Beschluss vom 27.04.2022 -
BVerwG 5 P 8.20ECLI:DE:BVerwG:2022:270422B5P8.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.04.2022 - 5 P 8.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:270422B5P8.20.0]

Beschluss

BVerwG 5 P 8.20

  • VG Berlin - 03.07.2019 - AZ: 71 K 9.18 PVB
  • OVG Berlin-Brandenburg - 24.09.2020 - AZ: 62 PV 9.19

In der Personalvertretungssache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. April 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und Dr. Harms und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge und Preisner
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - vom 24. September 2020 wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der bei der Regionaldirektion B. gebildete Bezirkspersonalrat (Antragsteller) und die dortige Geschäftsführung (Beteiligte) streiten über die Beachtlichkeit der Gründe für die Verweigerung der Zustimmung zu einer Versetzung sowie über die Verpflichtung der Beteiligten, dem Antragsteller die Auswahlunterlagen des Jobcenters vorzulegen.

2 Nach der Durchführung eines Auswahlverfahrens entschied sich die Geschäftsführerin des Jobcenters B.C., die Stelle des Bereichsleiters im Bereich SGB II (Tätigkeitsebene II) mit dem Beschäftigten H. zu besetzen, der als Tarifangestellter der Agentur für Arbeit B.M. dem Jobcenter B.M. als Teamleiter zugewiesen war, und teilte dies der Beteiligten mit. Diese bat den Antragsteller mit der Vorlage 391/20 am 10. Januar 2018 um Zustimmung zur Versetzung des Beschäftigten H. von der Agentur für Arbeit B.M. zur Agentur für Arbeit B.N., der Trägerin des Jobcenters B.C. Der Beschäftigte H. sei aus dem Auswahlverfahren im Jobcenter als bestgeeigneter Bewerber hervorgegangen, sodass beabsichtigt sei, ihn zur Wahrnehmung der Aufgaben eines Bereichsleiters im Bereich SGB II von der Agentur für Arbeit B.M. zur Agentur für Arbeit B.N. zu versetzen, damit seine Tätigkeit von dort dem Jobcenter B.C. zugewiesen werden könne. Als Anlage war der berufliche Werdegang von Herrn H. beigefügt.

3 Nachdem dem örtlichen Personalrat der Agentur für Arbeit B.N. Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden war, ohne dass dieser Einwände erhoben hatte, bat der Antragsteller die Beteiligte mit E-Mail vom 19. Januar 2018 um Vorlage der Bewerbungsunterlagen und des Auswahlvermerks in Bezug auf Herrn H. und lehnte nach Erörterung der Maßnahme mit der Beteiligten die Zustimmung zu dessen Versetzung mit Schreiben vom 7. Februar 2018 ab. Ihm seien entgegen § 77 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 68 Abs. 2 BPersVG a. F. sowie § 77 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 76 Abs. 1 Nr. 2 und 4 BPersVG a. F. die für die Auswahl des Beschäftigten entscheidenden Unterlagen nicht vorgelegt worden. Er könne deshalb nicht nachvollziehen, ob das der Maßnahme zugrundeliegende Auswahlverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Die Regionaldirektion müsse schon in ihrer Funktion als Trägerin bei Zuweisungen eine Richtigkeitskontrolle von Auswahlverfahren im Jobcenter wahrnehmen. Es sei nicht auszuschließen, dass Mitbewerber durch ein mangelhaftes Auswahlverfahren benachteiligt worden seien. Die Beteiligte teilte daraufhin mit, sie halte die geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe für unbeachtlich und werde die Versetzung durchführen.

4 In dem daraufhin eingeleiteten personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren hat das Verwaltungsgericht dem Antrag des Antragstellers festzustellen, dass die Beteiligte sein Mitbestimmungsrecht bei der Vorlage 391/20 dadurch verletzt hat, dass sie die Einwendungen des Antragstellers als offensichtlich unbeachtlich gewertet hat, stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat den Beschluss auf die Beschwerde der Beteiligten geändert und den Antrag zurückgewiesen. Die Beteiligte habe das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nicht verletzt. Die Gründe für die fristgerecht erklärte Zustimmungsverweigerung seien unbeachtlich. Die Nichtvorlage der Auswahlunterlagen habe auch nicht den Ablauf der Äußerungsfrist unterbrochen mit der Folge, dass sich die Vorlage unverändert in der Mitbestimmung befände und die Dienststellenleitung die Maßnahme bis zu einer vollständigen Unterrichtung nicht hätte treffen dürfen. Denn die Beteiligte sei nicht verpflichtet gewesen, dem Antragsteller die Unterlagen über die Auswahlentscheidung im Jobcenter vorzulegen, weil sie lediglich die Versetzung des Beschäftigten beabsichtigt und keine eigene Auswahlprüfung vorgenommen habe.

5 Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter und trägt insbesondere vor, das Beschwerdegericht habe den personalvertretungsrechtlichen Maßnahmebegriff verkannt und im konkreten Anwendungsfall den Begriff der Erforderlichkeit fehlerhaft angewandt. Der Antragsteller müsse im Rahmen seiner Beteiligung die behauptete Besteignung nachvollziehen können. Das Jobcenter treffe keine Auswahlentscheidung, sondern unterbreite lediglich einen Vorschlag zur Besetzung einer Stelle, die Beteiligte entscheide über die Versetzung und Zuweisung nach eigenem Ermessen und sei für die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung verantwortlich. Sie habe sich hier den Vorschlag der Geschäftsführerin zu eigen gemacht und dies durch schlüssiges Verhalten dokumentiert. Für den Antragsteller seien die Unterlagen erforderlich, um nachvollziehen zu können, ob eine Auswahl nach Besteignung Grundlage des Besetzungsvorschlags gewesen sei.

6 Die Beteiligte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

II

7 Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 108 Abs. 2 Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG - vom 9. Juni 2021 <BGBl. I S. 1614> i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).

8 1. Das Oberverwaltungsgericht hat den konkreten Feststellungsantrag zu Recht für zulässig erachtet.

9 Insbesondere ist das Rechtsschutzbedürfnis für ihn mit Blick auf das am 15. Juni 2021 in Kraft getretene Bundespersonalvertretungsgesetz vom 9. Juni 2021 nicht deshalb entfallen, weil nach dieser Gesetzesfassung die von dem konkreten Feststellungsantrag erfasste personelle Maßnahme offensichtlich nicht mehr mitbestimmungspflichtig wäre und deshalb - auch bei einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts in der Vergangenheit - ein nach dem neuen Recht zu beurteilender Anspruch des Personalrats auf Nachholung des Mitbestimmungsverfahrens nicht bestünde (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23. August 2007 - 6 P 7.06 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 13 Rn. 11 ff.). Denn das trifft nicht zu. Der Antragsteller hat auch nach neuem Recht unter - soweit hier von Interesse - unveränderten Voraussetzungen bei einer vom Dienststellenleiter beabsichtigten Versetzung zu einer anderen Dienststelle mitzubestimmen (§ 78 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG).

10 2. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht dahin erkannt, dass der konkrete Feststellungsantrag unbegründet ist. Das auf die konkrete Feststellung der Verletzung des Mitbestimmungsrechts und Verpflichtung der Beteiligten zur Fortsetzung des Mitbestimmungsverfahrens gerichtete Begehren ist - entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts - materiell-rechtlich nicht anhand des am 15. Juni 2021 in Kraft getretenen Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 9. Juni 2021, sondern auf der Grundlage der im Zeitpunkt der streitigen Versetzung anzuwendenden Fassung des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu beurteilen (a). Die streitige Versetzung unterliegt der Mitbestimmung des Antragstellers (b). Die Beteiligte durfte die Versetzung vornehmen, obwohl der Antragsteller ihr nicht zugestimmt hatte und seine Zustimmung auch nicht durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist, weil die Zustimmungsfiktion nach § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG a. F. eingetreten ist (c).

11 a) Die Prüfung der Begründetheit des konkreten Feststellungsantrags bezüglich der Versetzung des Herrn H. richtet sich nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz vom 15. März 1974 (BGBl. I S. 693), vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 29. August 2016 (BGBl. I S. 2065) - BPersVG a. F. -.

12 Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren sind Rechtsänderungen während des Rechtsbeschwerdeverfahrens in gleicher Weise zu berücksichtigen, wie sie die Vorinstanz berücksichtigen müsste, wenn sie im Zeitpunkt der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde entschiede (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 24. November 2021 - 5 P 5.20 - IÖD 2022, 114 <115> m. w. N.). Das führt hier dazu, dass über den Antrag des Antragstellers auf Feststellung der Verletzung seines Mitbestimmungsrechts bei der Versetzung des Herrn H. von der Agentur für Arbeit B.M. zur Agentur für Arbeit B.N. nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz in der vorstehend genannten früheren Fassung zu entscheiden ist. Denn die Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage bestimmt sich nach dem materiellen Recht (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2021 - 7 C 7.20 - NVwZ 2022, 803 Rn. 14 und Beschluss vom 4. Juli 2006 - 5 B 90.05 - juris Rn. 6, jeweils m. w. N.). Dementsprechend ist in einer Fallkonstellation wie der hier vorliegenden, in der es zunächst darum geht, ob eine Maßnahme als gebilligt gilt, insoweit auf das seinerzeit maßgebliche Recht abzustellen. Das folgt aus den sich aus dem materiellen (Bundes-)Personalvertretungsrecht ergebenden Rechtswirkungen der Zustimmungsfiktion. Die zu einer von der Dienststelle beabsichtigten Maßnahme beantragte Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Personalrat seine Zustimmung nach Maßgabe des in diesem Zeitpunkt geltenden Rechts nicht unter Angabe beachtlicher Gründe schriftlich innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist verweigert (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG a. F., der einen mit der aktuellen Regelung des § 70 Abs. 3 Satz 4 BPersVG übereinstimmenden Wortlaut und Regelungsgehalt <vgl. BT-Drs. 19/26820 S. 113> aufweist). Mit Eintritt der Zustimmungsfiktion ist das konkrete Mitbestimmungsverfahren ordnungsgemäß beendet. Die Frage, ob ein nicht ordnungsgemäß durchgeführtes Mitbestimmungsverfahren fortzusetzen oder nachzuholen ist, stellt sich dann nicht mehr. Für eine Fortsetzung oder Nachholung wäre vielmehr kein Raum.

13 b) Die von der Beteiligten beabsichtigte Versetzung des Herrn H. von der Agentur für Arbeit B.M. zur Agentur für Arbeit B.N. unterlag gemäß § 82 Abs. 1 und 4 i. V. m. § 75 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 BPersVG a. F. sowohl unter dem abgebenden als auch unter dem aufnehmenden Aspekt der Mitbestimmung des Antragstellers.

14 Gemäß § 88 BPersVG a. F. gilt das Bundespersonalvertretungsgesetz auch für die Bundesagentur für Arbeit mit den in dieser Vorschrift genannten Abweichungen, die hier nicht zum Tragen kommen. Gemäß § 82 Abs. 1 BPersVG a. F. ist in Angelegenheiten, in denen die Dienststelle nicht zur Entscheidung befugt ist, anstelle des (dortigen) Personalrats die bei der zuständigen Dienststelle gebildete Stufenvertretung zu beteiligen, für deren Befugnisse und Pflichten gemäß § 82 Abs. 4 BPersVG a. F. die §§ 69 bis 81 BPersVG a. F. entsprechend gelten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2020 - 5 P 8.19 - PersV 2021, 24 Rn. 12 m. w. N.). So liegt es hier. In der Tätigkeitsebene II ist für die Versetzung eines Beschäftigten von einer Agentur für Arbeit zu einer anderen nach den im Zeitpunkt der Versetzung geltenden internen Regelungen der Bundesagentur für Arbeit über die Verteilung der Zuständigkeiten in Personalangelegenheiten die Geschäftsführung der Regionaldirektion, also die Beteiligte zuständig (vgl. für den Zeitpunkt der Versetzung von Herrn H. Handbuch Personalrecht/Gremien der Bundesagentur für Arbeit, Abschnitt 1.1, Anlage 1/I.2, Stand 20. Januar 2018), sodass der bei ihr gebildete Bezirkspersonalrat, also der Antragsteller als Stufenvertretung zu beteiligen war.

15 c) Die Beteiligte durfte den Beschäftigten H. gemäß § 69 Abs. 1 BPersVG a. F. versetzen, obwohl der Antragsteller dem nicht zugestimmt hatte und seine Zustimmung auch nicht durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist, weil die Zustimmungsfiktion nach § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG a. F. eingetreten ist. Nach dieser Vorschrift gilt eine Maßnahme, zu welcher die Dienststellenleitung gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG a. F. die Zustimmung des Personalrats beantragt hat, als gebilligt, wenn nicht der Personalrat gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG a. F. innerhalb einer Frist von zehn Arbeitstagen, die hier nach § 82 Abs. 2 Satz 2 BPersVG a. F. zu verdoppeln ist, die Zustimmung unter Angabe der Gründe schriftlich verweigert. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass weder die Frist für den Eintritt der Billigungsfiktion entsprechend § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG a. F. unterbrochen wurde (aa) noch der Antragsteller für seine Zustimmungsverweigerung vom 7. Februar 2018 beachtliche Gründe geltend gemacht hat (bb).

16 aa) Die Frist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG a. F. wurde mit dem Eingang des Zustimmungsantrags der Beteiligten beim Antragsteller in Gang gesetzt und - entgegen der Ansicht des Antragstellers - durch die Weigerung der Beteiligten, dem Antragsteller die von ihm angeforderten vollständigen Auswahlunterlagen des Jobcenters vorzulegen, nicht unterbrochen. Denn der Antragsteller ist durch die mit dem Zustimmungsantrag vorgelegten Unterlagen des von der Versetzung konkret betroffenen Beschäftigten ausreichend unterrichtet worden.

17 (1) Gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG a. F. ist die Personalvertretung zur Durchführung ihrer Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und ihr sind die hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Mit dieser Verpflichtung des Dienststellenleiters korrespondiert ein entsprechender Anspruch des Personalrats. Der Unterrichtungs- und Informationsanspruch des Personalrats als solcher wie auch der darauf bezogene Anspruch auf Vorlage von Unterlagen sind strikt aufgabengebunden und in ihrer Reichweite durch das Erforderlichkeitsprinzip begrenzt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 29. September 2020 - 5 P 11.19 - BVerwGE 169, 279 Rn. 10 m. w. N.). Die Äußerungsfrist des Personalrats im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG a. F. beginnt erst mit der vollständigen Unterrichtung über die mitbestimmungspflichtige Maßnahme zu laufen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 7. April 2010 - 6 P 6.09 - BVerwGE 136, 271 Rn. 20 m. w. N.). Die Unterrichtung des Personalrats ist entsprechend dem Sinn und Zweck des in § 69 Abs. 2 BPersVG a. F. geregelten Mitbestimmungsverfahrens vollständig, wenn dem Personalrat die Kenntnisse vermittelt werden, die er zu einer sachgerechten Entscheidung über den Gegenstand des Mitbestimmungsverfahrens benötigt. Die Unterrichtung muss so umfassend erfolgen, dass er alle entscheidenden Gesichtspunkte kennt, die für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts von Bedeutung sein können (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. August 1987 - 6 P 22.84 - BVerwGE 78, 65 <68> und vom 26. Januar 1994 - 6 P 21.92 - BVerwGE 95, 73 <78>). Hält der Personalrat die ihm erteilten Auskünfte nicht für ausreichend, ist er unter Umständen gehalten, noch innerhalb der Äußerungsfrist ergänzende Informationen zu der von der Dienststelle beabsichtigten Maßnahme zu verlangen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. November 2009 - 6 PB 25.09 - Buchholz 251.92 § 67 SAPersVG Nr. 2 Rn. 19 ff.). Ein Anspruch auf Erfüllung des Auskunftsverlangens besteht allerdings nur in dem Umfang, in dem der Personalrat die Kenntnis der Unterlagen zur Durchführung seiner Aufgaben benötigt.

18 Gemessen daran war eine Vorlage der vom Antragsteller angeforderten Unterlagen der anderen Bewerberinnen und Bewerber nicht erforderlich, damit dieser eine sachgerechte Entscheidung über die von der Beteiligten beabsichtigte Versetzung treffen konnte. Im Fall einer Versetzungsmaßnahme bezieht sich die Verpflichtung zur Information des Personalrats durch die Dienststelle unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze zwar grundsätzlich auf alle Fakten und Unterlagen, die für die Versetzungsentscheidung maßgebend waren (vgl. Fischer/Goeres/Gronimus/Lechtermann, in: Fürst, GKÖD, Band V, K § 75 Rn. 36b). Maßgebend in diesem Sinne können die vollständigen Auswahlunterlagen darüber und über weitere Bewerberinnen und Bewerber aber nur gewesen sein, wenn der Leiter der Dienststelle, welcher der Personalrat zugeordnet ist, die der personellen Maßnahme zugrundeliegende materielle Auswahlentscheidung selbst getroffen oder sich die von anderen getroffene Auswahlentscheidung zu eigen gemacht hat. So verhält es sich hier nicht.

19 Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG i. V. m. § 559 Abs. 2 ZPO) hat die Beteiligte Herrn H. versetzt, ohne zuvor ein eigenes Auswahlverfahren durchzuführen oder sich die von der Geschäftsführerin des Jobcenters in einem Verfahren der Bestenauslese getroffene Auswahlentscheidung zu eigen zu machen. Die Versetzung erfolgte vielmehr nur deshalb, um dem auf der Grundlage des Auswahlverfahrens des Jobcenters erfolgten Besetzungsvorschlag seiner Geschäftsführerin zu entsprechen und die anschließende Zuweisung nach § 44g Abs. 1 SGB II vorzubereiten. Hat die Beteiligte aber tatsächlich weder ein eigenes Auswahlverfahren durchgeführt noch das im Jobcenter durchgeführte Auswahlverfahren anhand der vollständigen Auswahlunterlagen überprüft, inhaltlich nachvollzogen oder gewürdigt und sich insofern die dort getroffene Entscheidung zu eigen gemacht, waren die Unterlagen der anderen Bewerberinnen und Bewerber für ihre Entscheidungsfindung hinsichtlich der Versetzung schon deshalb nicht maßgeblich, weil sie eine solche materielle Auswahlentscheidung weder selbst getroffen noch sich eine vorherige zu eigen gemacht hat. Demzufolge sind diesbezügliche Unterlagen für die korrespondierende Zustimmungsentscheidung des Antragstellers auch nicht erforderlich und müssen ihm nicht vorgelegt werden.

20 Das gilt selbst dann, wenn die Beteiligte als für die Versetzung zuständige Dienststelle rechtlich verpflichtet gewesen sein sollte, selbst ein Auswahlverfahren durchzuführen oder jedenfalls die Auswahlentscheidung des Jobcenters eigenständig zu würdigen. Zwar kann auch die Rüge von Fehlern bei dem von der Geschäftsführung eines Jobcenters durchgeführten Auswahlverfahren einen beachtlichen Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG a. F. darstellen, weil nicht offensichtlich ausgeschlossen ist, dass sich eine rechtswidrige Auswahlentscheidung unabhängig davon, wer dafür zuständig gewesen ist, auf die Rechtmäßigkeit der zu ihrer Umsetzung getroffenen personellen Maßnahmen auswirkt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2017 - 5 P 10.15 - BVerwGE 157, 266 Rn. 36). Das zwingt aber nicht zu dem Schluss, dass der Leiter der Dienststelle dem ihm zugeordneten Personalrat gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG a. F. auch solche Unterlagen vorzulegen hat, die er seiner Entscheidung tatsächlich nicht zugrunde gelegt hat.

21 (2) Aus der allgemeinen Überwachungsaufgabe der Personalvertretung gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG a. F., wonach die Dienststelle und die Personalvertretung darüber zu wachen haben, dass alle Angehörigen nach Recht und Billigkeit behandelt werden, folgt hier schon deshalb kein Anspruch des Antragstellers auf Vorlage der Auswahlunterlagen, weil in einer Konstellation wie der vorliegenden eine solche jedenfalls dann nicht erforderlich ist (vgl. zum diesbezüglichen Maßstab der Erforderlichkeit BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2018 - 5 P 6.17 - BVerwGE 164, 146 Rn. 39), wenn wie hier feststeht, dass eine Auswahl durch die betreffende Dienststellenleitung gar nicht stattgefunden hat.

22 bb) Der Antragsteller hat die Zustimmung zur Versetzung nicht in beachtlicher Weise verweigert.

23 Die Verweigerung der Zustimmung des Personalrats ist unter anderem dann unbeachtlich, wenn die gegen die beabsichtigte Maßnahme angeführten Gründe offensichtlich nicht auf einen der gesetzlichen Verweigerungsgründe des § 77 Abs. 2 BPersVG a. F. inhaltlich bezogen sind oder die Begründung aus sonstigen Gründen rechtsmissbräuchlich ist. Zwar genügt es für eine beachtliche Zustimmungsverweigerung, wenn das Vorbringen des Personalrats es aus der Sicht eines sachkundigen Dritten als möglich erscheinen lässt, dass einer der dafür zugelassenen und in § 77 Abs. 2 BPersVG a. F. abschließend geregelten Verweigerungsgründe gegeben ist. Hingegen ist die Darlegung einer Rechtsauffassung oder der Vortrag von Tatsachen seitens des Personalrats unbeachtlich, wenn sich daraus ersichtlich, das heißt von vornherein und eindeutig, keiner der gesetzlich zugelassenen Verweigerungsgründe ergeben kann, deren Vorliegen also nach keiner vertretbaren Betrachtungsweise als möglich erscheint (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 29. September 2020 - 5 P 7.19 - PersV 2021, 179 Rn. 10 m. w. N.). So liegt es hier.

24 (1) Soweit sich der Antragsteller auf den Verweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG a. F. gestützt hat, führen seine zur Begründung gemachten Ausführungen nicht auf eine beachtliche Zustimmungsverweigerung. Denn dieser Versagungsgrund setzt das Bestehen der durch Tatsachen begründeten Besorgnis voraus, dass durch die Maßnahme der betroffene Beschäftigte oder andere Beschäftigte benachteiligt werden, ohne dass dies aus dienstlichen Gründen gerechtfertigt ist. Hierzu muss der Personalrat nachprüfbare konkrete Tatsachen vortragen, die die Besorgnis einer ungerechtfertigten Benachteiligung als möglich erscheinen lassen. Meinungen, Wertungen, Vermutungen, Unterstellungen oder Gerüchte reichen dagegen nicht aus, um darauf die Besorgnis einer Benachteiligung zu stützen (vgl. z. B. Fischer/Goeres/Gronimus/Lechtermann, GKÖD, Band V, K § 77 Rn. 20a m. w. N. sowie Rehak, in: Lorenzen/Gerhold/Schlatmann u. a., BPersVG, 89. Update 12/2021, § 77 BPersVG a. F. Rn. 131 m. w. N.). Das gilt auch, wenn - wie hier - geltend gemacht wird, dass sich vermeintliche Fehler im Auswahlverfahren des Jobcenters auf die Rechtmäßigkeit der zur Umsetzung der Auswahlentscheidung getroffenen personellen Maßnahme des Trägers auswirken können (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2017 - 5 P 10.15 - BVerwGE 157, 266 Rn. 36). Den dargelegten Anforderungen genügt der Antragsteller schon deshalb nicht, weil er in seinem Schreiben keine konkreten Tatsachen vorgetragen hat, die die Besorgnis einer Ungleichbehandlung begründen könnten, sondern seine Zustimmungsverweigerung lediglich negativ damit begründet hat, es sei nicht auszuschließen, dass Mitbewerber durch ein mangelhaftes Auswahlverfahren benachteiligt worden seien.

25 (2) Ebenso wenig stellt es einen beachtlichen Grund für die Zustimmungsverweigerung dar, soweit sich der Antragsteller auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 68 Abs. 2 BPersVG a. F. beruft, weil ihm die entscheidenden Unterlagen für die Auswahl von Herrn H. nicht vorgelegt worden seien und er deshalb nicht habe nachvollziehen können, ob das Auswahlverfahren, das der Versetzung zugrunde gelegen habe, ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Zum einen hat ein entsprechender Unterrichtungsanspruch des Antragstellers aus § 68 Abs. 2 BPersVG a. F. – wie oben dargelegt - schon nicht bestanden. Zum anderen und darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Personalrat nicht berechtigt ist, die Zustimmung allein wegen mangelnder Unterrichtung zu verweigern. Denn die Verletzung der Unterrichtungspflicht stellt keinen Gesetzesverstoß im Sinne von § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG a. F. dar, da diese Bestimmung keine das Mitbestimmungsverfahren sichernde Vorschrift ist und sich die in ihr genannten Zustimmungsverweigerungsgründe allein auf die vom Dienststellenleiter beabsichtigte personelle Maßnahme selbst beziehen. Der Informationsanspruch des Personalrats ist vielmehr dadurch geschützt, dass die Äußerungsfrist mit der von ihr erfassten Billigungsfiktion für den Fall, dass eine Äußerung überhaupt nicht oder nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend abgegeben wird, erst mit der vollständigen Unterrichtung des Personalrats zu laufen beginnt (BVerwG, Beschluss vom 7. April 2010 - 6 P 6.09 - BVerwGE 136, 271 Rn. 20 m. w. N.).

26 (3) Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob der Antragsteller die Verweigerung der Zustimmung zu der Versetzung von Herrn H. mit Erfolg darauf hätte stützen können, diese sei rechtswidrig, weil die Beteiligte weder ein eigenes Auswahlverfahren durchgeführt noch das Auswahlverfahren der Geschäftsführung des Jobcenters einer Richtigkeitskontrolle unterzogen und es sich so zu eigen gemacht habe. Denn eine hierauf bezogene Zustimmungsverweigerung hat er nicht abgegeben. Maßgeblich ist insoweit der dem Schreiben vom 7. Februar 2018 durch das Oberverwaltungsgericht im Wege der Auslegung entnommene Erklärungswert. Denn diese Auslegung ist der Tatsachenfeststellung zuzuordnen und als solche für den Senat bindend, da sie nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. August 2021 - 5 P 4.20 - juris Rn. 18 m. w. N.). Danach hat der Antragsteller in seinem Schreiben vom 7. Februar 2018 zur Begründung seiner Zustimmungsverweigerung zwar auch ausgeführt, die Regionaldirektion müsse schon in ihrer Funktion als Träger bei Zuweisungen eine Richtigkeitskontrolle von Auswahlverfahren im Jobcenter Charlottenburg-Wilmersdorf wahrnehmen. Das Oberverwaltungsgericht hat dieser Aussage aber nicht die Geltendmachung eines weiteren rechtlichen Grundes für die Zustimmungsverweigerung entnommen. Es hat diese vielmehr im Sinne einer Prämisse als Teil der tragenden Begründung des Antragstellers verstanden, ihm seien die für die Auswahl von Herrn H. entscheidenden Unterlagen nicht vorgelegt worden.