Urteil vom 10.04.2025 -
BVerwG 3 C 11.23ECLI:DE:BVerwG:2025:100425U3C11.23.0
Vereinbarung des Gesamtbetrags nach § 3 Abs. 3 BPflV
Leitsatz:
Nach § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV sind bei der Vereinbarung des Gesamtbetrags allein die Kosten für erforderliches therapeutisches Personal zu berücksichtigen, das gegenüber dem Vorjahr zusätzlich vereinbart wird, und nicht auch die Kosten für erforderliches therapeutisches Personal, das bereits im Gesamtbetrag für das Vorjahr vereinbart gewesen ist.
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Rechtsquellen
KHG § 17 Abs. 1 Satz 3, Abs. 1a, § 17d Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, § 18 Abs. 5 BPflV § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, 2, 3 und 4, § 11 Abs. 1 Satz 1, § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, § 18 Abs. 2 und 3 SGB V § 136a Abs. 2 -
Instanzenzug
VG Karlsruhe - 22.05.2023 - AZ: 12 K 619/22
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 10.04.2025 - 3 C 11.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:100425U3C11.23.0]
Urteil
BVerwG 3 C 11.23
- VG Karlsruhe - 22.05.2023 - AZ: 12 K 619/22
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. April 2025 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß und Dr. Sinner und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hellmann für Recht erkannt:
- Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 22. Mai 2023 werden zurückgewiesen.
- Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte; ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie jeweils selbst.
Gründe
I
1 Die Kläger, eine Krankenkasse und zwei Zusammenschlüsse von Krankenkassen, wenden sich gegen einen Bescheid des Beklagten über die Genehmigung des Gesamtbetrags nach § 3 Abs. 3 der Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung - BPflV) für den Vereinbarungszeitraum 2020 für das beigeladene Krankenhaus.
2 Die Beigeladene ist ein psychiatrisches Fachkrankenhaus in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Baden-Württemberg. Sie erfüllt unter anderem Aufgaben der vollstationären und teilstationären Krankenversorgung in den Fachgebieten Psychiatrie und Psychotherapie sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (§ 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Errichtung der Zentren für Psychiatrie <EZPsychG> vom 3. Juli 1995 <GBl. S. 510>, zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. Februar 2017 <GBl. S. 99, 104>). In der Verhandlung mit den Klägern über ihr Budget und die Krankenhausentgelte für das Jahr 2020 blieb streitig, wie die Kosten für therapeutisches Personal im Gesamtbetrag nach § 3 Abs. 3 BPflV zu berücksichtigen waren. Die Beigeladene war der Auffassung, dass sie nach § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 i. V. m. Satz 5 BPflV einen Anspruch auf Finanzierung der gesamten im Jahr 2020 anfallenden, tarifvertraglich begründeten Personalkosten habe. Die Kläger meinten, dass nach § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV allein die Mehrkosten für gegenüber dem Vorjahr (2019) zusätzlich vereinbartes therapeutisches Personal und nicht auch die Kosten für Bestandspersonal zu berücksichtigen seien.
3 Die daraufhin im Dezember 2020 von der Beigeladenen angerufene Schiedsstelle zur Festsetzung der Krankenhauspflegesätze für Baden-Württemberg setzte aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. April 2021 das Psychiatriebudget gemäß dem Antrag der Beigeladenen fest. Der festgesetzte Gesamtbetrag belief sich (ohne Ausgleiche und Berichtigungen für Vorjahre) auf 75 101 714 €. Den abweichenden Antrag der Kläger mit einem um 2 623 705 € niedrigeren Gesamtbetrag lehnte die Schiedsstelle ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Kläger nach § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 i. V. m. Satz 5 BPflV zur Finanzierung des erforderlichen therapeutischen Personals in tariflicher Höhe verpflichtet seien. Der Grundsatz der Beitragssatzstabilität stehe der vollständigen Berücksichtigung der Personalkosten im Gesamtbetrag nicht entgegen. Nach § 3 Abs. 3 Satz 5 BPflV dürfe der Gesamtbetrag über den Veränderungswert hinaus erhöht werden, soweit der Tatbestand nach Satz 4 Nummer 5 dies - wie hier - erfordere. Das Regierungspräsidium Karlsruhe genehmigte auf Antrag der Beigeladenen durch Bescheid vom 26. Januar 2022 das Budget und die Entgelte für 2020 auf der Grundlage der Schiedsstellenentscheidung. Die Festsetzung des Gesamtbetrags sei rechtmäßig. Nach § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV seien auch die Kosten für therapeutisches Bestandspersonal zu berücksichtigen.
4 Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat den Genehmigungsbescheid durch Urteil vom 22. Mai 2023 aufgehoben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten. § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV sei keine Rechtsgrundlage für die Finanzierung des therapeutischen Bestandspersonals. Nach dieser Vorschrift seien bei der Vereinbarung des Gesamtbetrags die Umsetzung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (im Folgenden: G-BA) nach § 136a Abs. 2 SGB V festgelegten Anforderungen zur Ausstattung mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal (Halbsatz 1) sowie eine darüberhinausgehende erforderliche Ausstattung (Halbsatz 2) zu berücksichtigen. § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 Halbs. 1 BPflV knüpfe an einen bereits vorhandenen Personalbestand an, der sich aufgrund der Umsetzung der vom G-BA beschlossenen Vorgaben in der Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-Richtlinie) erhöhe. Die Regelung erfasse somit allein die Kosten für zusätzliches Personal. § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 Halbs. 2 BPflV knüpfe mit der Formulierung "eine darüberhinausgehende erforderliche Ausstattung" an die PPP-Richtlinie an und beziehe sich demzufolge ebenfalls nur auf Mehrkosten durch neue Personalstellen. Die Normsystematik stütze diese Auslegung. Kostenentwicklungen beim Bestandspersonal würden in § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 3 BPflV geregelt. Zudem enthalte § 3 Abs. 4 BPflV eine gesonderte Regelung über die anteilige Finanzierung von Tariferhöhungen. Die Vorgaben des § 6a Abs. 2 Satz 4 und 5 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) zur Vereinbarung eines Pflegebudgets im somatischen Krankenhausbereich seien weder direkt noch entsprechend anwendbar. Das Auslegungsergebnis werde durch die Entstehungsgeschichte des § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV gestützt. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergebe sich, dass der Normgeber die mit den G-BA-Festlegungen verbundenen Mehrkosten für das einzelne Krankenhaus finanzieren wollte. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift folge nichts Anderes.
5 Mit ihren vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevisionen machen der Beklagte und die Beigeladene im Wesentlichen geltend: Aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV ergebe sich keine Beschränkung auf therapeutisches Personal, das zusätzlich zum Vorjahr vereinbart werde. Anders als in § 3 Abs. 3 Satz 10 BPflV werde der Begriff "zusätzlich" nicht verwendet. Das Auslegungsergebnis des Verwaltungsgerichts lasse sich auch nicht aus dem Begriff "Umsetzung" ableiten, weil sich aus den festgelegten Anforderungen zur Personalausstattung eine Gesamtzahl für das therapeutische Personal ergebe und nicht lediglich die Zahl zusätzlicher Stellen. Es sei auch nicht überzeugend, dass eine gegenüber dem Vorjahr geringere erforderliche Ausstattung nicht vom Tatbestand erfasst sein solle. Die Ausführungen im angefochtenen Urteil zur systematischen Auslegung gingen fehl. § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 3 BPflV erfasse Kostensteigerungen, die sich im Vereinbarungszeitraum entwickelten. Die von der Beigeladenen für 2020 geltend gemachten tariflichen Mehrkosten beim Personal knüpften aber an bereits im Vorjahr vereinbarte Personalstellen an. Des Weiteren sei es widersprüchlich, wenn ein Krankenhaus nach § 18 Abs. 2 Satz 3 BPflV die Stellenbesetzung nachweisen müsse und den Regelungen des § 3 Abs. 3 Satz 8 ff. BPflV über die Absenkung des Gesamtbetrags bei Unterschreitung der vereinbarten Stellenzahl unterliege, ihm jedoch die Kosten für das vorzuhaltende erforderliche therapeutische Personal nicht vollständig finanziert würden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei die Bezahlung von tariflichen Vergütungen stets als wirtschaftlich angemessen zu werten. § 6a Abs. 2 Satz 5 KHEntgG enthalte für das Pflegebudget somatischer Krankenhäuser eine entsprechende Regelung. Es sei nicht ersichtlich, weshalb hier Anderes gelten sollte. Das angefochtene Urteil berücksichtige auch nicht die Unterschiede zur Rechtslage für die Vereinbarungszeiträume bis 2019. Der gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 BPflV in Bezug genommene § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 BPflV a. F. sei als Ausnahmeregelung gekennzeichnet gewesen; sein Wortlaut habe deutlich gemacht, dass nur Kosten für zusätzliches Personal erfasst gewesen seien. Schließlich spreche der Regelungszweck für eine Einbeziehung des therapeutischen Bestandspersonals. § 6 Abs. 4 BPflV a. F. und § 18 Abs. 3 Satz 1 BPflV belegten, dass der Normgeber eine Finanzierung des erforderlichen therapeutischen Personals in Höhe der tariflichen Vergütung beabsichtige. Auch sollten Krankenhäuser, die wie die Beigeladene bereits vor Einführung der Mindestpersonalvorgaben durch die PPP-Richtlinie die Anforderungen erfüllten oder sogar eine darüberhinausgehende erforderliche Ausstattung mit therapeutischem Personal vorhielten, nicht schlechter gestellt sein als Krankenhäuser, die ihr therapeutisches Personal zwecks Umsetzung der PPP-Richtlinie aufstockten. Die Finanzierungslücke im Budget der Beigeladenen resultiere daraus, dass im Gesamtbetrag für 2019 Kosten für erforderliches therapeutisches Personal unberücksichtigt geblieben seien und der Gesamtbetrag für 2020 nach § 3 Abs. 3 Satz 2 BPflV an die Vereinbarung des Vorjahres anknüpfe. Ein Schließen der Finanzierungslücke durch Einsparung von Personal komme wegen der verbindlichen Vorgaben der PPP-Richtlinie und des § 18 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 3 Satz 8 BPflV nicht in Betracht. Der Gesetzgeber sei bestrebt, die Finanzierung im psychiatrischen Krankenhausbereich qualitätsfördernd und effizient zu stabilisieren. Dem entspreche es, die Kosten für erforderliches therapeutisches Personal vollständig im Gesamtbetrag des Krankenhauses zu berücksichtigen. Dafür sprächen auch § 1 und § 4 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. Hilfsweise werde das Begehren auf das Bestehen einer Regelungslücke gestützt, die durch eine analoge Anwendung von Vorschriften zu schließen sei, die eine Finanzierung tariflicher Personalkosten auch oberhalb der Veränderungsrate und für das gesamte erforderliche Personal vorsähen, wie z. B. § 6a KHEntgG, § 111c SGB V und § 82c, § 84 Abs. 2 SGB XI.
6 Die Kläger verteidigen das angegriffene Urteil.
7 Die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht trägt vor, dass das Bundesministerium für Gesundheit das angefochtene Urteil für zutreffend halte.
II
8 Die gemäß § 134 Abs. 1 VwGO zulässigen Sprungrevisionen des Beklagten und der Beigeladenen sind unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung von revisiblem Recht. Das Verwaltungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) angenommen, dass die zulässige Anfechtungsklage begründet ist. Der Bescheid des Beklagten vom 26. Januar 2022 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die genehmigte Schiedsstellenfestsetzung des Gesamtbetrags für die Beigeladene für das Jahr 2020 widerspricht § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 i. V. m. Satz 5 Halbs. 1 BPflV.
9 1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides sind die Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung - BPflV) vom 26. September 1994 (BGBl. I S. 2750) sowie das Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl. I S. 886), jeweils in der für den Vereinbarungszeitraum 2020 geltenden Fassung (im Folgenden: BPflV, KHG).
10 a) Gemäß § 17d Abs. 1 KHG, § 1 Abs. 1 BPflV werden nach der Bundespflegesatzverordnung die vollstationären, stationsäquivalenten und teilstationären Leistungen von Fachkrankenhäusern und selbstständigen, gebietsärztlich geleiteten Abteilungen an somatischen Krankenhäusern für die Fachgebiete Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (psychiatrische Einrichtungen) sowie Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (psychosomatische Einrichtungen) vergütet.
11 b) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 BPflV, § 18 Abs. 5 Satz 1 KHG erteilt die zuständige Landesbehörde auf Antrag einer der Vertragsparteien die Genehmigung für den vereinbarten oder von der Schiedsstelle nach § 13 BPflV festgesetzten krankenhausindividuellen Basisentgeltwert, das Erlösbudget, die Erlössumme, die sonstigen Entgelte und die krankenhausindividuell ermittelten Zu- und Abschläge, wenn die Vereinbarung oder Festsetzung den Vorschriften der Bundespflegesatzverordnung und des Krankenhausfinanzierungsgesetzes sowie sonstigem Recht entspricht. Die Genehmigungsbehörde ist auf eine Rechtskontrolle beschränkt. Sie hat anders als die Vertragsparteien und die Schiedsstelle keinen Gestaltungsspielraum (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Mai 2014 - 3 C 8.13 - BVerwGE 149, 343 Rn. 23 m. w. N. und vom 21. April 2023 - 3 C 11.21 - BVerwGE 178, 223 Rn. 15).
12 c) Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BPflV entscheidet die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 1 KHG auf Antrag einer der in § 11 BPflV genannten Vertragsparteien, wenn eine Vereinbarung nach § 11 BPflV ganz oder teilweise nicht zustande kommt. Sie ist dabei an die für die Vertragsparteien geltenden Rechtsvorschriften gebunden (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BPflV). Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BPflV regeln die Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 KHG in der Vereinbarung den Gesamtbetrag nach Maßgabe des § 3 BPflV. Entsprechend hat die Schiedsstelle den Gesamtbetrag gemäß § 3 BPflV festzusetzen.
13 d) Nach § 3 Abs. 3 BPflV ist für die Jahre ab 2020 für ein Krankenhaus ein Gesamtbetrag nach den folgenden Vorgaben zu vereinbaren (Satz 1 Halbs. 1). Ausgangsgrundlage für die Vereinbarung des Gesamtbetrags für das Jahr 2020 ist der nach Absatz 2 vereinbarte Gesamtbetrag für das Jahr 2019 (Satz 2). Gemäß § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV sind bei der Vereinbarung insbesondere zu berücksichtigen: die Umsetzung der vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 136a Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch festgelegten Anforderungen zur Ausstattung mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal sowie eine darüberhinausgehende erforderliche Ausstattung mit therapeutischem Personal. Nach § 3 Abs. 3 Satz 5 Halbs. 1 Var. 1 BPflV darf der Gesamtbetrag den um den Veränderungswert nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BPflV veränderten Gesamtbetrag des Vorjahres nur überschreiten, soweit der Tatbestand nach Satz 4 Nummer 5 dies erfordert.
14 2. Danach ist der Bescheid des Beklagten vom 26. Januar 2022 rechtswidrig, weil der durch ihn genehmigte, von der Schiedsstelle festgesetzte Gesamtbetrag nicht den Vorschriften des § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 i. V. m. Satz 5 Halbs. 1 BPflV entspricht.
15 a) Ein von den Vertragsparteien vereinbarter oder von der Schiedsstelle festgesetzter Gesamtbetrag nach § 3 BPflV bedarf der behördlichen Genehmigung nach § 14 Abs. 1 BPflV. Der Gesamtbetrag wird in der Auflistung der Antrags- und Genehmigungsgegenstände des § 14 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 2 BPflV zwar nicht genannt. Er ergibt sich allerdings aus der Addition von Erlösbudget und Erlössumme (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 11 BPflV), die in § 14 Abs. 1 Satz 1 BPflV jeweils aufgeführt sind. Der Gesamtbetrag ist dadurch in den Genehmigungsvorbehalt einbezogen.
16 b) Es ist unstreitig, dass der festgesetzte Gesamtbetrag den um den Veränderungswert nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BPflV veränderten Gesamtbetrag des Vorjahres (2019) überschreitet. Die Schiedsstelle hat die Überschreitung gemäß § 3 Abs. 3 Satz 5 BPflV für zulässig gehalten, weil der Tatbestand nach Satz 4 Nummer 5 dies erfordere. Dabei hat sie zugrunde gelegt, dass mit dem therapeutischen Personal, das im Gesamtbetrag für 2020 nach § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV zu berücksichtigen ist, das gesamte für die Behandlung erforderliche therapeutische Personal des Krankenhauses gemeint sei. Sie hat deshalb die Personalkosten vollständig (in Höhe der tariflichen Vergütung) im Gesamtbetrag berücksichtigt (vgl. S. 15 f. im Schiedsspruch).
17 c) Das hat das Verwaltungsgericht zu Recht beanstandet. § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 i. V. m. Satz 5 BPflV ist keine Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung der gesamten Kosten für erforderliches therapeutisches Personal im Gesamtbetrag. Nach § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV sind bei der Vereinbarung des Gesamtbetrags allein die Kosten für erforderliches therapeutisches Personal zu berücksichtigen, das gegenüber dem Vorjahr zusätzlich vereinbart wird (im Folgenden: zusätzliches therapeutisches Personal), und nicht auch die Kosten für erforderliches therapeutisches Personal, das bereits im Gesamtbetrag für das Vorjahr vereinbart gewesen ist (im Folgenden: therapeutisches Bestandspersonal).
18 aa) § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV nimmt Bezug auf die vom G-BA nach § 136a Abs. 2 SGB V festgelegten Anforderungen zur Ausstattung mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal.
19 Gemäß § 136a Abs. 2 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG) vom 19. Dezember 2016 (BGBl. I S. 2986), der im hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt zuletzt durch das Gesetz vom 15. November 2019 (BGBl. I S. 1604) geändert worden ist, legt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 136 Abs. 1 SGB V geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Qualität in der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung fest (Satz 1). Dazu bestimmt er insbesondere verbindliche Mindestvorgaben für die Ausstattung der stationären Einrichtungen mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal (Satz 2). Der G-BA hat die verbindlichen Mindestvorgaben nach Satz 2 erstmals bis spätestens zum 30. September 2019 mit Wirkung zum 1. Januar 2020 zu beschließen (Satz 8).
20 Zur Umsetzung des gesetzlichen Regelungsauftrags hat der G-BA am 19. September 2019 die "Richtlinie über die Ausstattung der stationären Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal gemäß § 136a Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie/PPP-RL)" beschlossen, die am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist (BAnz AT 31. Dezember 2019 B6). Die PPP-Richtlinie hat die Verordnung über Maßstäbe und Grundsätze für den Personalbedarf in der stationären Psychiatrie (Psychiatrie-Personalverordnung - Psych-PV) vom 18. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2930) in der Fassung des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626) abgelöst, die mit Wirkung vom 1. Januar 2020 aufgehoben wurde (vgl. Art. 7 und 8 Abs. 3 des Psych-Entgeltgesetzes vom 21. Juli 2012 <BGBl. I S. 1613, 1633> in der Fassung des Gesetzes vom 19. Dezember 2016 <BGBl. I S. 2986, 2996>).
21 Ausgehend davon führt die systematische Auslegung zu dem Ergebnis, dass nach § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV im Gesamtbetrag für das Jahr 2020 allein die Kosten für zusätzliches therapeutisches Personal und nicht auch die Kosten für therapeutisches Bestandspersonal zu berücksichtigen sind (bb)). Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und die Gesetzgebungsmaterialien bestätigen das Auslegungsergebnis (cc)). Aus dem Sinn und Zweck der Norm ergibt sich nichts Abweichendes (dd)).
22 bb) (1) Ausgangsgrundlage für die Vereinbarung des Gesamtbetrags für das Jahr 2020 ist der nach Absatz 2 vereinbarte Gesamtbetrag für das Jahr 2019 (§ 3 Abs. 3 Satz 2 BPflV). Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BPflV war für ein Krankenhaus der Gesamtbetrag für das Jahr 2019 in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 1 BPflV in der am 31. Dezember 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: § 6 BPflV a. F.) zu vereinbaren. Ausgangsgrundlage dieser Vereinbarung war nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BPflV der für das Vorjahr vereinbarte Gesamtbetrag. Nach § 2 Abs. 1 der damals noch anwendbaren Psychiatrie-Personalverordnung hatten die Vertragsparteien bei der Vereinbarung des Budgets und der Pflegesätze für die Personalbemessung die Maßstäbe und Grundsätze der Psychiatrie-Personalverordnung zugrunde zu legen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BPflV i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 BPflV a. F. durfte der Gesamtbetrag für das Jahr 2019 den um die maßgebliche Veränderungsrate veränderten Gesamtbetrag des Vorjahres überschreiten, soweit die Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung zur Zahl der Personalstellen dies erforderlich machten. An die hiernach im Gesamtbetrag 2019 berücksichtigten Kosten für therapeutisches Personal knüpft die Vereinbarung der Kosten für das erforderliche therapeutische Personal im Gesamtbetrag 2020 an. Die Anknüpfung spricht dafür, dass der Begriff der Umsetzung in § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 Halbs. 1 BPflV die Ausstattung mit zusätzlichem therapeutischem Personal meint, die ein Krankenhaus zur Erfüllung der vom G-BA bestimmten verbindlichen Mindestvorgaben zur Personalausstattung nach § 136a Abs. 2 SGB V vornimmt.
23 § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV hat bei diesem Normverständnis auch Anwendungsfälle über das Einführungsjahr der PPP-Richtlinie 2020 hinaus. Die nach § 136a Abs. 2 SGB V festzulegenden Mindestvorgaben für die Ausstattung mit therapeutischem Krankenhauspersonal unterliegen der Anpassung und Weiterentwicklung (vgl. § 136a Abs. 2 Satz 9, § 136d SGB V; § 1 Abs. 3, § 14 PPP-RL). Zudem bestimmt der G-BA gemäß § 136a Abs. 2 Satz 4 SGB V zu den Mindestvorgaben notwendige Ausnahmetatbestände und Übergangsregelungen. Danach können die Mindestvorgaben zur Personalausstattung, die erstmals mit Wirkung vom 1. Januar 2020 zu beschließen sind, auch in Folgejahren weiter bzw. neu umzusetzen sein.
24 Aus § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 Halbs. 2 BPflV ergibt sich nichts Anderes. Halbsatz 2 bezieht sich auf eine erforderliche Ausstattung mit therapeutischem Personal, die über die nach § 136a Abs. 2 SGB V festgelegten Mindestvorgaben hinausgeht. Er regelt, dass die Kosten für zusätzlich erforderliches therapeutisches Personal im Gesamtbetrag auch dann zu berücksichtigen sind, wenn für das Krankenhaus eine über die Mindestvorgaben hinausgehende Stellenzahl vereinbart ist.
25 (2) Die Binnensystematik des § 3 Abs. 3 Satz 4 BPflV stützt das Auslegungsergebnis. Die Vorschrift benennt in einer - nicht abschließenden - Aufzählung Aspekte, die bei der Vereinbarung des Gesamtbetrags zu berücksichtigen sind. Bei den Tatbeständen nach Nummer 1 bis 3 und 6 handelt es sich um budgetrelevante Veränderungen bei den vom Krankenhaus zu erbringenden Leistungen, um für die Leistungserbringung relevante Kostenentwicklungen oder andere Umstände, die einen Anpassungsbedarf hinsichtlich der Höhe des Gesamtbetrags begründen können. Bezugspunkt dafür, ob eine Veränderung, eine Kostenentwicklung oder ein krankenhausindividueller Umstand im Sinne der Tatbestände vorliegt, ist jeweils - wie bei § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV - der Gesamtbetrag des Vorjahres (§ 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 BPflV). Die Regelungssystematik legt deshalb nahe, dass § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV Zuwächse beim therapeutischen Personal erfasst. Das schließt nicht aus, dass im Gesamtbetrag eine Absenkung der Stellenzahl zu berücksichtigen sein kann.
26 (3) Das Auslegungsergebnis wird zudem von § 3 Abs. 4 BPflV gestützt. Nach dieser Vorschrift ist bei der Vereinbarung einer Erhöhungsrate für Tariferhöhungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 des Krankenhausentgeltgesetzes (im Folgenden: KHEntgG) der von den Vertragsparteien vereinbarte Gesamtbetrag nach Absatz 2 oder Absatz 3 um 55 Prozent der nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 KHEntgG vereinbarten Erhöhungsrate für Tariferhöhungen erhöhend zu berichtigen, wobei der Berichtigungsbetrag über das Budget des nächstmöglichen Pflegesatzzeitraums abzuwickeln ist (Satz 1). Eine Begrenzung nach § 3 Abs. 3 Satz 5 BPflV gilt insoweit nicht (Satz 2). Angesichts dieser gesonderten Regelung der Refinanzierung von Tariferhöhungen liegt es fern, dass sich § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV auf die tarifliche Vergütung des therapeutischen Bestandspersonals erstreckt. Es wäre zu erwarten gewesen, dass der Normgeber dies im Verordnungstext oder zumindest in den Gesetzgebungsmaterialien kenntlich gemacht hätte. Das ist nicht der Fall (vgl. zu den Gesetzgebungsmaterialien nachfolgend unter cc) (2)).
27 (4) Dass § 3 Abs. 3 Satz 10 BPflV - anders als § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV - die Folgen zusätzlicher Kosten für den Gesamtbetrag ausdrücklich regelt, spricht nicht gegen das Auslegungsergebnis. § 3 Abs. 3 Satz 10 BPflV steht im Zusammenhang mit § 3 Abs. 3 Satz 8 und 9 BPflV. Satz 8 nimmt auf die Nachweise nach § 18 Abs. 2 BPflV Bezug. Nach Satz 3 dieser Vorschrift hat das Krankenhaus für die Jahre ab 2020 die Einhaltung der von dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 136a Abs. 2 SGB V festgelegten Vorgaben zur Ausstattung mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal sowie eine darüberhinausgehende, im Gesamtbetrag vereinbarte Besetzung mit therapeutischem Personal nachzuweisen. Sofern sich auf der Grundlage der Nachweise ergibt, dass eine vereinbarte Stellenbesetzung nicht vorgenommen wurde, haben die Vertragsparteien zu vereinbaren, inwieweit der Gesamtbetrag abzusenken ist (§ 3 Abs. 3 Satz 8 BPflV). Eine Absenkung des Gesamtbetrags nach Satz 8 ist nicht vorzunehmen, wenn das Krankenhaus nachweist, dass nur eine vorübergehende und keine dauerhafte Unterschreitung der vereinbarten Stellenzahl vorliegt (Satz 9). Wird nach einer Absenkung des Gesamtbetrags eine Stellenbesetzung vorgenommen, ist der Gesamtbetrag für den nächsten Vereinbarungszeitraum in Höhe der entstehenden zusätzlichen Kosten zu erhöhen (Satz 10). Danach regelt § 3 Abs. 3 Satz 8 bis 10 BPflV Folgen für den Gesamtbetrag bei einer Unterschreitung der vereinbarten Stellenzahl. Für die Auslegung von § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV ist der Wortlaut des § 3 Abs. 3 Satz 10 BPflV unergiebig.
28 (5) Die in § 18 Abs. 2 Satz 3 BPflV getroffene Regelung über einen Nachweis der Einhaltung der Vorgaben zur Personalausstattung sowie einer darüberhinausgehenden, im Gesamtbetrag vereinbarten Besetzung mit therapeutischem Personal spricht gleichfalls nicht gegen das Auslegungsergebnis.
29 Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 BPflV hatten die Krankenhäuser bereits für die Jahre 2016 bis 2019 gegenüber dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus und den anderen Vertragsparteien nach § 11 BPflV nachzuweisen, inwieweit die Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung zur Zahl der Personalstellen eingehalten wurden. Für den Nachweis hatte ein Krankenhaus eine Bestätigung des Jahresabschlussprüfers über die zweckentsprechende Mittelverwendung vorzulegen (Satz 4). Aus dem Nachweis mussten insbesondere die vereinbarte Stellenbesetzung sowie die tatsächliche Personalbesetzung hervorgehen (Satz 5). Damit sollte eine hinreichende Transparenz über den Stand der Einhaltung der Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung gewonnen werden sowie darüber, inwieweit Mittel zweckentsprechend für ein Personal- und Behandlungsangebot eingesetzt wurden (Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen <PsychVVG>, BT-Drs. 18/9528 S. 43 f.). Nach § 18 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. Satz 4 und 5 BPflV gilt für die Jahre ab 2020 eine entsprechende Nachweisverpflichtung für die Einhaltung der vom G-BA nach § 136 Abs. 2 SGB V festgelegten verbindlichen Mindestvorgaben zur Ausstattung mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal sowie für eine darüberhinausgehende, im Gesamtbetrag vereinbarte Stellenbesetzung. Daraus lässt sich nichts für eine Erstreckung von § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV auf Kosten für Bestandspersonal ableiten.
30 Das Gleiche gilt hinsichtlich § 18 Abs. 3 BPflV. Danach ist, soweit der Nachweis nach Absatz 2 Satz 2 für das Jahr 2016 eine Unterschreitung der Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung zur Zahl der Personalstellen ausweist, der Gesamtbetrag für die Jahre 2017 bis 2019 in Höhe der entstehenden Kosten für zusätzlich zu besetzende Stellen zur Erreichung der Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung zu erhöhen (Satz 1). Die Begrenzung des Anstiegs des Gesamtbetrags durch den Veränderungswert nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BPflV findet keine Anwendung (Satz 2). Die Regelung sollte die Finanzierung der Nachbesetzung nicht besetzter Stellen ermöglichen, um eine verbesserte Umsetzung der Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung zu erreichen (Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen <PsychVVG>, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 18/10289 <neu> S. 49). Eine vergleichbare Zielsetzung lag § 6 Abs. 4 BPflV in der am 31. Dezember 2012 geltenden Fassung zugrunde. Die Vorschrift eröffnete im Falle einer nicht vollständigen Umsetzung der Psychiatrie-Personalverordnung (Stichtag: 31. Dezember 2008) eine Nachverhandlung von Personalstellen; die Kosten für die neu verhandelten Stellen waren zusätzlich im Gesamtbetrag zu berücksichtigen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 <Krankenhausfinanzierungsreformgesetz - KHRG>, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 16/11429 S. 48). Aus diesen Regelungen ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass von § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV auch Kosten für Bestandspersonal erfasst sein sollen.
31 (6) Aus § 6a Abs. 2 KHEntgG folgt nichts Anderes. Die Vorschrift regelt die Vorgaben für die Ermittlung des Pflegebudgets von somatischen Krankenhäusern; sie gilt nicht für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 KHEntgG). Die Regelungen in § 6a Abs. 2 Satz 4 und 5 KHEntgG über die Nichtbegrenzung des Pflegebudgets durch den maßgeblichen Veränderungswert und über die Wirtschaftlichkeit der Bezahlung von Gehältern bis zur Höhe tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen sind hier deshalb nicht anwendbar.
32 Ihre analoge Anwendung auf die Berücksichtigung der Kosten für das erforderliche therapeutische Personal der Beigeladenen im Gesamtbetrag scheidet aus. Die dafür erforderliche planwidrige Regelungslücke liegt nicht vor. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Normgeber nicht bewusst davon abgesehen hat, für das therapeutische Personal psychiatrischer Krankenhäuser eine Finanzierungsregelung zu treffen, wie sie § 6a Abs. 2 KHEntgG für das Pflegepersonal von DRG-Krankenhäusern vorsieht. Gleichzeitig mit der Einfügung von § 6a in das Krankenhausentgeltgesetz durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2394 <Art. 9 Nr. 4 PpSG>) hat er § 3 Abs. 4 BPflV geändert (Art. 4 Nr. 1 PpSG). Durch die Anhebung des Prozentsatzes in § 3 Abs. 4 Satz 1 BPflV von 40 auf 55 Prozent sollte eine vollständige Refinanzierung von Tarifsteigerungen beim Pflegepersonal für psychiatrische und psychosomatische Krankenhäuser und Fachabteilungen umgesetzt werden (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals <Pflegepersonal-Stärkungsgesetz - PpSG>, BT-Drs. 19/4453 S. 61 <zu § 3 Abs. 4 BPflV> und S. 85 <zu § 6a KHEntgG>). Danach hat der Normgeber im Anwendungsbereich der Bundespflegesatzverordnung eine eigene, abschließende Regelung getroffen.
33 Mangels Regelungslücke liegen auch hinsichtlich der übrigen von der Beigeladenen benannten Vorschriften über die Finanzierung tariflicher Personalkosten – § 17a Abs. 3 KHG (Ausbildungsbudget bei ausbildenden Krankenhäusern), § 111c Abs. 3 SGB V (Rehabilitationseinrichtungen), § 82c, § 84 Abs. 2 SGB XI (Pflegeeinrichtungen) – die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung nicht vor.
34 cc) Die Entstehungsgeschichte des § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 i. V. m. Satz 5 BPflV und die Gesetzgebungsmaterialien bestätigen das durch die systematische Auslegung gewonnene Ergebnis.
35 (1) Vor Einführung des Vergütungssystems nach § 17d KHG regelte § 6 BPflV in der Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2626, 2649), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2309, 2319; im Folgenden: § 6 BPflV a. F.), die Vereinbarung des Gesamtbetrags für ein Krankenhaus für die Jahre ab 2000 bis zum Jahr 2012. Für Krankenhäuser, die in den Jahren 2013 bis 2017 (Optionsjahre) das Vergütungssystem nach § 17d KHG (noch) nicht einführten (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BPflV), galt § 6 BPflV a. F. nach Maßgabe von § 18 Abs. 1 BPflV übergangsweise weiter. Ab dem krankenhausindividuellen Einführungsjahr bis zum Jahr 2019 war für ein Krankenhaus ein Gesamtbetrag in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 1 BPflV in der am 31. Dezember 2012 geltenden Fassung zu vereinbaren (§ 3 Abs. 2 Satz 1 BPflV).
36 § 6 Abs. 1 Satz 2 BPflV a. F. benannte in einer nicht abschließenden Aufzählung Aspekte, die bei der Vereinbarung des Gesamtbetrags zu berücksichtigen waren (u. a. Verkürzungen der Verweildauern, Leistungsverlagerungen in die ambulante Versorgung, Ergebnisse von Krankenhausvergleichen). Nach § 6 Abs. 1 Satz 4 BPflV a. F. durfte der Gesamtbetrag den um die maßgebliche Rate veränderten Gesamtbetrag des Vorjahres nur überschreiten, soweit die folgenden Tatbestände dies erforderlich machten, wie u. a. Veränderungen der medizinischen Leistungsstruktur oder der Fallzahlen (Nr. 1), zusätzliche Kapazitäten für medizinische Leistungen aufgrund der Krankenhausplanung (Nr. 2), oder - wie bereits dargelegt - die Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung zur Zahl der Personalstellen (Nr. 4). § 6 Abs. 2 BPflV a. F. enthielt eine Regelung über die anteilige Berücksichtigung von Tariferhöhungen für den nichtärztlichen und den ärztlichen Personalbereich im Budget des Krankenhauses. Die Regelungsstruktur des § 6 Abs. 1 Satz 2, Satz 4, Abs. 2 BPflV a. F. ist danach vergleichbar mit der Nachfolgeregelung des § 3 Abs. 3 Satz 1 bis 5, Abs. 4 BPflV. Nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 BPflV a. F. waren im Gesamtbetrag die Kosten für zusätzliche Personalstellen zu berücksichtigen, die sich aus den Vorgaben der Psychiatrie-Personalverordnung ergaben (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2005 - 3 C 23.04 - Buchholz 451.74 § 18 KHG Nr. 12 Rn. 24; Entwurf eines Gesetzes zum ordnungspolitischen Rahmen der Krankenhausfinanzierung ab dem Jahr 2009 <Krankenhausfinanzierungsreformgesetz - KHRG>, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 16/11429 S. 48; Tuschen, in: Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz u. a., Stand Februar 2024, § 6 BPflV i. d. F. 2012, S. 148, 153).
37 (2) Es ist nicht ersichtlich, dass die Beschränkung auf zusätzliche Personalstellen nach § 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 4 BPflV a. F. durch die Nachfolgeregelung des § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV geändert werden sollte.
38 Aus den Gesetzgebungsmaterialien geht hervor, dass der Normgeber mit § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV regeln wollte, dass die mit den G-BA-Festlegungen verbundenen "Mehrkosten" eines Krankenhauses im Gesamtbetrag zu berücksichtigen sind (vgl. für § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 Halbs. 1 BPflV: BT-Drs. 18/9528 S. 35 f. und BT-Drs. 18/9837 S. 11 <Nr. 2 und Nr. 4>; für § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 Halbs. 2 BPflV: Entwurf eines Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen <MDK-Reformgesetz>, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 19/14871 S. 71 und S. 121 <zu Artikel 6 Nummer 02>).
39 Aus den Materialien ergeben sich auch sonst keine Hinweise, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV bezweckt haben könnte, Tariferhöhungen für Bestandspersonal im Gesamtbetrag zu berücksichtigen. Die Regelung ist gleichzeitig mit § 3 Abs. 4 in die Bundespflegesatzverordnung eingefügt worden. Der Vorschlag des Bundesrates, die Beschränkung der Refinanzierung von Tariferhöhungen in § 3 Abs. 4 Satz 1 BPflV-E zu streichen (BT-Drs. 18/9837 S. 4), ist im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht umgesetzt worden (BT-Drs. 18/9837 S. 12; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 18/10289 <neu> S. 14, S. 39 f., S. 47). Durch nachfolgende Änderungen der Bundespflegesatzverordnung ist der Prozentsatz für die anteilige Refinanzierung von Tariferhöhungen von 40 auf zunächst 55 Prozent (§ 3 Abs. 4 BPflV i. d. F. des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes vom 11. Dezember 2018 <BGBl. I S. 2394, 2397>) und sodann auf 75 Prozent erhöht worden (§ 3 Abs. 4 BPflV i. d. F. des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes vom 5. Dezember 2024 <BGBl. 2024 I Nr. 400>). Durch die Anhebung des Prozentsatzes auf 55 sollte eine vollständige Refinanzierung von Tarifsteigerungen beim Pflegepersonal umgesetzt werden. In den Normsetzungsmaterialien heißt es dazu, der Prozentsatz entspreche einer vollständigen Tarifrefinanzierung beim Pflegepersonal und einer - bereits bislang geltenden - hälftigen Tarifrefinanzierung für den übrigen nichtärztlichen und für den ärztlichen Personalbereich (BT-Drs. 19/4453 S. 61). Die weitere Anhebung des Prozentsatzes auf 75 sollte der vollständigen Refinanzierung von Tarifsteigerungen für alle Beschäftigtengruppen dienen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen <Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz - KHVVG>, BT-Drs. 20/11854 S. 230). Diese Äußerungen zeigen, dass der Normgeber die (Re-)Finanzierung von Tariferhöhungen beim therapeutischen Personal in § 3 Abs. 4 BPflV regeln wollte. Danach liegt es nicht nahe, dass er mit den "Mehrkosten" durch die G-BA-Festlegungen zur Personalausstattung, die nach § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV im Gesamtbetrag berücksichtigt werden sollen, auch Kosten gemeint haben könnte, die dem Krankenhaus infolge der tariflichen Vergütung beim Bestandspersonal entstehen.
40 dd) Die Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV auf zusätzliches therapeutisches Personal ist mit dem Normzweck vereinbar ((1)) und widerspricht nicht den Grundsätzen des Krankenhausfinanzierungsrechts nach § 1 Abs. 1, § 4 Nr. 2 und § 17 Abs. 1 Satz 3 KHG ((2)).
41 (1) Ergebnis der in § 3 Abs. 3 Satz 4 BPflV nicht abschließend aufgeführten, bei der Vereinbarung des Gesamtbetrags zu berücksichtigenden Tatbestände soll ein leistungsorientiertes Krankenhausbudget sein. Der jeweils maßgebliche Veränderungswert nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BPflV soll grundsätzlich die Obergrenze für den Zuwachs des Gesamtbetrags gegenüber dem Vorjahr bilden. Die Überschreitung der Obergrenze soll jedoch zulässig sein, soweit dies zur Vereinbarung eines leistungsorientierten Gesamtbetrags erforderlich ist. Dazu sollen in § 3 Abs. 3 Satz 5 BPflV Tatbestände festgelegt werden, die eine Überschreitung der Obergrenze ermöglichen (BT-Drs. 18/9528 S. 36; BT-Drs. 19/14871 S. 121 <zu Nummer 02 und 3>).
42 Diese Zwecke sprechen nicht dagegen, den Tatbestand des § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV dahin auszulegen, dass er allein die Mehrkosten erfasst, die für das Krankenhaus mit einem vereinbarten Stellenzuwachs bei dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal verbunden sind.
43 (2) Gemäß § 1 Abs. 1 KHG bezweckt dieses Gesetz die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine qualitativ hochwertige, patienten- und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen digital ausgestatteten, qualitativ hochwertig und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen. Nach § 4 Nr. 2 KHG werden Krankenhäuser dadurch wirtschaftlich gesichert, dass sie leistungsgerechte Erlöse aus den Pflegesätzen erhalten. Ergänzend dazu bestimmt § 17 Abs. 1 Satz 3 KHG, dass bei der Ermittlung der Pflegesätze der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71 Abs. 1 SGB V) nach Maßgabe dieses Gesetzes und des Krankenhausentgeltgesetzes zu beachten ist. Nach diesem Grundsatz haben die Vertragspartner auf Seiten der Krankenkassen und der Leistungserbringer die Vereinbarungen über die Vergütungen so zu gestalten, dass Beitragserhöhungen ausgeschlossen werden, es sei denn, die notwendige medizinische Versorgung ist auch nach Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven nicht zu gewährleisten (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Nach § 17 Abs. 1a, § 17d Abs. 4 Satz 7 KHG i. V. m. § 3 Abs. 3 BPflV wird die Erhöhung des Gesamtbetrags für die Jahre ab 2020 durch die Vorgaben des § 3 Abs. 3 Satz 5 BPflV begrenzt. Ergänzend bestimmt § 3 Abs. 4 BPflV, dass für die Refinanzierung von Tariferhöhungen nach Satz 1 die Begrenzung nach Absatz 3 Satz 5 nicht gilt. Hierdurch wird die Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität für die Vereinbarung des Gesamtbetrags nach § 3 BPflV gesondert geregelt (vgl. Tuschen, in: Dietz/Bofinger, Krankenhausfinanzierungsgesetz u. a., Stand Februar 2024, § 3 BPflV, S. 68).
44 Nach der Einschätzung des Gesetzgebers ermöglichen die Regelungen des § 3 Abs. 3 und 4 BPflV die Vereinbarung eines leistungsgerechten Gesamtbetrags und - zusammen mit den sonstigen Vorschriften über die Vergütung der Krankenhausleistungen im Bereich der Bundespflegesatzverordnung - eines Budgets, mit dem das Krankenhaus seinen Versorgungsauftrag (§ 8 Abs. 1 Satz 3 und 4 BPflV) bei wirtschaftlicher Betriebsführung erfüllen kann. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit dieser Bewertung die Grenzen seines Einschätzungsspielraums überschritten haben könnte.
45 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.