Beschluss vom 02.03.2021 -
BVerwG 4 B 37.20ECLI:DE:BVerwG:2021:020321B4B37.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.03.2021 - 4 B 37.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:020321B4B37.20.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 37.20

  • VG Regensburg - 12.06.2018 - AZ: VG RN 4 K 17.1651
  • VGH München - 09.07.2020 - AZ: VGH 14 B 19.765

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. März 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Külpmann und Dr. Hammer
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Juli 2020 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde bleibt erfolglos. Sie ist jedenfalls unbegründet.

2 1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die Beschwerde beimisst.

3 Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 - 4 B 27.19 - ZfBR 2020, 173 Rn. 4).

4 Die Beschwerde möchte sinngemäß grundsätzlich klären lassen,
unter welchen Voraussetzungen bei der Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts jeglicher Zweifel daran ausgeschlossen ist, dass ohne den Verfahrensfehler der unterlassenen Anhörung (bzw. notwendigen Beiziehung) des Käufers genauso entschieden worden wäre.

5 Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise geklärt werden kann. Ob ausgeschlossen werden kann, dass ein Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, beurteilt sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Dass die Beschwerde die Sachverhaltswürdigung der Vorinstanz für unzulänglich hält, verleiht der Sache keine grundsätzliche Bedeutung.

6 2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

7 Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten, gleichermaßen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14).

8 Der Kläger entnimmt dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2010 - 3 C 14.09 - (BVerwGE 137, 199 Rn. 40) den Rechtssatz, dass die Bewertung der Kausalität eines Verfahrensfehlers stets eine hypothetische Betrachtung in zweierlei Hinsicht erfordert: Zum einen dazu, wie die Behörde reagiert hätte, wenn angehört worden wäre, und zum anderen dazu, ob andere Möglichkeiten in Betracht gekommen wären.

9 Einen abstrakten Rechtssatz mit diesem Inhalt hat das Bundesverwaltungsgericht nicht aufgestellt. Die Beschwerde gibt die maßgeblichen Ausführungen im Urteil vom 24. Juni 2010 (- 3 C 14.09 - BVerwGE 137, 199 Rn. 41) verkürzt und sinnentstellend wieder und versucht so, ihnen den Charakter eines abstrakten Rechtssatzes zu verleihen. Tatsächlich betreffen sie die fallbezogene Anwendung des in der Rechtsprechung geklärten und vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Maßstabs (UA Rn. 16) für die Kausalitätsprüfung nach § 46 VwVfG.

10 Der Sache nach kritisiert die Beschwerde die Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht. Hierauf kann die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht gestützt werden (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 25. Januar 2005 - 9 B 38.04 - NVwZ 2005, 447 = juris Rn. 16 und vom 24. August 2017 - 4 B 35.17 - juris Rn. 10).

11 3. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

12 Die Beschwerde wirft dem Berufungsgericht vor, es habe zur ökologischen Verflechtung des südlichen Grundstücksteils mit dem angrenzenden Bach unzureichende Ermittlungen angestellt und sich nur auf pauschale Angaben eines insoweit nicht sachverständigen Mitarbeiters des Landratsamts gestützt. Das führt nicht auf einen Aufklärungsmangel.

13 Die Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Hat der Beschwerdeführer - wie hier - nicht bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung hingewirkt, deren Unterbleiben nunmehr beanstandet wird, muss dargelegt werden, dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f.). Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 2015 - 1 B 40.15 - Buchholz 402.25 § 3 AsylVfG Nr. 19 Rn. 16).

14 Laut Protokoll über die mündliche Verhandlung ist zur Frage der ökologischen Verflechtung ein Mitarbeiter (technischer Amtsrat) des Landratsamtes K. gehört worden, der auch zu Nachfragen des Prozessbevollmächtigten des Klägers ergänzend Stellung genommen hat. Weder aus dem Beschwerdevorbringen noch dem Protokoll ergibt sich, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers bereits in der mündlichen Verhandlung Zweifel an dessen Fachkompetenz geäußert und auf weitere Ermittlungen hingewirkt hat. Warum solche sich dem Berufungsgericht gleichwohl hätten aufdrängen müssen, zeigt die Beschwerde nicht auf. Tatsächlich wendet sie sich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das Berufungsgericht, die dem jeweils anzuwendenden sachlichen Recht zuzurechnen ist. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann daher grundsätzlich - so auch hier - ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht begründet werden (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 und vom 14. Oktober 2004 - 6 B 6.04 - Buchholz 115 Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr. 51).

15 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.