Beschluss vom 11.10.2022 -
BVerwG 4 B 3.22ECLI:DE:BVerwG:2022:111022B4B3.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.10.2022 - 4 B 3.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:111022B4B3.22.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 3.22

  • VG Regensburg - 24.04.2018 - AZ: RN 6 K 16.1914
  • VGH München - 26.10.2021 - AZ: 15 B 19.2130

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Oktober 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Decker und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Emmenegger
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Oktober 2021 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 90 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie genügt den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht.

2 Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 - 4 B 27.19 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 225 Rn. 4). Das leistet die Beschwerde nicht.

3 Die Klägerin möchte mit einer Reihe unterschiedlich formulierter Fragen der Sache nach rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
ob bzw. unter welchen Voraussetzungen bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit einer baulichen Anlage, die sich als "aliud" zu einer bereits genehmigten und in Bau befindlichen Anlage erweist, das Gesamtvorhaben in seiner geänderten Gestalt im Ganzen auf seine Genehmigungsfähigkeit zu prüfen ist.

4 Die Frage kann in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Abgesehen davon, dass sie von einem Sachverhalt ("in Bau befindlichen Anlage") ausgeht, den das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, betrifft sie Art. 6 BayDSchG und damit irrevisibles Landesrecht. Sie bezieht sich - in allen Formulierungen und Ergänzungen - auf die Annahme des Berufungsgerichts, für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf das Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Ensembles im Sinne von Art. 6 BayDSchG komme es nicht allein auf die Aufstockung, also das von den streitgegenständlichen Genehmigungsanträgen zusätzlich umfasste oberste Staffelgeschoss, sondern das Gesamtgebäude an, weil das geänderte Bauvorhaben im Vergleich zum bereits genehmigten als "aliud" anzusehen sei (UA Rn. 27 ff.).

5 Die Frage betrifft auch nicht deshalb revisibles Recht, weil das Berufungsgericht zur Begründung seiner Auffassung, bei der denkmalrechtlichen Beurteilung nach Art. 6 BayDSchG müsse das Gesamtvorhaben betrachtet werden, u. a. § 34 BauGB herangezogen hat. Es ist davon ausgegangen, dass sich durch die Gebäudeerhöhung, das zusätzliche Geschoss und die hinzukommende Grundfläche als wesentliche Parameter des § 34 BauGB für das gesamte Bauvorhaben die bauplanungsrechtliche Zulässigkeitsfrage hinsichtlich des bauplanungsrechtlichen "Einfügens" im Ganzen neu stelle; dasselbe gelte auch hinsichtlich der Beurteilung der denkmalrechtlichen Verträglichkeit am Maßstab von Art. 6 BayDSchG. Die Bezugnahme auf verschiedene Parameter des § 34 BauGB ändert nichts daran, dass das Berufungsgericht insoweit Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG und damit irrevisibles Landesrecht ausgelegt hat. Revisibel sind nur die Rechtsnormen, die kraft eines Gesetzesbefehls des Bundesgesetzgebers oder des aufgrund seiner Delegation tätig gewordenen Verordnungsgebers gelten. Selbst eine Anknüpfung des Landesrechts an bundesrechtliche Maßstäbe und Begriffe begründet daher nicht die Revisibilität der landesrechtlichen Norm (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1992 - 3 C 64.89 - BVerwGE 91, 77 <81>, Beschlüsse vom 23. Dezember 2015 - 4 B 42.15 - juris Rn. 3 m. w. N. und vom 27. Juni 2016 - 4 B 56.15 - juris Rn. 6). Das gilt erst recht, wenn die landesrechtliche Norm von der Vorinstanz unter Rückgriff auf bundesrechtliche Begriffe ausgelegt wird, die sie nicht verwendet.

6 Die weiter aufgeworfene Frage,
ob bei der Beurteilung des Einfügens gemäß § 34 BauGB neben den vorhandenen Gebäuden auch bauliche Anlagen zu berücksichtigen sind, die bestandskräftig genehmigt sind und mit deren Errichtung bereits begonnen wurde,
würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die streitgegenständlichen Vorhaben bauplanungsrechtlich gemäß § 34 Abs. 1 BauGB zulässig sind (UA Rn. 43 ff.).

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.