Beschluss vom 27.04.2023 -
BVerwG 4 VR 3.22ECLI:DE:BVerwG:2023:270423B4VR3.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.04.2023 - 4 VR 3.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:270423B4VR3.22.0]

Beschluss

BVerwG 4 VR 3.22

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. April 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Külpmann und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Emmenegger
beschlossen:

  1. Der Antrag wird abgelehnt.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7 500 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt Eilrechtsschutz gegen die Planfeststellung einer Höchstspannungsfreileitung.

2 Der Beschluss der Bezirksregierung Arnsberg vom 7. Juli 2022 (PFB) stellt den Plan für die Errichtung und den Betrieb der 380-kV-Höchstspannungsfreileitung im Abschnitt Punkt Attendorn − Landesgrenze Rheinland-Pfalz in Oberschelden, Stadt Siegen (Bl. 4319), einer Bahnstromleitung und der Umspannanlage Junkernhees fest. Die 380-kV-Leitung ist Abschnitt C des als Nr. 19 in den Bedarfsplan zum Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) aufgenommenen Vorhabens "Neubau Höchstspannungsleitung Kruckel - Dauersberg, Nennspannung 380 kV".

3 Die planfestgestellte Leitung verläuft vom Punkt Attendorn bis zum Punkt Mecklinghausen überwiegend in den Trassenräumen der rückzubauenden 220-kV-Höchstspannungsfreileitung (Bl. 2319) und der 110-kV-Bahnstromleitung DB 0474. Der Antragsteller wendet sich gegen die Leitungsführung im Bereich der Ortslage von Helden zwischen Mast 309 bis 313. Die planfestgestellte Leitung (Bl. 4319) verlässt dort den vorhandenen Trassenraum und verschwenkt - zusammen mit der künftig auf dem Gestänge mitzuführenden Bahnstromleitung DB 0474 - auf einer Länge von ca. 1,4 km kleinräumig in Richtung Osten um eine Sportanlage herum.

4 Der Antragsteller ist Eigentümer und Pächter von landwirtschaftlich genutzten Flächen, die im Bereich der östlichen Verschwenkung für einen Maststandort (M 311) und für einen Teil des Schutzstreifens sowie als Arbeitsfläche während der Bauphase in Anspruch genommen werden. Er begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner in der Hauptsache erhobenen Klage und macht geltend, der Planfeststellungsbeschluss sei bezüglich der östlichen Verschwenkung im Bereich von Helden abwägungsfehlerhaft. Der Verbleib in der Bestandstrasse dränge sich auf.

5 Der Antragsgegner und die Beigeladene zu 1 treten dem Antrag entgegen und verteidigen den Planfeststellungsbeschluss. Die Beigeladene zu 2 hat sich nicht geäußert.

II

6 Das Bundesverwaltungsgericht ist als Gericht der Hauptsache nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 1 Abs. 3 EnLAG i. V. m. Nr. 19 der Anlage zum EnLAG für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zuständig.

7 Der Antrag ist unbegründet. Das öffentliche Interesse und das private Interesse der Beigeladenen an der Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses überwiegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Dabei kommt dem Vollzugsinteresse nach der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit nach § 43e Abs. 1 Satz 1 EnWG erhebliches Gewicht zu (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 2020 - 4 VR 7.19 u. a. - NVwZ 2021, 723 Rn. 11 m. w. N.). Dieses Vollzugsinteresse hat Vorrang vor dem Suspensivinteresse des Antragstellers. Denn die binnen der Begründungsfrist (§ 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG) vorgetragenen Gründe zeigen nicht auf, dass die Klage voraussichtlich Erfolg haben wird.

8 1. Der Planfeststellungsbeschluss hat sich im Bereich der Ortslage von Helden abwägungsfehlerfrei für die kleinräumige östliche Verschwenkung und damit gegen den vom Antragsteller befürworteten Verlauf in der vorhandenen Trasse entschieden.

9 Nach § 43 Abs. 3 EnWG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, und dass - drittens - weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Februar 1975 - 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <63 f.> und vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 73).

10 Bestehen keine rechtlich zwingenden Vorgaben, ist die Auswahl unter verschiedenen Trassenvarianten eine fachplanerische Abwägungsentscheidung. Die Ausübung der planerischen Gestaltungsfreiheit unterliegt rechtlichen Bindungen. Die Wahl einer Trassenvariante ist rechtsfehlerhaft, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Darüber hinaus ist die Abwägungsentscheidung auch dann fehlerhaft, wenn der Planungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung und Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Mai 1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <11> und vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 82). Das ist nach summarischer Prüfung nicht der Fall.

11 a) Der Antragsteller macht einen jedenfalls teilweisen Abwägungsausfall geltend. Das trifft nicht zu.

12 Der Planfeststellungsbeschluss widmet der vergleichenden Abwägung der kleinräumigen Varianten "Nutzung der Bestandstrasse" und "östliche Verschwenkung bei Helden" zwar keinen eigenständigen Abschnitt unter der Gliederungsnummer 5.3.2. Er befasst sich aber an mehreren Stellen mit der von dem Antragsteller bevorzugten Variante "Nutzung der Bestandstrasse" (PFB S. 276, 336, 339 f., 343; ferner zur Entscheidung zugunsten der Verschwenkung: S. 69, 141, 300 f., 326 f.) und gibt der Verschwenkung den Vorzug mit der Begründung, dass es sich um eine Trassenoptimierung handele, die erforderlich und sinnvoll erscheine (PFB S. 276, 326 f.). Die von Helden östlich abgerückte Trassierung weise Entlastungswirkungen auf das Ortsbild und das Schutzgut Mensch gegenüber der Variante des Neubaus in der Bestandstrasse auf (PFB S. 336, 339 f. und 343). Dabei erkennt der Planfeststellungsbeschluss, dass neue Betroffenheiten - auch: der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke des Antragstellers - ausgelöst werden (PFB S. 276, 300 f., 339 f., 343).

13 Darüber hinaus stützt der Planfeststellungsbeschluss seine Entscheidung zugunsten der Verschwenkung auf den Erläuterungsbericht (PFB S. 171; Anlage 14 A - Umweltstudie, Projektunterlagen und Erläuterungsbericht). Dort wird ausgeführt (S. 54), dass die Auswirkungen auf das Ortsbild und die Wohnumfeldfunktion durch das Abrücken der Antragstrasse vom Siedlungsbereich Helden (allgemeines Wohngebiet) auf über 150 m bis 200 m deutlich reduziert würden. Die vorhandenen Bestandsleitungen hätten nur maximal mittlere Auswirkungsintensitäten auf die Schutzgutfunktion. Durch die Annäherung an ein Hotel und die Querung einer Golfplatzfläche sei die Neubelastung punktuell nur von mittlerer bzw. schwacher Auswirkungsintensität. Bezüglich der übrigen Schutzgüter nach dem UVPG ergäben sich keine signifikanten Unterschiede. Die Inanspruchnahme eines Feldgehölzes und von Hecken (Biotopkatasterfläche) durch neue Maststandorte und Arbeitsflächen könnten sowohl bei der Variante als auch bei der Antragstrasse weitgehend vermieden werden. Dies genügt für das Vorhandensein einer Abwägungsentscheidung.

14 b) Die Ermittlung und Bewertung der betroffenen privaten Belange des Antragstellers ist nicht zu beanstanden. Der Planfeststellungsbeschluss sieht, dass durch die östliche Verschwenkung im Bereich von Helden landwirtschaftlich genutzte Flächen des Antragstellers erstmals betroffen sind und berücksichtigt dies hinreichend in der Abwägung (PFB S. 341 ff.).

15 aa) Der Antragsteller rügt, durch Mast 311 entstehe eine Engstelle, die ihm eine adäquate Anfahrt und die einheitliche Bewirtschaftung seiner Flächen unmöglich mache. Er habe erhebliche Zweifel, dass der angegebene Abstand von 20 m zwischen dem Mast und den angrenzenden Tennisplätzen erreicht werden könne. Aufgrund der Hanglage sei dieser Abstand auch nicht ausreichend für die unbeeinträchtigte Querung mit großen landwirtschaftlichen Maschinen. Das führt nicht auf einen Abwägungsfehler.

16 Der Planfeststellungsbeschluss nimmt an, dass von der Außenkante des Mastfundaments bis zur Grenze des Flurstücks Nr. 20 (Tennisplätze) mehr als 20 m verbleiben, so dass nach Abschluss der Bautätigkeiten an Mast 311 der direkte Wechsel zwischen den Flächen über die Schulstraße auch mit ausgeklapptem Schwader weiterhin möglich sei (PFB S. 343). Die Kritik des Antragstellers an dieser Annahme bleibt unsubstantiiert. Nach dem Lageplan (Anlage 7.1.2 Blatt 3, 1. Planänderung, Maßstab 1:2000) beträgt der Abstand zwischen der äußersten Ecke des Fundamentkopfs und der Grundstücksgrenze über 20 m.

17 Die Sorge des Antragstellers, aufgrund der Hanglage seien 20 m nicht ausreichend für eine Querung der Großgeräte in Arbeitsstellung (Schwader, Heuer), ist nach summarischer Prüfung unbegründet. Nach den von ihm eingereichten Datenblättern hat der Schwader in Arbeitsstellung eine Breite von bis zu 8,80 m und der Heuer eine Breite von 6,19 m. Zudem befinden sich auf der geplanten Mastfläche nach dem Luftbild in den Antragsunterlagen (Anlage 14, Teil C Landschaftspflegerischer Begleitplan, Anlage C2, Blatt 6, 1. Planänderung) aktuell überwiegend Gehölze. Nach summarischer Prüfung ist daher nicht erkennbar, dass das Vorhaben zu einer nennenswerten Erschwerung der Durchfahrt führt.

18 Erst recht ist nicht dargetan, dass die Großgeräte in der Transportstellung die Engstelle nicht passieren können. In der Transportstellung hat der Schwader eine Breite von 3,00 m und der Heuer eine Breite von 2,53 m. Es ist nicht ersichtlich, weshalb es dem Antragsteller unzumutbar sein sollte, die Fahrzeuge von der Arbeits- in die Transportstellung zu versetzen. Der Antragsteller beziffert den Zeitaufwand mit ca. dreißig Minuten. Diese Schätzung hat er weder näher substantiiert, noch ist dargetan, wie häufig die Großgeräte zum Einsatz gelangen und wie oft im Verlauf eines Einsatztages die Engstelle passiert werden muss.

19 bb) Der Antragsteller macht geltend, durch Mast 311 verliere er Flächen im Umfang von mindestens 150 m², was der Planfeststellungsbeschluss nicht berücksichtige. Das führt nicht auf einen Abwägungsfehler.

20 Der Planfeststellungsbeschluss enthält keine detaillierten Erwägungen zu einem etwaigen Verlust von landwirtschaftlichen Flächen über die Maststandorte hinaus. Er geht aber davon aus, dass eine landwirtschaftliche Nutzung der Flächen bis auf den Maststandort "weiterhin nahezu uneingeschränkt möglich" sei (PFB S. 343). Das schließt eine geringe Mehrbelastung - wie den vom Antragsteller vorgetragenen Verlust von ca. 150 m² – ein. Falls die behauptete Nutzungsbeeinträchtigung vorliegt, ist diese im Übrigen nach der Nebenbestimmung Nr. 5.12.1 des Planfeststellungsbeschlusses im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu berücksichtigten (PFB S. 40 f.).

21 cc) Die Rüge des Antragstellers, das Vorhaben gefährde seine Existenz, führt nicht zum Erfolg.

22 Der Antragsteller trägt vor, die Zukunftssituation der aktuellen Hofstelle am westlichen Ortsrand von Attendorn-Helden sei prekär. Die beabsichtigte Verlegung der Hofstelle auf seine Eigentumsflächen östlich der Ortslage werde durch die mittige Zerschneidung der Grundstücksfläche nahezu unmöglich gemacht. Darauf musste der Planfeststellungsbeschluss keine Rücksicht nehmen. Die Pläne des Antragstellers zur Verlegung der Hofstelle sind nicht substantiiert dargetan. Bloße Befürchtungen künftiger Verschlechterungen am aktuellen Standort (Heranrücken von Wohnbebauung, Entfallen von Pachtflächen) mussten von der Planfeststellungsbehörde nicht berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 1998 - 4 BN 44.98 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 99 S. 50 und Urteil vom 23. August 2006 - 10 C 4.05 - BVerwGE 126, 303 Rn. 30 f.). Dass die betrieblichen Einschränkungen und der Flächenverlust zu einer Existenzgefährdung führen könnten, scheidet aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 - 4 A 2.16 u. a. - DVBl. 2017, 1039 Rn. 73 ff.).

23 dd) Der Antragsteller wendet ein, er habe aus einer Baugenehmigung zur Erweiterung des Mutterkuhstalls eine Kompensationsverpflichtung im Bereich von Mast 311, deren Erfüllung ihm unmöglich gemacht werde. Nach dem Bestätigungsschreiben des Kreises Olpe vom 5. April 2022 wurde die Kompensationsverpflichtung jedoch durch den Ankauf von Ökopunkten übernommen und damit ausgeglichen.

24 ee) Bezüglich der geltend gemachten Einschränkungen der Bewirtschaftungen während der Bauphase zeigt der Antragsteller keinen Abwägungsfehler auf. Den finanziellen Verlusten des Antragstellers während der Bauphase wird nach der Nebenbestimmung Nr. 5.12.1 des Planfeststellungsbeschlusses im Entschädigungsverfahren Rechnung getragen (PFB S. 40 f.).

25 c) Beachtliche Rechtsfehler bei der Behandlung des gesetzlichen Biotopschutzes zeigt der Antragsteller nicht auf.

26 Der Planfeststellungsbeschluss erteilt für die Biotope BK-4813-228 (Repe zwischen Helden und Borghausen), BK-4813-227 (Feldgehölz und Hecken zwischen Helden und Niederhelden) und BK-4813-219 (Gebüsch bei Helden) keine Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG (vgl. PFB S. 19). Dies ist bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Denn einer Ausnahme bedarf es nur für Handlungen, die entgegen § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigungen eines Biotops führen können. Ein solcher Fall liegt voraussichtlich nicht vor, weil die Biotope im Wesentlichen überspannt und allenfalls auf kleinen Flächen, teils nur vorübergehend, in Anspruch genommen werden. Im Übrigen würde auch die Notwendigkeit einer Ausnahme nicht zum Erfolg des Antrags führen. Der Planfeststellungsbeschluss erteilt für zahlreiche Biotope eine Ausnahme (PFB S. 18 f.). Es erscheint ausgeschlossen, dass er den Vorhabenträgern eine Ausnahme für bis zu drei weitere Biotope versagt hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 2010 - 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 147). Angesichts der eher geringfügigen Beeinträchtigungen musste dem Biotopschutz auch im Rahmen der Abwägung keine weitere Bedeutung beigemessen werden.

27 d) Die Kritik des Antragstellers an der Berücksichtigung des Landschaftsschutzgebiets "Attendorn-Heggen-Helden" greift nach summarischer Prüfung nicht durch.

28 Der Planfeststellungsbeschluss sieht die Betroffenheit des Landschaftsschutzgebiets und erteilt Befreiungen (PFB S. 18, 234). Ein darauf bezogener Ermittlungs- oder Bewertungsfehler ist nicht substantiiert dargetan. Der Antragsteller rügt, die Antragstrasse nehme größere Flächen des Landschaftsschutzgebiets in Anspruch als die von ihm bevorzugte Variante in der Bestandstrasse. Die Beigeladene zu 1 hat dazu unter Vorlage eines detaillierten Auszugs aus der Karte des Gebiets erwidert. Danach verlaufen sowohl die Antragstrasse als auch die vom Antragsteller befürwortete Variante teilweise im Landschaftsschutzgebiet, wobei die Verschwenkung nur eine unwesentlich größere Querungslänge aufweist, da der Raum östlich des Sportplatzes außerhalb des Gebietes liegt. Darauf ist der Antragsteller nicht mehr eingegangen.

29 e) Ein Abwägungsfehler ist auch nicht hinsichtlich der Feldlerche dargetan. Der Planfeststellungsbeschluss erkennt, dass drei Brutpaare der Feldlerche nördlich von Helden nachgewiesen wurden (PFB S. 209, 216 f., 363). Zum Schutz der Feldlerche ordnet er unter anderem Bauzeitenregelungen an (PFB S. 363; Maßnahme T6 A, Anlage 14, Teil D, Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag Anhang 2, 2. Planänderung). Dass hierdurch artenschutzrechtliche Konflikte vermieden werden, stellt der Antragsteller nicht in Frage. Zu einer weitergehenden Optimierung des Schutzes durch Wahl eines anderen Trassenverlaufs im Rahmen der Variantenabwägung war die Planfeststellungsbehörde nicht verpflichtet.

30 f) Hinsichtlich der Behandlung der Immissionen durch elektromagnetische Felder ist kein Abwägungsfehler dargetan.

31 Der Antragsteller trägt vor, es sei nicht berücksichtigt worden, dass die Immissionsbelastung durch die verbleibende Leitung Bl. 2408 steige, weil deren Leiterseile aufgrund der Querung durch die planfestgestellte Leitung nach unten versetzt würden. Dies führt nicht auf einen Abwägungsfehler. Der Antragsteller zeigt nicht auf, dass eine etwaige Veränderung der Immissionsbelastung unterhalb der Grenzwerte fehlerhaft nicht berücksichtigt wurde. Der Planfeststellungsbeschluss hat die Immissionsbelastung mit elektrischen und elektromagnetischen Immissionen ermittelt. Danach sind die Grenzwerte nach der 26. BImSchV auch entlang der verbleibenden Trasse deutlich unterschritten (vgl. die Berechnung in Anlage 10.9, Blatt 4, 1. Planänderung). Unterhalb der Grenzwerte sind Immissionen zwar abwägungserheblich. Ihr Gewicht ist aber umso geringer, je weiter die Belastung hinter der Schwelle der Grenzwerte zurückbleibt (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Juni 2019 - 4 A 5.18 - Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 10 Rn. 87 und vom 12. Juli 2022 - 4 A 10.20 - juris Rn. 44 f.). Vor diesem Hintergrund legt der Antragsteller nicht dar, dass die Entscheidung zugunsten der Antragstrasse auf einer Fehlbewertung beruhen könnte.

32 Der Antragsteller rügt ferner, der Siedlungsbereich von Helden müsse mit Blick auf den Immissionsschutz nicht "entlastet" werden. Der Einwand greift nicht durch. Der Planfeststellungsbeschluss begründet die Entscheidung zugunsten der östlichen Verschwenkung nicht mit einer Reduzierung der Immissionsbelastung, sondern mit den Entlastungswirkungen auf das Ortsbild und das Schutzgut Mensch (PFB S. 336, 339 f., 343). Aus dem Erläuterungsbericht, auf den der Planfeststellungsbeschluss sich dabei stützt (PFB S. 171), wird deutlich, dass das "Schutzgut Mensch" im Hinblick auf die Wohnumfeldfunktion entlastet werden soll (Erläuterungsbericht S. 54 f.). Dieser Belang hat eine andere - nämlich in erster Linie eine visuelle - Schutzrichtung als der fachrechtlich durch das Immissionsschutzrecht normierte Gesundheitsschutz (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. November 2022 - 4 A 15.20 - juris Rn. 22).

33 g) Der Planfeststellungsbeschluss berücksichtigt das Bündelungsgebot und das Gebot der Nutzung bestehender Trassenräume ohne Abwägungsfehler.

34 Der Planfeststellungsbeschluss hat sich für die kleinräumige Verschwenkung (rund 1,4 km) entschieden und insoweit das Ziel, den Abstand der Leitungsführung zur Wohnbebauung zu vergrößern (vgl. PFB S. 171), für diesen Bereich trotz der Vorbelastung der Wohnbebauung höher gewichtet als die durch die Verschwenkung betroffenen Belange. Das wahrt den Spielraum der Planfeststellungsbehörde.

35 Die Prüfung räumlicher Trassenvarianten erfolgt nicht auf "freiem Felde", sondern hat den Naturraum und die Infrastruktur in den Blick zu nehmen. Der Ausbau des Netzes unter Nutzung vorhandener Trassenräume hat grundsätzlich Vorrang vor dem Neubau auf neuen Trassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juli 2021 - 4 A 14.19 - BVerwGE 173, 132 Rn. 60 m. w. N.; vgl. auch Grundsatz 8.2-1 Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen <LEP NRW>). Es gibt aber keinen zwingenden Planungsleitsatz, bestehende Leitungstrassen für ein neues Vorhaben zu nutzen. Der Trassierungsgrundsatz, bestehende Trassen zu nutzen, genießt nicht per se Vorrang vor anderen öffentlichen oder privaten Belangen, sondern ist im Rahmen der Abwägung mit dem ihm im konkreten Fall zukommenden Gewicht zu berücksichtigen; er kann folglich durch andere Belange überwunden werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2016 - 4 A 4.15 - BVerwGE 157, 73 Rn. 35 und vom 14. Juni 2018 - 4 A 10.17 - juris Rn. 46). Darüber hinaus musste der Planfeststellungsbeschluss den Grundsatz, dass linienförmige Infrastrukturen flächensparend und gebündelt geführt werden sollen, berücksichtigen (BVerwG, Urteile vom 7. Oktober 2021 - 4 A 9.19 - [insoweit in Buchholz 316 § 27a VwVfG Nr. 1 nicht abgedruckt] = juris Rn. 78 ff. und vom 27. Juli 2021 - 4 A 14.19 - BVerwGE 173, 132 Rn. 60; vgl. Grundsatz 8.2-1 LEP NRW).

36 Nach diesen Maßstäben ist die Entscheidung zugunsten der kleinräumigen östlichen Verschwenkung nicht zu beanstanden. Der Planfeststellungsbeschluss erkennt, dass eine vollständige Entlastung des Siedlungsbereichs (konkret: etwa 20 Wohngebäude auf einer Länge von 700 m) zwar nicht erreicht werden kann, misst dieser Entlastung aber gleichwohl - in der Abwägung mit den durch die Verschwenkung konkret betroffenen Belangen - ein hohes Gewicht bei (PFB S. 340). Das wahrt angesichts dessen, dass der Abstand der Trassenmitte zum Siedlungsrand nicht mehr rund 20 m, sondern rund 70 m betragen wird (PFB S. 141) und die optische Belastung durch die Verringerung der vorhandenen Masthöhen ebenfalls reduziert wird (PFB S. 52), den Bewertungsspielraum der Planfeststellungsbehörde. Das gilt auch für die Bündelung der Leitungen. Zwar verbleibt die Leitung Bl. 2408 im bisherigen Trassenraum. Der Planfeststellungsbeschluss trägt dem Bündelungsgrundsatz aber insoweit Rechnung, als die Verschwenkung von der künftig auf dem Gestänge mitgeführten Leitung DB 0474 mitvollzogen wird (PFB S. 327 f.).

37 2. Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, es hätte in Betracht gezogen werden müssen, ob das Teilstück im Ortsbereich Helden als Erdkabel ausgeführt werden könne. Eine Erdverkabelung kam aus Rechtsgründen nicht in Betracht, weil das Vorhaben nicht in § 2 Abs. 1 EnLAG aufgelistet ist (vgl. auch PFB S. 174). § 2 Abs. 2 EnLAG bestimmt für Vorhaben nach dem Energieleitungsausbaugesetz abschließend, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die Planfeststellungsbehörde vom Vorhabenträger die Errichtung und den Betrieb eines Erdkabels gegen dessen Willen verlangen kann. Ist das zur Planfeststellung gestellte Projekt kein Pilotvorhaben nach § 2 Abs. 1 EnLAG, ist ein solches Verlangen ausgeschlossen. Es kann auch nicht auf das Abwägungsgebot des § 43 Abs. 3 EnWG gestützt werden (BVerwG, Beschluss vom 27. Juli 2020 - 4 VR 7.19 , 4 VR 3.20 - Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 11 Rn. 101 ff.).

38 Der Antragsteller kritisiert, es hätte ein Einsatz von Kompaktmasten oder einer schmaleren Mastbauform, wie durch die Planänderungsverfahren für andere Bereiche vorgesehen, in Betracht gezogen werden müssen. So hätte die Flächeninanspruchnahme auch im Bereich seiner Grundstücke reduziert werden können. Die Rüge greift nicht durch. Der Planfeststellungsbeschluss wägt den Einsatz von Kompaktmasten als technische Alternative ab und hält sie insgesamt für nicht vorzugswürdig (PFB S. 296). Den Einsatz schmalerer Masten lässt er zwar in einzelnen Fällen zu (vgl. z. B. PFB S. 344 f.), nimmt aber an, dass mit der schmaleren Bauform eine größere Höhe des Mastes einhergeht, die zu stärkeren visuellen Belastungen führt (vgl. etwa PFB S. 316). Angesichts der eher geringen Vorteile musste die Ablehnung schmalerer Masten im Fall des Antragstellers nicht ausdrücklich begründet werden (PFB S. 341 ff.).

39 3. Der Antragsteller beanstandet die in den Nebenbestimmungen 5.1.3 sowie 5.8 .10 geregelte Rückbauverpflichtung. Es sei nicht ersichtlich, warum die Vorhabenträgerin nicht sämtliche Betonfundamentreste der zu demontierenden Masten entfernen müsse. Die Rüge führt schon deshalb nicht zum Erfolg des Antrags, weil die Rechtswidrigkeit der Rückbauverpflichtung die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung im Übrigen nicht berührt und daher nicht zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klage führen könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2021 - 4 A 4.19 - Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 12 Rn. 42).

40 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 sind nicht erstattungsfähig. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.