Verfahrensinformation

Gegenstand der vier Revisionsverfahren ist die Frage, ob ein Beamter mit drei unterhaltspflichtigen und kinderentgeltberechtigten Kindern in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2009 bis 2012 einen Anspruch auf Zahlung eines höheren kinderbezogenen Anteils im Familienzuschlag hat.


Der Kläger ist der Ansicht, der gewährte Familienzuschlag erfülle nicht die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts, wonach Beamten mit drei oder mehr Kindern pro Kind monatlich mindestens ein Betrag i.H.v. 115 % des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs zur Verfügung stehen müsse. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Verwaltungsverfahren erhobene Klage auf Aufhebung der Bescheide und Zahlung eines weiteren Betrags abgewiesen. Dagegen hat das Oberverwaltungsgericht Münster den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide verurteilt, dem Kläger für die genannten Jahre jeweils einen Betrag von mehreren hundert Euro nebst Zinsen zu zahlen. Das Berufungsgericht ist dabei insbesondere davon ausgegangen, dass der Durchschnittsregelsatz des dritten Kindes entsprechend der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts um 20 % zu erhöhen sei. Dieser Zuschlag sei auch noch vor dem Hintergrund vertretbar, dass anders als 1998 private Kranken- und Pflegeversicherungskosten seit Anfang 2009 zwingend in angemessenem Umfang zum sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf zu zählen seien.


Das beklagte Land hat jeweils die bereits vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Es macht geltend, die Parameter der Berechnungsmethode des Bundesverfassungsgerichts müssten fortentwickelt werden. Die Erhöhung des vom Oberverwaltungsgericht zutreffend ermittelten durchschnittlichen Regelsatzes um 20 % des Regelbedarfs sei allerdings ausgeschlossen. Denn die Parameter seien an die geänderte Rechtslage im Sozialhilferecht anzupassen. Die einmaligen Beihilfen seien nahezu vollständig in die deutlich angehobenen Regelsätze eingearbeitet worden. Aufwendungen für eine private Krankenversicherung seien nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht zu berücksichtigen.


Beschluss vom 31.01.2019 -
BVerwG 2 C 29.17ECLI:DE:BVerwG:2019:310119B2C29.17.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 31.01.2019 - 2 C 29.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:310119B2C29.17.0]

Beschluss

BVerwG 2 C 29.17

  • VG Arnsberg - 23.04.2015 - AZ: VG 13 K 1799/13
  • OVG Münster - 07.06.2017 - AZ: OVG 3 A 1060/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. Januar 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden, Dr. Hartung
und Dollinger sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel
beschlossen:

Das Verfahren wird bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Verwaltungsgerichts Köln vom 3. Mai 2017 - 3 K 4913/14, 3 K 6173/14 und 3 K 7038/15 - ausgesetzt.

Gründe

I

1 Der Kläger steht als Oberregierungsrat (Besoldungsgruppe A 14) im Dienst des beklagten Landes und beansprucht für sein drittes Kind die Zahlung eines höheren kinderbezogenen Anteils im Familienzuschlag. Er macht geltend, der ihm im Jahr 2011 jeweils gewährte Familienzuschlag erfülle nicht die Anforderungen der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 1998, wonach Beamten mit drei oder mehr Kindern pro Kind monatlich mindestens ein Betrag in Höhe von 115 v.H. des sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs zur Verfügung stehen müsse.

2 Antrag, Widerspruch und Klage vor dem Verwaltungsgericht sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat den Beklagten unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verurteilt, dem Kläger für das Jahr 2011 einen Nettobetrag in Höhe von 331,92 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23. April 2013 zu zahlen. Dabei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der errechnete durchschnittliche Regelsatz nach wie vor um 20 v.H. für einmalige Leistungen zu erhöhen ist. Hiergegen richtet sich die bereits vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision des Beklagten.

II

3 Das Revisionsverfahren wird in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO ausgesetzt. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden und haben keine Einwände erhoben.

4 Zwar betreffen die im Tenor dieses Beschlusses genannten Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Verwaltungsgerichts Köln vom 3. Mai 2017 die Jahre 2013, 2014 und 2015. Gegenstand der Vorlagebeschlüsse des Verwaltungsgerichts sind aber auch diejenigen gesetzlichen Besoldungsregelungen des beklagten Landes, die das hier relevante Jahr 2011 betreffen.

5 Aufgrund der Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Verwaltungsgerichts Köln hat das Bundesverfassungsgericht, sofern es die Richtervorlagen nicht als unzulässig bewertet, die Möglichkeit, sich mit der vom Verwaltungsgericht dezidiert aufgeworfenen Frage zu befassen, ob die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 24. November 1998 (- 2 BvL 26/91 u.a. - BVerfGE 99, 300 <322>) mit ihren noch auf das Bundessozialhilfegesetz bezogenen Elementen im Hinblick auf wesentliche Änderungen des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453) auch noch ab dem Jahr 2011 Grundlage für die Bemessung des Mindestbedarfs des dritten Kindes eines Beamten sein kann.

6 Es ist sachdienlich und zweckmäßig, zunächst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Aussetzungs- und Vorlagebeschlüssen des Verwaltungsgerichts Köln abzuwarten und sodann auf dieser Grundlage über die Revision des Klägers zu entscheiden.