Beschluss vom 06.04.2022 -
BVerwG 1 WNB 1.22ECLI:DE:BVerwG:2022:060422B1WNB1.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.04.2022 - 1 WNB 1.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:060422B1WNB1.22.0]

Beschluss

BVerwG 1 WNB 1.22

  • TDG Süd 3. Kammer - 02.02.2022 - AZ: S 3 BLa 9/20

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
am 6. April 2022 beschlossen:

Der Rechtsbehelf wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I

1 Das Truppendienstgericht Süd hat mit Beschluss vom 2. Februar 2022 das Ablehnungsgesuch der Antragstellerin vom 15. September 2021 gegen den - mit Ablauf des 31. Dezember 2021 in den Ruhestand getretenen - Vizepräsidenten des Truppendienstgerichts ... zurückgewiesen. Hiergegen hat die Antragstellerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 13. Februar 2022 den "zulässigen Rechtsbehelf" eingelegt und beantragt,
den Beschluss des Truppendienstgerichts Süd vom 2. Februar 2022 - S 3 BLa 9/20 - aufzuheben und den Richter, Herrn Vizepräsident ..., für befangen zu erklären,
hilfsweise,
seine Befangenheit festzustellen.

2 Außerdem hat sie mündliche Verhandlung beantragt.

II

3 Der Rechtsbehelf ist insgesamt unzulässig.

4 1. Der Senat beschließt bei Entscheidungen, die - wie hier - keine abschließenden Entscheidungen in der Hauptsache darstellen, in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter (vgl. zu einer auf § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i.V.m. § 146 Abs. 1 VwGO gestützten Beschwerde BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2016 - 1 WB 38.16 - Buchholz 450.1 § 23a WBO Nr. 4 Rn. 16 m.w.N.). Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist, wie in der Regel bei derartigen Nebenentscheidungen, nicht erforderlich (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 2 Satz 3 WBO).

5 2. Der Rechtsbehelf ist im Haupt- und im Hilfsantrag bereits nicht statthaft. Die Wehrbeschwerdeordnung sieht insoweit kein Rechtsmittel vor.

6 a) Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Truppendienstgerichts sind in der Wehrbeschwerdeordnung abschließend aufgeführt (vgl. zum Folgenden BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2016 - 1 WB 38.16 - Buchholz 450.1 § 23a WBO Nr. 4 Rn. 18). Sie können nur durch den Gesetzgeber eingeführt und erweitert werden, wie dies insbesondere durch Art. 5 Nr. 18 des Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher und anderer Vorschriften (Wehrrechtsänderungsgesetz 2008) vom 31. Juli 2008 (BGBl. I S. 1629) geschehen ist. Rechtsmittel sind danach nur in Form der Rechtsbeschwerde gegen Hauptsacheentscheidungen des Truppendienstgerichts durch Beschluss (§ 22a WBO) und - im Falle der Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in einer solchen Hauptsacheentscheidung - in Form der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 22b WBO) gegeben. Entscheidungen des Truppendienstgerichts, die - wie vorliegend der Beschluss des Truppendienstgerichts über ein Ablehnungsgesuch - keine Entscheidung in der Hauptsache sind, können daher nur inzident im Rahmen der Rechtsbeschwerde oder der Nichtzulassungsbeschwerde, nicht aber isoliert angefochten werden. Ein der Beschwerde des § 146 Abs. 1 VwGO entsprechender oder vergleichbarer Rechtsbehelf ist in der Wehrbeschwerdeordnung nicht vorgesehen.

7 b) Eine entsprechende Anwendung der Regelung des § 146 Abs. 1 VwGO wird auch nicht durch § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO eröffnet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2016 - 1 WB 38.16 - Buchholz 450.1 § 23a WBO Nr. 4 Rn. 19 f.).

8 Gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO sind in den gerichtlichen Antragsverfahren sowie in den Verfahren nach den §§ 22a und 22b WBO - ergänzend zu den Vorschriften der Wehrbeschwerdeordnung - (unter anderem) die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Eigenart des Beschwerdeverfahrens entgegensteht. Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut - insbesondere der ausdrücklichen Nennung der Rechtsbeschwerde und der Nichtzulassungsbeschwerde - ergibt, kommt die entsprechende Anwendung von Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung nur ergänzend im Rahmen von Antrags- und Rechtsmittelverfahren in Betracht, die ihrer Art nach in der Wehrbeschwerdeordnung bereits vorgesehen sind. Aus § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO lassen sich jedoch keine neuen, gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsbehelfe begründen.

9 c) Der Rechtsbehelf der Beschwerde in entsprechender Anwendung von § 146 Abs. 1 VwGO wird auch nicht durch den aus dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit den Grundrechten folgenden allgemeinen Justizgewährungsanspruch (vgl. zu diesem BVerfG, Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 Rn. 33 ff.) eröffnet. Der Antragstellerin ist ausreichender und effektiver Rechtsschutz dadurch gewährleistet, dass sie die von ihr behaupteten Befangenheitsgründe im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung in der Hauptsache geltend machen kann. So ist im Übrigen auch im allgemeinen Verwaltungsprozessrecht eine selbständige Beschwerde ausgeschlossen (§ 146 Abs. 2 VwGO) und Rechtsschutz nur über das Rechtsmittel gegen die gerichtliche Entscheidung in der Sache selbst zulässig, wenn ein Ablehnungsgesuch gegen einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen wird (vgl. dazu auch BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2014 - 1 WB 49.13 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 89 Rn. 31 und vom 21. März 2019 - 1 WB 38.18 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 106 Rn. 17).