Urteil vom 06.11.2019 -
BVerwG 8 C 14.18ECLI:DE:BVerwG:2019:061119U8C14.18.0
Isolierte Aufhebung angefochtener Nebenbestimmungen nur bei Rechtmäßigkeit des verbleibenden Verwaltungsaktes
Leitsatz:
Belastende rechtswidrige Nebenbestimmungen, die einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügt wurden, können im Anfechtungsprozess nur isoliert aufgehoben werden, wenn der verbleibende Verwaltungsakt für sich genommen rechtmäßig ist.
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Rechtsquellen
GlüStV § 9 Abs. 7, § 12 Abs. 1, § 22 Abs. 2 Satz 1 VwGO § 42 Abs. 1, §§ 81, 88, 91, 92 Abs. 3, § 113 Abs. 1 Satz 1, § 125 Abs. 1, § 137 Abs. 1 Nr. 1, §§ 141, 144 Abs. 3 Nr. 1, § 144 Abs. 4, § 154 Abs. 1 VwVfG § 49 Abs. 2 Nr. 2 -
Instanzenzug
VG Mainz - 08.12.2016 - AZ: VG 1 K 33/15.MZ
OVG Koblenz - 05.02.2018 - AZ: OVG 6 A 10128/17
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 06.11.2019 - 8 C 14.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:061119U8C14.18.0]
Urteil
BVerwG 8 C 14.18
- VG Mainz - 08.12.2016 - AZ: VG 1 K 33/15.MZ
- OVG Koblenz - 05.02.2018 - AZ: OVG 6 A 10128/17
In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2019
durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hoock,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rublack und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller
für Recht erkannt:
- Soweit der Kläger die Klage - hinsichtlich des zweiten, im Berufungsverfahren gestellten hilfsweisen Verpflichtungsantrags - mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen hat und soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Insoweit sind das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 2018 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 8. Dezember 2016 wirkungslos.
- Im Übrigen wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 2018 geändert. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 8. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen.
Gründe
I
1 Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Nebenbestimmungen zu einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis.
2 Mit Bescheid vom 10. November 2014 erlaubte der Beklagte, vertreten durch das Ministerium der Finanzen, dem Kläger die bundesweite Veranstaltung und den Eigenvertrieb einer Fernsehlotterie für den Zeitraum 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2019 mit wöchentlichen Einzelziehungen in mehreren Loskategorien und einer garantierten Gewinnausschüttungsquote von 30 % sowie den Eigenvertrieb seines Glücksspielangebots im Internet. Der Erlaubnis fügte er zahlreiche Nebenbestimmungen bei.
3 Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen mehrere dieser Nebenbestimmungen abgewiesen. Einen hilfsweise gestellten Antrag auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten Erlaubnis ohne die angegriffenen Nebenbestimmungen hat das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung abgetrennt und zum Ruhen gebracht.
4 Im Berufungsverfahren hat der Kläger sein Anfechtungsbegehren weiterverfolgt und hilfsweise erneut die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten Erlaubnis ohne die angegriffenen Nebenbestimmungen verlangt. Das Oberverwaltungsgericht hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die angegriffenen Nebenbestimmungen aufgehoben. Die Klage sei als Anfechtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Gegen belastende Nebenbestimmungen sei die Anfechtungsklage gegeben, sofern deren isolierte Aufhebbarkeit nicht offenkundig von vornherein ausscheide. Der Umstand, dass ein Hauptverwaltungsakt und die ihm beigefügten Nebenbestimmungen aufgrund einer einheitlichen Ermessensentscheidung ergangen seien, schließe deren isolierte Aufhebbarkeit nicht aus. Anderes gelte, wenn die Aufhebung einer Nebenbestimmung zu einer Änderung des Inhalts des Hauptverwaltungsaktes führe. Das sei hier nicht der Fall. Die angegriffenen Nebenbestimmungen seien gegenüber dem Kläger rechtswidrig und aufzuheben, weil das Ministerium der Finanzen für deren Erlass - und auch für die erteilte Lotterieerlaubnis - sachlich unzuständig gewesen sei. Die Lotterieerlaubnis könne ohne die angegriffenen Nebenbestimmungen sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen. Sie verliere durch die Aufhebung der angegriffenen Nebenbestimmungen weder ihren Sinn noch werde sie allein durch diese Aufhebung rechtswidrig.
5 Zur Begründung der Revision trägt der Beklagte vor, die gegen die Nebenbestimmungen gerichtete Anfechtungsklage sei schon unstatthaft, weil es sich um modifizierende Auflagen handele. Sie dienten dem Spielerschutz und damit einem überragend wichtigen Gemeinwohlbelang. Für die Untrennbarkeit der Nebenbestimmungen vom Hauptverwaltungsakt spreche auch, dass die Länder, deren Glücksspielgesetze die Möglichkeit vorsehen, über § 22 Abs. 2 Satz 1 GlüStV hinaus Vorgaben für glücksspielrechtliche Erlaubnisse zu machen, der gebündelten Erlaubniserteilung an den Kläger ohne die angegriffenen Nebenbestimmungen nicht zugestimmt hätten. Außerdem veränderten die angegriffenen Nebenbestimmungen in ihrer Gesamtheit den ursprünglichen Antragsgegenstand grundlegend. Der selbständigen Anfechtbarkeit der angegriffenen Nebenbestimmungen stehe schließlich entgegen, dass diese zusammen mit dem Hauptverwaltungsakt im Rahmen einer einheitlichen Ermessensentscheidung erlassen worden seien. Würden daraus wesentliche Inhalte herausgebrochen, entstünde eine Ermessenslücke. Anders als in dem durch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 1982 - 8 C 23.80 - entschiedenen Fall könne die Behörde im Glücksspielrecht wegen des dort erhöhten Vertrauensschutzes des Erlaubnisinhabers auch nicht auf die Möglichkeit verwiesen werden, den nach Aufhebung der Nebenbestimmungen verbleibenden Verwaltungsakt zu widerrufen. Zudem gehe es vorliegend um die Durchsetzung überragend wichtiger gemeinwohlbezogener Ziele. Gegen die Annahme einer selbständigen Anfechtbarkeit der angegriffenen Nebenbestimmungen spreche schließlich auch der Grundsatz der Gewaltenteilung. Den Behörden seien im Glücksspielrecht weitgehende Ermessensspielräume eröffnet, die die Gerichte zu respektieren hätten.
6
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 2018 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 8. Dezember 2016 zurückzuweisen.
7
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
8 Er verteidigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts.
9 In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Nebenbestimmung Nr. 15 Buchst. i aufgehoben. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit daraufhin insoweit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt. Außerdem hat der Kläger seinen vor dem Oberverwaltungsgericht gestellten - zweiten - hilfsweisen Verpflichtungsantrag mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen.
II
10 Das Verfahren ist einzustellen und die Urteile der Vorinstanzen sind für wirkungslos zu erklären, soweit der Kläger seine Klage zurückgenommen hat und soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben (§§ 141, 125 Abs. 1, § 92 Abs. 3 Satz 1, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
11 Im Übrigen ist die Revision zulässig und begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Es stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden. Dies führt zur Änderung des Berufungsurteils und zur Zurückweisung der Berufung.
12 1. Der rechtliche Maßstab, den das Berufungsgericht bei der Prüfung der Statthaftigkeit der Klage angewendet hat (a) und die Erwägungen, mit denen es die selbständige Aufhebung der angegriffenen Nebenbestimmungen für rechtlich zulässig angesehen hat (b), sind nicht mit Bundesrecht vereinbar.
13 a) Das Oberverwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die isolierte Anfechtung von belastenden Nebenbestimmungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGO grundsätzlich statthaft ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. Juli 1995 - 1 B 23.95 - Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr. 19 und vom 31. Januar 2019 - 8 B 10.18 - juris Rn. 5). Ob eine solche Klage zur isolierten Aufhebung der angegriffenen Nebenbestimmung führen kann, hängt davon ab, ob der Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann. Dies ist eine Frage der Begründetheit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit der Nebenbestimmung offenkundig von vornherein ausscheidet (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. November 2000 - 11 C 2.00 - BVerwGE 112, 221 <224>, vom 21. Juni 2007 - 3 C 39.06 - Buchholz 418.32 AHG Nr. 48 Rn. 20 und vom 17. Oktober 2012 - 4 C 5.11 - BVerwGE 144, 341 Rn. 5; Beschlüsse vom 17. Juli 1995 - 1 B 23.95 - Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr. 19 und vom 31. Januar 2019 - 8 B 10.18 - juris Rn. 5).
14 Zutreffend erkannt hat das Berufungsgericht auch, dass die selbständige Anfechtbarkeit von Auflagen nicht schon deshalb ausscheidet, weil diese Auflagen und der Hauptverwaltungsakt, dem sie beigefügt wurden, aufgrund einer einheitlichen Ermessensentscheidung ergangen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1982 - 8 C 23.80 - BVerwGE 65, 139 <141 f.>). Den dagegen gerichteten Einwänden der Revision ist nicht zu folgen. Dass bei Vorliegen einer einheitlichen Ermessensentscheidung die gerichtliche Aufhebung allein der rechtswidrigen Nebenbestimmung zunächst eine Begünstigung zurücklässt, die die Behörde so nicht hat gewähren wollen, rechtfertigt nicht dem Betroffenen die Anfechtung als Rechtsmittel prinzipiell vorzuenthalten. Liegen auch die Voraussetzungen einer isolierten Aufhebung der rechtswidrigen Nebenbestimmung vor, kann die Behörde von bestehenden Widerrufsmöglichkeiten, etwa aufgrund eines Widerrufsvorbehaltes oder nach § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG, Gebrauch machen, um den nach erfolgreicher isolierter Anfechtung von Nebenbestimmungen verbleibenden restlichen Verwaltungsakt aufzuheben (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 1982 - 8 C 23.80 - BVerwGE 65, 139 <141 f.>). Für den Widerruf glücksspielrechtlicher Verwaltungsakte gelten, anders als die Revision meint, keine strengeren Anforderungen als bei sonstigen Verwaltungsakten. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die isolierte Aufhebung von Nebenbestimmungen die Grenzen überschreitet, die durch das Gewaltenteilungsprinzip gezogen werden.
15 Nicht mit Bundesrecht vereinbar ist die Ansicht des Berufungsgerichts, eine isolierte Anfechtung einer Nebenbestimmung komme nicht in Betracht, wenn diese erforderlich sei, um eine Voraussetzung für den Erlass des Verwaltungsaktes herbeizuführen oder einen gesetzlichen Versagungsgrund auszuräumen. In solchen Fällen ist eine isolierte Anfechtbarkeit nicht offenkundig von vornherein ausgeschlossen. Ob die Nebenbestimmung isoliert aufgehoben werden kann oder ob der Verwaltungsakt ohne sie nicht sinnvoller- und rechtmäßigerweise fortbestehen könnte, ist eine Frage der Begründetheit der Klage (BVerwG, Urteile vom 17. Februar 1984 - 4 C 70.80 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 137 S. 29 f. und vom 22. November 2000 - 11 C 2.00 - BVerwGE 112, 221 <224>; dazu sogleich näher Rn. 18 ff.).
16 b) Gegen Bundesrecht verstößt das Berufungsurteil auch, soweit es die selbständige Aufhebbarkeit der angegriffenen Nebenbestimmungen bejaht.
17 aa) Das Urteil geht zunächst zutreffend davon aus, dass die vom Ministerium der Finanzen des Beklagten erlassenen angegriffenen Nebenbestimmungen rechtswidrig sind, weil sie gegen § 9 Abs. 7 GlüStV verstoßen. Diese Norm verbietet die Ausübung von Aufgaben der Glücksspielaufsicht durch das für Finanzen zuständige Ministerium. Die Beifügung von Nebenbestimmungen zu einer Erlaubnis für eine Lotterie mit geringerem Gefährdungspotential nach § 12 Abs. 1 GlüStV fällt in den Anwendungsbereich der Vorschrift. Sie untersagt ausnahmslos die Ausübung von Glücksspielaufsicht durch eine Behörde, die für Finanzen des Landes zuständig ist. Die Entstehungsgeschichte und der daraus abzuleitende Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten insoweit keine Einschränkung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2018 - 8 B 7.18 - juris Rn. 3 ff.). An dem Verstoß der angefochtenen Nebenbestimmungen gegen § 9 Abs. 7 GlüStV ändert der zwischenzeitliche Übergang der Zuständigkeit für die Erteilung von Erlaubnissen für Lotterien mit geringem Gefährdungspotential auf das Ministerium des Inneren und für Sport des Beklagten nichts.
18 bb) Zu Recht nimmt das Berufungsgericht weiter an, dass die angegriffenen Nebenbestimmungen nur dann isoliert aufgehoben werden können, wenn der nach ihrer Aufhebung verbleibende Bescheid sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Februar 1984 - 4 C 70.80 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 137 S. 29 f., vom 19. Januar 1989 - 7 C 31.87 - BVerwGE 81, 185 <186>, vom 22. November 2000 - 11 C 2.00 - BVerwGE 112, 221 <224>, vom 21. Juni 2007 - 3 C 39.06 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 48 Rn. 20 und vom 17. Oktober 2012 - 4 C 5.11 - BVerwGE 144, 341 Rn. 5; Beschlüsse vom 17. Juli 1995 - 1 B 23.95 - Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr. 19 S. 5 f. und vom 16. August 1995 - 1 B 25.95 - juris Rn. 4).
19 Seine weitergehende Ansicht, es komme für die Frage, ob ein nach Aufhebung einer belastenden Nebenbestimmung verbleibender begünstigender Verwaltungsakt rechtmäßigerweise bestehen bleiben könne, darauf an, ob er gerade durch die Aufhebung der belastenden Nebenbestimmung rechtswidrig werde, verstößt jedoch gegen Bundesrecht. Eine belastende Nebenbestimmung, die einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügt wird, darf vielmehr im Anfechtungsprozess nur dann isoliert aufgehoben werden, wenn der verbleibende Verwaltungsakt für sich genommen rechtmäßig ist. Nur dann kann dieser im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts rechtmäßigerweise bestehen bleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 - 4 C 70.80 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 137 S. 29). Ob und in welchem Umfang ein mit der Klage angegriffener Verwaltungsakt aufgehoben wird, richtet sich nach dem materiellen Recht (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1976 - 4 C 80.74 - BVerwGE 51, 15 <24>; Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juli 2019, § 113 Rn. 7; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 10), nach dem sich auch die Frage beantwortet, ob ein an die Verwaltung gerichtetes Leistungsbegehren sachlich begründet ist. Findet ein auf ein derartiges Leistungsbegehren ergangener begünstigender Verwaltungsakt keine Grundlage im materiellen Recht, so hat sein Adressat darauf keinen Anspruch. Nichts anderes gilt, wenn einer solchen rechtswidrigen Begünstigung ihrerseits ebenfalls rechtswidrige Nebenbestimmungen beigefügt sind. Damit besteht aber auch kein Recht auf deren isolierte verwaltungsgerichtliche Aufhebung, die mit der Konsequenz verbunden wäre, dass der materiell rechtswidrige und dem Adressaten nicht zustehende Verwaltungsakt weiterhin Geltung beanspruchte.
20 Aus den Regelungen des Verwaltungsprozessrechts folgt nichts anderes. § 42 Abs. 1 und § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann lediglich entnommen werden, wann ein Teil eines Verwaltungsaktes selbständig angegriffen werden kann. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO setzt die Existenz eines materiell-rechtlichen Aufhebungsanspruchs voraus. Nur in dessen Umfang besteht auch ein prozessualer Anspruch auf Aufhebung des angegriffenen Verwaltungsaktes oder eines Teiles davon (vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 11). Keine andere Sichtweise gebietet schließlich auch die den Verwaltungsprozess beherrschende Dispositionsmaxime, die unter anderem in §§ 81, 88, 91 und 92 VwGO zum Ausdruck kommt. Mit ihrer Anerkennung räumt die Verwaltungsgerichtsordnung den Beteiligten lediglich die Befugnis ein, über den Streitgegenstand des Verwaltungsprozesses zu disponieren. Die zulässige Klageart, das materiell-rechtliche Prüfprogramm des Gerichts und der Umfang der daraus folgenden prozessualen Ansprüche des Klägers unterliegen dagegen nicht ihrer Disposition.
21 2. Das Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die vom Kläger angegriffenen Nebenbestimmungen sind zwar isoliert anfechtbar (a), können aber nicht isoliert aufgehoben werden (b).
22 a) Soweit die der glücksspielrechtlichen Erlaubnis beigefügten Nebenbestimmungen noch Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, ist die gegen sie erhobene Anfechtungsklage statthaft. Ihre isolierte Aufhebung scheidet nicht offenkundig von vornherein aus. Dass sie zusammen mit dem begünstigenden Hauptverwaltungsakt im Rahmen einer einheitlichen Ermessensentscheidung ergangen sind, steht ihrer isolierten Anfechtbarkeit, wie ausgeführt nicht entgegen. Die angegriffenen Nebenbestimmungen stellen sich auch nicht als nicht selbständig anfechtbare Inhaltsbestimmungen oder modifizierende Auflagen dar, denn sie ändern oder berühren jeweils den Gegenstand der Erlaubnis nicht. Den Gegenstand der Erlaubnis für Lotterien mit geringerem Gefährdungspotential beschreibt § 17 GlüStV. Danach wird der Gegenstand der Erlaubnis durch den Veranstalter, die Art, den Ort oder das Gebiet, sowie durch Beginn und Dauer der Veranstaltung, den Verwendungszweck des Reinertrages, den Spielplan und die Vertriebsform definiert. Diese Merkmale sind nicht Gegenstand der angegriffenen Nebenbestimmungen. Die weiteren vom Beklagten für einen Ausschluss der isolierten Anfechtbarkeit vorgebrachten Argumente greifen nicht durch. Weder die Rechtsgüter, die mit den angegriffenen Nebenbestimmungen geschützt werden sollen noch der Wille der im Glücksspielkollegium über die Erlaubnis entscheidenden Länder schränken die isolierte Anfechtbarkeit der angegriffenen Nebenbestimmungen ein.
23 b) Die angegriffenen Nebenbestimmungen können aber nicht isoliert aufgehoben werden. Denn der verbleibende Verwaltungsakt entspräche nicht der Rechtsordnung. Er wäre ebenso wie die angegriffenen Nebenbestimmungen rechtswidrig, weil auch er unter Verstoß gegen § 9 Abs. 7 GlüStV von dem Ministerium der Finanzen des Beklagten erlassen wurde.
24 3. Der Senat kann selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO), weil keine weitere Aufklärung in der Sache erforderlich ist und die Berufung zurückweisen.
25 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2 und § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, entspricht es im Hinblick auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO der Billigkeit, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens trägt.