Beschluss vom 30.11.2006 -
BVerwG 1 WB 18.06ECLI:DE:BVerwG:2006:301106B1WB18.06.0
Leitsätze:
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Nicht nur bei förmlicher Bekanntgabe einer truppendienstlichen Maßnahme oder
Entscheidung erlangt der von ihr betroffene Soldat die für den Beginn der
Beschwerdefrist maßgebliche Kenntnis vom Beschwerdeanlass, sondern (schon) dann,
wenn er den Inhalt der Maßnahme oder Entscheidung tatsächlich kennt.
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Rechtsquellen
WBO § 6 Abs. 1 -
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 30.11.2006 - 1 WB 18.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:301106B1WB18.06.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 18.06
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Oberstleutnant Schöttle und
Stabshauptmann Janssen
als ehrenamtliche Richter
am 30. November 2006 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe
I
1 Der 1956 geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes; seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 28. Februar 2010 enden. Zum Hauptmann wurde er am 2. Oktober 2000 ernannt. Seit dem 1. Februar 2003 wird er auf dem Dienstposten Sanitätsdienstoffizier und Leitender Krankenpfleger bei der 2./S... in H. verwendet.
2 Auf Antrag des S... ordnete das Personalamt der Bundeswehr (PersABw) mit Kommandierungsverfügung Nr. 8089 vom 21. Dezember 2005 für die Zeit vom 2. Januar bis 30. April 2006 sowie mit Kommandierungsverfügung Nr. 8096 vom 21. Dezember 2005 für die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 2006 die Kommandierung des Antragstellers zur Dienstleistung zur 1./S... in H. an. Es war beabsichtigt, den Antragsteller im Lagezentrum des S... einzusetzen.
3 Gegen diese ihm nach eigener Darstellung „am 4. Januar 2006 erstmalig zur Kenntnis gelangten Kommandierungsverfügungen“ legte der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 18. Januar 2006 Beschwerde ein, die an das PersABw gerichtet war und dort am selben Tag per Telefax einging. Er machte geltend, seit Januar 2004 sei er durch schriftlichen Befehl des Kdr S... im Fall der Abwesenheit des Kompaniechefs mit der Führung der 2./S... beauftragt gewesen. In dieser Funktion habe er die Stellenzulage als Führer im Außen- und Geländedienst in Höhe von ca. 82 € brutto erhalten. Mit der gegen seinen Willen erfolgten Kommandierung entfalle die Stellenzulage wegen Übertragung einer nicht zulageberechtigenden Tätigkeit. Er sei seit längerem in finanziell angespannter Lage, weil er im Rahmen von Erbauseinandersetzungen Verbindlichkeiten in Höhe von 72 000 € gegenüber seinen Geschwistern zu bedienen habe. Diese wirtschaftlichen Aspekte seien entgegen § 31 SG bei der Kommandierungsentscheidung unberücksichtigt geblieben. Die Führung des Lagezentrums des S... müsse personell kontinuierlich gewährleistet sein. Diese Kontinuität könne in seiner Person nicht erreicht werden, weil er im Jahr 2006 auch in einen Auslandseinsatz nach Kabul entsandt werde.
4 Die Beschwerde wies der Bundesminister der Verteidigung (BMVg) - PSZ I 7 - mit Bescheid vom 8. März 2006 als unzulässig zurück und führte zur Begründung aus, die Beschwerde sei nicht innerhalb der am 18. Januar 2006 endenden Beschwerdefrist (§ 6 Abs. 1 WBO) bei einer nach § 5 Abs. 1 WBO zuständigen Stelle eingegangen.
5 Gegen diese ihm am 10. März 2006 eröffnete Entscheidung richtet sich der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung vom 21. März 2006, den der BMVg - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 24. April 2006 dem Senat vorgelegt hat.
6
Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Er wende sich einerseits gegen die Bekanntmachung der Kommandierungsverfügungen, die aus seiner Sicht rechtswidrig gewesen sei. Er habe zwar von diesen Verfügungen am 4. Januar 2006 Kenntnis erhalten, weil er sie auf dem Schreibtisch des Kompaniechefs 2./S... habe liegen sehen. An diesem Tag seien ihm die Verfügungen jedoch nicht zugegangen, sondern vielmehr am 24. Januar 2006 gegen Unterschriftsleistung übergeben worden. Dies könne durch eine dienstliche Erklärung des S 1-Offiziers S... bestätigt werden. Im Übrigen beanstande er erneut, dass die Ermessensentscheidung des PersABw fehlerhaft sei, weil seine wirtschaftlichen Belastungen unberücksichtigt geblieben seien. Das PersABw habe auch in seine Entscheidung einbeziehen müssen, dass er insgesamt dreieinhalb Jahre zulageberechtigt verwendet worden sei. Um insoweit eine ruhegehaltfähige Zulage zu erreichen, fehle ihm noch eine weitere zulagefähige Verwendungszeit von einem Jahr und sechs Monaten. Hinsichtlich der Kommandierungsverfügung Nr. 8089 stütze er sein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für eine gerichtliche Entscheidung auf die Gefahr der Wiederholung einer entsprechenden Kommandierung in das Lagezentrum S...
7
Der BMVg beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
8 Er hält den Antrag für unzulässig, weil der Antragsteller innerhalb der Frist des § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO keine Begründung vorgelegt habe, warum die Kommandierungsverfügungen vom 21. Dezember 2005 rechtswidrig seien. Die Beschwerde des Antragstellers sei im Übrigen wegen Versäumung der Frist des § 6 Abs. 1 WBO zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden. Denn dem Antragsteller sei am 4. Januar 2006 der Beschwerdeanlass bekannt geworden. Dies folge aus der dienstlichen Erklärung des Kompaniechefs der 2./S... vom 24. März 2006. In der Sache gehe es dem Antragsteller lediglich um die finanziellen Folgen der zeitweiligen (Weg-)Kommandierung von seinem Dienstposten in der 2./S... Diese Folgen seien jedoch von der Rechtsfrage eines dienstlichen Bedürfnisses für die Kommandierung zu trennen. Insbesondere werde eine dienstlich begründete Kommandierung nicht dadurch rechtswidrig, dass in ihrer Folge möglicherweise Zulagen nicht (weiter-)gewährt werden könnten. Ein Soldat habe keinen Anspruch darauf, nur so verwendet zu werden, dass er einmal gewährte Zulagen behalte bzw. dass diese ruhegehaltsfähig würden.
9 Die Beschwerde des Antragstellers vom 18. Januar 2006 gegen den ihm am 4. Januar 2006 erteilten Befehl des Kdr S..., gemäß der ihm bekanntgegebenen Kommandierungsverfügung Nr. 8089 Dienst im Lagezentrum des S... zu leisten, hat der Kdr S...kommando II mit Beschwerdebescheid vom 12. April 2006 zurückgewiesen.
10 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des BMVg - PSZ I 7 - 224/06 - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
11 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
12 Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers, der keinen förmlichen Sachantrag gestellt hat, ist dahin auszulegen, dass er einerseits beantragt festzustellen, dass die Kommandierungsverfügung Nr. 8089 des PersABw vom 21. Dezember 2005 rechtswidrig war, und andererseits, die Kommandierungsverfügung Nr. 8096 des PersABw vom 21. Dezember 2005 aufzuheben.
13 Der Feststellungsantrag ist in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig, weil sich die in der Kommandierungsverfügung Nr. 8089 geregelte Kommandierung durch Zeitablauf erledigt hat; bei dieser Sachlage ist ein Anfechtungsantrag nicht mehr zulässig. Der Antragsteller hat auch das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse dargetan, welches nach ständiger Rechtsprechung des Senats u.a. auf eine Wiederholungsgefahr gestützt werden kann (stRspr, vgl. Beschluss vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 14.03 - BVerwGE 119, 341 = Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 52 = NZWehrr 2004, 163). Die Wiederholungsgefahr wird einerseits durch den Erlass der zweiten Kommandierungsverfügung Nr. 8096 und außerdem durch das - vom BMVg nicht in Frage gestellte - Vorbringen des Antragstellers dokumentiert, er könne in absehbarer Zeit erneut (wie auch mehrfach in der Vergangenheit) zur Führung des Lagezentrums S... kommandiert werden.
14 Der Aufhebungsantrag gegen die Kommandierungsverfügung Nr. 8096 ist ebenfalls zulässig. Zwar hat der Antragsteller im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 2. Juni 2006 den Eindruck erweckt, er wolle dem BMVg „in der Sache ... durchaus ... folgen“; diese Äußerung könnte das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag in Frage stellen. Andererseits hat der Antragsteller - im Anschluss an seine inhaltlich nicht eingeschränkte Beschwerde vom 18. Januar 2006 - im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 3. August 2006 bekräftigt, dass er sich in der Sache nach wie vor dadurch belastet fühle, dass ihm in Folge der streitigen Kommandierungsverfügungen die Zulage als Führer im Außen- und Geländedienst nicht mehr bewilligt werden könne. Hieraus entnimmt der Senat ein - weiterhin - gegebenes Rechtsschutzbedürfnis für die beiden Anträge.
15 Der Umstand, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den am 10. März 2006 eröffneten Beschwerdebescheid des BMVg vom 8. März 2006 erst am 30. März 2006 beim BMVg eingegangen ist, steht der Zulässigkeit des Antrags nicht entgegen. Die Frist des § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO hat mit Ablauf des 24. März 2006 geendet. Innerhalb dieser Frist ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung am 21. März 2006 um 21.32 Uhr per Fax beim Kdr SanRgt 22 eingegangen. Dieser - nächsthöhere - Disziplinarvorgesetzte des Antragstellers wäre indessen in entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 3 i.V.m. § 7 Abs. 1 WBO gehalten gewesen, noch innerhalb der bis zum 24. März 2006 laufenden Antragsfrist den Rechtsbehelfsschriftsatz jedenfalls an den Kompaniechef 2./S... als nächsten Disziplinarvorgesetzten des Antragstellers weiterzuleiten. Nach der Rechtsprechung des Senats ist es zwar grundsätzlich Sache eines Rechtsbehelfsführers, für die Einlegung des Rechtsbehelfs bei der zuständigen Stelle innerhalb der Rechtsbehelfsfrist Sorge zu tragen. Eine irrtümlich mit dem Rechtsbehelf angegangene unzuständige Stelle hat andererseits den eingegangenen Vorgang im regulären Geschäftsablauf - unter Umständen mit einem Hinweis auf die Eilbedürftigkeit - an die zuständige Stelle abzugeben (Beschluss vom 4. November 2004 - BVerwGE 1 WB 36.04 - m.w.N.). Hiernach hätte innerhalb der drei Werktage vom 22. bis 24. März 2006 die Möglichkeit bestanden, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom Kdr S... zumindest an den am selben Standort amtierenden nächsten Disziplinarvorgesetzten des Antragstellers zuständigkeitshalber (§ 17 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) weiterzuleiten. Dies konnte der Antragsteller erwarten. Dass dies unterblieb, stellt in entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 1 WBO ein unabwendbares Ereignis dar, welches eine Verlängerung der Rechtsbehelfsfrist zur Folge hat.
16 Auch im Hinblick auf die Begründungspflicht in § 17 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zulässig. Der Schriftsatz des Antragstellers vom 21. März 2006 enthält insoweit eine hinreichende Begründung. Gegenstand der gerichtlichen Anfechtung im Sinne des § 17 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 WBO ist die truppendienstliche Erstmaßnahme in der Gestalt des Beschwerdebescheides (Beschluss vom 8. März 2006 - BVerwG 1 WB 61.05 -; Böttcher/Dau, WBO, 4. Aufl., § 17 Rn. 16). Dementsprechend richtet sich der Antrag vom 21. März 2006 in erster Linie gegen die im Beschwerdebescheid des BMVg geäußerte Rechtsauffassung, die Beschwerde des Antragstellers sei verfristet. Aus dem Antragsschreiben lässt sich nicht entnehmen, dass der Antragsteller die Kommandierungsverfügungen inhaltlich nicht angreifen wollte.
17 Die danach zulässigen Anträge sind unbegründet.
18 Die Kommandierungsverfügungen Nr. 8089 und Nr. 8096 vom 21. Dezember 2005 sind unanfechtbar geworden, weil der Antragsteller gegen sie nicht fristgerecht Beschwerde eingelegt hat.
19 Nach § 6 Abs. 1 WBO ist für den Beginn der Beschwerdefrist maßgeblich, wann der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. „Kenntnis“ vom Beschwerdeanlass hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (Böttcher/Dau, a.a.O., § 6 Rn. 5). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO, der den Beginn der Antragsfrist an die „Bekanntgabe“ des ablehnenden Bescheides anknüpft, setzt § 6 Abs. 1 WBO für den Beginn der Beschwerdefrist die tatsächliche, positive Kenntnis vom Beschwerdeanlass voraus (vgl. Böttcher/Dau, a.a.O.). Kenntnis vom Beschwerdeanlass ist damit nicht nur bei förmlicher Bekanntgabe einer Maßnahme gegeben, sondern (schon) dann, wenn der betroffene Soldat den Inhalt einer Maßnahme oder Entscheidung tatsächlich kennt. Bei Versetzungs- oder Kommandierungsverfügungen genügt hierfür zwar noch nicht der Inhalt der Vororientierung, sondern erst der Inhalt der Personalverfügung selbst (Beschluss vom 15. Mai 2003 - BVerwG 1 WB 4.03 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 31). Hier hatte der Antragsteller am 4. Januar 2006 bereits positive Kenntnis vom Inhalt der definitiven Kommandierungsentscheidung in Gestalt der angefochtenen Verfügungen. Denn nach seinem Vorbringen in der Beschwerde vom 18. Januar 2006 sind ihm an diesem Tag die streitbefangenen Kommandierungsverfügungen „erstmalig zur Kenntnis gelangt“. Auch im Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 21. März 2006 führt der Antragsteller aus, er habe „Kenntnis von den Kommandierungsverfügungen am 4. Januar 2006“ erhalten, da er „diese auf dem Schreibtisch des Kompaniechefs 2./S...“ habe liegen sehen. Er beanstandet lediglich, dass es an diesem Tag nicht zur förmlichen Übergabe der beiden Verfügungen an ihn gekommen ist, was ausweislich der dienstlichen Stellungnahme des Kompaniechefs darauf beruhte, dass der Antragsteller sich weigerte, den Empfang der Verfügungen zu quittieren, nachdem er deren Inhalt vollständig gelesen hatte. Wie bereits dargelegt, ist die förmliche Zustellung oder Übergabe der beiden Verfügungen für den Fristbeginn jedoch nicht maßgeblich. Außerdem verkennt der Antragsteller, dass eine Weigerung, das Empfangsbekenntnis über eine Personalverfügung zu unterschreiben, den Beginn einer Rechtsbehelfsfrist nicht hindert (Beschluss vom 11. Dezember 1997 - BVerwG 1 WB 59.97 -). Dass der Antragsteller überdies am 18. Januar 2006 in der Lage war, detailliert gegen den Inhalt der Kommandierungsverfügungen sein Beschwerdevorbringen zu formulieren, an einem Tag also, an dem die förmliche Übergabe noch nicht erfolgt war, dokumentiert ebenso seine vollständige positive Kenntnis vom Beschwerdeanlass bereits am 4. Januar 2006.
20 Der Anregung des Antragstellers im Antrag auf gerichtliche Entscheidung, eine dienstliche Erklärung des S 1-Offiziers S... zu der Frage einzuholen, dass die Übergabe der beiden schriftlichen Kommandierungsverfügungen erst am 24. Januar 2006 erfolgte, ist nicht nachzugehen. Nach § 21 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 2 Satz 2 WBO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.w.V.m. § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO darf ein Beweisantrag abgelehnt werden, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist. Dies gilt entsprechend für eine Beweisanregung, der unter den vorbezeichneten Voraussetzungen ebenfalls nicht nachzugehen ist (Beschluss vom 26. Oktober 2006 - BVerwG 1 WB 9.06 -). Die vom Antragsteller unter Beweis gestellte Frage der Übergabe der beiden Kommandierungsverfügungen ist - wie dargelegt - für die Entscheidung nicht maßgeblich, wann die Beschwerdefrist im Sinne des § 6 Abs. 1 WBO in seinem Fall begann.
21 Die Zwei-Wochen-Frist für die Einlegung der Beschwerde nach § 6 Abs. 1 WBO endete unter Berücksichtigung des § 186 i.V.m. §§ 187 bis 193 BGB mit Ablauf des 18. Januar 2006. Innerhalb dieser Frist ist die Beschwerde per Telefax lediglich beim PersABw eingegangen. Diese Stelle erfüllte jedoch nicht die Voraussetzungen einer empfangsberechtigten Stelle nach § 5 Abs. 1 WBO. Nach dieser Vorschrift hätte die Beschwerde entweder beim Kompaniechef der 2./S... als dem nächsten Disziplinarvorgesetzten des Antragstellers oder beim BMVg als der für die Beschwerde zuständigen Stelle (§ 9 Abs. 1 Satz 2 WBO) eingelegt werden müssen. Für den Senat ist nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht vorgetragen, dass die Voraussetzungen des § 11 WBO vorgelegen hätten.
22 Auf die Ausnahmebestimmung in § 23 Abs. 2 Satz 1 WBO kann sich der Antragsteller nicht berufen. Das nach dieser Vorschrift zulässige Einlegen der Beschwerde auch bei der Stelle, deren Entscheidung angefochten wird, ist nicht auf Beschwerden in Angelegenheiten anzuwenden, die auf dem besonderen Verhältnis der militärischen Über- und Unterordnung beruhen, also nicht auf Beschwerden in truppendienstlichen Angelegenheiten (stRspr, Beschlüsse vom 20. Juli 2004 - BVerwG 1 WDS-VR 3.04 - Buchholz 311 § 23 WBO Nr. 1 = NZWehrr 2004, 258 und vom 19. September 2006 - BVerwG 1 WDS-VR 5.06 - m.w.N.). Die streitbefangenen Kommandierungsverfügungen des PersABw stellen in diesem Sinne truppendienstliche Maßnahmen dar, die nur nach Maßgabe der §§ 5, 11 WBO mit der Beschwerde angegriffen werden können.
23 Der Antrag ist deshalb wegen Versäumung der Beschwerdefrist als unbegründet zurückzuweisen.
24 Lediglich klarstellend weist der Senat darauf hin, dass der Antrag auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
25 Für die Kommandierung des Antragstellers vom 2. Januar bis 30. April 2006 und vom 1. September bis 31. Dezember 2006 zur Dienstleistung in der 1./S... am Standort H. bestand bzw. besteht ein dienstliches Bedürfnis. Sein ihm nach § 3 SG zustehendes Verwendungsermessen hat das Bundesministerium der Verteidigung für den Bereich bestimmter Kommandierungen (u.a. von mehr als drei Monaten) in Nr. 23 der Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten vom 3. März 1988 (VMBl S. 76), zuletzt geändert am 11. August 1998 (VMBl S. 242) - Versetzungsrichtlinien - sowie in Nr. 9 ZDv 14/5 B 171 gebunden. Danach besteht ein dienstliches Bedürfnis entsprechend Nr. 5 Buchst. a der Versetzungsrichtlinien i.V.m. Nr. 9 ZDv 14/5 B 171 für eine Kommandierung, wenn ein Soldat vorübergehend Dienstleistung bei einer anderen Einheit/Dienststelle oder an einem anderen Standort/Dienstort oder bei einer nicht amtlichen Stelle, z.B. bei einem Privatunternehmen, leisten soll. Aus der Definition in Nr. 9 ZDv 14/5 B 171 folgt, dass Gegenstand der Kommandierung nicht ein konkreter, in der jeweiligen Stärke- und Ausrüstungsnachweisung (STAN) enthaltener Dienstposten sein muss; es reicht die „einfache“ Dienstleistung. Der Antragsteller stellt nicht in Frage, dass für die Kommandierungszeiträume ein Soldat für die Führung des Lagezentrums des S... benötigt wurde und wird und dass er selbst angesichts einschlägiger erfolgreicher Vorverwendungen für diese Aufgabe geeignet ist. Der Kdr S...kommando II hat in seinem Beschwerdebescheid vom 12. April 2006 im Einzelnen dargelegt, dass und warum für die jeweiligen Leiter der Lagezentren im gesamten Bereich der Bundeswehr keine Dienstposten nach der STAN eingerichtet werden, sondern dass diese Aufgaben von qualifizierten Soldaten auszuführen sind, welche hierzu jeweils unter Beibehaltung ihrer bisherigen Dienstposten für begrenzte zeitliche Dauer kommandiert werden. Diesen Ausführungen ist der Antragsteller nicht entgegengetreten. Die Entscheidung, für bestimmte Funktionen oder dienstliche Aufgaben in den jeweiligen STAN Dienstposten auszubringen oder insoweit lediglich Kommandierungen vorzunehmen, ist überdies Gegenstand der gerichtlich nicht überprüfbaren Organisations- und Personalplanungshoheit des BMVg.
26 Auch Ermessensfehler sind in den angefochtenen Kommandierungsverfügungen nicht feststellbar.
27 Nach Nr. 23 i.V.m. Nr. 6 und 7 der Versetzungsrichtlinien sind bei Kommandierungen auch die persönlichen und familiären Interessen des Soldaten angemessen zur berücksichtigen. Die Voraussetzungen der hier allein in Betracht kommenden Nr. 7 der Versetzungsrichtlinien liegen allerdings nicht vor. Die Ermessensentscheidung für eine truppendienstliche Verwendung im Rahmen einer Kommandierung muss Aspekte der Erhaltung oder Weitergewährung von Zulagen nicht in Betracht ziehen. Auf die Beibehaltung bisher gewährter Zulagen hat der einzelne Soldat keinen Anspruch. Insoweit ist dem Antragsteller auch keine Zusage entsprechend § 38 VwVfG gemacht worden. Wirtschaftliche Verpflichtungen, etwa in Gestalt von Schulden, sind nach der Rechtsprechung des Senats im Übrigen nicht geeignet, eine dienstlich gebotene Kommandierung in Frage zu stellen (Beschlüsse vom 29. November 1989 - BVerwG 1 WB 133.89 -, vom 24. April 1990 - BVerwG 1 WB 132.89 - und vom 8. Mai 1990 - BVerwG 1 WB 21.90 -).