Beschluss vom 07.07.2023 -
BVerwG 8 B 17.23ECLI:DE:BVerwG:2023:070723B8B17.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.07.2023 - 8 B 17.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:070723B8B17.23.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 17.23

  • VG Greifswald - 06.04.2022 - AZ: 2 A 1985/21 HGW

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Juli 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hoock und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Meister
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2022 - 8 B 30.22 - wird verworfen.
  2. Die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2022 - 8 B 30.22 - wird von Amts wegen geändert und der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren auf 19 190,08 € festgesetzt.
  3. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten trägt die Kosten für das Rügeverfahren. Von einer Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen.

Gründe

1 Mit Beschluss vom 20. Dezember 2022 hat der Senat den Streitwert im Verfahren - 8 B 30.22 - gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5 000 € festgesetzt. Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 25. Januar 2023 zugestellt worden. Am 22. März 2023 hat er im eigenen Namen ausdrücklich Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 20. Dezember 2022 erhoben, mit der er die Heraufsetzung des Streitwerts auf wenigstens 56 880,15 € begehrt.

2 1. Die Anhörungsrüge ist zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist.

3 Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat eine Anhörungsrüge nach § 152a Abs. 1 VwGO erhoben. In seiner Antragsbegründung bezieht er sich ausschließlich auf diese Rügemöglichkeit nach der Verwaltungsgerichtsordnung und bringt damit zum Ausdruck, dass er allein von dieser Gebrauch machen will. Das steht einer Umdeutung seines anwaltlichen Vorbringens in eine Rüge gemäß § 69a GKG entgegen (vgl. BFH, Beschluss vom 21. November 2007 - X S 30/07 - juris Rn. 4).

4 2. Der Senat hat die Anhörungsrüge zum Anlass genommen, die Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 20. Dezember 2022 von Amts wegen zu überprüfen. Das führt zur Änderung der Festsetzung des Wertes des Streitgegenstands für das Beschwerdeverfahren gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GKG. Der Streitwert ist für das Beschwerdeverfahren auf 19 190,08 € festzusetzen.

5 Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bei der Ausübung des Ermessens kommt es auf das objektiv zu beurteilende Interesse des Klägers an. Der Umfang der Sache, der Arbeitsaufwand des Gerichts sowie die wirtschaftliche Situation des Klägers können daher bei der Streitwertfestsetzung nicht berücksichtigt werden (BVerwG, Beschluss vom 15. September 2015 - 9 KSt 2.15 - Buchholz 360 § 52 GKG Nr. 17 Rn. 3). Die Bedeutung der Sache für den Kläger ergibt sich regelmäßig auch aus seinem wirtschaftlichen Interesse (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2003 - 7 KSt 4.03 - NVwZ-RR 2003, 904; Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl. 2021, § 52 GKG Rn. 3; Hofmann-Hoeppel/Luber/Schäfer, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl. 2021, § 52 GKG Rn. 12). Die Festsetzung des Auffangwerts von 5 000 € nach § 52 Abs. 2 GKG kommt nur in Betracht, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Das ist erst dann der Fall, wenn alle anderen Möglichkeiten zur Bestimmung ausgeschöpft wurden (Elzer, in: Toussaint, Kostenrecht, 53. Aufl. 2023, § 52 GKG Rn. 19; vgl. auch Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, § 52 GKG Rn. 6; Hofmann-Hoeppel/Luber/Schäfer, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl. 2021, § 52 GKG Rn. 18 ff. - jeweils m. w. N. zur Rspr).

6 Hier bietet der Sach- und Streitstand nach dem Vorbringen der Beteiligten - auch - im Rügeverfahren genügende Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts. Der Kläger hat zwar bewusst keinen bezifferten Antrag gestellt und auch keine konkreten Angaben zu dem nach seiner Auffassung zu seinen Gunsten durch den Beklagten festzusetzenden Betrag gemacht. Gleichwohl lässt sich sein wirtschaftliches Interesse beziffern. Der Kläger hat vom Beklagten die Feststellung eines Schadensersatzspruchs wegen Pflichtverletzungen des staatlichen Verwalters gemäß § 13 VermG für den Zeitraum vom 9. September 1981 bis zum 30. Juni 1994 für ein in seinem Eigentum stehendes Hausgrundstück begehrt. Die Höhe dieses Anspruchs soll aus den "verbrieften" Mieteinnahmen für das streitgegenständliche Grundstück im genannten Zeitraum abzüglich der während dieser Zeit getätigten Instandhaltungsaufwendungen ermittelt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2022 - 8 B 30.22 - juris Rn. 7). Jedenfalls die als Rechnungsposten begehrten Mieteinnahmen lassen sich für den genannten Zeitraum dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2008 - III ZR 303/07 – (NJW-RR 2009, 89) entnehmen, da über diese in dem genannten Verfahren rechtskräftig entschieden wurde. Sie belaufen sich danach für den gesamten Zeitraum der staatlichen Verwaltung und danach bis zum 30. Juni 1994 auf 111 260,30 €. Hiervon sind 34 500 € für den Zeitraum bis zum 9. September 1981 abzuziehen, die der Kläger nicht (mehr) geltend macht. Im Hinblick auf den Umstand, dass von den sich so ergebenden 76 760,30 € noch die nicht näher bezifferten Instandhaltungsaufwendungen abzuziehen sind und der Kläger lediglich die Bescheidung seines Schadensersatzbegehrens beantragt hat, ist der für ihn sich ergebenden wirtschaftlichen Bedeutung der Sache mit einem Viertel von 76 760,30 €, mithin 19 190,08 €, angemessen Rechnung getragen. Gegenteilige Anhaltspunkte sind auch der Stellungnahme des Klägers zum Antrag und zur Höhe des wirtschaftlichen Interesses nicht zu entnehmen.

7 Eine Änderung der verwaltungsgerichtlichen Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG kommt nicht in Betracht, da das Verfahren in der Hauptsache bereits abgeschlossen ist. Zwar wird unter bestimmten Umständen eine Änderung des vorinstanzlichen Streitwerts durch das Rechtsmittelgericht auch noch nach Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache in der Rechtsmittelinstanz für möglich gehalten. Das betrifft jedoch lediglich die Fälle, in denen das Rechtsmittelgericht die Streitwertfestsetzung der Vorinstanz bereits zuvor geändert hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. März 2021 - 4 BN 61.20 - juris Rn. 9) oder in denen ein statthafter Rechtsbehelf gegen die Streitwertfestsetzung erhoben worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. August 2013 - 7 KSt 1.13 - juris Rn. 2). Beides ist hier nicht der Fall.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 21 Abs. 1 GKG.