Verfahrensinformation



Der Kläger ist ein anerkannter Umweltverband. Beklagte sind die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Der Kläger begehrt von den Beklagten die Änderung des nationalen Maßnahmenprogramms Ems, sodass die Bewirtschaftungsziele für das Grundwasser in Bezug auf Nitrat erreicht werden.


Die internationale Flussgebietseinheit Ems erstreckt sich auf die Ems und zahlreiche Zuflüsse zur Ems, die vorgelagerten Küstengewässer der Nordsee mit Teilen des Wattenmeers sowie 42 Grundwasserkörper, von denen 40 in Deutschland liegen. Zur Bewirtschaftung des deutschen Teils der Flussgebietseinheit Ems schlossen die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen eine Verwaltungsvereinbarung zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union. Die Wasserrahmenrichtlinie sieht u. a. einen Grenzwert für die Nitratkonzentration im Grundwasser vor, der in 13 der auf deutschem Gebiet liegenden Grundwasserkörpern überschritten wird. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat die Beklagten verurteilt, das auf Grundlage der Verwaltungsvereinbarung aufgestellte Maßnahmenprogramm für die Flussgebietseinheit Ems so zu ändern, dass die Grenzwerte für Nitrat im Grundwasser schnellstmöglich erreicht, eine Zunahme der Nitratbelastung bei allen Grundwasserkörpern verhindert und die menschlich verursachte Steigerung der Nitratkonzentration umgekehrt werde.


Hiergegen wehren sich die beklagten Länder mit ihrer Revision.


Pressemitteilung Nr. 15/2025 vom 06.03.2025

Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen müssen das Maßnahmenprogramm Ems nachbessern

Die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen müssen das Maßnahmenprogramm für die Flussgebietseinheit Ems im Hinblick auf den Nitratgehalt im Grundwasser nachbessern. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Außerdem soll der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) eine Rechtsfrage bezüglich der Wirksamkeit einer Fristverlängerung zur Erreichung des Nitrat-Schwellenwerts im Grundwasser klären.


Der Kläger, ein Umweltverband, verlangt von den Ländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, das von ihnen aufgestellte Maßnahmenprogramm für die Flussgebietseinheit Ems anzupassen, um die gesetzlich vorgegebenen Bewirtschaftungsziele im Hinblick auf den Nitratgehalt im Grundwasser schnellstmöglich zu erreichen. Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und dabei u. a. ausgeführt, dass die von den beiden Ländern in Anspruch genommenen Fristverlängerungen (zunächst bis 2027) unwirksam seien. Es fehlten verschiedene Angaben in dem zum Maßnahmenprogramm gehörigen Bewirtschaftungsplan. Auch hätten die Länder verkannt, dass das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot bereits dann verletzt sei, wenn an nur einer einzigen Überwachungsstelle mit einer Erhöhung des Nitratgehalts zu rechnen sei. Schließlich sei das Maßnahmenprogramm hinsichtlich zweier Grundwasserkörper, die einen negativen Trend im Nitratgehalt aufwiesen, unzureichend.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot und die Verpflichtung zur Trendumkehr zurückgewiesen. Bezüglich des Verschlechterungsverbots hat der EuGH bereits geklärt, dass es zu dessen Beurteilung auf jede einzelne Überwachungsstelle ankommt. Diese Überwachungsstellen sind nach Unionsrecht so einzurichten, dass ihnen eine repräsentative Aussagekraft zumindest für einen erheblichen Teil des Grundwasserkörpers zukommt. Die Beklagten haben bei der Aufstellung des Maßnahmenprogramms keine Auswirkungsprognose angestellt, die dies berücksichtigt. Eine hinreichend aussagekräftige Auswirkungsprognose fehlt auch bezüglich des Gebots der Trendumkehr. Danach sind menschlich verursachte Trends ansteigender Schadstoffkonzentrationen umzukehren. Hiervon sind konkret zwei der insgesamt 40 Grundwasserkörper der Flussgebietseinheit Ems auf deutschem Gebiet betroffen.


Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren im Hinblick auf das wasserrechtliche Verbesserungsgebot abgetrennt und dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Frage zur Beantwortung vorgelegt, weil die maßgeblichen Rechtsgrundlagen hierfür in der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union wurzeln. Es ist zu klären, ob eine Fristverlängerung im Hinblick auf die Erreichung des gesetzlich vorgesehenen Schwellenwerts für Nitrat bereits dann unwirksam ist, wenn diese unzureichend dargelegt und erläutert ist.



Ist Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2014/101/EU der Kommission und des Rates vom 30. Oktober 2014 (ABl. Nr. L 311 S. 32), so auszulegen, dass eine im Maßnahmenprogramm ausgesprochene Fristverlängerung zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele unwirksam ist, wenn die Angaben im Bewirtschaftungsplan den Anforderungen an die Darlegung und Erläuterung gemäß Art. 4 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2000/60/EG oder den Anforderungen an die in Art. 4 Abs. 4 Buchstabe d der Richtlinie 2000/60/EG genannte Zusammenfassung derjenigen Maßnahmen nach Artikel 11, die als erforderlich angesehen werden, um die Wasserkörper bis zum Ablauf der verlängerten Frist schrittweise in den geforderten Zustand zu überführen, die Gründe für jede signifikante Verzögerung bei der Umsetzung dieser Maßnahmen und den voraussichtlichen Zeitplan für die Durchführung dieser Maßnahmen nicht genügen?


BVerwG 10 C 1.24 - Urteil vom 06. März 2025

Vorinstanz:

OVG Lüneburg, OVG 7 KS 8/21 - Urteil vom 21. November 2023 -

BVerwG 10 C 5.25 - Beschluss vom 06. März 2025

Vorinstanz:

OVG Lüneburg, OVG 7 KS 8/21 - Urteil vom 21. November 2023 -


Urteil vom 06.03.2025 -
BVerwG 10 C 1.24ECLI:DE:BVerwG:2025:060325U10C1.24.0

Verbandsklage zur Änderung des nationalen Maßnahmenprogramms Ems im Hinblick auf den Nitratgehalt im Grundwasser

Leitsätze:

1. Rechtsgrundlage für die Änderung eines von Anfang an rechtswidrigen Maßnahmenprogramms für eine Flussgebietseinheit ist § 82 Abs. 1 WHG. § 82 Abs. 5 WHG erfasst allein Fälle, in denen nachträglich eintretende Umstände Zusatzmaßnahmen erfordern.

2. Das Verschlechterungsverbot des § 47 Abs. 1 Nr. 1 WHG ist bereits dann verletzt, wenn eine Verschlechterung des chemischen Zustands an einer Überwachungsstelle im Sinne von § 9 GrwV zu erwarten ist (Anschluss an EuGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - Rn. 111 ff.). Diese Anforderung gilt auch bei der Aufstellung von Maßnahmenprogrammen und nicht nur vorhabenbezogen.

  • Rechtsquellen
    RL 2000/60/EG Art. 4, Art. 8, Ziffer 2.4 Anhang V
    RL 2006/118/EG Anhang I
    WHG § 7 Abs. 1 und 2, § 23 Abs. 1 Nr. 8, § 47 Abs. 1 und 2, § 82 Abs. 1 bis 5
    GrwV § 5 Abs. 1, § 9, Anlage 2
    UmwRG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 4, § 3
    UVPG § 2 Abs. 7, Nr. 1.4 Anlage 5
    VwGO § 91 Abs. 1, § 144 Abs. 4

  • OVG Lüneburg - 21.11.2023 - AZ: 7 KS 8/21

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 06.03.2025 - 10 C 1.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:060325U10C1.24.0]

Urteil

BVerwG 10 C 1.24

  • OVG Lüneburg - 21.11.2023 - AZ: 7 KS 8/21


In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts


auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2025


durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Dr. Rublack,


die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer, Dr. Günther,


Dr. Löffelbein und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Bähr


am 6. März 2025 für Recht erkannt:

  1. Die Revision wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Gründe

I

1 Der Kläger ist ein anerkannter Umweltverband. Bei den Beklagten handelt es sich um die Länder Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Der Kläger begehrt von den Beklagten die Änderung des bestehenden Maßnahmenprogramms für die Flussgebietseinheit (FGE) Ems mit dem Ziel, die gesetzlich vorgegebenen Bewirtschaftungsziele im Hinblick auf die Nitratbelastung im Grundwasser schnellstmöglich zu erreichen.

2 Die FGE Ems umfasst eine Fläche von etwa 18 000 km², von denen der überwiegende Teil auf deutschem Staatsgebiet, davon etwa 70 % in Niedersachsen und 30 % in Nordrhein-Westfalen, ein Teil auf niederländischem Staatsgebiet und ein weiterer Teil, das Gebiet Ems-Dollart, in dem von Deutschland und den Niederlanden gemeinsam bewirtschafteten Mündungsbereich der Ems liegt. Die FGE Ems umfasst 42 Grundwasserkörper, von denen 40 auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland liegen.

3 Die Beklagten schlossen zur Bewirtschaftung des deutschen Teils der FGE Ems 2007 die "Verwaltungsvereinbarung über die Bildung einer Flussgebietsgemeinschaft Ems zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in der Flussgebietseinheit Ems". Zur Erreichung der Umweltziele in der FGE Ems wurden 2009 ein internationaler Bewirtschaftungsplan sowie ein nationales Maßnahmenprogramm für den Zeitraum von 2010 bis 2015 veröffentlicht. Das nationale Maßnahmenprogramm und der internationale Bewirtschaftungsplan wurden für die Bewirtschaftungszeiträume 2015 bis 2021 und 2021 bis 2027 fortgeschrieben.

4 Der Kläger hat am 20. November 2019 Klage beim Oberverwaltungsgericht erhoben. Die Beklagten hätten mit der Aufstellung des Maßnahmenprogramms nicht die Maßnahmen ergriffen, derer es bedürfe, um die Bewirtschaftungsziele eines guten chemischen Zustands der Grundwasserkörper in Bezug auf Nitrat, des Ausbleibens einer Verschlechterung des Zustands der Grundwasserkörper in Bezug auf Nitrat sowie der Umkehr anhaltender und signifikanter Trends einer Steigerung der Nitratkonzentration im Grundwasser zu erreichen.

5 Ursprünglich hat der Kläger angekündigt, die Erstellung eines gemeinsamen nationalen Maßnahmenprogramms zu begehren. In der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht hat er bezüglich aller Grundwasserkörper der FGE Ems, die auf deutschem Hoheitsgebiet liegen, beantragt, die Beklagten zu verurteilen, gemeinsam das bestehende Maßnahmenprogramm für die FGE Ems so zu ändern, dass dieses die erforderlichen Maßnahmen enthalte, um den Grenzwert für Nitrat in Höhe von 50 mg/l schnellstmöglich zu erreichen, eine Verschlechterung des chemischen Zustands durch eine Zunahme der Nitratbelastung zu verhindern und alle menschlich verursachten signifikanten und anhaltenden Trends einer Steigerung der Konzentration von Nitrat umzukehren.

6 Das Oberverwaltungsgericht hat das Verfahren zum Teil eingestellt und die Beklagten im Übrigen entsprechend den Anträgen des Klägers verurteilt. Im Hinblick auf das Verbesserungsgebot hätten die Beklagten die Gründe für eine Fristverlängerung zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele nicht hinreichend dargelegt. Das führe zur Unwirksamkeit der Fristverlängerung und damit zur Nichterreichung des entsprechenden Bewirtschaftungsziels. Auch das Bewirtschaftungsziel des Verschlechterungsverbots sei nicht erreicht worden. Die Beklagten hätten verkannt, dass es zur Bewertung der Schadstoffbelastung auf jede einzelne Überwachungsstelle ankomme. Entsprechend sei keine ausreichende Auswirkungsprognose vorgenommen worden. Schließlich sei ein negativer Trend für zumindest zwei Grundwasserkörper dokumentiert, ohne dass die Beklagten insoweit eine Auswirkungsprognose angestellt hätten.

7 Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision. Zur Begründung machen sie geltend, die Fristverlängerungen und die Gründe hierfür bezogen auf jeden einzelnen Wasserkörper in den Anlagen zum internationalen Bewirtschaftungsplan angegeben zu haben. Im Übrigen führe eine unzureichende Darstellung im internationalen Bewirtschaftungsplan nicht zur Unwirksamkeit einer in Anspruch genommenen Fristverlängerung. Im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot sei es unzutreffend anzunehmen, dass schon eine Verschlechterung an nur einer Überwachungsstelle einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot darstelle. Wesentliche Maßnahme zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele sei das mehrfach, zuletzt im Jahr 2020, verschärfte Düngerecht. Dieses lasse auch eine Trendumkehr zum Positiven erwarten. Die Weiterleitung des Nitrats aus dem Sickerwasser in das Grundwasser sowie dessen dortiger Abbau dauere zum Teil viele Jahre und könne nicht weiter beschleunigt werden.

8 Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 21. November 2023 zu ändern und die Klage, soweit das Verfahren nicht eingestellt worden ist, abzuweisen.

9 Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, gemeinsam das bestehende Maßnahmenprogramm für die Flussgebietseinheit Ems unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts so zu ändern, dass dieses die erforderlichen Maßnahmen enthält, um
1. den Schwellenwert für Nitrat in Höhe von 50 mg/l in allen Grundwasserkörpern der Flussgebietseinheit Ems, die auf deutschem Hoheitsgebiet liegen, zu erreichen,
2. eine Verschlechterung des chemischen Zustands durch eine Zunahme der Nitratbelastung bei allen Grundwasserkörpern der Flussgebietseinheit Ems, die auf deutschem Hoheitsgebiet liegen, zu verhindern,
3. alle menschlich verursachten signifikanten und anhaltenden Trends einer Steigerung der Konzentration von Nitrat in den Grundwasserkörpern der Flussgebietseinheit Ems, die auf deutschem Hoheitsgebiet liegen, umzukehren,
sowie die Revision im Übrigen zurückzuweisen.

10 Er verteidigt das angegriffene Urteil.

11 Die Vertreterin des Bundesinteresses stellt keinen Antrag. Sie unterstützt das Vorbringen der Beklagten.

12 Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 6. März 2025 hinsichtlich des Antrags zu 1. (Erreichung des Schwellenwerts von 50 mg/l in allen Grundwasserkörpern der Flussgebietseinheit Ems, die auf deutschem Hoheitsgebiet liegen) abgetrennt und führt dieses Verfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG - 10 C 5.25 - fort.

II

13 Die Revision - soweit hier verfahrensgegenständlich - ist zulässig, aber unbegründet.

14 A. Das Oberverwaltungsgericht ist ohne Bundesrechtsverstoß von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen.

15 I. Die Klagebefugnis des Klägers ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 3, 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG i. V. m. § 2 Abs. 7, Nr. 1.4 der Anlage 5 UVPG. Bei dem Kläger handelt es sich um eine anerkannte Umweltvereinigung im Sinne des § 3 UmwRG. Er wendet sich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG, indem er die Rechtswidrigkeit des nationalen Maßnahmenprogramms Ems rügt. Hierbei handelt es ich um ein Programm im Sinne der vorgenannten Rechtsnorm. Nummer 1.4 der Anlage 5 zum UVPG erfasst i. V. m. § 2 Abs. 7 UVPG Maßnahmenprogramme nach § 82 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz - WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2023 (BGBl. I Nr. 409).

16 II. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Der Kläger begehrt mit der Anpassung des nationalen Maßnahmenprogramms ein tatsächliches Tätigwerden der Beklagten, das nicht auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet ist.

17 III. Ohne Bundesrechtsverstoß ist das Oberverwaltungsgericht von der Zulässigkeit der vorgenommenen Klageänderung ausgegangen. Nachdem der Kläger sich zunächst auf das nationale Maßnahmenprogramm 2015 bis 2021 bezogen hatte, hat er nach Erlass des aktualisierten nationalen Maßnahmenprogramms 2021 bis 2027 den Klageantrag hierauf umgestellt. Das Oberverwaltungsgericht hat dies als jedenfalls sachdienliche Klageänderung angesehen.

18 Eine Klageänderung ist gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. In der Revisionsinstanz ist insoweit nur zu prüfen, ob das Oberverwaltungsgericht den Rechtsbegriff der Sachdienlichkeit verkannt und damit die Grenze seines Ermessens überschritten hat. Dabei ist eine Klageänderung in der Regel als sachdienlich anzusehen, wenn sie der endgültigen Beilegung des Rechtsstreits dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (BVerwG, Urteil vom 18. August 2005 - 4 C 13.04 - BVerwGE 124, 132 <136>). Gemessen hieran ist die Annahme der Sachdienlichkeit durch das Oberverwaltungsgericht nicht zu beanstanden. Aus § 84 Abs. 1 WHG ergibt sich die Verpflichtung, Maßnahmenprogramme alle sechs Jahre zu überprüfen und, soweit erforderlich, zu aktualisieren. Hieraus folgt, dass es sich bei dem jeweils nachfolgenden Maßnahmenprogramm nicht um ein aliud, sondern um eine Fortentwicklung des bisherigen Maßnahmenprogramms handelt. Deshalb ist es auch naheliegend, eine Klageänderung, die eine während des gerichtlichen Verfahrens vorgenommene Aktualisierung des Maßnahmenprogramms aufgreift, als sachdienlich anzusehen. Gleiches gilt für den Wechsel von der jeweiligen Verurteilung der Beklagten hin zu ihrer gemeinsamen Verurteilung. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die Verpflichtung zur gemeinsamen Erstellung bzw. Anpassung des Maßnahmenprogramms aus § 7 Abs. 2 WHG ergibt.

19 B. Das Oberverwaltungsgericht ist auch zu Recht von der Begründetheit der Klage im Hinblick auf die dort gestellten Anträge 2 (Verschlechterungsverbot) und 3 (Trendumkehr) ausgegangen.

20 I. Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Bundesrecht auf eine unzutreffende Rechtsgrundlage abgestellt.

21 1. § 82 Abs. 5 WHG stützt das Begehren des Klägers nicht. Gemäß dieser Vorschrift sind u. a. nachträglich erforderliche Zusatzmaßnahmen in das Maßnahmenprogramm aufzunehmen, wenn sich aus der Überwachung oder aus sonstigen Erkenntnissen ergibt, dass die Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31, 44 und 47 WHG nicht erreicht werden können. Die Vorschrift erfasst ausschließlich Erkenntnisse, die nach dem Erlass des Maßnahmenprogramms gewonnen werden. Das ergibt sich zwar noch nicht aus der Formulierung der nachträglich erforderlichen Zusatzmaßnahmen. Denn auch - oder gerade - bei anfänglicher Fehlerhaftigkeit des Maßnahmenprogramms können nachträgliche Zusatzmaßnahmen erforderlich werden. Es folgt aber daraus, dass sich die den Anlass für die Ergreifung von Zusatzmaßnahmen gebenden Umstände aus der Überwachung oder aus sonstigen Erkenntnissen ergeben müssen. Dabei spricht zunächst der Begriff der Überwachung nachträgliche Erkenntnisse an. Er findet seine unionsrechtliche Grundlage in Art. 8 i. V. m. Ziffer 2.4.1 des Anhangs V der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 S. 1, Wasserrahmenrichtlinie - WRRL), zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2014/101/EU der Kommission und des Rates vom 30. Oktober 2014 (ABl. L 311 S. 32). Dort ist vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass Programme zur Überwachung des Zustands der Gewässer aufgestellt werden, damit ein zusammenhängender und umfassender Überblick über den Zustand der Gewässer in jeder Flussgebietseinheit gewonnen wird. Für die Grundwasserkörper beinhalten diese Programme die Überwachung des chemischen und des mengenmäßigen Zustands. Auch die Überwachung hat den Zweck, die Bewirtschaftungsziele zu erreichen, was u. a. in § 82 Abs. 5 WHG zum Ausdruck kommt. Sie vollzieht sich gemäß Ziffer 2.4.1 des Anhangs V zur WRRL durch die Einrichtung eines Grundwasserüberwachungsnetzes, das eine kohärente und umfassende Übersicht über den chemischen Zustand des Grundwassers in jedem Einzugsgebiet geben soll und durch das das Vorhandensein langfristiger anthropogener Trends zur Zunahme von Schadstoffen festgestellt werden kann. Die Mitgliedstaaten haben nach Absatz 2 dieser Ziffer für jeden Zeitraum, für den ein Bewirtschaftungsplan für Einzugsgebiete gilt, ein entsprechendes Überwachungsprogramm aufzustellen. Dessen Ergebnisse sind zur Erstellung eines operativen Überwachungsprogramms zu verwenden, das für die verbleibende Laufzeit des Plans anzuwenden ist. Umgesetzt wird dies durch §§ 100 ff. i. V. m. § 23 Abs. 1 Nr. 8 WHG, welcher eine Verordnungsermächtigung für die Überwachung der Gewässereigenschaften enthält. Hiervon wurde u. a. mit der Verordnung zum Schutz des Grundwassers (Grundwasserverordnung - GrWV) vom 9. November 2010 (BGBl. I S. 1513), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 12. Oktober 2022 (BGBl. I S. 1802) Gebrauch gemacht, deren § 9 Ziffer 2.4 .1 des Anhangs V zur WRRL umsetzt.

22 Auch die sonstigen Erkenntnisse, welche in § 82 Abs. 5 WHG angesprochen sind, betreffen nur nachträglich bekannt gewordene Sachverhalte und werden in § 82 Abs. 5 WHG nur der Vollständigkeit halber erwähnt, ohne dass ihnen ein spezifischer Inhalt zukommt (vgl. Czychowski/​Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, 13. Aufl. 2023, § 82 Rn. 43). Dem Gesetzgeber stand dabei vor Augen, dass die Vorschrift dazu dienen soll, Maßnahmenprogramme neuen Entwicklungen anzupassen (BT-Drs. 14/7755 S. 20). Damit sollte vermieden werden, dass erst mit der regelmäßigen sechsjährigen Aktualisierung auf schädliche Entwicklungen reagiert wird, obwohl zuvor schon entsprechende Erkenntnisse bestanden haben. Entsprechend unterliegen die Maßnahmenprogramme einem dauerhaften, dynamisch fortschreitenden Planungsprozess, was seinen Ausdruck in § 82 Abs. 5 WHG findet (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 [ECLI:​​DE:​​BVerwG:​​2017:​​090217U7A2.15.0] - BVerwGE 158, 1 Rn. 594; Durner, in: Landmann/​Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2024, § 82 WHG Rn. 89; Ginzky/​Brade, in: Giesberts/​Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, Stand Juli 2024, § 82 WHG Rn. 46 f.).

23 2. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts stellt sich aus anderen Gründen gleichwohl als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das Begehren des Klägers kann sich auf § 82 Abs. 1 WHG i. V. m. § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 UmwRG stützen. Bei § 82 Abs. 1 WHG handelt es sich um eine umweltrechtliche Vorschrift im Sinne des § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG. Der Kläger macht nicht geltend, dass sich das nationale Maßnahmenprogramm 2021 bis 2027 durch nachträgliche Erkenntnisse als unzulänglich zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele erwiesen hat. Vielmehr beruft er sich auf dessen Unzulänglichkeit zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele und damit auf dessen Rechtswidrigkeit von Anfang an.

24 II. Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 WHG ist für jede Flussgebietseinheit nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 ein Maßnahmenprogramm aufzustellen, um die Bewirtschaftungsziele nach Maßgabe der §§ 27 bis 31, 44 und 47 WHG zu erreichen. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WHG erklärt die Ems zu einer Flussgebietseinheit, wobei Satz 1 dieser Vorschrift bestimmt, dass die Gewässer (im Anwendungsbereich des Wasserhaushaltsgesetzes) nach Flussgebietseinheiten zu bewirtschaften sind. Die Bewirtschaftungsziele für Grundwasser, um das es hier allein geht, sind in § 47 Abs. 1 WHG definiert. Sie umfassen ein Verschlechterungsverbot (Nr. 1), ein Umkehrgebot für menschengemachte Trends ansteigender Schadstoffkonzentrationen (Nr. 2) und ein Verbesserungsgebot (Erhaltung und Erreichung eines guten mengenmäßigen und eines guten chemischen Zustands - Nr. 3). § 23 Abs. 1 Nr. 1 WHG enthält eine Verordnungsermächtigung zur Regelung der Anforderungen an die Gewässereigenschaften. U. a. hierauf stützt sich die Grundwasserverordnung, deren § 5 Abs. 1 Satz 1 auf die Schwellenwerte der Anlage 2 für die Beurteilung des chemischen Grundwasserzustands verweist. Dort ist in Übereinstimmung mit Anhang I Ziffer 1 der Richtlinie 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (ABl. L 372 S. 19 - im Folgenden: Grundwasser-RL) als Schwellenwert für Nitrat (NO3) 50 mg/l ausgewiesen.

25 1. Das Oberverwaltungsgericht ist ohne Verstoß gegen Bundesrecht davon ausgegangen, dass das nationale Maßnahmenprogramm 2021 bis 2027 die Vorgaben des § 47 Abs. 1 Nr. 1 WHG zum Verschlechterungsverbot nicht einhält. Nach dieser Vorschrift ist das Grundwasser so zu bewirtschaften, dass eine Verschlechterung seines mengenmäßigen und seines chemischen Zustands vermieden wird. Dieses Bewirtschaftungsziel bindet gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 WHG die zuständigen Behörden bei der Aufstellung des Maßnahmenprogramms. Von einer Verschlechterung des chemischen Zustands ist auszugehen, wenn mindestens eine der Qualitätsnormen oder einer der in Anlage 2 zur Grundwasserverordnung niedergelegten Schwellenwerte überschritten wird oder wenn sich die Konzentration eines Schadstoffs, dessen Schwellenwert bereits überschritten ist, voraussichtlich erhöhen wird (EuGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 [ECLI:​​EU:​​C:​​2020:​​391] - Rn. 119).

26 Das Verschlechterungsverbot ist eine in die Zukunft gerichtete Verpflichtung. Um seine Einhaltung zu überprüfen, hat die zuständige Behörde zunächst den Ist-Zustand zu ermitteln und daraufhin eine wasserkörperbezogene Auswirkungsprognose zu erstellen (BVerwG, Urteil vom 27. November 2018 - 9 A 8.17 [ECLI:​​DE:​​BVerwG:​​2018:​​271118U9A8.17.0] - BVerwGE 163, 380 Rn. 22; vgl. Schlussanträge GA Jääskinen vom 23. Oktober 2014 - C-461/13 [ECLI:​​EU:​​C:​​2014:​​2324] - Rn. 51). Als Prognosemaßstab dient der allgemeine ordnungsrechtliche Maßstab, wonach ein Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich sein muss (vgl. Elgeti, in: Schink/​Fellenberg, GK WHG, 2021, § 82 Rn. 33a).

27 Entgegen der Revision ist von einer Verschlechterung bereits dann auszugehen, wenn diese an einer einzigen Überwachungsstelle zu erwarten ist. Die Maßgeblichkeit einer jeden Überwachungsstelle ist bereits vom Gerichtshof der Europäischen Union im Sinne eines acte éclairé , also im Sinne einer gesicherten Rechtsprechung des Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 [ECLI:​​EU:​​C:​​1982:​​335] - Rn. 14, 21) festgestellt worden (EuGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - Rn. 111 ff., 119), sodass ihm diese Rechtsfrage nicht gemäß Art. 267 AEUV vorzulegen ist. Nach dieser Rechtsprechung sind zwar für die Einstufung eines Grundwasserkörpers als "gut" oder "schlecht" nach Ziffer 2.4.5 des Anhangs V zur WRRL die Ergebnisse der einzelnen Überwachungsstellen zusammenzurechnen. Für das Verschlechterungsverbot gilt dies indes nicht. Hier führt bereits die Nichterfüllung einer Qualitätskomponente an einer einzigen Überwachungsstelle zu dessen Verletzung.

28 a) Mit Überwachungsstelle ist nicht jede beliebige Messstelle im Grundwasserkörper gemeint, sondern nur eine solche, die in Umsetzung von Ziffer 2.4 des Anhangs V zur WRRL i. V. m. § 9 GrwV Aussagekraft für jedenfalls weite Teile des Grundwasserkörpers hat. Gemäß Ziffer 2.4.1 des Anhangs V zur WRRL ist das Grundwasserüberwachungsnetz so auszuweisen, dass eine kohärente und umfassende Übersicht über den chemischen Zustand des Grundwassers in jedem Einzugsgebiet gegeben wird und das Vorhandensein langfristiger anthropogener Trends zur Zunahme von Schadstoffen festgestellt werden kann. Nach Ziffer 2.4.3 des Anhangs V zur WRRL ist maßgeblich für die Auswahl der Überwachungsstellen die Repräsentativität der an diesen Stellen gewonnenen Überwachungsdaten für die Qualität des jeweiligen Grundwasserkörpers oder der jeweiligen Grundwasserkörper. Hierauf bezieht sich die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der die Repräsentativität jeder Überwachungsstelle als Grund dafür anführt, dass schon die Nichterfüllung einer Qualitätskomponente an einer einzigen Überwachungsstelle zeige, dass zumindest bei einem erheblichen Teil eines Grundwasserkörpers eine Verschlechterung des chemischen Zustands im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziffer i WRRL vorliegt (EuGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - Rn. 114 f.). Das bedeutet im Umkehrschluss, dass das Überschreiten des Schwellenwerts für eine Qualitätskomponente an einer einzelnen Grundwassermessstelle dann keinen hinreichenden Hinweis auf einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot liefert, wenn dieser Messstelle nicht die erforderliche Repräsentativität zukommt, die Ziffer 2.4 des Anhangs V zur WRRL verlangt. Das kann zum Beispiel der Fall sein bei Messstellen, die zur Überwachung einer Punktquelle eingerichtet worden sind, denen aber die Aussagekraft für übrige Teile des Grundwasserkörpers fehlt (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 21. November 2023 - 9 A 11.21 [ECLI:​​DE:​​BVerwG:​​2023:​​211123U9A11.21.0] - NVwZ 2024, 589 Rn. 49).

29 Der überwachungsstellenbezogenen Betrachtungsweise steht auch nicht der Einwand der Revision entgegen, dass zum Teil Jahrzehnte in Anspruch nehmende Abbau- bzw. Abflussprozesse des im Grundwasser befindlichen Nitrats zu Verschlechterungen an bestimmten Stellen führen könnten, ohne dass neue Nitratimmissionen hierfür ursächlich sind. Denn zum einen ist bereits ausgeführt worden, dass es bei der Betrachtung des Verschlechterungsverbots nur auf solche Überwachungsstellen ankommt, denen die nach der Wasserrahmenrichtlinie erforderliche Repräsentativität für den Grundwasserkörper zukommt. Zum anderen verpflichtet § 82 Abs. 3 und 4 WHG allein zur Ergreifung von Maßnahmen, die dazu dienen, die Bewirtschaftungsziele zu erreichen. Sind im Boden aber allein nicht verbesserungsfähige und nicht zu beschleunigende Prozesse im Gange, wie die Revision geltend macht, dann können die Beklagten auch nicht zur Ergreifung weiterer Maßnahmen verpflichtet sein. Denn diese dienten dann nicht der Erreichung der Bewirtschaftungsziele. Sie könnten nicht ursächlich für die Vermeidung einer (weiteren) Verschlechterung werden.

30 b) Diese Grundsätze gelten entgegen der Revision auch nicht nur bei der vorhabenbezogenen Betrachtung des Verschlechterungsverbots. Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist vielmehr zu entnehmen, dass die Verpflichtungen zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele, wie sie in Art. 4 WRRL niedergelegt sind, zunächst programmatischer Natur sind. Den Mitgliedstaaten obliegt es danach, innerhalb einer bestimmten Frist einen bestimmten Qualitätsstandard für sämtliche der Richtlinie unterfallenden Gewässer zu erreichen. Hierzu gehört auch die Einhaltung des Verschlechterungsverbots. Der Gerichtshof hat es in diesem Zusammenhang für notwendig befunden zu betonen, dass die sich aus Art. 4 WRRL ergebenden Verpflichtungen "auch" – und nicht wie die Revision meint: "ausschließlich" – auf Vorhaben beziehen (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 [ECLI:​​EU:​​C:​​2015:​​433] - Rn. 43, 47 und Schlussanträge GA Jääskinen vom 23. Oktober 2014 - C-461/13 - Rn. 78 sowie Urteil vom 5. Mai 2022 - C-525/20 [ECLI:​​EU:​​C:​​2022:​​350] - Rn. 24).

31 c) Indem die Beklagten die danach erforderliche überwachungsstellengenaue Auswirkungsprognose von vornherein als nicht geboten abgelehnt haben, mangelt es an einer solchen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht auch mit bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt.

32 Die diesbezüglich erhobenen Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg. Soweit diese erst im Schriftsatz vom 8. Juli 2024 enthalten sind (dort S. 4: Überraschungsrüge), verletzen sie die Revisionsbegründungsfrist des § 139 Abs. 3 VwGO und sind präkludiert (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 139 Rn. 31 m. w. N.).

33 Soweit die Beklagten im Übrigen bemängeln, zur Eignung des Verfahrens AGRUM-DE hätte ein Sachverständigengutachten vom Gericht eingeholt werden müssen, ist dies unbeachtlich, weil das Oberverwaltungsgericht hierauf nicht tragend abgestellt hat. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass eine Auswirkungsprognose fehlt. Zu dem Instrument AGRUM-DE äußert es sich erst in einem weiteren Teil der Entscheidungsgründe, der mit der Hypothese beginnt, "selbst wenn man das Vorliegen einer solchen Auswirkungsprognose annehmen wollte..." (UA S. 63).

34 Die Anforderungen des Verschlechterungsverbots sind damit mangels Erstellung einer überwachungsstellenscharfen Auswirkungsprognose nicht erfüllt.

35 2. Auch die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zur Verletzung des Gebots der Trendumkehr verstoßen nicht gegen Bundesrecht.

36 Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 WHG ist das Grundwasser so zu bewirtschaften, dass alle signifikanten und anhaltenden Trends ansteigender Schadstoffkonzentrationen auf Grund der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten umgekehrt werden. Ähnlich wie das Verschlechterungsverbot soll das Gebot der Trendumkehr einer Verschlechterung des chemischen Zustands des Grundwasserkörpers vorbeugen. Es greift allerdings schon früher als das Verschlechterungsverbot, nämlich gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 GrwV bereits dann, wenn die Schadstoffkonzentration drei Viertel des Schwellenwertes nach § 5 Abs. 1 GrwV erreicht. Auf diese Weise hat der Gesetzgeber eine Art Puffer geschaffen, der Raum für den Prozess der Trendumkehr schafft, bevor der Schwellenwert überschritten wird. Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass auch hierfür neben einer Feststellung des Ist-Zustands - hier also des Bestehens eines negativen Trends (vgl. hierzu Anlage 6 GrwV) – die Erstellung einer Auswirkungsprognose erforderlich ist.

37 Aus dem internationalen Bewirtschaftungsplan 2021 bis 2027 (Anhang 3.2) ergibt sich, dass bezüglich der Grundwasserkörper DEGB_DENI_36_02, Hase rechts Festgestein, und DEGB_DENI_38_01, Leda-Jümme Lockergestein links, ein negativer Trend im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 WHG i. V. m. § 10 Abs. 1 GrwV besteht. Unstreitig und durch das Oberverwaltungsgericht bindend festgestellt (§ 137 Abs. 2 VwGO) haben die Beklagten diesbezüglich keine Auswirkungsprognose angestellt. Dies macht das Maßnahmenprogramm insoweit rechtswidrig.

38 Einer Begrenzung der Entscheidungsformel auf die zwei betroffenen Grundwasserkörper bedarf es nicht, weil sich die aus dem Urteilsausspruch ergebende Verpflichtung der Beklagten von vornherein nur auf solche Grundwasserkörper bezieht, die einen negativen Trend aufweisen, und dieser nur bei den zwei genannten Grundwasserkörpern festgestellt worden ist.

39 III. Die gemeinsame Verurteilung der Beklagten verstößt nicht gegen Bundesrecht. Die Beklagten haben in Umsetzung ihrer Verpflichtung zur Koordinierung ihrer wasserwirtschaftlichen Planungen und Maßnahmen (§ 7 Abs. 2 WHG) das streitgegenständliche Maßnahmenprogramm gemeinsam und einheitlich aufgestellt. Dessen Änderung kann folglich ebenfalls nur gemeinsam vorgenommen werden.

40 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.