Beschluss vom 28.07.2025 -
BVerwG 6 B 3.25ECLI:DE:BVerwG:2025:280725B6B3.25.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 28.07.2025 - 6 B 3.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:280725B6B3.25.0]
Beschluss
BVerwG 6 B 3.25
- VG Leipzig - 04.01.2021 - AZ: 7 K 915/19
- OVG Bautzen - 27.08.2024 - AZ: 2 A 103/21
In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 28. Juli 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Hahn beschlossen:
- Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 27. August 2024 wird zurückgewiesen.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Der Kläger wendet sich gegen die Bewertung seiner Prüfungslehrprobe im Fach Musik im Rahmen der schulpraktischen Ausbildung für das höhere Lehramt an Gymnasien.
2 Er absolvierte im Januar 2018 die Wiederholungsprüfung (Prüfungslehrprobe), die mit der Note 5,0 (mangelhaft) bewertet wurde. Die Bewertung wurde ihm im Bescheid vom 29. Januar 2018 mit dem Hinweis mitgeteilt, dass die Prüfung als endgültig nicht bestanden gelte. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat das Verwaltungsgericht seiner Klage mit Urteil vom 4. Januar 2021 stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten mit Urteil vom 27. August 2024 zurückgewiesen.
3 Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen das Berufungsurteil nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Beschwerde, der der Kläger entgegentritt.
II
4 Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Aus den Darlegungen in der Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beschränkt ist, ergibt sich weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch das Vorliegen einer Abweichung von Entscheidungen eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte (2.).
5 1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn eine konkrete fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Die Beschwerde muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erläutern, dass und inwiefern die erstrebte Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (BVerwG, Beschlüsse vom 23. Januar 2001 - 6 B 35.00 - WissR 2001, 377 Rn. 2; vom 9. Juli 2019 - 6 B 2.18 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 31 Rn. 7 und vom 27. März 2024 - 6 B 71.23 - N&R 2024, 168 Rn. 7).
6 Die Beschwerde führt aus, das Berufungsgericht habe die Vorgaben des Lehrplans Musik Gymnasium, demzufolge der Anteil musikpraktischer Tätigkeit in den Klassenstufen 5 und 6 ca. 70 v. H. der Unterrichtszeit betragen solle, dahingehend interpretiert, dass diese Quotierung nicht für die einzelne Unterrichtsstunde der Lehrprobe zu gelten habe, sondern sich lediglich auf das ganze Schuljahr beziehe. Zudem habe das Oberverwaltungsgericht bemängelt, die Prüferinnen hätten das mangelnde Vorwissen der Schüler zu dem Thema verkannt. Daran anknüpfend wirft die Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, "wie weit der prüfungsbehördliche bzw. prüfungskommissionelle Spielraum hinsichtlich der Aufgabenstellung und des Erwartungsbildes geht." Dieses Beschwerdevorbringen verfehlt die Darlegungsanforderungen an eine Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), da die Frage - soweit sie sich als entscheidungserheblich erweist - in der Rechtsprechung geklärt ist.
7 Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Bewertung der Lehrprobe des Klägers materiellrechtlich fehlerhaft gewesen sei, da die Prüferinnen in den von der Beschwerde angeführten Punkten von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen seien. An diese tatrichterliche Sachverhaltsfeststellung, die die Beschwerde nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, wäre der Senat in dem erstrebten Revisionsverfahren gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Auf der Grundlage dieser Tatsachenfeststellung besteht aber kein Klärungsbedarf, dass der nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegende Beurteilungsspielraum für prüfungsspezifische Wertungen u. a. dann überschritten ist, wenn die Prüfer von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/83 und 213/83 - BVerfGE 84, 34 <53 f.>; BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2020 - 6 C 8.19 - BVerwGE 170, 1 Rn. 11 m. w. N.).
8 2. Die Darlegung einer Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz des revisiblen Rechts benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten, tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Vorschrift widersprochen hat. Die Beschwerde muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO aufzeigen, dass zwischen den beiden Gerichten ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtssatzes besteht. Dafür ist die Herausarbeitung und Gegenüberstellung sich widersprechender Rechtssätze unverzichtbar (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 <713>). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die ein in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genanntes Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den an eine Divergenzrüge zu stellenden Darlegungsanforderungen nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 - 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).
9 Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht im Ansatz gerecht. Denn sie unterlässt es, Rechtssätze der Berufungsentscheidung herauszuarbeiten und diesen Rechtssätzen der von ihr angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts gegenüberzustellen. Der Sache nach rügt sie im Gewande der Divergenzrüge lediglich die von ihr als fehlerhaft erachtete Rechtsanwendung des Berufungsgerichts. Damit vermag sie eine Revisionszulassung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht zu erreichen.
10 3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.
11 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.