Beschluss vom 30.07.2025 -
BVerwG 3 BN 9.24ECLI:DE:BVerwG:2025:300725B3BN9.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 30.07.2025 - 3 BN 9.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:300725B3BN9.24.0]

Beschluss

BVerwG 3 BN 9.24

  • OVG Münster - 29.05.2024 - AZ: 13 D 238/20.NE

In der Normenkontrollsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 30. Juli 2025 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß und Dr. Sinner beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. Mai 2024 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Antragsteller ist Inhaber eines Hotels mit Frühstücksangebot.

2 § 15 der vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen am 30. Oktober 2020 erlassenen Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung - CoronaSchVO, GV. NRW. S. 1044b) enthielt Regelungen zu Übernachtungsangeboten. Die Vorschrift lautete wie folgt:
"§ 15
Beherbergung, Tourismus, Ferienangebote
(1) Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken, die nach dem 29. Oktober 2020 angetreten worden sind, sind bis zum 30. November 2020 untersagt. Die Nutzung von dauerhaft angemieteten oder im Eigentum befindlichen Immobilien und von dauerhaft abgestellten Wohnwagen, Wohnmobilen und so weiter ausschließlich durch die Nutzungsberechtigten ist keine touristische Nutzung im Sinne des Satzes 1. Beim Betrieb von Gemeinschaftseinrichtungen der in Satz 3 genannten Unterkünfte und bei der Beherbergung von Geschäftsreisenden einschließlich ihrer gastronomischen Versorgung sind Hygiene- und Infektionsschutzstandards nach § 4 zu beachten.
(2) Reisebusreisen und sonstige Gruppenreisen mit Bussen zu touristischen Zwecken sind unzulässig."

3 § 15 Abs. 1 Satz 3 CoronaSchVO erhielt durch Art. 1 Nr. 9 der Änderungsverordnung vom 4. November 2020 (GV. NRW. S. 1044c) folgende Fassung:
"Beim Betrieb von Gemeinschaftseinrichtungen auf Campingplätzen und so weiter sowie bei der Beherbergung von Geschäftsreisenden einschließlich ihrer gastronomischen Versorgung sind Hygiene- und Infektionsschutzstandards nach § 4 zu beachten."

4 Die Coronaschutzverordnung wurde außerdem durch die Änderungsverordnung vom 9. November 2020 geändert (GV. NRW. S. 1046a), ohne dass § 15 CoronaSchVO hiervon betroffen war.

5 Der Antragsteller hat zuletzt beantragt festzustellen, dass § 15 Abs. 1 CoronaSchVO vom 30. Oktober 2020, zuletzt geändert durch die Verordnung vom 9. November 2020, unwirksam war.

6 Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag mit Urteil vom 29. Mai 2024 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Normenkontrollantrag sei zulässig, aber unbegründet. § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) in der durch das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) geänderten und am 28. März 2020 in Kraft getretenen Fassung sei eine verfassungsgemäße Grundlage für das Verbot in § 15 Abs. 1 CoronaSchVO gewesen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage hätten vorgelegen. Die angegriffene Regelung sei auch mit höherrangigem Recht vereinbar gewesen. Die durch sie bewirkten Eingriffe in die durch Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG gewährleistete Berufsfreiheit der Anbieter von Übernachtungsangeboten und in deren durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Eigentum seien gerechtfertigt gewesen. Gleiches gelte für Eingriffe in die durch Art. 11 Abs. 1 GG gewährleistete Freizügigkeit potentieller Nutzer von Übernachtungsangeboten bzw. deren allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), falls man annehme, die Nutzung touristischer Übernachtungsangebote falle nicht in den Schutzbereich des Art. 11 Abs. 1 GG. Die Regelung habe auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen.

7 Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde des Antragstellers.

II

8 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

9 1. Die Rechtssache hat nicht die vom Antragsteller geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

10 Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darzulegen und setzt die Formulierung einer bestimmten, jedoch fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint und im Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13. April 2017 ‌- 3 B 48.16 - juris Rn. 3 und vom 3. Februar 2025 - 3 BN 4.24 - juris Rn. 7, jeweils m. w. N.).

11 Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Sie bezeichnet keine hinreichend bestimmte klärungsbedürftige Rechtsfrage. Der Antragsteller beschränkt sich insoweit auf den Vortrag, grundsätzliche Bedeutung komme der Frage zu, ob im vorliegenden Fall das Verbot von touristischen Übernachtungen in Hotels verfassungsrechtlich gerechtfertigt gewesen sei. Welche konkrete verfassungsrechtliche Frage klärungsbedürftig sein soll, führt er nicht aus. Die Beschwerdebegründung setzt sich auch nicht mit den Entscheidungen des Senats zu Betriebsschließungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auseinander (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. November 2022 ‌- 3 CN 1.21 - BVerwGE 177, 60 Rn. 82 ff. und vom 16. Mai 2023 - 3 CN 6.22 - ‌BVerwGE 178, 322 Rn. 54 ff., 74 ff.). Vor dem Hintergrund der dortigen verfassungsrechtlichen Ausführungen hätte es einer näheren Begründung bedurft, inwiefern - wie der Antragsteller vorträgt (S. 4) – der Sachverhalt der touristischen Beherbergung von Personen in Hotels die Frage der Abwägung von Aspekten der Eingriffe in die Berufsfreiheit gegenüber dem Schutz des Gemeinwohls in der Form des Infektionsschutzes und der Vermeidung der Überlastung von Gesundheitseinrichtungen auf die Spitze treibe.

12 2. Soweit der Antragsteller vorträgt, das angegriffene Urteil leide an einem Begründungsmangel, ist ein Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht hinreichend bezeichnet. Nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ist die vollständige (und schlüssige) Darlegung des Sachverhalts, aus dem sich der geltend gemachte Verstoß gegen das Prozessrecht ergeben soll, erforderlich (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Dezember 2000 - 9 B 549.00 - juris Rn. 4). Die Ausführungen des Antragstellers beschränken sich auf eine Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens, ohne in Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Oberverwaltungsgerichts darzulegen, inwiefern die Begründung des Urteils mangelhaft sei. Dass der Antragsteller das Urteil im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung und die Anwendung des Gleichheitssatzes für unrichtig hält, führt nicht auf einen Verfahrensmangel.

13 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.