausführungen das Verfahren gefördert hat. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.