Beschluss vom 29.09.2022 -
BVerwG 1 WB 13.22ECLI:DE:BVerwG:2022:290922B1WB13.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.09.2022 - 1 WB 13.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:290922B1WB13.22.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 13.22

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
den ehrenamtlichen Richter Oberstarzt Hütsch und
den ehrenamtlichen Richter Hauptfeldwebel Lößner
am 29. September 2022 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt seine Versetzung in die USA.

2 Der ... geborene Antragsteller ist seit Juli ... Soldat auf Zeit. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem Juni ... enden. Mit Wirkung vom 1. März ... wurde er zum Oberfeldwebel befördert und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 7 Z eingewiesen. Er wird seit Mai ... als ...feldwebel und Gruppenführer bei der ...regiment ... in ... verwendet.

3 Der Antragsteller ist seit ... mit einer Staatsbürgerin der USA verheiratet. Diese brachte ein Kind mit in die Ehe. Das Kind lebt bei seinem Vater in den USA. Das Sorgerecht üben die Ehefrau des Antragstellers und der Vater des Kindes nach Maßgabe einer ... geschlossenen Umgangsvereinbarung gemeinsam aus. Hiernach hat die Ehefrau des Antragstellers in den Schulferien und einem weiteren Zeitraum ein Recht auf Umgang mit ihrem in den USA lebenden Kind. Der Umgang darf in den Sommer- und Winterferien auch in Deutschland stattfinden. Der Vater des Kindes lässt eine Ausreise aber nach Angaben des Antragstellers nicht zu. Die Ehefrau des Antragstellers blieb auch nach der Eheschließung in den USA, wo ... auch das erste gemeinsame Kind der Eheleute geboren wurde. Dem Antragsteller wurde für den Zeitraum vom 14. September 2019 bis 13. Januar 2020 unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge mit Ausnahme der unentgeltlichen truppenärztlichen Versorgung Elternzeit zur Betreuung des Kindes gewährt. Daneben nutzte er nach eigenen Angaben seinen Urlaub für den persönlichen Kontakt mit seiner Familie in den USA. Zeitweilig lebte die Familie vorübergehend gemeinsam in Deutschland. Die Ehefrau des Antragstellers nahm aber keinen dauerhaften Aufenthalt im Inland und lebt zur Wahrnehmung des Umgangs- und Sorgerechts für ihr erstgeborenes Kind derzeit in den USA. ... wurde das zweite gemeinsame Kind der Eheleute geboren.

4 Unter dem 15. Juni 2020 bewarb sich der Antragsteller für eine zum 1. Juli 2022 zu besetzende integrierte Verwendung bei der US ... in ... Der Antragsteller wurde im Auswahlverfahren mitbetrachtet, mit Entscheidung vom 9. Oktober 2020 wurde aber ein anderer Soldat ausgewählt. Die Ablehnung seiner Bewerbung wurde dem Antragsteller mit ihm am 4. Dezember 2020 ausgehändigten Schreiben vom 19. November 2020 mitgeteilt. Beschwerde hiergegen legte er nicht ein.

5 Am 26. Januar 2021 beantragte der Antragsteller formlos unter Bezugnahme auf schwerwiegende persönliche Gründe eine integrierte Verwendung in den USA. Auf einen konkreten Dienstposten nahm er dabei nicht Bezug. Mit dem Antrag legte er befürwortende Stellungnahmen der Militärseelsorge und des Sozialdienstes der Bundeswehr vor. Auch sein Disziplinarvorgesetzter unterstützte den Antrag.

6 Unter dem 19. Juli 2021 stellte die Beratende Ärztin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr fest, dass schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne der Nr. 207 Buchst. a ZDv A-1420/37 aus militärärztlicher Sicht im Hinblick auf die Gesundheit des Antragstellers nicht vorlägen. Jedoch sollten die individuellen Lebensumstände des Antragstellers unter Fürsorgeaspekten mit Nachdruck angegangen werden. Unter den Aspekten Fürsorge und Vereinbarkeit von Familie und Dienst sei eine wohlwollende Prüfung des Antrages erforderlich.

7 Mit Bescheid vom 28. Juli 2021 lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Antrag ab. Schwerwiegende persönliche Gründe im Sinne der Nr. 207 Buchst. a ZDv A-1420/37 lägen in gesundheitlicher Hinsicht nicht vor. Eine Verwendung im Ausland sei nur auf ausgebrachten Dienstposten und nicht auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt möglich.

8 Hiergegen beschwerte sich der Antragsteller am 5. August 2021. Er erläuterte unter dem 10. August 2021 seine familiäre Situation und verwies auf seinen Antrag unterstützende Stellungnahmen sowie den grundrechtlichen Schutz von Ehe und Familie und Nr. 208 ZDv A-1420/37. Er habe sich im Übrigen auf einen bestimmten Dienstposten beworben. Seine Prozessbevollmächtigte ergänzte, er habe sich für eine konkrete integrierte Verwendung in den USA beworben, für die er auch geeignet sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum er für diesen Dienstposten nicht betrachtet worden sei. Seine Ehefrau erwarte das zweite gemeinsame Kind. Mit drei minderjährigen Kindern könne sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Er trage alle Kosten für die getrennte Haushaltsführung, Rechtsstreitigkeiten in den USA und seine Reisen dorthin. Sein neugeborenes Kind werde er nur über Weihnachten und dann erst wieder im Sommer sehen können. So könne eine Beziehung nicht aufgebaut werden. Aus Fürsorgegründen und wegen der Vereinbarkeit von Familie und Dienst müsse ihm der Dienstherr eine integrierte Verwendung in den USA ermöglichen.

9 Nachdem über seine Beschwerde nicht entschieden wurde, stellte der Antragsteller am 28. Februar 2022 Untätigkeitsantrag auf gerichtliche Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 14. März 2022 dem Senat vorgelegt.

10 Zur Begründung führt der Antragsteller aus, die Auswahlentscheidung für den Dienstposten in ... möge zwar bestandskräftig geworden sein. 2021 hätte das Bundesministerium der Verteidigung aber die Rechtswidrigkeit erkennen und die Auswahlentscheidung aufheben müssen. Zu diesem Zeitpunkt hätte noch kein überwiegender Vertrauensschutz zugunsten des Ausgewählten bestanden. Das Fehlen einer planmäßigen Beurteilung könne ihm nicht entgegengehalten werden, da eine Anlassbeurteilung hätte eingeholt werden können. Dass er gegen die Auswahlentscheidung nicht vorgegangen sei, liege an einer falschen Beratung durch die Personalführung. Die nunmehr begehrte Versetzung basiere auf seinem Vortrag zu schwerwiegenden persönlichen Gründen. Nr. 207 ZDv A-1420/37 zähle diese nicht abschließend, sondern nur beispielhaft auf. Entgegen der Einschätzung des Bundesministeriums der Verteidigung seien schwerwiegende persönliche Gründe nicht nur dann gegeben, wenn diese unvorhersehbar und unbeeinflussbar seien. Einzelne Gründe würden auf den Schulbesuch und die Kinderbetreuung abstellen. Die Entscheidung für Kinder sei freiwillig und eigenverantwortlich. Sein Fall sei dem beispielhaft aufgezählten Fall der Sicherstellung von Betreuung, Umgang, Schulausbildung und Kindeswohl sehr ähnlich. Es handele sich um einen absoluten Ausnahmefall, an den der Erlasshalter nicht gedacht habe. Er strebe die Herstellung einer häuslichen Gemeinschaft mit seinen Kindern an. Seine Ehefrau habe nie einen dauerhaften Aufenthalt in Deutschland gehabt, ihn vielmehr nur unregelmäßig mit den gemeinsamen Kindern dort besucht. Die Reise mit zwei Kleinkindern sei körperlich und finanziell extrem belastend. Das Bundesministerium der Verteidigung verkenne den Sachverhalt. Seine Ehefrau lebe in den USA, um den Umgang mit ihrem erstgeborenen Kind zu ermöglichen und zu sichern, nicht um diesen nur zu erleichtern. Wäre sie nach Deutschland gezogen, hätte sie das Umgangsrecht verloren. Die Trennung von seiner Familie sei mit den normalen Belastungen der deutschlandweiten Versetzbarkeit von Soldaten nicht vergleichbar. Seine Ehefrau lebe mit den Kindern auf einem anderen Kontinent, sodass wegen des bürokratischen und finanziellen Aufwandes und der Reisezeiten eine regelmäßige Begegnung der Familienteile nicht möglich sei. Eine belastbare Vater-Kind-Bindung könne so nicht aufgebaut werden. Dienst und Familie seien so nicht vereinbar. Eine Dienstzeitverkürzung würde die Situation des Antragstellers nicht kurzfristig verändern.

11 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

12 Die Auswahlentscheidung für den Dienstposten an der US ... in ... sei bestandskräftig geworden und nicht Gegenstand der Beschwerde vom 5. August 2021. Der Antragsteller habe auch keinen sonstigen Anspruch auf Verwendung in den USA. Das Versetzungsgesuch vom 26. Januar 2021 sei nicht hinreichend konkretisiert. Versetzungen erfolgten dienstpostenbezogen und nicht standortbezogen. Auch im Hinblick auf seine familiäre Situation habe der Antragsteller keinen Anspruch auf eine Verwendung in den USA außerhalb von Dienstposten. Zwar sei die Aufzählung schwerwiegender persönlicher Gründe in Nr. 207 ZDv A-1420/37 nicht abschließend. Solche Gründe setzten aber unvorhersehbare und unbeeinflussbare Umstände voraus. Hieran fehle es, weil die Ehefrau des Antragstellers in die USA gezogen sei, um den Umgang mit ihrem erstgeborenen Kind zu erleichtern. Die Ehegatten hätten einvernehmlich entschieden, dass es für die Familie weniger belastend sei, wenn der Antragsteller pendele. Ein Soldat müsse hinnehmen, wenn sich aus seiner zum prägenden Inhalt des Wehrdienstverhältnisses gehörenden Versetzbarkeit Härten ergäben. Unzumutbare Nachteile, hinter denen dienstliche Interessen zurücktreten müssten, lägen auch unter Fürsorgegesichtspunkten nicht vor. Der Antragsteller sei in Kenntnis seiner grundsätzlich im Inland zu erfüllenden Dienstleistungspflicht die Ehe mit einer US-Staatsangehörigen mit einem in den USA beim Vater lebenden Kind eingegangen. Dass seine Ehefrau mit den gemeinsamen Kindern in die USA gezogen sei, um den Umgang mit ihrem erstgeborenen Kind zu pflegen, begründe keinen Versetzungsanspruch. Die Lebensumstände seien nicht mit den Gründen nach Nr. 207 Buchst. c und d ZDv A-1420/37 vergleichbar. Das erstgeborene Kind der Ehefrau des Antragstellers sei beim Vater versorgt. Die Trennung des Antragstellers von seiner Familie beruhe auf in die Sphäre seiner Ehefrau fallenden Gründen. Ein Anspruch auf Versetzung ergebe sich auch nicht aus Nr. 208 ZDv A-1420/37, weil die Versetzung des Antragstellers in die USA nicht mit dienstlichen Belangen in Einklang zu bringen sei. Ein für ihn geeigneter Dienstposten sei dort gegenwärtig nicht frei. An einer Verwendung von Soldaten außerhalb von Dienstposten bestehe grundsätzlich kein dienstliches Interesse. Die Voraussetzungen der Nr. 2.2.18 der Anlage 8.1 der AR A-1360/3 lägen nach der Bewertung der zuständigen Beratenden Ärztin nicht vor. Dem Antragsteller sei wegen seiner familiären Situation eine Dienstzeitverkürzung angeboten worden.

13 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

14 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

15 1. Der Antragsteller hat lediglich den prozessualen Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren. Sein Rechtsschutzbegehren ist daher im Lichte seines Sachvortrages dahin auszulegen (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 86 Abs. 3 VwGO), dass er die Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 28. Juli 2021 und die Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung, ihn in den USA zu verwenden, begehrt.

16 2. Der Antrag ist bereits unzulässig, soweit er ohne Konkretisierung eines bestimmten Dienstpostens allgemein eine Verwendung in den USA begehrt. Dem Antrag fehlt die erforderliche Bestimmtheit.

17 Versetzungen erfolgen dienstpostenbezogen und nicht nur standortbezogen. Der Senat verlangt deshalb bei streitigen Versetzungsanträgen in ständiger Rechtsprechung, dass ein Antragsteller - spätestens im Beschwerdeverfahren - konkrete Dienstposten bezeichnen muss, für die er entweder objektiv geeignet erscheint oder für die er sich selbst zumindest für geeignet hält und daher glaubt, einen Anspruch auf eine entsprechende örtliche Verwendung geltend machen zu können (vgl. z. B. BVerwG, Beschlüsse vom 29. April 2008 - 1 WB 42.07 - und vom 13. Oktober 2008 - 1 WDS-VR 14.08 - Rn. 22 m. w. N.).

18 Die gerichtliche Kontrolle der Frage, ob das Bundesministerium der Verteidigung oder die personalbearbeitende Stelle bei der Ablehnung eines Versetzungsantrags rechtmäßig gehandelt hat, ist, da Versetzungen dienstpostenbezogen erfolgen, nur möglich, wenn der Soldat einen bestimmten Dienstposten bezeichnet (BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2020 - 1 WB 9.19 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 99 Rn. 18). Der Senat verlangt deshalb bei streitigen Versetzungsanträgen in ständiger Rechtsprechung, dass der Antragsteller spätestens im Beschwerdeverfahren oder - wenn nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO unmittelbar die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt werden kann - spätestens in diesem Antrag konkrete Dienstposten bezeichnen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. September 2014 - 1 WB 7.14 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 90 Rn. 14 f. m. w. N.). Dies ist hier unterblieben.

19 3. Der Antrag ist auch unzulässig, soweit er sich gegen die Auswahlentscheidung vom 9. Oktober 2020 für den Dienstposten an der US ..., DP-ID ..., richten sollte. Hat eine Maßnahme - wie hier eine Auswahlentscheidung zugunsten eines Konkurrenten - Drittwirkung steht die zugunsten des Dritten eingetretene Bestandskraft bereits einer Sachentscheidung entgegen und der Antrag ist unzulässig (BVerwG, Beschlüsse vom 27. November 2014 - 1 WB 61.13 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 91 Rn. 38 ff. und vom 31. August 2017 - 1 WRB 1.16 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 96 Rn. 18, 21). So liegt der Fall auch hier, da der Antragsteller gegen die ihm am 4. Dezember 2020 bekannt gegebene Ablehnung seines Antrages, auf dem Dienstposten verwendet zu werden, nicht innerhalb der Monatsfrist Beschwerde eingelegt hat. Unerheblich ist, ob dies - wie der Antragsteller behauptet - auf einer fehlerhaften Beratung durch die Personalführung beruht. Die Bestandskraft dient in Konstellationen wie dieser dem Vertrauensschutz des begünstigten Dritten. Dieser Schutz entfällt nicht durch eine fehlerhafte Beratung eines anderen Soldaten.

20 Ein Anspruch aus §§ 48 ff. VwVfG ist nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens, da der Antragsteller einen solchen Antrag weder gestellt noch zum Gegenstand einer Beschwerde gemacht hat.

21 4. Der Antrag ist zudem unbegründet. Der Antragsteller kann nicht verlangen, außerhalb eines Dienstpostens in den USA verwendet zu werden.

22 a) Ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder auf eine Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen über die Verwendung eines Soldaten (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2002 - 1 WB 30.02 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30 S. 24 m. w. N. und vom 14. Dezember 2017 - 1 WB 42.16 - juris Rn. 32 m. w. N.). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind, wie sie sich hier insbesondere aus der seit 15. Juni 2020 geltenden Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-1420/37 ergeben (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Februar 2003 - 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27> und vom 14. Dezember 2017 - 1 WB 42.16 - juris Rn. 32).

23 b) Der Antragsteller hat auch im Hinblick auf die geltend gemachten schwerwiegenden persönlichen Gründe keinen Anspruch auf die begehrte Versetzung.

24 (1) Nr. 204 Buchst. b ZDv A-1420/37 sieht vor, dass Soldaten versetzt werden können, wenn die Versetzung von ihnen beantragt wird und diese mit dienstlichen Belangen in Einklang zu bringen ist. Nach Nr. 206 ZDv A-1420/37 können Soldaten auf ihren Antrag hin versetzt werden, wenn schwerwiegende persönliche Gründe vorliegen und vorrangige dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Gemäß Nr. 207 Buchst. a ZDv A-1420/37 können schwerwiegende persönliche Gründe unter anderem darin liegen, dass eine Versetzung aufgrund eines militärärztlichen Gutachtens wegen des Gesundheitszustands des Soldaten notwendig wird. Nach Nr. 207 Buchst. c und Buchst. d ZDv A-1420/37 kann sich ein schwerwiegender persönlicher Grund auch daraus ergeben, dass ein mit dem Soldaten in häuslicher Gemeinschaft lebendes Kind eine über das Ausbildungsziel der Hauptschule (oder vergleichbar) hinausführende allgemeinbildende Schule vom bisherigen/künftigen Wohnort nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten erreichen kann oder durch die Versetzung oder den Verbleib am bisherigen Standort wegen der Eigenart des Dienstes die Betreuung eines mit dem Soldaten in häuslicher Gemeinschaft lebenden Kindes unter 14 Jahren nicht sichergestellt werden kann, weil weitere Betreuungspersonen nicht zur Verfügung stehen. Gemäß Nr. 208 ZDv A-1420/37 kann ein Soldat auch dann versetzt werden, wenn andere Gründe vorliegen, die der Person des Soldaten oder seinen privaten Lebensumständen zugerechnet werden müssen und die Versetzung mit dienstlichen Belangen in Einklang gebracht werden kann.

25 (2) Hiernach ist die Versetzung des Antragstellers ermessensfehlerfrei abgelehnt worden.

26 Dass sein Gesundheitszustand trotz der Belastungen durch seine schwierige familiäre Situation aus militärärztlicher Sicht keinen schwerwiegenden persönlichen Grund darstellt, hat die Beratende Ärztin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr unter dem 19. Juli 2021 festgestellt. Einwendungen hiergegen sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

27 Wegen der Versorgung der Kinder des Antragstellers liegt keiner der Gründe nach Nr. 207 ZDv A-1420/37 vor. Sowohl in Deutschland als auch in den USA ist die Versorgung und Beschulung der von ihrer Mutter betreuten Kinder des Antragstellers gesichert. Es steht der Familie frei, ihren gemeinsamen Wohnsitz im Inland zu nehmen und so auch dem Antragsteller größeren Anteil an der Wahrnehmung des Sorgerechts und des Umganges mit seinen Kindern zu geben. Die Betreuung und Beschulung des vorehelichen Kindes der Ehefrau des Antragstellers ist ebenfalls auch ohne seine Versetzung in die USA nicht gefährdet, da das Kind bei seinem Vater lebt und dort versorgt ist. Ein eigenes Umgangs- oder Sorgerecht in Bezug auf dieses Kind hat der Antragsteller nicht.

28 Nicht von Nr. 207 ZDv A-1420/37 erfasste familiäre Belastungen sind nicht durch eine analoge Anwendung der Nr. 207 ZDv A-1420/37, sondern durch Nr. 208 ZDv A-1420/37 erfasst. Der Dienstherr hat die schwierige familiäre Situation des Antragstellers hier in tatsächlicher Hinsicht zutreffend bei seiner Entscheidung berücksichtigt, aber ermessensfehlerfrei hinter dienstlichen Belangen zurückgestellt.

29 Hierbei durfte er zum einen berücksichtigen, dass die besonderen Belastungen des Familienlebens in die Risikosphäre des Antragstellers fallen. Sie ergeben sich nämlich aus den Problemen bei der Wahrnehmung des Sorgerechts der Ehefrau des Antragstellers für deren Kind aus einer anderen Beziehung. Nach der vom Antragsteller vorgelegten Sorgerechtsvereinbarung zwischen seiner Ehefrau und dem Vater des Kindes übt seine Ehefrau ihr Recht auf Umgang mit diesem Kind zum Teil in den USA und zum Teil in Deutschland aus. Dass der Vater des Kindes entgegen dieser Vereinbarung eine Ausreise des Kindes nach Deutschland verweigert und die Ehefrau bei einer Übersiedlung nach Deutschland den Verlust ihres Sorgerechts befürchtet, ist nicht dem Dienstherrn zuzurechnen. Die Ehefrau ist rechtlich nicht gehindert, ihren Wohnsitz und den der gemeinsamen Kinder mit dem Antragsteller in Deutschland zu nehmen. Dies schließt es auch nicht aus, das Umgangsrecht mit ihrem in den USA wohnhaften Kind entsprechend der vorgelegten Umgangsvereinbarung wahrzunehmen. Dass die Ehefrau des Antragstellers dem Vater ihres Kindes in den USA gegenüber dessen Verpflichtungen aus der Umgangsvereinbarung nicht - ggf. gerichtlich und zwangsweise - durchsetzt, fällt nicht in den Verantwortungsbereich des Dienstherrn.

30 Zum anderen hat der Dienstherr mit Recht berücksichtigt, dass ein mit einer Planstelle untersetzter freier Dienstposten in den USA für den Antragsteller nicht frei ist und einer Verwendung auf einer Planstelle zur besonderen Verwendung haushaltsrechtliche Grenzen gesetzt sind. Nach Nr. 106 AR A-1360/3 dürfen Planstellen zur besonderen Verwendung unter den in der Anlage 8.1 geregelten Voraussetzungen für außerhalb von Dienstposten eingesetzte Soldaten verwendet werden. Dass diese Voraussetzungen hier eingreifen, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere ist kein dienstliches Bedürfnis für die Erfüllung von Aufgaben außerhalb eingerichteter Dienstposten erkennbar und der Antragsteller hat derzeit weder Betreuungsurlaub noch Elternzeit.

31 Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Schutz von Ehe und Familie in Art. 6 GG. Denn der Familie des Antragstellers steht es frei, einen gemeinsamen Wohnsitz an dessen inländischen Dienstort zu begründen. Die vom Antragsteller vorgelegte Umgangsvereinbarung für das voreheliche Kind seiner Ehefrau steht dem nicht entgegen, sieht sie doch sogar einen zeitweisen Aufenthalt des Kindes in Deutschland vor. Dass sich die Ehefrau des Antragstellers für einen Wohnsitz in räumlicher Nähe zu ihrem erstgeborenen Kind und gegen einen gemeinsamen Wohnsitz im Inland, der auch ihrem Ehemann regelmäßigen Kontakt mit seinen Kindern ermöglichen würde, entschieden hat, beruht auf ihrer Entscheidung, auf eine zwangsweise Durchsetzung ihrer Rechte aus der Umgangsvereinbarung zu verzichten und nicht von einem Wohnsitz in Deutschland aus, ihre eigenen Urlaube für den Umgang mit ihrem erstgeborenen Kind zu nutzen, wie es bislang der Antragsteller in umgekehrter Reiserichtung tut. Die Betreuung der Kinder des Antragstellers ist weder in Deutschland noch in den USA gefährdet. Der Dienstherr hat den familiären Pflichten des Antragstellers zudem bereits einmal durch die Bewilligung von Elternzeit Rechnung getragen. Dass dies nach der Geburt des zweiten gemeinsamen Kindes nicht erneut möglich wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Zudem ist der Dienstherr über eine einvernehmliche Dienstzeitverkürzung bemüht, den Interessen des Antragstellers weiter Rechnung zu tragen. Vor diesem Hintergrund verlangt der Schutz von Ehe und Familie nicht, dem Antragsteller eine mit dienstlichen Interessen nicht zu vereinbarende Verwendung in den USA außerhalb eines für ihn derzeit nicht freien Dienstpostens zu ermöglichen.