Verfahrensinformation

Gegenstand der bereits vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit der am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen gesetzlichen Verpflichtung für Polizeivollzugsbeamte des Landes Brandenburg, bei Einsätzen ein Namensschild oder bei Einsätzen in geschlossenen Einheiten an der Uniform ein Kennzeichen zu tragen, an Hand dessen sie nachträglich identifiziert werden können. In Brandenburg gibt es ungefähr 3 500 Polizeivollzugsbedienstete, von denen ca. 500 in geschlossenen Einheiten tätig sind.


Die Kläger wenden sich gegen § 9 Abs. 2 bis 4 BbgPolG und machen geltend, die gesetzliche Verpflichtung verletze ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung. In den beiden Vorinstanzen sind die Kläger mit ihrer Klage gescheitert.


Pressemitteilung Nr. 67/2019 vom 26.09.2019

Kennzeichnungspflicht für Polizeivollzugsbeamte in Brandenburg verfassungsgemäß

Seit dem 1. Januar 2013 schreibt das Polizeigesetz des Landes Brandenburg vor, dass uniformierte Polizeivollzugsbedienstete bei Amtshandlungen an ihrer Dienstkleidung ein Namensschild tragen. Wird der Beamte in einer geschlossenen Einheit (Hundertschaft) eingesetzt, wird das Namensschild durch eine zur nachträglichen Identitätsfeststellung geeignete Kennzeichnung ersetzt. Diese gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Zwei Polizeibeamte aus Brandenburg, die auch in geschlossenen Einheiten verwendet werden, hatten beim Polizeipräsidium erfolglos beantragt, von der Verpflichtung zum Tragen des Namensschilds und des Kennzeichens befreit zu werden. Ihre Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch die Revision der Kläger zurückgewiesen.


Zwar greift die Verpflichtung zum Tragen des Namensschilds in das auch Beamten ungeschmälert zustehende Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein, weil sie verpflichtet sind, ihren Nachnamen gegenüber Dritten im Rahmen von Amtshandlungen zu offenbaren. Dieser Eingriff ist aber verfassungsgemäß. Er beruht auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Der Gesetzgeber hat die wesentlichen Entscheidungen - auch über Ausnahmen von der Verpflichtung - nach einer parlamentarischen Debatte selbst getroffen. Die Verpflichtung genügt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie dient zum einen der Stärkung der Bürgernähe und der Transparenz der Arbeit der Polizei. Zum anderen gewährleistet sie die leichtere Aufklärbarkeit etwaiger Straftaten oder nicht unerheblicher Dienstpflichtverletzungen von Polizeivollzugsbeamten und beugt damit solchen vor.


Auch die Verpflichtung zum Tragen des Kennzeichens bei einem Einsatz in geschlossenen Einheiten greift in das Recht des Beamten auf informationelle Selbstbestimmung ein. Anhand dieses Kennzeichens kann der Beamte später identifiziert werden. Bei der Verpflichtung zum Tragen der Kennzeichnung tritt der Gedanke der leichteren Aufklärbarkeit von Straftaten oder Dienstpflichtverletzungen von uniformierten Polizeibeamten und damit auch der Gesichtspunkt der Prävention in den Vordergrund. Wegen der Möglichkeit der Identifizierung ist auch gewährleistet, dass die Vielzahl rechtmäßig handelnder Beamter von einer Einbeziehung in Ermittlungen verschont bleibt. Die Kennzeichnungspflicht ist zudem eine Möglichkeit, der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Rechnung zu tragen. Die ergänzend heranzuziehenden datenschutzrechtlichen Vorschriften des Landes Brandenburg sichern die zweckentsprechende Verwendung der Daten über die Zuordnung der Kennzeichnung.


Fußnote:

§ 9 BbgPolG hat folgenden Wortlaut:


 


(1) Auf Verlangen des von einer Maßnahme Betroffenen haben sich Polizeivollzugsbedienstete auszuweisen.


(2) Polizeivollzugsbedienstete tragen bei Amtshandlungen an ihrer Dienstkleidung ein Namensschild. Das Namensschild wird beim Einsatz geschlossener Einheiten durch eine zur nachträglichen Identitätsfeststellung geeignete Kennzeichnung ersetzt.


(3) Die Legitimationspflicht und die namentliche Kennzeichnung gelten nicht, soweit der Zweck der Maßnahme oder Amtshandlung oder überwiegende schutzwürdige Belange des Polizeivollzugsbediensteten dadurch beeinträchtigt werden.


(4)  Das für Inneres zuständige Mitglied der Landesregierung regelt Inhalt, Umfang und Ausnahmen von diesen Verpflichtungen durch Verwaltungsvorschrift.


BVerwG 2 C 32.18 - Urteil vom 26. September 2019

Vorinstanzen:

OVG Berlin-Brandenburg, 4 B 3.17 - Urteil vom 05. September 2018 -

VG Potsdam, 3 K 2258/13 - Urteil vom 08. Dezember 2015 -

BVerwG 2 C 33.18 - Urteil vom 26. September 2019

Vorinstanzen:

OVG Berlin-Brandenburg, 4 B 4.17 - Urteil vom 05. September 2018 -

VG Potsdam, 3 K 3564/13 - Urteil vom 08. Dezember 2015 -


Beschluss vom 06.02.2020 -
BVerwG 4 B 3.17ECLI:DE:BVerwG:2020:060220B4B3.17.0

Beschluss im Nachverfahren nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO

Leitsatz:

An das Vorliegen einer Anhörung vor einem Beschluss nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO sind strenge Anforderungen zu stellen. Das Unterlassen einer Anhörung ist ein absoluter Revisionsgrund (§ 138 Nr. 3 VwGO).

  • Rechtsquellen
    GG Art. 103 Abs. 1
    EMRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1
    VwGO § 93a Abs. 2 Satz 1

  • VGH Kassel - 02.11.2016 - AZ: VGH 9 C 304.13.T

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.02.2020 - 4 B 3.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:060220B4B3.17.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 3.17

  • VGH Kassel - 02.11.2016 - AZ: VGH 9 C 304.13.T

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Februar 2020
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Decker und Prof. Dr. Külpmann
beschlossen:

  1. Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. November 2016 wird hinsichtlich des Antrags aufgehoben, den Bescheid vom 29. Mai 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über die Zulassung planmäßiger Flugbewegungen zwischen 22:00 und 23:00 Uhr und zwischen 5:00 und 6:00 Uhr in Teil A II 4.1 Satz 1 des Planfeststellungsbeschlusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Insoweit wird die Rechtssache an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
  2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
  3. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger zu 2, zu 3 bis 6 und 8, zu 10 bis 12, zu 16 und 17, zu 28, zu 30, zu 34 und 35, zu 36 sowie zu 40 und 41 je 5/54. Die Kläger zu 3 bis 6 und 8, zu 10 bis 12, zu 16 und 17, zu 34 und 35 sowie zu 40 und 41 haften jeweils als Gesamtschuldner. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Der Streitwert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 135 000 € festgesetzt, dabei entfallen auf jeden Kläger oder jede Klägergemeinschaft 15 000 €.

Gründe

I

1 Die Kläger sind Eigentümer von Grundstücken im Umfeld des Flughafens Frankfurt/Main und wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 18. Dezember 2007 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Frankfurt Main in der Gestalt, die er durch spätere Planergänzungsbeschlüsse erhalten hat.

2 Gegen den Planfeststellungsbeschluss erhoben auch zahlreiche andere Anlieger und Kommunen im Umfeld des Flughafens Klage. Von diesen Klagen wählte der Verwaltungsgerichtshof elf Klageverfahren als Musterverfahren aus; die übrigen Klageverfahren, unter anderem dasjenige der Kläger, wurden ausgesetzt.

3 In den Musterverfahren verpflichtete der Verwaltungsgerichtshof den Beklagten mit Urteil vom 21. August 2009 unter Aufhebung des entgegenstehenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses, über die Zulassung planmäßiger Flüge in der Zeit von 23:00 Uhr bis 5:00 Uhr (bisher 17 Flugbewegungen) sowie über den Bezugszeitraum für die Zulassung von durchschnittlich 150 planmäßigen Flügen je Nacht unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen wies er die Klagen ab (VGH Kassel, Urteil vom 21. August 2009 - 11 C 227/08.T u.a. - LKRZ 2010, 66).

4 Auf die Revision der Kläger in acht Musterverfahren hat der Senat mit Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - (BVerwGE 142, 234) unter Änderung des erstinstanzlichen Urteils den Beklagten verpflichtet, über die Zulassung planmäßiger Flugbewegungen zwischen 23:00 Uhr und 5:00 Uhr (bisher 17 Flugbewegungen) sowie über die Zulassung planmäßiger Flugbewegungen zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr, soweit diese durchschnittlich 133 je Nacht übersteigen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen sind die Revisionen insoweit zurückgewiesen worden.

5 Zur Umsetzung dieses Urteils änderte der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss unter dem 29. Mai 2012 dahingehend ab, dass für die beiden Nachtrandstunden von 22:00 Uhr bis 23:00 Uhr und von 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr insgesamt durchschnittlich 133 planmäßige Flugbewegungen pro Nacht zulässig sind. Zugleich hob der Beklagte die Regelungen über die Zulassung planmäßiger Flüge in der Zeit von 23:00 Uhr bis 5:00 Uhr auf.

6 Der Planfeststellungsbeschluss wurde in der Folgezeit noch mehrfach geändert, unter anderem durch ein neues Schallschutzkonzept in Bezug auf gewerbliche Nutzungen, nachträgliche Schutzvorkehrungen gegen Wirbelschleppen (Planergänzungsbeschlüsse vom 10. Mai 2013 und vom 26. Mai 2014) sowie eine Umgestaltung des Terminals 3 (Planergänzungsbeschluss vom 6. September 2013).

7 Nachdem über die Musterklagen rechtskräftig entschieden war, hat der Verwaltungsgerichtshof die ausgesetzten Verfahren fortgesetzt. Im Verfahren der Kläger hat er von der nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden, und die Klagen - soweit streitig entschieden - abgewiesen. Die Revision hat er nicht zugelassen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Beschwerde.

II

8 Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt überwiegend ohne Erfolg, führt aber hinsichtlich des Hilfsantrages zu 1 d (GA Band IX, Bl. 1723) wegen eines Verfahrensfehlers nach § 133 Abs. 6 VwGO zur Zurückverweisung an den Verwaltungsgerichtshof.

9 1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.

10 Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 9. April 2014 - 4 BN 3.14 - ZfBR 2014, 479 Rn. 2).

11 a) Als klärungsbedürftig wirft die Beschwerde sinngemäß die Fragen auf,
ob § 93a Abs. 2 VwGO dann, wenn von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen wird, mit Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 6 EMRK im Einklang steht, wonach eine mündliche Verhandlung im Instanzenzug zu gewährleisten ist,
bejahendenfalls, ob dies auch dann gilt, wenn der Spruchkörper des Nachverfahrens mit anderen Richtern besetzt ist als in den Musterverfahren.

12 Die Beschwerde wendet sich mit der Grundsatzrüge gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Regelung des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstünden. Diese Auffassung sei mit Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK unvereinbar. Dies bedürfe höchstrichterlicher Klärung.

13 Die Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

14 (1) Die erste Frage nach der Vereinbarkeit des § 93a Abs. 2 VwGO und seiner Anwendung mit Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 6 EMRK ist, soweit sie einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich ist, in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.

15 Nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO kann das Gericht, wenn über die Musterverfahren rechtskräftig entschieden worden ist, über die ausgesetzten Verfahren nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss entscheiden, wenn es einstimmig der Auffassung ist, dass die Sachen gegenüber rechtskräftig entschiedenen Musterverfahren keine wesentlichen Besonderheiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen und der Sachverhalt geklärt ist.

16 (a) Das Bundesverwaltungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung von der Wirksamkeit dieser Norm aus (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 20. September 2007 - 4 A 1008.07 - juris Rn. 9 und vom 20. Dezember 2016 - 4 B 25.15 - juris Rn. 47). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass eine Entscheidung im Beschlusswege nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO weder von vornherein gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 1188/10 - NVwZ 2011, 611 Rn. 12 ff.) noch von vornherein gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstößt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 2010 - 1 BvR 2736/08 - BVerfGK 17, 68 = juris Rn. 55 ff.).

17 Bedenken gegen die Wirksamkeit des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO ergeben sich auch nicht aus der Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 EMRK und dem dort geregelten Recht auf eine öffentliche Verhandlung. Die Europäische Menschenrechtskonvention steht im Range eines Bundesgesetzes (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - BVerfGE 111, 307 <317>), ihr kommt daher kein Geltungsvorrang gegenüber § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO zu.

18 (b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist von wesentlichen Besonderheiten tatsächlicher oder rechtlicher Art im Sinne von § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO dann auszugehen, wenn in den ausgesetzten Verfahren neue, in den Musterverfahren noch nicht angesprochene Rechts- oder Tatsachenfragen aufgeworfen werden, deren Beantwortung das in den Musterverfahren gefundene Ergebnis in Zweifel ziehen oder jedenfalls seine Übertragbarkeit als problematisch erscheinen lassen könnte (BVerwG, Beschluss vom 18. April 2007 - 4 A 1003.07 - juris Rn. 12). Die Nachverfahren dienen nicht dazu, die in Musterverfahren getroffenen Entscheidungen erneut und umfassend auf den richterlichen Prüfstand zu stellen und einer nachträglichen richterlichen Selbstkontrolle zu unterziehen (BVerwG, Beschlüsse vom 20. September 2007 - 4 A 1008.07 - juris Rn. 14, vom 20. Dezember 2016 - 4 B 25.15 - juris Rn. 34 f. und vom 4. Mai 2017 - 4 B 57.15 - ZLW 2017, 548 Rn. 24). Unter den Voraussetzungen des § 110 VwGO kann im Beschlusswege nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO auch über einen Teil des Streitgegenstandes entschieden werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. September 2007 - 4 A 1008.07 - juris Rn. 8 u. 17).

19 Der bloßen zeitlichen Dauer des Musterverfahrens und der ausgesetzten Verfahren kommt dabei keine Bedeutung zu. Denn gerade bei langer Dauer kann ein Interesse bestehen, eine weitere Verzögerung der Nachverfahren durch eine umfassende mündliche Verhandlung zu vermeiden. Ebenso ist eine Entscheidung im Beschlusswege nicht schon dann unzulässig, wenn sich das Gericht in seiner Entscheidung über ein Nachverfahren zu weiterem Vortrag eines Klägers äußert. Denn das Ziel des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO würde handgreiflich verfehlt, wenn jedweder neue, aktualisierte oder vertiefende Vortrag eines Beteiligten eine Entscheidung im Beschlusswege ausschlösse.

20 Im Übrigen entziehen sich die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO einer weiteren rechtsgrundsätzlichen Klärung. Es obliegt den im Nachverfahren entscheidenden Richtern, sich im Rahmen einer Gesamtschau über die Zulässigkeit einer Entscheidung im Beschlusswege Klarheit zu verschaffen. Dies setzt eine vergleichende Betrachtung von Muster- und Nachverfahren voraus, die sich auch und gerade auf die jeweilige materiell-rechtliche Bewertung und damit den Ausgang des Nachverfahrens erstreckt. Dabei mögen unterschiedliche Gesichtspunkte eine Rolle spielen.

21 Für die Zulässigkeit einer Entscheidung im Beschlusswege spricht es, wenn die rechtliche Position des jeweiligen Klägers (etwa als Umweltverband, Gebietskörperschaft, Enteignungsbetroffener oder mittelbar Betroffener) der rechtlichen Position eines Musterklägers entspricht und sein Antrag im Kern mit einem bereits in den Musterverfahren gestellten Antrag übereinstimmt. Ebenso spricht es für die Zulässigkeit einer Entscheidung im Beschlusswege, wenn die im Nachverfahren aufgeworfenen Rechts- oder Tatsachenfragen inhaltlich bereits in den Musterverfahren behandelt und gewürdigt wurden und zu diesen lediglich ergänzend und vertiefend vorgetragen wird oder die in den Musterverfahren gebildeten Maßstäbe ausreichen, um neuen Vortrag zu bewerten.

22 Gegen die Zulässigkeit einer Entscheidung im Beschlusswege spricht, wenn Unterschiede zwischen den Verfahren bestehen, die im Nachverfahren zu einem von den Musterverfahren in der Sache abweichenden Entscheidungstenor führen oder jedenfalls führen können. Dies mag etwa der Fall sein, wenn in der Person des Klägers Umstände vorliegen, die sich von der rechtlichen Position der in den Musterverfahren aufgetretenen Kläger unterscheiden. Dies ist auch denkbar, wenn Anträge gestellt werden, die nicht Gegenstand der Musterverfahren waren und über die nicht unter Anwendung der in den Musterurteilen entwickelten Maßstäbe entschieden werden kann. Auch Änderungen des Planfeststellungsbeschlusses nach dem rechtskräftigen Abschluss der Musterverfahren können - je nach Lage des Einzelfalls - eine Entscheidung im Beschlusswege ausschließen (siehe Frage b).

23 (c) Das Beschwerdevorbringen zur Geltung und Anwendung des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO gibt keinen Anlass, den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Maßstab in einem Revisionsverfahren zu überprüfen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2000 - 11 B 54.99 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 9). Dies gilt auch, soweit die Beschwerde ihre Einwände verfassungs- und konventionsrechtlich begründet.

24 (aa) Die Bestimmungen über die Durchführung des Nachverfahrens, wie insbesondere über die Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung (§ 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO) und die Beweiserhebung (§ 93a Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwGO), lassen den Verwaltungsgerichten einen Spielraum, um den Verfahrensgarantien gerecht zu werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. März 2009 - 1 BvR 432/09 - NVwZ 2009, 908 = juris Rn. 6). Ob der Anspruch auf rechtliches Gehör gewahrt und effektiver Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährt wird, hängt maßgeblich vom Verlauf der Musterverfahren und insbesondere von der konkreten Ausgestaltung des sich nach deren Durchführung anschließenden sog. Nachverfahrens ab. Eine rechtliche Bindung an die in den Musterverfahren ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen für das ausgesetzte Verfahren besteht nicht. Das Recht und die Pflicht des Gerichts zur freien Beweiswürdigung (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) bleiben unberührt; eine Erstreckung der Rechtskraft der Musterurteile auf die Nachverfahren ordnet das Gesetz nicht an (BT-Drs. 11/7030 S. 29). Auch im vereinfachten Beschlussverfahren stehen den Beteiligten gegen den Beschluss diejenigen Rechtsmittel zu, die zulässig wären, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte (vgl. § 93a Abs. 2 Satz 5 VwGO), also insbesondere das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 Abs. 1 VwGO (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 1188/10 - NVwZ 2011, 611 Rn. 11). Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren kann der Beschwerdeführer unter anderem geltend machen, dass die Vorinstanz zu Unrecht die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Beschluss nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO bejaht und dadurch dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör und - soweit er sich darauf berufen kann - auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht hinreichend Rechnung getragen oder ihr Ermessen in verfassungswidriger Weise ausgeübt habe.

25 Die Prozess- und Justizgrundrechte der Kläger im Nachverfahren sind danach durch die Ausgestaltung von § 93a Abs. 2 VwGO von Gesetzes wegen ausreichend gesichert. Dem Richter ist es verwehrt, durch eine übermäßig strenge Handhabung der verfahrensrechtlichen Schranken den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar zu verkürzen. Sind ihm, wie in § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO, im Interesse einer angemessenen Verfahrensgestaltung Ermessensbefugnisse eingeräumt, so müssen diese im konkreten Fall mit Blick auf die Grundrechte ausgelegt und angewendet werden; sie dürfen nicht zu einer Verkürzung des grundrechtlich gesicherten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz führen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2010 - 1 BvR 1188/10 - NVwZ 2011, 611 Rn. 12 f. m.w.N.). Zu beachten ist dabei auch Art. 6 Abs. 1 EMRK mit dem Inhalt, den die Vorschrift in der Entscheidungspraxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gefunden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2014 - 8 B 47.14 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 85 Rn. 5 m.w.N.).

26 (bb) Die zur Auslegung des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO entwickelten Maßstäbe genügen den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK. § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO ist daher nicht abweichend auszulegen und die Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung nach anderen Maßstäben zu beurteilen, wenn die jeweilige Streitsache in den persönlichen (vgl. etwa EGMR, Entscheidung vom 23. Oktober 2010 - 50108/06 - NVwZ 2011, 479 <480>) und sachlichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1999 - 4 CN 9.98 - BVerwGE 110, 203 <205 ff.> und Beschluss vom 30. Juli 2001 - 4 BN 41.01 - NVwZ 2002, 87 <88>) Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 1 EMRK fällt (vgl. auch Jacob, in: Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 93a Rn. 19 m.w.N.).

27 Nach Art. 6 Abs. 1 EMRK hat jede Person ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen von einem Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Die deutschen Gerichte haben die Vorschrift wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - BVerfGE 111, 307 <LS 1 und 315>). Eine mündliche und öffentliche Verhandlung ist ein in Art. 6 EMRK verankertes Grundprinzip. Die Verpflichtung, sie abzuhalten, gilt aber nicht uneingeschränkt. Es kann Verfahren geben, die einer mündlichen Verhandlung nicht bedürfen, wenn es zum Beispiel nicht um die Glaubwürdigkeit oder um bestrittene Tatsachen geht, die eine mündliche Erörterung notwendig machen, und die Gerichte fair und angemessen auf der Grundlage des Parteivortrags oder anderer schriftlicher Unterlagen entscheiden können (EGMR, Urteil vom 5. April 2016 - Nr. 33060/10, Blum/Österreich - NJW 2017, 2455 Rn. 70 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2019 - 1 B 57.19 - juris Rn. 9). Ob außergewöhnliche Umstände vorliegen, die den Verzicht auf eine mündliche Verhandlung rechtfertigen, hängt im Wesentlichen von der Art der vom Gericht des jeweiligen Staats zu entscheidenden Fragen ab, nicht von der Häufigkeit derartiger Situationen (EGMR, Urteil vom 16. März 2017 - Nr. 23621/11, Fröbrich/Deutschland - NJW 2017, 2331 Rn. 35). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkennt ferner an, dass die grundsätzliche Durchführung einer mündlichen Verhandlung geeignet ist, den in Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Anspruch auf Rechtsschutz in "angemessener Zeit" zu gefährden (EGMR, Urteil vom 23. November 2006 - Nr. 73053/01, Jussila/Finnland - HUDOC Rn. 42; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 14. Juni 2019 - 7 B 25.18 - NVwZ 2019, 1854 Rn. 10). Denn bei Beurteilung der Frage, ob eine mündliche Verhandlung erforderlich ist, müssen die Behörden ("authorities") auf die Effektivität und Wirtschaftlichkeit achten, damit dem Erfordernis einer Entscheidung binnen "angemessener Frist" in Art. 6 Abs. 1 EMRK entsprochen werden kann (EGMR, Entscheidung vom 6. Dezember 2001 - Nr. 31178/96, Petersen/Deutschland - NJW 2003, 1921 <1923>).

28 Dem trägt die Ausgestaltung von und die Rechtsprechung zu § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO ausreichend Rechnung. Die Norm verfolgt das Ziel, Massenverfahren mit einer Vielzahl von Betroffenen zu bewältigen (BT-Drs. 11/7030 S. 28). Sie dient dazu, den Anspruch der Beteiligten nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK auf Rechtsschutz in angemessener Frist zu verwirklichen. Eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung ist dabei nur zulässig, wenn die ausgesetzten Verfahren gegenüber rechtskräftig entschiedenen Musterverfahren keine wesentlichen Besonderheiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen und der Sachverhalt geklärt ist. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn in den ausgesetzten Verfahren keine neuen, in den Musterverfahren noch nicht angesprochenen Rechts- oder Tatsachenfragen aufgeworfen werden, deren Beantwortung das in den Musterverfahren gefundene Ergebnis in Zweifel ziehen oder jedenfalls seine Übertragbarkeit als problematisch erscheinen lassen könnte (BVerwG, Beschluss vom 18. April 2007 - 4 A 1003.07 - juris Rn. 12). Liegen diese Voraussetzungen vor, so darf das Gericht annehmen, dass es fair und angemessen auf der Grundlage des Parteivortrags oder anderer schriftlicher Unterlagen, insbesondere der aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangenen Musterurteile, entscheiden kann. Weil das Gesetz die Einstimmigkeit der entscheidenden Richter über die Entscheidung im Beschlusswege verlangt, ist zudem regelmäßig damit zu rechnen, dass sich die Nichtdurchführung der mündlichen Verhandlung auf das Verfahrensergebnis nicht niederschlägt (vgl. Mayer, in: Karpenstein/Mayer, EMRK, 2. Aufl. 2015, Art. 6 Rn. 64 <"Gradmesser">).

29 (2) Die Frage, ob eine Entscheidung durch Beschluss nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2, Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK vereinbar sein kann, wenn der Spruchkörper für die Entscheidung des ausgesetzten Verfahrens anders besetzt ist als in den Musterverfahren, lässt sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten. Sie ist zu bejahen.

30 § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO verlangt für eine Entscheidung durch Beschluss keine Übereinstimmung der Besetzung der Richterbank. Denn Gericht im Sinne der Vorschrift ist der Träger der Rechtsprechungsfunktion unabhängig von der Person des einzelnen Richters oder der Besetzung des jeweiligen Spruchkörpers. Dabei weicht die Besetzung von Spruchkörpern bei Entscheidungen im Beschlusswege nach einer Reihe von Vorschriften von der Besetzung bei der Entscheidung durch Urteil ab (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2, § 9 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Dies gilt auch nach dem hier maßgeblichen § 17 Abs. 1 und 2 HessAGVwGO in der Fassung vom 27. Oktober 1997 (GVBl. I S. 381), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. November 2008 (GVBl. I S. 970; vgl. Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung des Hessischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Rechtsvorschriften vom 29. November 2010 <GVBl. I S. 421>), der eine Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung - anders als bei Urteilen - ausschließt.

31 Sinn und Zweck des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO sprechen ebenfalls gegen das Erfordernis einer personellen Kontinuität des Spruchkörpers. § 93a VwGO wurde durch Gesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2809) mit Wirkung zum 1. Januar 1991 zur sachangemessenen Bewältigung von Massenverfahren eingeführt. Diese nehmen aber in der Regel einen längeren Zeitraum in Anspruch, in dem eine gleichbleibende Zuständigkeit der Spruchkörper und deren personell unveränderte Besetzung nicht zu erwarten ist. Die Auffassung der Beschwerde ließe einen Beschluss nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO gerade in denjenigen Fällen nicht zu, für die diese Möglichkeit vom Gesetzgeber eröffnet wurde.

32 Welche Bedenken sich aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 103 Abs. 1 GG oder Art. 6 Abs. 1 EMRK gegen diese einfach-rechtlichen Regelungen ergeben sollen, legt die Beschwerde nicht dar. Aus ihrem Hinweis auf den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 96 Abs. 1 Satz 1 VwGO) folgt nichts Anderes. Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelungen zur Beweiserhebung in § 93a Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwGO nicht beanstandet (vgl. Kammerbeschluss vom 17. März 2009 - 1 BvR 432/09 - NVwZ 2009, 908 = juris Rn. 6). Den Bedenken der Beschwerde wird im Übrigen auch dadurch Rechnung getragen, dass sich die im Nachverfahren beteiligten Richter für eine Entscheidung im Beschlusswege einig sein müssen, dass die Nachverfahren gegenüber den Musterverfahren keine wesentlichen Besonderheiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweisen. Anderenfalls ist der Beschlussweg versperrt und auf der Grundlage einer mündlichen Verhandlung durch Urteil zu entscheiden. Gleiches gilt, wenn die dem Spruchkörper angehörenden Richter nicht einstimmig der Meinung sind, dass der Sachverhalt geklärt ist. Weitergehende Anforderungen folgen auch nicht aus Art. 6 Abs. 1 EMRK.

33 b) Die Beschwerde möchte ferner klären lassen,
ob von der Möglichkeit des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO auch dann Gebrauch gemacht werden kann, wenn nach Rechtskraft der Musterurteile der streitgegenständliche Bescheid geändert wird, der Änderungsbescheid bzw. die Änderungsbescheide in das Klageverfahren einbezogen wurden und sich die Rügen auf die Sachverhalte beziehen, die zum einen das Änderungsverfahren an sich und zum anderen auch den Inhalt der Änderung umfassen.

34 Die Frage ist rechtsgrundsätzlicher Klärung entzogen.

35 Ob auch bei Ergänzungen oder Änderungen des angegriffenen Bescheids nach dem Erlass bzw. infolge des Urteils im Musterverfahren durch Beschluss nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO entschieden werden kann, hängt nicht entscheidend von der prozessrechtlichen Einordnung der Antragsänderung als Klageänderung oder Änderung des Streitgegenstandes ab (vgl. zu § 130a VwGO: BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 2014 - 8 B 47.14 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 85 Rn. 7 und vom 13. August 2015 - 4 B 15.15 - juris Rn. 7). Maßgeblich ist vielmehr, ob die Sache unter Einbeziehung des Bescheids in seiner geänderten Gestalt und nach der rechtlichen Einordnung des klägerischen Angriffs gegenüber rechtskräftig entschiedenen Musterverfahren keine wesentlichen Besonderheiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Eine gerade in umfangreichen Planfeststellungsverfahren häufige Planergänzung oder -änderung führt in der Regel nicht dazu, dass sich alle Rechts- oder Tatsachenfragen anders oder neu stellen. Auch im Fall einer nachträglichen Ergänzung oder Änderung kann das Beschlussverfahren nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO deshalb eröffnet sein, wenn die Ergänzung oder Änderung der Sache nach für den jeweiligen Kläger im Nachverfahren nicht mit neuen oder weitergehenden Beeinträchtigungen verbunden ist. Bei nachträglichen Änderungen eines Planfeststellungsbeschlusses im Übrigen ist der Beschlussweg nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO nur eröffnet, wenn trotz dieser Änderung keine neuen Rechts- oder Tatsachenfragen aufgeworfen werden, deren Beantwortung das in den Musterverfahren gefundene Ergebnis in Zweifel ziehen oder jedenfalls seine Übertragbarkeit als problematisch erscheinen lassen. Wann dies der Fall ist, hängt von den jeweiligen Einzelfallumständen ab und kann nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise beantwortet werden.

36 c) Für klärungsbedürftig hält die Beschwerde die Fragen,
ob die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach eine behördliche Verkehrsprognose einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt, mit Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar ist, wenn für die Abwägung der öffentlichen Interessen eine valide Bestimmung des Verkehrsbedarfs erforderlich ist, sich das Kapazitätsziel hieraus berechnet und die Auswahl der Alternative daran gemessen wird und
ob Entwicklungen, die nach Erstellung einer (Luftverkehrs-) Prognose und nach Erlass eines auf dieser Prognose basierenden Planfeststellungsbeschlusses eintreten, als Indizien für eine fehlerhafte Methodik, für der Prognose fehlerhaft unterstellte Annahmen und für ein nicht plausibles Ergebnis bei der gerichtlichen Überprüfung der dem Planfeststellungsbeschluss sowohl für die gerichtliche Überprüfung der Anforderungen an die notwendige Festlegung der Planungsziele als auch an die fachplanerische Alternativenprüfung zu berücksichtigen sind.

37 Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Sie sind in der Rechtsprechung des Senats, auch in dem zu den Musterverfahren ergangenen Revisionsurteil (BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234), bereits beantwortet.

38 (1) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (z.B. BVerwG, Urteile vom 6. Dezember 1985 - 4 C 59.82 - BVerwGE 72, 282 <286> und vom 24. November 1989 - 4 C 41.88 - BVerwGE 84, 123 <131>) unterliegt eine behördliche Verkehrsprognose nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Die Prognose ist dann nicht zu beanstanden, wenn sie nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der ihr zugrunde liegende Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet ist (BVerwG, Urteile vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 - BVerwGE 123, 261 <275> und vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 59).

39 Dass diese Rechtsprechung auch im Bereich der ansonsten voll überprüfbaren Planrechtfertigung gilt (BVerwG, Urteil vom 6. Dezember 1985 - 4 C 59.82 - BVerwGE 72, 282 <286> und vom 24. November 1989 - 4 C 41.88 - BVerwGE 84, 123 <131>) und deshalb erst recht im Rahmen der fachplanerischen Abwägungsentscheidung (hier: § 8 Abs. 1 LuftVG) und der Alternativenprüfung, hat der Senat in seinem Revisionsurteil über die Musterverfahren zum Flughafen Frankfurt Main (BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 59 und 95) erneut bestätigt.

40 Durch das Revisionsurteil des Senats (- 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 62) ist ferner geklärt, dass die fehlende Offenlegung der Quelle-Ziel-Matrizes keinen Methodenmangel offenbart, sondern lediglich die Überprüfung der angewandten Methode erschwert und es gegebenenfalls erforderlich macht, dass das Gericht seine Überzeugung von der Eignung der Methode und ihrer tatsächlichen Anwendung aus anderen Erkenntnisquellen schöpft. Weiteren rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf legt die Beschwerde nicht dar, sondern beschränkt sich auf eine Urteilskritik im Stil eines zulassungsfreien Rechtsmittels.

41 (2) Geklärt ist zudem, dass die Rechtsprechung zur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle von Verkehrsprognosen mit Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar ist.

42 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts schließt das Gebot effektiven Rechtsschutzes die Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle durch Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume, die der Gesetzgeber eröffnet hat, nicht aus (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <21 f.>; BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 4 C 31.13 - NVwZ 2015, 531 Rn. 11). Da die Rechtsprechung zur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung von Prognoseentscheidungen anhand von Fällen entwickelt worden ist, in denen die jeweilige Planungsentscheidung enteignungsrechtliche Vorwirkung entfaltet hat (BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2015 - 4 B 59.14 - NuR 2015, 772 Rn. 35 m.w.N.), bedarf es keiner Bestätigung in einem Revisionsverfahren, dass diese Rechtsprechung auch in Fällen anwendbar ist, in denen die Verwaltung oder der jeweilige Vorhabenträger auf privates Grundeigentum zugreift. Aus Art. 2 Abs. 2 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK folgt nichts Anderes.

43 (3) Zu der Frage, ob Entwicklungen, die nach Erstellung einer Verkehrsprognose und nach Erlass eines auf dieser Prognose basierenden Planfeststellungsbeschlusses eintreten, als Indizien für eine fehlerhafte Prognose zu berücksichtigen sind, besteht kein grundsätzlicher Klärungsbedarf.

44 Nach ständiger Rechtsprechung (BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1978 - 4 C 79.76 - BVerwGE 56, 110 <121>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2015 - 4 B 61.14 - juris Rn. 5 und Urteil vom 28. April 2016 - 4 A 2.15 - BVerwGE 155, 81 Rn. 28) kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob die der Planungsentscheidung zugrunde gelegte Prognose sich aus heutiger Sicht als richtig erweist, sondern allein auf die davon zu unterscheidende Frage, ob die Prognose mit den seinerzeit zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln unter Berücksichtigung aller für sie erheblichen Umstände einwandfrei erstellt worden ist (siehe bereits BVerwG, Urteile vom 21. Mai 1976 - 4 C 49 - 52.74 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 23 und vom 17. Februar 1978 - 1 C 102.76 - NJW 1978, 1450). Die Frage, ob die Prognose durch die spätere tatsächliche Entwicklung mehr oder weniger bestätigt oder widerlegt ist, ist deshalb grundsätzlich nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Allerdings kann das Auseinanderklaffen zwischen Prognose und nachträglicher tatsächlicher Entwicklung im Einzelfall als Indiz für eine unsachgemäße Prognose in Betracht zu ziehen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 - BVerwGE 123, 261 <276 f.>). In solchen Fällen, in denen infolge unvorhersehbarer Ereignisse die tatsächliche Entwicklung von einer im hier verstandenen Sinn - zutreffend - aufgestellten Prognose in extremer Weise abweicht, hat der Senat erwogen, ob der Planfeststellungsbeschluss dadurch funktionslos geworden ist (BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1978 - 4 C 79.76 - BVerwGE 56, 110 <122>).

45 Diese Rechtsprechung hat der Senat auch seinem Revisionsurteil in den Musterverfahren (BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 59 und 95) zugrunde gelegt. Den dort vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken ist er nicht gefolgt. Dass sich das Bundesverfassungsgericht - wie die Beschwerde geltend macht - mit der Frage noch nicht befasst habe, begründet für sich genommen keinen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf. Alles Weitere ist eine Frage der Rechtsanwendung im Einzelfall.

46 Unter Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe hat der Verwaltungsgerichtshof in seinen Musterurteilen (VGH Kassel, Urteil vom 21. August 2009 - 11 C 227/08.T u.a. - LKRZ 2010, 66 = juris Rn. 331 ff.) bestätigt, dass die Prognose der Fa. I. ordnungsgemäß erstellt worden sei. Dafür, dass ein Auseinanderklaffen zwischen Prognose und nachträglicher tatsächlicher Entwicklung als Indiz für eine unsachgemäße Aufstellung der Prognose in Betracht zu ziehen sein könnte, hat er keine Anhaltspunkte ausmachen können.

47 Die Beschwerde verlangt, diese Rechtsprechung in einem Revisionsverfahren zu überprüfen. Tragfähige Gründe dafür, warum eine erneute Befassung des Bundesverwaltungsgerichts mit den aufgeworfenen Rechtsfragen erforderlich sein sollte, namentlich, dass sich neue Gesichtspunkte ergeben hätten, die geeignet sein könnten, die bisherige Rechtsprechung in Frage zu stellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. August 1997 - 1 B 145.97 - Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 67 S. 5), legt sie indes nicht dar.

48 Nach ihrer Auffassung führt die Rechtsprechung zu nicht auflösbaren Widersprüchen zwischen der Begründung der für ein Vorhaben sprechenden Belange und den hierdurch gerechtfertigten Eingriffen in die Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG sowie die in Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Rechte. Diesen Einwand hat der Senat der Sache nach bereits in seiner Revisionsentscheidung (BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 59) zurückgewiesen und erneut bekräftigt, dass die Rechtsprechung zur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle von Prognoseentscheidungen auf die Prognose des nachfragebedingten Bedarfs anwendbar ist, und zwar sowohl hinsichtlich der Planrechtfertigung als auch hinsichtlich der planerischen Abwägung und der Alternativenprüfung. Dass die Beschwerde diesen Rechtsstandpunkt nicht teilt, vermag einen erneuten rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf nicht zu begründen. Gleiches gilt für ihren Hinweis auf eine dazu weiterhin anhaltende rechtliche Diskussion. Auch mit ihrer Kritik an der Entscheidung im Einzelfall und der Prognose eines bestimmten Unternehmens zeigt sie rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf nicht auf.

49 d) Die Frage,
ob die mangelnde Geeignetheit der Grobplanung der Flugverfahren zur Abwicklung der erst für den Prognosefall zu erwartenden Verkehrsmenge im Rahmen eines Klageverfahrens gegen einen luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau eines Flughafens gerichtlich zu überprüfen ist, auch wenn es weder rechtlich noch tatsächlich ausgeschlossen ist, abweichend von dem an dem Prognosehorizont der maximal erreichbaren Kapazität orientierten Planfeststellungsbeschluss Flugverfahren festzusetzen, die zunächst (nur) zur Abwicklung des aktuell zu bewältigenden Verkehrs ausreichend und geeignet sind,
wäre in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich.

50 Die Beschwerde entnimmt dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs die Aussage, dass es nach den Urteilen des Senats zur Festlegung von Flugverfahren (BVerwG, Urteile vom 18. Dezember 2014 - 4 C 35.13 - Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 8 Rn. 67 ff., 113 und vom 10. Dezember 2015 - 4 C 15.14 - NVwZ-RR 2016, 323 Rn. 10, 13) nicht darauf ankomme, ob dem Planfeststellungsbeschluss ein Betriebssystem mit einer Grobplanung der Flugrouten zugrunde gelegt werde, welches die Kapazität erreichen könne.

51 Die daran anknüpfende Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Der Verwaltungsgerichtshof (BA S. 44) hat für seine Entscheidung die Grobanalyse der Planfeststellungsbehörde ausdrücklich für maßgeblich erklärt. Anders, als die Beschwerde ihrer Frage als Prämisse unterlegt, hat er weder festgestellt, dass die Grobplanung der Flugverfahren zur Abwicklung der für den Prognosefall zu erwartenden Verkehrsmenge nicht geeignet sei, noch ist er davon ausgegangen, dass es nicht darauf ankomme, ob dem Planfeststellungsbeschluss ein Betriebssystem mit einer Grobplanung der Flugrouten zugrunde gelegt werde, das die Kapazität erreicht. Nicht entscheidungserheblich war nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs dagegen, ob der im Planfeststellungsbeschluss für den Prognosefall zugrunde gelegte Koordinierungseckwert mit dem derzeit festgesetzten Flugverfahren - der sogenannten Südumfliegung - zu realisieren ist.

52 2. Die Beschwerde macht als Verfahrensfehler nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend, dass aus mehreren Gründen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlusswege nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO gefehlt hätten. Dies bleibt ohne Erfolg.

53 Der Vortrag geht in weitem Umfang daran vorbei, dass bei der Prüfung von Verfahrensmängeln stets von der materiell-rechtlichen Rechtsauffassung der Vorinstanz auszugehen ist, selbst wenn deren Standpunkt verfehlt sein sollte. Das gilt auch, soweit materiell-rechtliche Fragen als Vorfragen verfahrensrechtlicher Fragen zu beantworten sind (BVerwG, Beschlüsse vom 17. Dezember 2015 - 8 B 10.15 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 44 Rn. 18 m.w.N. und vom 20. Dezember 2017 - 6 B 14.17 - Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 111 Rn. 11). Daher kann die Wahl des Beschlussverfahrens § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO nur verletzen, wenn das vorinstanzliche Gericht die prozessrechtliche Norm und insbesondere die dort geregelten Voraussetzungen einer Entscheidung im Beschlusswege selbst unzutreffend ausgelegt hat. Die umfangreiche Kritik der Beschwerde an der materiellen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs kann daher einen Verfahrensfehler grundsätzlich nicht darlegen.

54 Auch in der Sache bleibt die Kritik ohne Erfolg.

55 a) Die Beschwerde trägt vor, die Kläger hätten im Nachverfahren eine Änderung der Rechtsprechung zur gerichtlichen Prüfung von Prognosen gefordert und auf die Entwicklung der Flugbewegungen im Zeitraum 2010 bis 2015 hingewiesen, die deutlich hinter der Verkehrsprognose zurückbleibe und ein gewichtiges Indiz für die Fehlerhaftigkeit der Prognose schon im Zeitpunkt der Planfeststellung darstelle. Trotz dieser neuen Rechts- und Tatsachenfragen habe der Verwaltungsgerichtshof keine "durchgreifenden Zweifel" an der Übertragbarkeit der Entscheidung im Musterverfahren erkannt und das Fehlschlagen der Prognose im Wege einer unzulässigen vorweggenommenen Beweiswürdigung verneint. Damit sei er von den vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Maßstäben für einen Verzicht auf mündliche Verhandlung abgewichen und zu Unrecht im Beschlusswege nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO vorgegangen. Diese Kritik geht fehl.

56 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich an einer Übertragung der im Musterverfahren zur Planrechtfertigung und zur Verkehrsprognose getroffenen Feststellungen auf das Verfahren der Kläger nicht gehindert gesehen, weil es maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Plan ankomme (BA S. 20). Bezogen auf diesen Zeitpunkt sei die Verkehrsprognose in der Musterentscheidung unter ausführlicher Behandlung der Methodenkritik als im Ergebnis methodisch einwandfrei, sachgerecht sowie nachvollziehbar und einleuchtend begründet bewertet worden. Hierauf könnten die Kläger verwiesen werden, weil die unter Beweis gestellte nachträgliche Entwicklung aus Rechtsgründen nicht relevant sei und die wiederholte Methodenkritik keine wesentlichen Besonderheiten im Sinne von § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO begründe. Anhaltspunkte dafür, dass der Planfeststellungsbeschluss ausnahmsweise funktionslos geworden sei, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht gesehen (BA S. 23).

57 Diese Ausführungen stehen mit § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO in Einklang. Entgegen der Auffassung der Beschwerde liegen neue Rechts- oder Tatsachenfragen und ein ungeklärter Sachverhalt im Sinne dieser Vorschrift nicht schon dann vor, wenn eine der Musterentscheidung zugrunde gelegte Rechtsauffassung erneut angegriffen oder eine dort bereits behandelte Methodenkritik gestützt auf neues Tatsachenmaterial und gutachterliche Stellungnahmen ergänzt und vertieft wird. Auch die durch das Vorbringen der Kläger im Nachverfahren veranlassten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs zum "Fehlschlagen" einer Prognose und einer daraus folgenden Funktionslosigkeit des Planfeststellungsbeschlusses betreffen keine neuen Rechts- oder Tatsachenfragen, denen in einer mündlichen Verhandlung hätte nachgegangen werden müssen. Die Voraussetzungen für die Annahme einer fehlgeschlagenen Prognose sind in der Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1978 - 4 C 79.76 - BVerwGE 56, 110 <122>). An ihnen gemessen ist der Verwaltungsgerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass sich aus dem Vorbringen der Kläger nicht auf ein völliges Fehlgehen der Prognose und eine Funktionslosigkeit der Planung schließen lasse (BA S. 23). Die Anforderungen des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO werden nicht überspannt, wenn das Gericht neuen Tatsachenvortrag zu einem bereits behandelten Thema im Nachverfahren unter Anwendung geklärter Rechtsmaßstäbe nachvollziehbar für offenkundig ungeeignet hält, das Ergebnis der Musterentscheidung in Zweifel zu ziehen oder seine Übertragbarkeit als problematisch erscheinen zu lassen. Allein aus der Formulierung "durchgreifende Zweifel an der Übertragbarkeit" (BA S. 19) kann nicht auf einen von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Maßstab geschlossen werden. Auch einen Gehörsverstoß legt die Beschwerde nicht dar. Namentlich zeigt sie nicht auf, welchem Vorbringen der Verwaltungsgerichtshof im Beschlussverfahren das Gehör versagt haben könnte.

58 b) Die Beschwerde sieht § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO dadurch verletzt, dass der Verwaltungsgerichtshof das Vorbringen der Kläger zum "kapazitätslimitierenden Betriebskonzept" nicht zum Anlass für eine mündliche Verhandlung genommen hat. Diese Rüge greift nicht durch.

59 (1) Nach Auffassung der Beschwerde enthält das Vorbringen der Kläger zu den als Konflikte B und C bezeichneten Schwierigkeiten bei der Flugverfahrensplanung und -koordinierung zwischen Abflügen und Fehlanflügen auf den Pisten 25C und 25L neue wesentliche tatsächliche und rechtliche Besonderheiten, weil danach zweifelhaft und aufklärungsbedürftig sei, ob der Kapazitätseckwert von 126 Flugbewegungen/Stunde mit der Grobplanung erreicht werden könne.

60 Der Verwaltungsgerichtshof hat darauf verwiesen, dass es nach seiner Entscheidung im Musterverfahren entscheidungserheblich nicht darauf ankomme, ob das derzeit festgesetzte Flugverfahren mit der aktuell geltenden Streckenführung Sicherheitsprobleme aufwerfe oder damit der im Planfeststellungsbeschluss für den Prognosefall zugrunde gelegte Koordinierungseckwert von 126 Flugbewegungen pro Stunde realisiert werden könne. Maßgeblich sei nur die Grobplanung der zu erwartenden Flugverfahren, die weder eine genaue Streckenführung noch die Festsetzung konkreter Flugverfahren erfordere. Die Schlussfolgerung der Kläger, die für den Planfeststellungsbeschluss fundamentale Flugbetriebsprognose beruhe auf einer unzutreffenden Prognosebasis, lasse sich deshalb mit konkreten Flugverfahrensfestsetzungen auch dann nicht belegen, wenn diese nicht geeignet seien, die zugelassene Kapazität abzuwickeln (BA S. 45). Sämtlicher auf die "Südumfliegung" bezogener Tatsachen- oder Rechtsvortrag der Kläger sei daher unerheblich. Das Vorbringen zur Undurchführbarkeit des Betriebskonzepts zeige weder im Hinblick auf das Lärmschutzkonzept noch auf die Alternativenprüfung weiteren Ermittlungsbedarf auf (BA S. 48 ff.).

61 Dies zugrunde gelegt, ist für einen Verstoß gegen § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO nichts ersichtlich. Über Rechts- oder Tatsachenvorbringen, auf das es für die Entscheidung im Nachverfahren schon nach dem Inhalt der Musterentscheidung nicht ankommt, kann im Beschlusswege entschieden werden.

62 (2) Dies gilt entgegen der Auffassung der Beschwerde auch mit Blick auf die Novellierung von § 8 Abs. 1 Satz 6 und 7 LuftVG und die jüngere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Festlegung von Flugrouten.

63 Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs haben die Kläger keinen Anspruch auf die verbindliche Feststellung überflugfreier bzw. überfluglimitierter Gebiete in den westlich des Flughafens gelegenen Kommunen (BA S. 51 f.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne die Planfeststellungsbehörde mit bindender Wirkung für die Festlegung von Flugverfahren feststellen, dass bestimmte Gebiete von Überflügen verschont bleiben sollen, wenn dies nach dem planerischen Konzept Grundlage für die Zulassung des Flughafens an dem gewählten Standort sei (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 - 4 C 2.13 - juris Rn. 10). Eine solche Fallgestaltung liege hier aber nach den Feststellungen im Musterverfahren nicht vor. Vielmehr habe keine Veranlassung bestanden, ein bestimmtes Flugbetriebssystem festzustellen, weil die Planfeststellungsbehörde stattdessen zum Mittel des Vorbehalts gegriffen habe, um die aus allen denkbaren künftigen Entwicklungen resultierenden Lärmkonflikte bewältigen zu können. Mögliche Verschiebungen und dadurch etwa hervorgerufene Steigerungen der Lärmbelastung durch die Änderung von Flugrouten seien im Lärmschutzkonzept damit vorsorgend geregelt worden. Bei der zwischenzeitlich erfolgten Änderung von § 8 Abs. 1 LuftVG handele es sich lediglich um eine Klarstellung der schon zuvor bestehenden Rechtslage, welcher der Planfeststellungsbeschluss nach den Feststellungen in den Musterverfahren genüge; die auf Festlegung von überflugfreien Gebieten gerichteten (Hilfs-)Anträge seien in diesen Verfahren zurückgewiesen worden. Deshalb bleibe auch dem Hilfsantrag der Kläger auf verbindliche Feststellung von zulässigen Flugrouten im Planfeststellungsbeschluss der Erfolg versagt (BA S. 51).

64 Der Verwaltungsgerichtshof entnimmt der Musterentscheidung mithin die Wertung, dass das Lärmschutzkonzept ungeachtet der konkreten Flugverfahrensgestaltung und der genauen Ermittlung der daraus resultierenden Lärmbetroffenen als abgewogen erachtet und festgestellt worden sei, dass auch eine später etwa aufgrund der Verschiebung von Flugverfahren zu erwartende Lärmbelastung der Verwirklichung des Vorhabens aufgrund überwiegender Interessen nicht entgegenstehe (BA S. 52 m.w.N.). Dass die Beschwerde diese Bewertung nicht teilt und erneut angreift, begründet keine wesentlichen Besonderheiten rechtlicher oder tatsächlicher Art. Ihr Vorbringen geht an den Annahmen des Verwaltungsgerichtshofs vorbei.

65 c) Die Beschwerde sieht in den seit 2015 vorliegenden Ergebnissen der sogenannten NORAH-Studie, die die Kläger in das Nachverfahren eingeführt hätten, einen neuen, für die Verpflichtungsanträge relevanten Sachverhalt, der in einer mündlichen Verhandlung hätte weiter aufgeklärt und erörtert werden müssen. Angesichts der eindeutigen Ergebnisse der NORAH-Studie müsse das Lärmschutzkonzept nachgebessert werden. Der grundrechtlichen Schutzpflicht könne nur durch ein achtstündiges Nachtflugverbot (22:00 Uhr bis 6:00 Uhr) oder hilfsweise zumindest eine Entlastung der Nachtrandzeiten genügt werden. Dass der Verwaltungsgerichtshof dieses Vorbringen nicht in einer mündlichen Verhandlung erörtert hat, steht mit § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO in Einklang.

66 Der Verwaltungsgerichtshof (BA S. 37 ff.) hat im Vorbringen zu den lärmmedizinischen Erkenntnissen keinen Sachvortrag erkannt, der von dem in den Musterverfahren festgestellten Sachverhalt in erheblicher Weise abweiche. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich in seinen Revisionsentscheidungen zu den Musterverfahren (BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 154 f.) mit den Rügen verschiedener Musterkläger, das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm gewährleiste keine verfassungskonforme Risikovorsorge, auseinandergesetzt und eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten verneint. Dass der Gesetzgeber seine Nachbesserungspflicht verletzt habe, könne gerichtlich erst festgestellt werden, wenn evident sei, dass eine ursprünglich rechtmäßige Regelung zum Schutz der Gesundheit aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation untragbar geworden sei (BVerwG a.a.O. Rn. 155 und BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2011 - 1 BvR 1502/08 - NVwZ 2011, 991 Rn. 38 ff.). Eine solche evidente Untragbarkeit der Regelungen im Fluglärmschutzgesetz hätten die Kläger mit ihrem Vorbringen zur Weiterentwicklung der lärmmedizinischen Erkenntnisse nicht aufgezeigt. Weiterer Aufklärungsbedarf zu den Auswirkungen von Fluglärm bestehe daher schon aus Rechtsgründen nicht.

67 Warum der Verwaltungsgerichtshof gleichwohl hätte annehmen müssen, dass die Ausführungen zur NORAH-Studie Zweifel an dem in den Musterverfahren gefundenen Ergebnis begründen, dessen Übertragbarkeit als problematisch erscheinen lassen oder Anlass zu einer weiteren Sachaufklärung geben, erschließt sich nicht.

68 d) Gleiches gilt hinsichtlich der materiell-rechtlichen Voraussetzungen eines Beschlusses nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Rüge der Beschwerde, der Verwaltungsgerichtshof hätte den Vortrag zur Fluglärmbelastung in den beiden Nachtrandstunden zum Gegenstand einer mündlichen Verhandlung machen müssen.

69 Die Kläger haben vorgetragen, der Flugbetrieb stelle sich in den Nachtrandstunden, insbesondere in der Stunde von 5:00 Uhr bis 6:00 Uhr in der Realität anders dar als das Bundesverwaltungsgericht in den Musterentscheidungen angenommen habe. Von einem An- oder Abschwellen des Flugverkehrs in den Randstunden könne nicht die Rede sein. Der Flugtag beginne mit einem taggleichen Flugbetrieb von fünf bis zehn Überflügen in den ersten 15 Minuten. Gerade angesichts der Ergebnisse der NORAH-Studie bedürfe es insoweit einer weiteren Sachaufklärung und Kontingentierung.

70 Der Verwaltungsgerichtshof (BA S. 39 ff.) hat auch insoweit keine Umstände gesehen, die einer Übertragung der Entscheidung aus den Musterverfahren entgegenstehen könnten. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Revisionsentscheidung ein Gesamtkontingent von 133 planmäßigen Flügen je Nacht in den Randstunden als Durchschnittswert eines Kalenderjahres als ordnungsgemäß abgewogen erachtet. Es habe festgestellt, dass das von der Planfeststellungsbehörde verfolgte Konzept eines Abschwellens und Wiederansteigens der Fluglärmbelastung in den Nachtrandstunden durch die Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses gewährleistet sei. Einen Rechtssatz des Inhalts, dass die Zahl von Flugbewegungen in einzelnen Zeitsegmenten der Nachtrandstunden differenziert zu betrachten wäre, habe das Bundesverwaltungsgericht dagegen nicht formuliert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2017 - 4 B 39.15 - juris Rn. 48). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass mit dem Abwägungsverbot unvereinbare Belastungsspitzen nur durch einen kürzeren Bezugszeitraum als das Kalenderjahr zu vermeiden wären, habe es nicht erkannt (a.a.O. Rn. 28 und Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 372 f.).

71 Hieraus durfte der Verwaltungsgerichtshof auch ohne mündliche Verhandlung folgern, dass eine weitere Kontingentierung der Flugbewegungen innerhalb der Nachtrandstunden nicht erforderlich sei. Denn die Kläger haben im Nachverfahren insoweit keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die im Musterurteil bei der Beurteilung der Lärmbelastung in den Nachtrandstunden noch nicht in Betracht gezogen worden sind (vgl. BA S. 41). Welche wesentlichen Besonderheiten das Verfahren der Kläger gegenüber dem Musterverfahren gleichwohl aufweisen soll, legt die Beschwerde nicht dar.

72 e) Nicht auf einen Verfahrensfehler führt das Beschwerdevorbringen zur Berücksichtigung von geringfügigen Lärmbetroffenheiten. Die Beschwerde macht geltend, die Kläger hätten im Nachverfahren die Fragen neu aufgeworfen, welche Maßstäbe an die Geringfügigkeitsschwelle im Rahmen einer luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung zu stellen seien, und ob die mehr als geringfügigen Lärmbetroffenheiten ordnungsgemäß ermittelt und abgewogen worden seien. Der Verwaltungsgerichtshof habe Lärm unterhalb der Werte des § 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm - FluglärmG - neugefasst mit Bekanntmachung vom 31. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2850), für geringfügig und nicht abwägungsrelevant gehalten und deshalb Lärmbetroffenheiten außerhalb der Lärmschutzzonen unter Verstoß gegen § 8 Abs. 1 Satz 2 und 3 LuftVG n.F. unzureichend ermittelt. Hierzu verhielten sich die Entscheidungen in den Musterverfahren nicht, so dass es einer mündlichen Verhandlung bedurft hätte.

73 Diese Rüge liegt neben der Sache. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ist in den Musterverfahren nicht offengeblieben, ob die Fluglärmbelastung unterhalb der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG ordnungsgemäß ermittelt, bewertet und in die Abwägung eingestellt worden sei (BA S. 29 ff.). Insbesondere sei der 11. Senat des Verwaltungsgerichtshofs in der Musterentscheidung nicht davon ausgegangen, dass einer Lärmbelastung, die mehr als geringfügig ist, aber unterhalb der fachplanerischen Zumutbarkeitsgrenze liegt, keine Relevanz zukomme und sie daher in der Abwägung nicht zu berücksichtigen sei. Die Musterentscheidung stelle ausdrücklich fest, dass die Planfeststellungsbehörde den unterhalb der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle liegenden Fluglärm nicht aus dem Blick verloren habe (BA S. 29 f.). Vor diesem Hintergrund habe der Verwaltungsgerichtshof in den Musterverfahren keine Veranlassung gesehen, die sogenannte Geringfügigkeitsschwelle zu konkretisieren. Dazu bestehe auch im Verfahren der Kläger keine Veranlassung. Im Übrigen komme es darauf, wie die Lärmbetroffenheit zu ermitteln, zu bewerten und zu gewichten wäre, entscheidungserheblich nicht an. Nach den Entscheidungen im Musterverfahren wäre die Abgewogenheit der Zulassungsentscheidung angesichts des Gewichts der für das Vorhaben streitenden öffentlichen Verkehrs- und Wirtschaftsinteressen auch dann nicht in Frage gestellt, wenn von wesentlich mehr oder stärker Lärmbetroffenen auszugehen wäre (BA S. 30).

74 Der Verwaltungsgerichtshof hat damit unter zutreffender Auswertung der Musterurteile (insb. VGH Kassel, Urteil vom 21. August 2009 - 11 C 227/08.T u.a. - LKRZ 2010, 66 = juris Rn. 617 und BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 190) nachvollziehbar und in Übereinstimmung mit § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO dargelegt, warum er von einer mündlichen Verhandlung absieht. Dass die Kläger die Würdigung der Musterurteile nicht teilen, begründet keine wesentlichen Besonderheiten gegenüber den Musterverfahren.

75 f) Ohne Verstoß gegen § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO hat der Verwaltungsgerichtshof den Vortrag der Kläger zu den Wirbelschleppen nicht zum Anlass genommen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

76 Die Beschwerde macht geltend, im Nachverfahren sei dargelegt worden, dass die der Planfeststellung zugrunde gelegten gutachterlichen Annahmen fehlgeschlagen seien. Das Gutachten zu den Wirbelschleppen sei von Anfang an unzulänglich gewesen; auch die Umweltverträglichkeitsprüfung sei daher fehlerhaft. In Flörsheim träten nach Eröffnung der Landebahn Nordwest vermehrt Wirbelschleppenvorfälle auf. Die Kläger aus Flörsheim seien deshalb einer Gefahr ausgesetzt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs liege hierin bereits eine "lagebedingte" Besonderheit. Die Kläger seien in den Musterverfahren nicht gehört worden. Mit der Betroffenheit der Stadt Raunheim, die als Musterklägerin zugelassen gewesen sei, seien die in den Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG betroffenen privaten Kläger nicht vergleichbar; eine streitige Entscheidung und Zurückverweisung an den Verwaltungsgerichtshof sei im Musterklageverfahren der Stadt Raunheim überdies nur durch gütliche Einigung - Verklammerung der Dachziegel auf Kosten der Beigeladenen - vermieden worden; eine weitere Sachaufklärung sei unterblieben. Zumindest für die Kläger aus Flörsheim wäre deshalb das dem Verwaltungsgerichtshof nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO zustehende Ermessen dahingehend auszuüben gewesen, dass eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist. In dieser mündlichen Verhandlung hätte auch geklärt werden müssen, ob die Gesamtkonzeption der Planung betroffen ist.

77 Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs ergeben sich aus diesem Vorbringen weder ein in den Musterverfahren ungeklärt gebliebener Sachverhalt noch wesentliche Besonderheiten des Nachverfahrens der Kläger (BA S. 57 ff.). Der Vortrag der Kläger könne ihrem Planaufhebungsbegehren nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Gesamtabwägung davon nicht betroffen und der Beklagte einem etwa erhöhten Wirbelschleppenrisiko mit den späteren Planergänzungsbeschlüssen begegnet sei. Nach § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG sei eine Planaufhebung auch bei Vorliegen eines Abwägungsmangels aber ausgeschlossen, wenn dieser durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden könne. Anderes gelte nur dann, wenn die Ausgewogenheit der Gesamtplanung oder eines abtrennbaren Planungsteils in Frage gestellt werde, weil die Gesamtkonzeption der Planung in einem wesentlichen Punkt berührt werde. Vorliegend sei die Gesamtkonzeption durch die von den Klägern gerügte Fehlerhaftigkeit der Sicherheitsprognose nicht betroffen, weil auch einem sich möglicherweise als höher erweisenden Risiko für die von Wirbelschleppen Betroffenen durch Schutzvorkehrungen im Wege der Planergänzung begegnet werden könne und der Beklagte dazu die Beschlüsse vom 10. Mai 2013 und 26. Mai 2014 erlassen habe. Die Übertragung der Entscheidung in den Musterverfahren über die Rechtmäßigkeit des Ausscheidens der von den dortigen Klägern als vorzugswürdig angeführten Planungsalternativen auf das Nachverfahren stelle sich deshalb als unproblematisch dar. Ob die Planergänzungsbeschlüsse ihrerseits (noch) keine hinreichende Vorsorge regelten, etwa weil das Vorsorgegebiet abzuändern wäre, sei - unabhängig davon, dass ein derartiges Begehren von den Klägern nach Erlass des Planergänzungsbeschlusses vom 26. Mai 2014 für erledigt erklärt worden sei - für den hier allein noch geltend gemachten Planaufhebungsanspruch unerheblich.

78 Hinsichtlich des von den Klägern geltend gemachten Aufhebungsanspruchs ist danach für wesentliche Besonderheiten rechtlicher oder tatsächlicher Art oder einen ungeklärten Sachverhalt nichts ersichtlich. Die Musterklägerin Stadt Raunheim hatte im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof neben einem Antrag auf Planaufhebung u.a. Verpflichtungsanträge auf Neufassung der Nebenbestimmung zu den Wirbelschleppen unter A XI Ziffer 2.3 des Planfeststellungsbeschlusses vom 18. Dezember 2007 gestellt (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 21. August 2009 - 11 C 227/08.T u.a. - LKRZ 2010, 66 = juris Rn. 144 ff.); diese Anträge hat der Verwaltungsgerichtshof abgewiesen (a.a.O. juris Rn. 1191 ff., 1221). Das Revisionsverfahren der Stadt Raunheim (BVerwG 4 C 1.10 ) gegen die Musterentscheidung ist im Umfang der Erledigung eingestellt worden, soweit der Beklagte die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung durch Protokollerklärung verpflichtet hat, an den im Eigentum der Klägerin stehenden und im Bereich der Anfluggrundlinien liegenden Anwesen durch Verklammerung der Dachziegel Schutzvorkehrungen gegen wirbelschleppenbedingte Schäden durchzuführen (BVerwG, Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 9). Im Übrigen sind die Klagen - mit Ausnahme einer Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung hinsichtlich der Regelungen zu den planmäßigen Flugbewegungen zwischen 23:00 Uhr und 5:00 Uhr sowie zwischen 22:00 Uhr und 6:00 Uhr sowie zum Schallschutz für gewerblich genutzte Grundstücke - abgewiesen und die weitergehenden Revisionen der Kläger zurückgewiesen worden. Damit ist durch die Musterentscheidung rechtskräftig entschieden, dass das Problem von Wirbelschleppen bewältigt werden kann, ohne die Gesamtplanung in Frage zu stellen, und daher - unabhängig von der geltend gemachten grundrechtlichen Betroffenheit der Kläger durch das Wirbelschleppenrisiko - weder eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses noch als Minus die Feststellung von dessen Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher zu Recht angenommen, dass er an einer Entscheidung im Beschlusswege nicht gehindert ist, soweit die Kläger einen Anspruch auf Aufhebung und hilfsweise auf Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit verfolgen.

79 3. Die Beschwerde rügt, dass der Verwaltungsgerichtshof unter Verstoß gegen § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO über den Hilfsantrag 1d, soweit dieser nicht erledigt war, ohne vorherige Anhörung der Beteiligten durch Beschluss entschieden habe. Insoweit führt die Beschwerde zur Zurückverweisung (§ 133 Abs. 6 VwGO).

80 a) Entgegen § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die Beteiligten vor der Entscheidung im Beschlusswege über den Hilfsantrag zu 1d (BA S. 8) nicht angehört worden.

81 Der Hilfsantrag 1d ist erstmals mit Schriftsatz vom 28. Mai 2013 (GA Band IX, Bl. 1723) angekündigt worden. Es bedarf keiner Entscheidung, ob sich die zuvor durchgeführte, nach ihrem Wortlaut unbeschränkte Anhörung zu einem Beschluss nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO vom 30. Januar 2013 (GA Band IX, Bl. 1677) dennoch auf diesen Hilfsantrag hätte beziehen können, weil dieser etwa schon vom Hauptantrag als umfasst anzusehen wäre. Ebenso kann offenbleiben, ob und unter welchen Bedingungen eine Anhörung nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO verbraucht ist, wenn nach der Anhörung weitere Haupt- oder Hilfsanträge gestellt werden oder sich die Prozesssituation in anderer Weise ändert. Denn das Anhörungsschreiben vom 29. Februar 2016 (GA Band XIV, Bl. 2602), korrigiert unter dem 30. März 2016 (GA Band XIV, Bl. 2617), hat die Anhörung vom 30. Januar 2013 prozessual überholt, so dass letzterer im weiteren Verfahren keine Bedeutung mehr zugemessen werden kann. Dies gilt umso mehr, als angesichts der Bedeutung der mündlichen Verhandlung im System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes an das Vorliegen einer Anhörung strenge Maßstäbe zu stellen sind (vgl. zur Anhörung nach § 130a VwGO: BVerwG, Urteil vom 21. März 2000 - 9 C 39.99 - BVerwGE 111, 69 <73 ff.> und Beschluss vom 5. September 2007 - 3 B 33.07 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 75 Rn. 4).

82 Die Anhörung aus dem Jahr 2016 sollte bei verständiger Würdigung dem weiteren Vorbringen der Beteiligten und den Änderungen des Planfeststellungsbeschlusses Rechnung tragen und die Beteiligten über die prozessualen Überlegungen der Vorinstanz zum weiteren Vorgehen umfassend in Kenntnis setzen. Das Schreiben unterscheidet zwischen Anträgen, über die eine Entscheidung im Wege des Teilbeschlusses nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO, und solchen, über die eine Entscheidung im Wege des Gerichtsbescheides nach § 84 Abs. 1 VwGO erwogen wird. Hinsichtlich des Hilfsantrags 1d weist das Schreiben ausschließlich auf die Möglichkeit eines Gerichtsbescheides nach § 84 VwGO hin, nicht aber auf den Beschluss nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO. Zudem spricht das Anhörungsschreiben von einem "Teilbeschluss (§ 93a VwGO)". Damit wurden die Beteiligten nicht zu der Möglichkeit angehört, über den gesamten Streitgegenstand im Wege eines Beschlusses nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO zu entscheiden.

83 Dieser Verfahrensfehler ist ein absoluter Revisionsgrund (vgl. zu § 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO: BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1996 - 9 B 140.96 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 16 S. 9), weil den Beteiligten insoweit das rechtliche Gehör nach § 138 Nr. 3 VwGO versagt war. Den Beschwerdeführern obliegt es weder darzulegen, was sie auf eine gerichtliche Anhörung vorgetragen hätten noch bedarf es weiterer Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit. Anders als der Beklagte meint, ist auch unerheblich, wie der Verwaltungsgerichtshof in anderen Nachverfahren vorgegangen ist und ob die Beteiligten mit einem Beschluss nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO hätten rechnen können.

84 b) Der Senat macht von der Möglichkeit des § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch, hebt den Beschluss teilweise auf und verweist den Rechtsstreit insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück. Die Zurückverweisung erstreckt sich auf den Hilfsantrag 1d in dem Umfang, in dem über ihn entschieden worden ist. Soweit die Beteiligten ihn teilweise - hinsichtlich der Zeit zwischen 23:00 Uhr und 5:00 Uhr - übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist für eine Zurückverweisung mangels Rechtshängigkeit kein Raum.

85 Für die Zurückverweisung weiterer Anträge besteht kein Anlass. Hinsichtlich des Antrags Nr. 1a und des Antrags Nr. 3 sind die Beteiligten vom Verwaltungsgerichtshof mit Schreiben vom 29. Februar 2016 zu einer Entscheidung nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß angehört worden. Ob die Beteiligten hinsichtlich der Anträge Nr. 2a und 2b ordnungsgemäß nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO angehört worden sind, kann auf sich beruhen, weil der Verwaltungsgerichtshof über diese Anträge nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen nicht mehr zu entscheiden hatte. Einen Mangel bei der Anhörung zu den Hilfsanträgen Nr. 1b und 1c macht die Beschwerde nicht substantiiert geltend. Für eine Anhörung bestand auch kein Anlass, weil die Kläger ihr Vorbringen insoweit nicht hinreichend deutlich als eigenständigen prozessrechtlichen Antrag formuliert, sondern ihr Vorbringen lediglich als ihren Aufhebungsantrag vertiefend und konkretisierend dargestellt haben (vgl. GA Band XIV, Bl. 2563 und Band IX, Bl. 1720).

86 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.

87 Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3, § 159 Satz 2, Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG. Sie dürfte nach der Zurückverweisung entsprechend dem noch streitig zu entscheidenden Anteil festzusetzen sein. Der Senat geht davon aus, dass der verbliebene Streitgegenstand, über den noch streitig zu entscheiden ist, mit einem Anteil von 1/8 am gesamten ursprünglichen Streitwert angemessen bewertet ist.

Beschluss vom 18.05.2020 -
BVerwG 4 B 8.20ECLI:DE:BVerwG:2020:180520B4B8.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.05.2020 - 4 B 8.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:180520B4B8.20.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 8.20

  • VGH Kassel - 02.11.2016 - AZ: VGH 9 C 304.13.T

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Mai 2020
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Külpmann und Dr. Hammer
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Beschluss des Senats vom 6. Februar 2020 - 4 B 3.17 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Rügeverfahrens tragen die Kläger zu 2, zu 3 bis 6 und 8, zu 10 bis 12, zu 16 und 17, zu 28, zu 30, zu 34 und 35 sowie zu 40 und 41 zu je 1/8. Die Kläger zu 3 bis 6 und 8, zu 10 bis 12, zu 16 und 17, zu 34 und 35 sowie zu 40 und 41 haften jeweils als Gesamtschuldner. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO hat keinen Erfolg.

2 Die Kläger machen geltend, der Senat habe Beschwerdevorbringen zur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle von Prognosen und den Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht zur Kenntnis genommen oder erwogen und Verfahrensrügen unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zurückgewiesen. Zudem rügen sie die Nichtbeachtung von erstinstanzlichem Akteninhalt und Klageanträgen. Dies bleibt erfolglos. Der Senat hat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Die Kläger haben daher keinen Anspruch auf Fortführung des Verfahrens nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO.

3 Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch, deren (Rechts-)Auffassung zu folgen. Die Vorschrift ist nur verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 31. Januar 2020 - 2 BvR 2592/18 - NStZ 2020, 115 = juris Rn. 11 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 C 35.13 - NVwZ 2015, 656 Rn. 42). Die Anhörungsrüge ist dagegen kein Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Sie verleiht insbesondere keinen Anspruch, dass das Gericht seine Entscheidung anhand der Einwände noch einmal überdenkt und, wenn es an ihr festhält, durch eine ergänzende oder vertiefende Begründung rechtfertigt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 2020 - 4 A 6.19 - juris Rn. 4).

4 1. Der Senat hat die zur gerichtlichen Kontrolle von Prognosen aufgeworfenen Grundsatzfragen zur Kenntnis genommen und dargelegt, warum er sie als geklärt ansieht und das Beschwerdevorbringen ihm keinen Anlass gibt, seine Rechtsprechung in einem Revisionsverfahren zu überprüfen (BA Rn. 36 ff.). Das gilt auch für die verfassungsrechtlichen Fragen (BA Rn. 41 f.) und die Berücksichtigung von tatsächlichen Entwicklungen nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses (BA Rn. 43 ff.). Die von den Klägern kritisierte Bezugnahme (BA Rn. 48) auf das Musterurteil vom 4. April 2012 (- 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 59) erschöpft sich darin, dass die verfassungsrechtlichen Einwände gegen die Rechtsprechung bereits im Musterverfahren erhoben worden waren und der Senat ihnen dort nicht gefolgt ist (vgl. BA Rn. 45).

5 2. Der Senat hat es ohne Gehörsverstoß abgelehnt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der zu § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO formulierten Fragen zuzulassen.

6 a) Mit der im Beschluss vom 6. Februar 2020 unter II. 1. a) 1. Absatz (BA Rn. 11) wiedergegebenen Frage hat sich der Senat befasst und sie - sofern rechtsgrundsätzlich klärungsfähig - als in der Rechtsprechung bereits geklärt erachtet (BA Rn. 14 ff.). Den Hinweis der Beschwerde auf die Dauer des Musterverfahrens und der Nachverfahren hat der Senat gewürdigt (BA Rn. 19). Er hat Gesichtspunkte benannt, die beim Vergleich von Muster- und Nachverfahren eine Rolle spielen können (BA Rn. 20 ff.) und verfassungs- und konventionsrechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO und den für seine Anwendung entwickelten Maßstab zurückgewiesen (BA Rn. 16 f., 23 ff.). Dass die Kläger meinen, für diese Ausführungen hätte es eines Revisionsverfahrens bedurft, zeigt keinen Gehörsverstoß auf.

7 b) Gleiches gilt für die unter II. 1. a) 2. Absatz (BA Rn. 11) wiedergegebene Frage nach der Besetzung des Spruchkörpers im Nachverfahren. Der Senat hat dargelegt, warum die aufgeworfene Frage nicht in einem Revisionsverfahren grundsätzlich geklärt werden muss (BA Rn. 29 ff.). Den Einwand, die Richter des Nachverfahrens könnten sich ihre Überzeugung nur auf der Grundlage des Musterurteils bilden, sofern keine Personenidentität mit den Richtern des Musterverfahrens besteht, hat der Senat der Sache nach mit dem Hinweis auf die Beweisregelungen in § 93a Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwGO und das Einstimmigkeitserfordernis (BA Rn. 32) beantwortet. Zu dem Vorbringen, der Verwaltungsgerichtshof habe eine "erneute" Beweisaufnahme abgelehnt, musste der Senat sich nicht verhalten. Die Ausführungen auf S. 14 f. der Beschwerdebegründung dienten dazu, die Klärungsbedürftigkeit der auf S. 4 formulierten Grundsatzfragen darzulegen. Gleiches gilt für die vermeintlich nicht beschiedene "Gehörsrüge" auf S. 16 der Beschwerdebegründung. Die erhobenen Verfahrensrügen sind in der Beschwerdebegründung von S. 24 bis 71 aufgeführt. Es ist nicht Aufgabe des Senats, eine 94 Seiten umfassende Beschwerdebegründung auf weitere, nicht explizit benannte Verfahrensrügen zu sichten. Worauf die Kläger ihre Behauptung stützen, der Verwaltungsgerichtshof sei von einer rechtlichen Bindung der im Nachverfahren entscheidenden Richter an die Musterurteile ausgegangen, ist - sofern im Rahmen der Grundsatzrüge überhaupt von Bedeutung - nicht ersichtlich.

8 c) Soweit die Kläger beanstanden, der Senat habe die Frage 2 (S. 4 der Beschwerdebegründung) nur sinngemäß wiedergegeben, geht dieser Vortrag am Inhalt des Beschlusses vom 6. Februar 2020 (BA Rn. 33 ff.) vorbei.

9 3. Der Senat hat die gegen die Entscheidung im Beschlusswege nach § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO gerichtete Verfahrensrüge unter Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zurückgewiesen, soweit diese Rüge erfolglos geblieben ist.

10 a) Nicht auf einen Gehörsverstoß zielt die Kritik, der Senat habe der Prüfung der Verfahrensrügen fehlerhaft den materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz als maßgeblich zugrunde gelegt. Diese Kritik wendet sich allein gegen die nach Auffassung der Kläger fehlerhafte Rechtsanwendung durch den Senat.

11 b) Warum der Verwaltungsgerichtshof das Vorbringen zur gerichtlichen Überprüfung von Verkehrsprognosen nicht zum Anlass für eine mündliche Verhandlung nehmen musste, legt der angegriffene Beschluss unter Rn. 57 f. dar. Der Vorwurf, der Senat habe sich nicht mit den in der Beschwerdebegründung genannten verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten auseinandergesetzt, trifft weder hinsichtlich der "Prognose-Rechtsprechung" (BA Rn. 41 f.) noch im Hinblick auf § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO (BA Rn. 16 f. und Rn. 23 ff.) zu.

12 c) Der Senat hat das Beschwerdevorbringen zum "kapazitätslimitierenden Betriebskonzept" zur Kenntnis genommen und erwogen (vgl. BA Rn. 58 ff.). Der Verwaltungsgerichtshof hat den Vortrag der Kläger zu diesem Komplex auf der Grundlage des Musterurteils als nicht entscheidungserheblich erachtet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten. Dagegen ist - wie bereits im Beschluss vom 6. Februar 2020 ausgeführt - nach dem Maßstab des § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO nichts zu erinnern. Die Ausführungen der Anhörungsrügen erschöpfen sich darin, dieser Auffassung zu widersprechen.

13 d) Die Rüge, der Senat habe das Beschwerdevorbringen zu Gesundheitsgefahren durch nächtlichen Fluglärm nicht berücksichtigt und die Kläger fehlerhaft auf nachträglich geltend zu machende Schutzansprüche verwiesen, liegt angesichts der Ausführungen unter Rn. 65 ff. des Beschlusses vom 6. Februar 2020 neben der Sache. Anders als die Kläger meinen, liegen wesentliche Besonderheiten rechtlicher oder tatsächlicher Art im Sinne von § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht immer schon dann vor, wenn die Musterentscheidung mit neuem oder ergänzendem Tatsachen- oder Rechtsvorbringen angegriffen wird.

14 e) Das Beschwerdevorbringen zu geringfügigen Lärmbetroffenheiten gibt der Beschluss unter Rn. 72 zutreffend wieder; insoweit wird auf S. 62 f. der Beschwerdebegründung verwiesen. Einen Gehörsverstoß legt die Anhörungsrüge nicht dar. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Übrigen schon in den Musterverfahren aus Rechtsgründen keine Veranlassung gesehen, die sog. Geringfügigkeitsschwelle zu konkretisieren. Dass die Kläger dies für rechtsfehlerhaft halten, reicht zur Begründung wesentlicher Besonderheiten im Sinne von § 93a Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht aus.

15 f) Die Kläger rügen, der Senat habe ihren Vortrag zu den Gefahren durch Wirbelschleppen unzulässig verkürzt und ihnen ein Musterurteil entgegengehalten, das zur Wirbelschleppenproblematik keine Feststellungen treffe. Davon kann angesichts der Ausführungen unter Rn. 78 des Beschlusses keine Rede sein.

16 4. Bei der Behandlung des geltend gemachten Anhörungsmangels sind weder erstinstanzlicher Akteninhalt noch Klageanträge übergangen worden. Abgesehen davon, dass ein Anhörungsmangel in der Beschwerdebegründung (S. 58 ff., 60 ff.) nur zum Thema "An- und Abschwellen/Planklarstellung" (Antrag Nr. 1d) substantiiert gerügt worden ist, hat der Senat sich auch zu den anderen Anträgen verhalten (BA Rn. 85).

17 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, Satz 1 i.V.m. § 100 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Gerichtsgebühr ergibt sich unmittelbar aus Nr. 5400 KV zu § 3 Abs. 2 GKG. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht.