Beschluss vom 27.10.2003 -
BVerwG 9 B 102.03ECLI:DE:BVerwG:2003:271003B9B102.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.10.2003 - 9 B 102.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:271003B9B102.03.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 102.03

  • Schleswig-Holsteinisches OVG - 04.06.2003 - AZ: OVG 2 LB 53/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Oktober 2003
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r und
Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 4. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3 378,19 € festgesetzt.

Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Grundsätzlich bedeutsam (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist.
Soweit die Beschwerde diesen Revisionszulassungsgrund geltend macht, genügt sie schon nicht den hierfür geltenden Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328). Die Beschwerde zeigt zwar bestimmte Rechtsprobleme auf, formuliert aber in keinem Fall eine Rechtsfrage, die den genannten Anforderungen für die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache genügt. Große Teile des Beschwerdevorbringens (Beschwerdebegründung vom 5. September 2003, S. 7 oben bis S. 19 Mitte) sind im Übrigen schon deshalb ungeeignet, der Bezeichnung einer auch nur sinngemäß aufgeworfenen Grundsatzfrage zu dienen, da es sich insoweit um die wörtliche Wiedergabe der Begründung des Antrags des Klägers auf Zulassung der Berufung vom 10. April 2002 handelt. Die gebotene Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils und die unmittelbare Bezogenheit auf sie kann diesen Ausführungen daher von vornherein nicht zukommen. Es ist nicht die Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts, wiederholtes Berufungsvorbringen eines Beschwerdeführers da-raufhin zu untersuchen, ob sich ihm bezogen auf das Berufungsurteil auch tragfähige Revisionszulassungsgründe entnehmen lassen.
Soweit der Beschwerdebegründung - unabhängig von der ungenügenden Darlegung der Grundsatzbedeutung - sinngemäß die Fragen zu entnehmen sein könnten, ob der von Verfassungs wegen geforderte Örtlichkeitsbezug der Zweitwohnungssteuer deshalb entfällt, weil mittlerweile bundesweit zahlreiche Gemeinden und auch Stadtstaaten eine Zweitwohnungssteuer erheben, und ob der mit der Zweitwohnungssteuer vielfach verfolgte Lenkungszweck, die Betroffenen zur Verlegung ihres Erstwohnsitzes zu veranlassen, ihrem Charakter als Aufwandsteuer widerspricht, käme ihnen schon deshalb keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung zu, weil sie in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts bereits grundsätzlich geklärt sind und ein neuer oder weitergehender Klärungsbedarf nicht aufgezeigt wird.
Die in Art. 105 Abs. 2 a GG vorausgesetzte örtliche Radizierung der Aufwandsteuer ergibt sich für die Zweitwohnungssteuer aus ihrer Anknüpfung an die Belegenheit der Zweitwohnung im Gebiet der Steuer erhebenden Gemeinde; dadurch ist sie auch in ihren unmittelbaren Wirkungen auf das Gemeindegebiet begrenzt (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <349>). Dadurch, dass mittlerweile bundesweit zahlreiche Gemeinden und Stadtstaaten eine Zweitwohnungssteuer erheben, verliert die einzelne Zweitwohnungssteuer ersichtlich nicht ihren Ortsbezug. Die den Ländern nach Art. 105 Abs. 2 a GG zustehende Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung einer örtlichen Aufwandsteuer und ebenso die Delegation dieser Kompetenz durch Landesgesetz auf die Gemeinden kann nicht davon abhängen, wie viele Gemeinden hiervon Gebrauch machen. Dass auch örtliche Aufwandsteuern Lenkungsziele jenseits des Zwecks der Einnahmeerzielung verfolgen dürfen, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 7. Mai 1998 zur kommunalen Verpackungssteuer ausdrücklich bestätigt (2 BvR 1991/95, 2 BvR 2004/95 - BVerfGE 98, 106 <117 ff.>). Dies gilt in den vom Bundesverfassungsgericht in jener Entscheidung gezogenen Grenzen durch eine von der Lenkungswirkung im nichtsteuerlichen Bereich etwa betroffene Sachkompetenz folglich auch für die Zweitwohnungssteuer.
Auch die Zulässigkeit der Bemessung der Zweitwohnungssteuer nach einem der Steigerung der Wohnungsmieten folgenden Preisindex (vgl. dazu neben dem von dem Beschwerdeführer zitierten Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1989 - 2 BvR 436/88 - NVwZ 1990, 356 auch die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Dezember 1996 - BVerwG 8 C 49.95 - NVwZ 1998, 178 = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 12 S. 20 und vom 29. Januar 2003 - BVerwG 9 C 3.02 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 20 S. 24) und die in bestimmten Grenzen bestehende Möglichkeit, selbst bei nur zeitweiliger Eigennutzung der Zweitwohnung den vollen Jahressteuerbetrag zu erheben (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1999 - BVerwG 8 C 6.98 - BVerwGE 109, 188 <191 f.>; Urteil vom 26. September 2001 - BVerwG 9 C 1.01 - NVwZ 2002, 728 = Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 19 S. 17), sind rechtsgrundsätzlich entschieden; über den Einzelfall hinausgehende Fragen wirft die Beschwerde insoweit nicht auf. Soweit sie beanstandet, dass die streitgegenständliche Zweitwohnungssteuersatzung nicht nur das Innehaben einer Zweitwohnung, sondern bereits die bloße Verfügungsbefugnis hierüber besteuere und deshalb eine der Grundsteuer gleichartige und mithin unzulässige Aufwandsteuer sei, verkennt sie, dass der Steuertatbestand in § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 der Satzung ausdrücklich auf das Innehaben der Zweitwohnung abhebt. Im Übrigen ist es auch in der Sache nicht zu beanstanden, zur Beantwortung der Frage, wer eine Zweitwohnung innehat, darauf abzustellen, wer berechtigt die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Wohnung besitzt (BVerwG, Beschluss vom 20. April 1998 - BVerwG 8 B 25.98 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 15).
2. Ohne Erfolg macht die Beschwerde die Abweichung des angegriffenen Berufungsurteils von mehreren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts geltend. Auch diese Revisionszulassungsrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist bereits unzulässig, da die Beschwerde in keinem Fall - wie nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geboten (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997, a.a.O.) - einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem das Berufungsgericht einem vom Bundesverfassungsgericht oder Bundesverwaltungsgericht aufgestellten ebensolchen die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.
3. Schließlich genügen auch die pauschalen Rügen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und fehlender Entscheidungsgründe (§ 138 Nr. 6 VwGO) nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO - vgl. dazu wiederum BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997, a.a.O.). Die Beschwerde zeigt auch nicht ansatzweise auf, welchen konkreten Sach- oder Rechtsvortrag des Beschwerdeführers das Berufungsgericht erkennbar unberücksichtigt gelassen hat, obwohl er aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Gerichts entscheidungserheblich war, und dass sich dem Berufungsgericht eine ausdrückliche Auseinandersetzung damit hätte aufdrängen müssen, obwohl das Berufungsgericht hierzu nicht im Hinblick auf jedes Vorbringen der Beteiligten verpflichtet ist, sofern sich dies nicht aus den besonderen Umständen des Falles ergibt (zu diesen Grundsätzen vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216 f.>; stRspr). Die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang beanstandete Aussage des Berufungsgerichts, die Gesichtspunkte der örtlichen Radizierung der Zweitwohnungssteuer, der Erzielung eines Nebeneffektes durch den Anreiz, den Erstwohnsitz zu verlegen, sowie der Indexierung der Steuer seien bereits wiederholt und ausgiebig Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzung gewesen (UA S. 6), sind zwar sehr allgemein gehalten und nicht näher nachgewiesen, lassen indes ohne weiteres nachvollziehbar erkennen, dass das Berufungsgericht zu den konkret benannten Problempunkten an der hierzu entwickelten und von ihm geteilten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, die im Übrigen oben unter 1. teilweise dargestellt wurde, festhält. Der Vorwurf, das Berufungsurteil sei insoweit nicht mit Gründen versehen (§ 138 Nr. 6 VwGO), ist im Übrigen in keiner Weise gerechtfertigt (zu den Voraussetzungen dieses absoluten Revisionsgrundes vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 1999 - BVerwG 9 B 419.99 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 35; Urteil vom 28. November 2002 - BVerwG 2 C 25.01 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 41).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 2, § 14 GKG.