Beschluss vom 14.05.2020 -
BVerwG 2 B 14.19ECLI:DE:BVerwG:2020:140520B2B14.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.05.2020 - 2 B 14.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:140520B2B14.19.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 14.19

  • VG Stuttgart - 26.07.2017 - AZ: VG 3 K 3195/16
  • VGH Mannheim - 18.12.2018 - AZ: VGH 4 S 1956/17

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Mai 2020
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und Dr. Hartung
beschlossen:

  1. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2018 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und - insoweit vorläufig - für das Revisionsverfahren auf 250,56 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beteiligten streiten über die Berechnung der Höhe des Kindererziehungsergänzungszuschlags.

2 1. Die Klägerin stand von August 1976 bis zu ihrer antragsgemäßen vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. März 2016 im Dienst des beklagten Landes, zuletzt als Fachoberlehrerin, besoldet nach der Endstufe der Besoldungsgruppe A 11. Sie hat vier Kinder. Die beiden jüngsten wurden am 13. September 1985 und 12. Dezember 1990 geboren. Die Klägerin war mehrfach, so auch in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 16. August 1992, ohne Dienstbezüge beurlaubt.

3 Mit Bescheid vom 14. März 2016 setzte der Beklagte das Ruhegehalt der Klägerin auf 2 128,41 € fest. Hierbei wurden Kindererziehungszeiten nach dem 1. Januar 1992 von insgesamt 108 Monaten zugrunde gelegt. Der Kindererziehungsergänzungszuschlag wurde aufgrund einer Vergleichsberechnung und Anwendung der Höchstgrenze auf 0,00 € festgesetzt; diese Berechnung geschah in der Weise, dass der insgesamt zu gewährende Kindererziehungsergänzungszuschlag unter Zusammenfassung aller zu berücksichtigenden Monate der Kindererziehung ermittelt und zusammen mit dem in der gesamten Zeit der Kindererziehung erzielten Ruhegehaltsanspruch einer einheitlichen Höchstgrenze (Kappungsgrenze) gegenübergestellt wurde (sog. Gesamtheitsmethode).

4 Die Klägerin machte dagegen geltend, dass die Berechnung der Höchstgrenze des Kindererziehungsergänzungszuschlags fehlerhaft sei: Der Zuschlag sei für Zeiten der Kindererziehung, die mit ruhegehaltsfähigen Zeiten bzw. mit nicht ruhegehaltsfähigen Zeiten zusammentreffen, getrennt voneinander zu berechnen und anschließend an der jeweils einzeln für diesen Zeitraum berechneten Höchstgrenze zu messen (sog. Spitzberechnung).

5 Nach erfolglosem Widerspruch und erstinstanzlicher Klageabweisung hat das Berufungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, soweit sie entgegenstanden, antragsgemäß verpflichtet, das festgesetzte Ruhegehalt der Klägerin erstmals um einen Kindererziehungsergänzungszuschlag in Höhe von 6,96 € monatlich zu erhöhen.

6 Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs wurde am 20. Dezember 2018 mit einfacher Briefsendung - unter Beifügung eines anwaltlich bzw. behördlich zu zeichnenden Empfangsbekenntnisses - zur Post gegeben. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zeichnete das Empfangsbekenntnis unter dem 21. Dezember 2018. Auf Nachfrage der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtshofs sandte das auf Beklagtenseite zuständige Landesamt ein unter dem 7. Januar 2019 vom Leiter des dortigen Rechtsreferats gezeichnetes Empfangsbekenntnis zurück.

7 Die Beschwerde des beklagten Landes ist am 4. Februar 2019, die Beschwerdebegründung am 7. März 2019 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen. Die Klägerin rügt die Zulässigkeit der Beschwerde wegen Verfristung; sie bezweifelt, dass das Berufungsurteil dem Beklagten erst zu diesem späten Zeitpunkt zugestellt worden sei. Der Senat hat Auskünfte bei der Deutschen Post AG zu den Postläufen im fraglichen Zeitraum und bei dem zuständigen Landesamt zu dessen behördeninterner Organisation eingeholt.

8 2. Die Beschwerde ist zulässig.

9 Ausgehend davon, dass das Berufungsurteil ausweislich des auf den 7. Januar 2019 datierten Empfangsbekenntnisses des zuständigen Landesamts für Besoldung und Versorgung (nachfolgend: LBV BW) dem Beklagten (erst) zu dem genannten Zeitpunkt zugestellt worden ist, wurde die Beschwerde am 4. Februar 2019 beim Verwaltungsgerichtshof fristgerecht eingelegt (§ 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO) und mit einem dort am 7. März 2019 eingegangenen weiteren Schriftsatz auch fristgerecht begründet (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

10 Der Einwand der Klägerin, die Beschwerde sei verfristet und deshalb unzulässig, greift im Ergebnis nicht durch. Der Senat hat die Zulässigkeit der Beschwerde - auch ohne Rüge - von Amts wegen zu prüfen und ggf. im Wege des Freibeweises aufzuklären (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. Oktober 1993 - 4 B 166.93 - Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 14 S. 3 f. und vom 15. Februar 2001 - 6 BN 1.01 - Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 19 S. 2; BGH, Beschluss vom 27. September 2018 - IX ZB 67/17 - NJW-RR 2018, 1398 Rn. 14).

11 a) Gemäß § 57 Abs. 1 VwGO beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung. Gemäß § 56 Abs. 1 und 2 VwGO sind (u.a.) Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, von Amts wegen nach den Vorschriften der ZPO zuzustellen (und nicht mehr - wie vor dem Zustellungsreformgesetz vom 25. Juni 2001, BGBl I S. 1206 - nach dem Verwaltungszustellungsgesetz). Gemäß § 174 Abs. 1 ZPO kann ein Schriftstück (u.a.) an einen Anwalt oder eine Behörde gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden. Gemäß § 174 Abs. 4 ZPO genügt zum Nachweis der Zustellung nach Abs. 1 das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene Empfangsbekenntnis, das an das Gericht zurückzusenden ist.

12 Für eine wirksame Zustellung ist entscheidend, dass das in Zustellabsicht übersandte Schriftstück vom Empfänger mit dem Willen entgegengenommen wird, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. März 1994 - XII ZB 159/93 - NJW 1994, 2295 und vom 20. Juli 2006 - I ZB 39/05 - NJW 2007, 600 Rn. 7; BSG, Beschlüsse vom 23. April 2009 - B 9 VG 22/08 B - NJW 2010, 317 Rn. 6 und vom 5. Juni 2019 - B 12 R 3/19 R - NJW 2020, 422 Rn. 7). Dieser Empfangswille wird in der Regel (erst) durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses durch den dafür nach der Behördenorganisation zuständigen Amtswalter bekundet (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Mai 1979 - 2 C 1.79 - BVerwGE 58, 107 <108 f.> und vom 24. Januar 1985 - 2 C 39.82 - juris Rn. 11 sowie Beschlüsse vom 21. Dezember 1979 - 4 ER 500.79 - Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 7 S. 5 und vom 14. Dezember 1989 - 9 B 466.89 - Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 13 S. 1; vgl. auch Czybulka/Kluckert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, Rn. 33; Krausnick, in: Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 56 Rn. 27 ff., Schlatmann, in: Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 11. Aufl. 2017, § 5 VwZG Rn. 19 m.w.N.). Die Festlegung, welcher Amtswalter zur Zeichnung des Empfangsbekenntnisses befugt ist, unterliegt der Organisationsgewalt der Behörde.

13 Seine frühere Rechtsprechung, die auf den Eingang in der Posteingangsstelle der Behörde abstellte (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Februar 1966 - 4 B 112.65 - Buchholz 340 § 8 VwZG Nr. 5 S. 7 und vom 1. Februar 1971 - 4 CB 147.68 - Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 2 S. 1), hat das Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf die Rechtsprechung anderer oberster Bundesgerichte, nach der es bei der Zustellung an einen Rechtsanwalt allein auf die von einem Empfangswillen getragene Zeichnung durch diesen selbst und nicht etwa durch dessen Kanzleipersonal ankommt, im Interesse der Rechtseinheit und der Gleichbehandlung von Rechtsanwälten und Behörden aufgegeben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1979 - 4 ER 500.79 - Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 7 S. 5). Die Zustellungsform des Empfangsbekenntnisses ist eine Privilegierung eines vom Gesetz als besonders vertrauenswürdig angesehenen Kreises von Zustellungsempfängern. Für den Fall, dass dieses Vertrauen in der Praxis durch Unzulänglichkeiten im Ablauf oder gar durch Missbrauch der damit verbundenen Zeichnungsfreiheit des Zustellungsempfängers enttäuscht wird, steht es im Ermessen des Gerichts, an den Betroffenen nur noch in einer strengeren Form, etwa gegen Postzustellungsurkunde, zuzustellen (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 23. Februar 1989 - 11 TH 4784/88 - juris Rn. 14 ff. <Rn. 16> = DVBl 1989, 894 <nur Leitsatz>).

14 b) Ein behördliches Empfangsbekenntnis i.S.v. § 174 Abs. 1 und 4 ZPO (ebenso ein solches i.S.v. § 5 Abs. 2 VwZG a.F./§ 5 Abs. 4 VwZG n.F.) erbringt als öffentliche Urkunde i.S.v. § 418 ZPO vollen Beweis dafür, dass der darin angegebene Zustellungszeitpunkt der Wirklichkeit entspricht (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2006 - I ZB 39/05 - NJW 2007, 600 Rn. 7). Wer diese Urkunde nicht gegen sich gelten lassen will, muss sie entkräften (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 1989 - 9 B 466.89 - Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 13 S. 1 m.w.N.). Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit ist zulässig. Er wird allerdings nicht schon dadurch geführt, dass die Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs dargetan wird. Erforderlich ist, dass die Richtigkeit der Angaben im Empfangsbekenntnis nicht nur erschüttert, sondern die Möglichkeit, die Angaben könnten richtig sein, ausgeschlossen ist. Die Beweiswirkung der öffentlichen Urkunde muss vollständig entkräftet werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. Oktober 1993 - 4 B 166.93 - Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 14 S. 3 und vom 15. Februar 2001 - 6 BN 1.01 - Buchholz 340 § 5 VwZG Nr. 19 S. 2).

15 c) Ausgehend von diesen Maßstäben vermag der Senat - ungeachtet verbleibender Zweifel - keinen anderen Sachverhalt festzustellen, der die für die Richtigkeit des in dem Empfangsbekenntnis angegebenen Datums streitende Beweiswirkung - vollständig - entkräftet.

16 aa) Die Zweifel an der Zulässigkeit der Beschwerde rühren daher, dass das Berufungsurteil dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits am 21. Dezember 2018 (dem Tag nach der Absendung) zugestellt wurde, dem LBV BW dagegen - nach dem Empfangsbekenntnis - erst am 18. Tag nach der Absendung (am 7. Januar 2019) zugestellt worden sein soll. Ein derart großer Zeitunterschied ist in hohem Maße ungewöhnlich und lässt daher Zweifel an der Richtigkeit des Empfangsbekenntnisses aufkommen (vgl. auch VGH Kassel, Beschluss vom 23. Februar 1989 - 11 TH 4784/88 - juris Rn. 14 ff. = DVBl. 1989, 894 <nur Leitsatz> zu einem Zeitunterschied von 28 Tagen). Dies gilt auch angesichts der Besonderheit des Streitfalls, dass elf dieser 18 Tage auf Wochenend- und Feiertage fielen (darunter Heiligabend, die beiden Weihnachtsfeiertage, Silvester, Neujahr, Dreikönigsfest), mithin beim LBV BW nur an den verbleibenden sechs Tagen Dienst geleistet wurde (am 21., 27. und 28. Dezember 2018 sowie am 2., 3. und 4. Januar 2019), bei der Deutschen Post AG im Übrigen an fünf weiteren Tagen (am 22., 24., 29. und 31. Dezember 2018 sowie am 5. Januar 2019). Auch angesichts dessen wäre eine deutlich frühere Zustellung des Berufungsurteils (durch Zeichnung des Empfangsbekenntnisses) zu erwarten gewesen.

17 bb) Die vom Senat bei der Deutschen Post AG und beim LBV BW eingeholten Auskünfte zu den postalischen und innerbehördlichen Abläufen haben Folgendes ergeben:

18 Nach der Auskunft der Deutschen Post AG, Niederlassung Betrieb Stuttgart, gilt auch für den hier fraglichen Zeitraum die grundsätzliche Aussage der Deutschen Post AG, dass eine einfache Briefsendung am nächsten oder jedenfalls am übernächsten Werktag am Bestimmungsort ausgeliefert wird (vgl. auch die entsprechende Vorgabe in § 2 Nr. 3 Satz 1 Post-Universaldienstleistungsverordnung - PUDLV). Auch im Hinblick auf den höheren Anfall von Brief- und Paketsendungen zu Weihnachten und zum Jahreswechsel seien daran keine Abstriche zu machen. In der Postfachsortierung habe in dem Zeitfenster kein Personalengpass bestanden; Verzögerungen habe es allenfalls im Umfang von ein bis zwei Tagen gegeben. Für das LBV BW bestimmte Briefsendungen würden täglich von Fahrern des LBV BW selbst oder ggf. einem anderen Postdienstleister zu zwei unterschiedlichen Zeiten beim Zustellstützpunkt Fellbach abgeholt und zum LBV BW gebracht.

19 In der Auskunft des LBV BW zu dessen innerbehördlichen Abläufen wird unter Angabe der konkreten Personalstärke in der Posteingangsstelle (wo die Postsendungen geöffnet, gescannt und sortiert werden), der Abläufe im Botendienst und der personellen Besetzung des Rechtsreferats dargetan, dass auch im fraglichen Zeitraum - trotz der Feiertags- und Urlaubsabwesenheiten um die Weihnachtstage und den Jahreswechsel - an allen Stellen des innerbehördlichen Ablaufs Personal zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs vorhanden war. Allerdings wird eingeräumt, dass im fraglichen Zeitraum die Bearbeitung des Posteingangs des LBV BW in dessen Posteingangsstelle um mehrere Tage rückständig war. So ist der darüber erstellten tabellarischen Übersicht z.B. zu entnehmen, dass der Posteingang vom 21. Dezember 2018 (erst) am 28. Dezember 2018 bearbeitet wurde; der Posteingang vom 28. Dezember 2018 wurde (erst) am 7. Januar 2019 bearbeitet. Die dem LBV BW übersandte Ausfertigung des Berufungsurteils trägt ausweislich der vorgelegten Ablichtung der ersten Seite den Scan-Vermerk: "gescannt 7. Januar 2019". Nach der Auskunft besteht für das Rechtsreferat des LBV BW die Sonderregelung, dass für dieses Referat bestimmte Postsendungen, denen ein Empfangsbekenntnis beigefügt ist, in der Posteingangsstelle - anders als die sonstige Post - keinen Eingangsstempel erhalten, weil allein dem Rechtsreferat im LBV BW die Zeichnung eines solchen Empfangsbekenntnisses vorbehalten sei. Das Rechtsreferat schließlich war während des gesamten Zeitraums durchgängig mit Mitarbeitern besetzt, mindestens stets mit dem zur Zeichnung eines Empfangsbekenntnisses befugten Referatsleiter oder seiner Stellvertreterin. Tatsächlich gezeichnet wurde das Empfangsbekenntnis vom Leiter des Rechtsreferats. Dieser hat in seiner dienstlichen Erklärung angegeben, dass er die Eingangspost regelmäßig am Tag des Eingangs im Rechtsreferat zeichne, an den Eingang des Berufungsurteils aber - verständlicherweise - keine konkrete Erinnerung mehr habe; er gehe davon aus, dass sich das Berufungsurteil in dem ihm am 7. Januar 2019 vorgelegten Poststapel befand, und folgert dies daraus, dass er (da er seit dem 2. Januar 2019 wieder im Dienst war) es früher gezeichnet hätte, wäre es früher im Rechtsreferat eingegangen.

20 cc) Der Senat bewertet die sich aus diesen Auskünften ergebende Sachlage wie folgt:

21 Festzuhalten bleibt zunächst, dass die Auskunft des LBV BW in mehrfacher Hinsicht Defizite aufzeigt: In ihr wird an zwei Stellen eingeräumt, dass es keine schriftlichen Dienstanweisungen zu den innerbehördlichen Abläufen gibt und offenbar auch keine Kontrolle, ob und inwieweit die behaupteten tatsächlichen Gepflogenheiten eingehalten werden; so wird z.B. bestätigt, dass ein Mitarbeiter des Rechtsreferats die Post bisweilen selbst bei der Eingangsstelle abholt, wenn man im Rechtsreferat den Eindruck habe, die Postmappe sei überfällig. Dies wirft die Frage auf, ob behördliche Organisationsmängel vorliegen. Zum zweiten räumt das LBV BW selbst ein, dass im fraglichen Zeitraum die Bearbeitung des Posteingangs des LBV BW in der Posteingangspoststelle rückständig war, und zwar um mehrere Tage. Ob auch die Postsendung mit dem Berufungsurteil davon betroffen war, bleibt unklar: Einerseits sollen Postsendungen mit Empfangsbekenntnis in der zentralen Posteingangsstelle keinen Eingangsstempel erhalten; andererseits trägt die erste Seite der dem LBV BW zugestellten Ausfertigung des Berufungsurteils einen Scan-Vermerk vom 7. Januar 2019. Beides wäre dann in Übereinstimmung zu bringen, wenn der Scan-Vermerk nicht als Eingangsstempel im vorstehenden Sinne verstanden wird. Zum dritten ist die dienstliche Erklärung des Leiters des Rechtsreferats, er habe das Empfangsbekenntnis (erst) am 7. Januar 2019 gezeichnet, nur von eingeschränktem Aussagewert, weil diese Aussage allein auf dem Rückschluss aus dem von ihm eingetragenen Datum beruht (also auf einem Schluss von der in Zweifel gezogenen Tatsache auf deren Richtigkeit).

22 Dass die lange Laufzeit von 18 Tagen auf Verzögerungen im Bereich der Deutschen Post beruhen könnte, erscheint nahezu - allerdings eben auch nur: nahezu - ausgeschlossen. Dagegen spricht bereits, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausweislich des von ihm gezeichneten Empfangsbekenntnisses das Berufungsurteil bereits am Tag nach der Absendung erhalten hat. Dass die Dauer des Postlaufs von zwei gleichzeitig abgesandten Briefsendungen zu zwei rd. 60 bzw. 130 (Autobahn-)Kilometer entfernten Bestimmungsorten derart unterschiedlich ausfällt, ist in hohem Maße ungewöhnlich. Allerdings ist wegen des hohen Postanfalls zur Weihnachtszeit nach der Auskunft der Deutschen Post AG eine Verzögerung von ein bis zwei Tagen nicht auszuschließen. Letzteres liefe (wegen der fünf dienstfreien Tage beim LBV BW nach dem 21. Dezember 2018) auf einen dortigen Eingang am 27. oder 28. Dezember 2018 hinaus. Hiernach kann die Auskunftslage zum Postweg - mit verbleibenden Ungewissheiten - durchaus in Übereinstimmung mit der Darstellung des LBV BW zu den dortigen innerbehördlichen Abläufen gebracht werden. Denn ausgehend von den eingeräumten Bearbeitungsrückständen in der Posteingangsstelle und dem erwähnten Scan-Vermerk wäre es durchaus schlüssig, dass das Berufungsurteil, wenn es (erst) am 28. Dezember 2018 in der Posteingangsstelle eingegangen sein sollte, dort (erst) am 7. Januar 2019 bearbeitet (insbesondere gescannt) und noch am selben Tag dem zeichnungsbefugten Leiter des Rechtsreferats vorgelegt worden wäre.

23 Entscheidend ist nach all dem, dass nach dem oben dargestellten Maßstab das Berufungsurteil nicht mit dem Eingang in der Poststelle, sondern (erst) als an dem Tag zugestellt gilt, an dem der Leiter des Rechtsreferats des LBV BW es mit Empfangswillen entgegengenommen und gezeichnet hat. Nach den eingeholten Auskünften kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsurteil (möglicherweise mit einer leichten Verzögerung bereits auf dem Postweg) zwar deutlich vor dem 7. Januar 2019 in der Poststelle des LBV BW eingegangen ist, dort aber infolge des hohen Geschäftsanfalls um die Weihnachtstage und den Jahreswechsel mehrere Tage lang unbearbeitet blieb und erst am 7. Januar 2019 dort gescannt und am selben Tag dem für die Zeichnung des Empfangsbekenntnisses zuständigen Leiter des Rechtsreferats vorgelegt wurde. Dafür sprechen das Datum des erwähnten Scan-Vermerks und die vom LBV BW eingeräumten Bearbeitungsrückstände in seiner Posteingangsstelle, wonach am 7. Januar 2019 erst der Posteingang vom 28. Dezember abgearbeitet wurde.

24 Nach all dem vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Beweiskraft des Empfangsbekenntnisses - vollständig - entkräftet ist.

25 3. Die Beschwerde ist auch begründet.

26 Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage zugelassen, ob die Berechnung der Höchstgrenze (Kappungsgrenze) des Kindererziehungsergänzungszuschlags nach § 66 Abs. 6 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes Baden-Württemberg (LBeamtVG BW) im Wege der sog. "Gesamtheitsmethode" oder der sog. "Spitzberechnung" vorzunehmen ist.

27 Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 3 GKG; die vorläufige Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren beruht auf § 63 Abs. 1 i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 3 GKG. Sie entspricht jeweils dem dreifachen Jahresbetrag der geltend gemachten monatlichen Erhöhung in Höhe von 6,96 €.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 11.20 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (§ 55a Abs. 1 bis 6 VwGO sowie Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach vom 24. November 2017, BGBl I S. 3803) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RDGEG vertreten lassen.

Urteil vom 13.10.2020 -
BVerwG 2 C 11.20ECLI:DE:BVerwG:2020:131020U2C11.20.0

Berechnung der Höchstgrenze des Kindererziehungsergänzungszuschlags

Leitsätze:

1. Die Berechnung der Höchstgrenze für den Kindererziehungsergänzungszuschlag (§ 66 Abs. 6 LBeamtVG BW, § 50b Abs. 3 Satz 1 BeamtVG) ist in der Weise vorzunehmen, dass der Zuschlag für Zeiten der Kindererziehung, die mit ruhegehaltfähigen Zeiten bzw. mit nicht ruhegehaltfähigen Zeiten zusammentreffen, getrennt voneinander zu berechnen und anschließend an der jeweils einzeln für diesen Zeitraum berechneten Höchstgrenze zu messen ist (sog. Spitzberechnung).

2. Die davon abweichende, als sog. Gesamtheitsmethode bezeichnete Berechnungsweise wird dem mit den kinderbezogenen Leistungen verfolgten Ziel der weitestgehenden und wirkungsgleichen Übernahme der rentenrechtlichen Vorschriften (§ 70 Abs. 2 und 3a SGB VI) in das Beamtenversorgungsrecht in einem beachtlichen Teil der Fallkonstellationen nicht gerecht und verfehlt damit das gesetzgeberische Ziel, versorgungsrechtliche Nachteile auszugleichen, die dem begünstigten Personenkreis durch Zeiten der Kindererziehung entstehen.

  • Rechtsquellen
    LBeamtVG BW § 66 Abs. 4 bis 6
    BeamtVG § 50b Abs. 3 Satz 1
    SGB VI § 70 Abs. 2 und 3a

  • VG Stuttgart - 26.07.2017 - AZ: VG 3 K 3195/16
    VGH Mannheim - 18.12.2018 - AZ: VGH 4 S 1956/17

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 13.10.2020 - 2 C 11.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:131020U2C11.20.0]

Urteil

BVerwG 2 C 11.20

  • VG Stuttgart - 26.07.2017 - AZ: VG 3 K 3195/16
  • VGH Mannheim - 18.12.2018 - AZ: VGH 4 S 1956/17

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Oktober 2020
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden, Dr. Hartung
und Dollinger sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hampel
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte.

Gründe

I

1 Die Beteiligten streiten über die Berechnung der Höhe des Kindererziehungsergänzungszuschlags.

2 Die Klägerin ist eine ehemalige Lehrerin. Sie stand von August 1976 bis zu ihrer antragsgemäßen vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. März 2016 im Dienst des beklagten Landes, zuletzt als Fachoberlehrerin, besoldet nach der Endstufe der Besoldungsgruppe A 11 BBesO. Sie hat vier Kinder. Die beiden jüngsten wurden am 13. September 1985 und 12. Dezember 1990 geboren. Die Klägerin war mehrfach, so auch in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 16. August 1992, ohne Dienstbezüge beurlaubt.

3 Mit Bescheid vom 14. März 2016 setzte der Beklagte das Ruhegehalt der Klägerin auf 2 128,14 € fest. Hierbei wurden Kindererziehungszeiten nach dem 1. Januar 1992 von insgesamt 108 Monaten zugrunde gelegt. Der Kindererziehungsergänzungszuschlag wurde aufgrund einer Vergleichsberechnung und Anwendung der Höchstgrenze gemäß § 50b Abs. 3 i.V.m. § 50a Abs. 5 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) auf 0,00 € festgesetzt; dabei wurde der insgesamt zu gewährende Kindererziehungsergänzungszuschlag unter Zusammenfassung aller zu berücksichtigenden Monate der Kindererziehung gemäß § 50b Abs. 1 BeamtVG ermittelt und zusammen mit dem in der gesamten Zeit der Kindererziehung erzielten Ruhegehaltsanspruch einer einheitlichen Höchstgrenze (Kappungsgrenze) gegenübergestellt (sog. Gesamtheitsmethode).

4 Die Klägerin machte mit ihrem Widerspruch geltend, dass die Berechnung der Höchstgrenze des Kindererziehungsergänzungszuschlags fehlerhaft sei: Der Zuschlag sei für Zeiten der Kindererziehung, die mit ruhegehaltfähigen Zeiten bzw. mit nicht ruhegehaltfähigen Zeiten zusammentreffen, getrennt voneinander zu berechnen und anschließend an der jeweils einzeln für diesen Zeitraum berechneten Höchstgrenze zu messen (sog. Spitzberechnung). In ihrem Fall sei daher für den Zeitraum vom 1. Januar bis 16. August 1992, in dem sie beurlaubt gewesen sei und bei dem es sich daher um eine nicht ruhegehaltfähige Dienstzeit handele, eine getrennte Berechnung vorzunehmen.

5 Nach erfolglosem Widerspruch und erstinstanzlicher Klageabweisung hat das Berufungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Beklagten verpflichtet, das festgesetzte Ruhegehalt der Klägerin erstmals um einen Kindererziehungsergänzungszuschlag in Höhe von 6,96 € monatlich zu erhöhen.

6 Zur Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch darauf, dass bei der erstmaligen Festsetzung ihrer Versorgungsbezüge für die Zeit ab dem 1. April 2016 ein ungekürzter monatlicher Kindererziehungsergänzungszuschlag in gesetzlicher Höhe von monatlich 6,96 € als zusätzlicher Bestandteil der Versorgungsbezüge festgesetzt und ihr Ruhegehalt erhöht wird. Maßgebliche Rechtsgrundlage sei allerdings entgegen der Auffassung des Beklagten die rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene (mit den vom Beklagten angewandten bundesrechtlichen Vorschriften in der Sache identische) Regelung des baden-württembergischen Landesrechts. Entgegen der Ansicht des Beklagten sei die Berechnung der Höchstgrenze des Kindererziehungsergänzungszuschlags in der von der Klägerin geltend gemachten Weise vorzunehmen, dass der Zuschlag zunächst für Zeiten der Kindererziehung, die mit ruhegehaltfähigen Zeiten bzw. nicht ruhegehaltfähigen Zeiten zusammentreffen, getrennt zu ermitteln und sodann an der jeweils einzeln für diesen Zeitraum berechneten Höchstgrenze zu messen sei.

7 Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2018 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Juli 2017 zurückzuweisen.

8 Die Klägerin verteidigt das Berufungsurteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9 Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich am Verfahren unter Vorlage einer Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat: Die Berechnung der Begrenzung des Kindererziehungsergänzungszuschlags erfolge beim Bund gemäß § 50b Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 50a Abs. 5 BeamtVG und den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften im Wege der sog. "Spitzberechnung". Eine Änderung dieser Festlegung sei nicht beabsichtigt. Um der Intention des Gesetzgebers nach einem zielgenauen Ausgleich von Zeiten mit erziehungs- und pflegebedingten Versorgungseinbußen und einer weitestgehenden Gleichbehandlung von Rentnern und Pensionären gerecht zu werden, solle an der abschnittsweisen Betrachtung, die durch das Gesetz weder gefordert noch ausgeschlossen werde, festgehalten werden. Zwar könne sich - je nach Fallkonstellation - u.U. beim Kindererziehungszuschlag gegenüber der Rente durch die abschnittsweise Berechnung eine Besserstellung, aber auch eine Schlechterstellung der Pensionäre ergeben. Die abschnittsweise Betrachtung komme aber der rentenrechtlichen Regelung am nächsten. Beim Kindererziehungsergänzungszuschlag folge die abschnittsweise Berechnung genau dem Rentenrecht.

II

10 Die Revision des beklagten Landes, über die der Senat gemäß § 101 Abs. 2, § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts verletzt revisibles Recht nicht (§ 137 Abs. 1 und § 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG und § 127 Nr. 2 BRRG). Der entscheidungstragende Rechtssatz des Berufungsurteils, dass die Berechnung der Begrenzung des Kindererziehungsergänzungszuschlags gemäß § 66 Abs. 6 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes Baden-Württemberg in der bis zum 28. Februar 2017 geltenden Fassung vom 21. Juli 2015 (LBeamtVG BW) im Wege der sog. Spitzberechnung vorzunehmen ist, ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

11 1. Das beklagte Land wendet sich mit seiner Revision nicht mehr dagegen, dass - entgegen seiner ursprünglichen Rechtsauffassung und der des Verwaltungsgerichts - nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs maßgebliche Rechtsgrundlage nicht die (in der Sache allerdings inhaltsgleichen) Vorschriften des §§ 50b Abs. 1 bis 3 und § 50a Abs. 5 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) sind, sondern die rückwirkend zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene Regelung des § 66 Abs. 4 bis 7 LBeamtVG BW in der vorstehend näher bezeichneten Fassung ist. Gegen diese Rechtsauffassung ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.

12 2. Die Klägerin erfüllt dem Grunde nach die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 66 Abs. 4 LBeamtVG BW für die Gewährung eines Kindererziehungsergänzungszuschlags im streitbefangenen Zeitraum vom 1. Januar bis 16. August 1992: Sie hat in dieser Zeit (nach dem 1. Januar 1992) ihre beiden jüngsten Kinder, die das 10. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, erzogen (§ 66 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a LBeamtVG BW), in dieser Zeit auch keine Ansprüche nach § 70 Abs. 3a Satz 2 SGB VI erworben (§ 66 Abs. 4 Nr. 2 LBeamtVG BW) und ihr ist diese Kindererziehungszeit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 und 8 SGB VI zuzuordnen (§ 66 Abs. 4 Nr. 3 LBeamtVG BW). Gemäß § 66 Abs. 5 Nr. 1 LBeamtVG BW in der hier maßgeblichen Fassung betrug der Kindererziehungsergänzungszuschlag für jeden angefangenen Monat 0,87 €, woraus sich für den streitgegenständlichen Zeitraum (8 x 0,87 €) ein Betrag von 6,96 € ergibt.

13 3. Dieser Kindererziehungsergänzungszuschlag ist - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht gemäß § 66 Abs. 6 LBeamtVG BW auf Null zu kürzen.

14 Gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 LBeamtVG BW darf der um den Kindererziehungsergänzungszuschlag erhöhte Betrag, der sich unter Berücksichtigung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und der auf die Kindererziehungszeit nach § 66 Abs. 4 LBeamtVG BW entfallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit als Ruhegehalt ergeben würde, die Höchstgrenze nicht übersteigen. Als Höchstgrenze für den Kindererziehungsergänzungszuschlag gilt nach § 66 Abs. 6 Satz 2 LBeamtVG BW der für jeden Monat der Zeiten nach § 66 Abs. 4 LBeamtVG BW mit dem (im streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen) Wert 2,58 € vervielfältigte Betrag. Der vorgenannte Wert erhöht oder vermindert sich entsprechend den allgemeinen Anpassungen nach § 11 LBeamtVG BW (vgl. § 66 Abs. 6 Satz 3 LBeamtVG BW).

15 Kern des Rechtsstreits ist die Frage, nach welcher Berechnungsmethode die vorstehend wiedergegebene Höchstgrenze des Kindererziehungsergänzungszuschlags (§ 66 Abs. 6 Satz 2 LBeamtVG BW) zu ermitteln ist: Nach der vom Beklagten praktizierten sog. "Gesamtheitsmethode" wird der insgesamt zu gewährende Kindererziehungsergänzungszuschlag unter Zusammenfassung aller zu berücksichtigenden Monate der Kindererziehung ermittelt und zusammen mit dem in der gesamten Zeit der Kindererziehung erzielten Ruhegehaltsanspruch einer einheitlichen Höchstgrenze (Kappungsgrenze) gegenübergestellt. Dagegen besteht die von der Klägerin favorisierte sog. Spitzberechnung darin, dass der Kindererziehungsergänzungszuschlag für Zeiten der Kindererziehung, die mit ruhegehaltfähigen Zeiten bzw. mit nicht ruhegehaltfähigen Zeiten zusammentreffen, jeweils getrennt voneinander zu berechnen und anschließend an der jeweils einzeln für diesen Zeitraum berechneten Höchstgrenze zu messen ist (wegen der einzelnen Rechenschritte der beiden Methoden vgl. die beispielhafte Darstellung bei Kümmel, Beamtenversorgungsrecht, Stand: 48. Erg.-Lfg. Juli 2019, § 50b Rn. 11 S. 50b/14 ff.).

16 Der Verwaltungsgerichtshof hat ohne Verstoß gegen revisibles Recht angenommen, dass bei einer am Wortlaut der Vorschrift, der Systematik, der Entstehungsgeschichte sowie am Sinn und Zweck der Regelung orientierten Auslegung des Gesetzes die sog. Spitzberechnung die zutreffende, vorzugswürdige Berechnungsmethode ist, weil sie - bei nicht eindeutigem Gesetzeswortlaut - dem mit dem Kindererziehungsergänzungszuschlag verfolgten Gesetzeszweck umfassender und damit besser gerecht wird als die Gegenansicht.

17 a) Dem Wortlaut des Gesetzes ist weder für die eine noch die andere Berechnungsweise ein entscheidender Hinweis zu entnehmen; der Normtext ist für eine Interpretation in beide Richtungen offen.

18 Entgegen der Ansicht des Beklagten folgt aus dem Umstand, dass das Gesetz in § 66 Abs. 6 Satz 1 LBeamtVG BW mit der Formulierung "auf die Kindererziehungszeit nach Absatz 4" den fraglichen Zeitraum in der Einzahl (im Singular) - und nicht in der Mehrzahl (im Plural) - bezeichnet, kein überzeugendes oder gar zwingendes Argument dafür, dass der Gesetzgeber eine getrennte Betrachtung mehrerer Kindererziehungszeiten - je nach ihrer Ruhegehaltfähigkeit - ausschließen wollte. Dass der Begriff in der Singularform verwandt wird, kann zwanglos als abstrakte Beschreibung der Art oder Gattung des fraglichen Zeitraums verstanden werden.

19 Im Übrigen wechselt der Gesetzgeber innerhalb des § 66 LBeamtVG BW bei der Bezeichnung von Zeiträumen mehrfach zwischen der Singular- und Pluralform; so spricht er bereits im nachfolgenden Satz (§ 66 Abs. 6 Satz 2 LBeamtVG BW) den zeitlichen Bezugsraum in der Mehrzahl (Pluralform) an ("jeden Monat der Zeiten nach Absatz 4"), ebenso in § 66 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a) LBeamtVG BW ("mit entsprechenden Zeiten") und Buchst. b) ("mit Zeiten") sowie Nr. 2 ("für diese Zeiten"), während in § 66 Abs. 4 Nr. 3 LBeamtVG BW im Zusammenhang mit der Zuordnung der "Kinderzeit" wiederum die Singularform verwandt wird, obwohl die jeweiligen Zeiträume der Kindererziehung unterschiedlichen Elternteilen zuzuordnen sein können (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 4 SGB VI), mithin auch mehrere (verschiedenen Personen zuzuordnende) Kindererziehungszeiten (Zeiträume) gemeint sein müssen. Schließlich verwendet der Gesetzgeber auch in der Parallelnorm im Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - über die Entgeltpunkte für Beitragszeiten zur Bezeichnung des in Rede stehenden Zeitraums mehrfach die Pluralform ("Kindererziehungszeiten", "Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung" oder "Beitragszeiten", vgl. § 70 Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 3a Satz 1 und Satz 2 Buchst. b) SGB VI). Das gilt insbesondere für die dortige Kappungsregelung, wonach die Summe der zusätzlich ermittelten und gutgeschriebenen Entgeltpunkte zusammen mit dem für Beitragszeiten und Kindererziehungszeiten ermittelten Entgeltpunkten auf einen Wert von höchstens 0,0833 Entgeltpunkte begrenzt ist (§ 70 Abs. 3a Satz 3 SGB VI). Aus dem Umstand, dass § 66 Abs. 6 Satz 2 LBeamtVG BW - anders als in der Parallelnorm des § 50b Abs. 3 Satz 1 BeamtVG - die vorzunehmende Ermittlung der Höchstgrenze mit einem Rechenschritt beschrieben wird, ergibt sich ebenfalls kein eindeutiger Hinweis für eine Berechnung nach der Gesamtheitsmethode; dass das Gesetz in § 66 Abs. 6 Satz 2 LBeamtVG BW von einer Vervielfältigung ("für jeden Monat der Zeiten nach Absatz 4 mit dem Wert 2,58 Euro vervielfältigte Betrag") spricht, reicht dafür nicht aus. Es wäre Sache des baden-württembergischen Gesetzgebers gewesen, wenn er eine Berechnung der Höchstgrenze gemäß § 66 Abs. 6 LBeamtVG BW nach der vom Landesamt des Beklagten vertretenen Gesamtheitsmethode gewollt hätte, diese Berechnungsmethode im Wortlaut des Gesetzes eindeutig zum Ausdruck zu bringen. Dazu bestand schon bei der Schaffung der Norm und später bei ihrer mehrmaligen Änderung Gelegenheit und auch Anlass, weil dem baden-württembergischen Gesetzgeber die gegenteilige Berechnungspraxis auf Bundesebene im Rahmen der (wie stets betont: parallelen) Regelung des § 50b Abs. 3 BeamtVG und in anderen Ländern bekannt gewesen sein dürfte.

20 b) Aus der Gesetzessystematik ergibt sich ebenfalls kein eindeutiges Argument dafür, die aufgeworfene Frage in die eine oder andere Richtung zu beantworten. Die Revision wendet unter Berufung auf Kümmel (Beamtenversorgungsrecht, Stand: 48. Erg.-Lfg. Juli 2019, § 50b Rn. 11 S. 50b/14) ein, dass die Gesamtheitsmethode "am ehesten" der Berechnungssystematik des Beamtenversorgungsrechts entspreche. Dem liegt die Auffassung zugrunde, dass eine zeitabschnittsweise Betrachtung von Kindererziehungszeiten nach Monaten, die ruhegehaltfähig sind oder nicht, der Systematik des Beamtenversorgungsrechts fremd sei. Dies überzeugt aus mehreren Gründen nicht.

21 Zum einen knüpfen durchaus zahlreiche Regelungen des Beamtenversorgungsrechts an einen Monatszeitraum an (vgl. für das Entstehen und die Auszahlung des Ruhegehalts im Bereich des Bundes z.B. § 49 Abs. 4 BeamtVG i.V.m. § 3 Abs. 4 BBesG). Das gilt namentlich für den hier in Rede stehenden Regelungsbereich des Kindererziehungs- und Kindererziehungsergänzungszuschlags: Gemäß § 66 Abs. 5 LBeamtVG BW wird der Kindererziehungszuschlag ausdrücklich "für jeden angefangenen Monat" ermittelt; als Höchstgrenze i.S.v. § 66 Abs. 6 Satz 1 LBeamtVG BW gilt gemäß dem nachfolgenden Satz 2 der "für jeden Monat" der Zeiten nach Absatz 4 mit dem (im streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen) Wert 2,58 € vervielfältigte Betrag. Auch bei einem Bescheid über das Ruhen von Versorgungsbezügen handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt mit sich monatlich aktualisierender Wirkung (BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 2020 - 2 C 1.19 - Leitsatz 1 und Rn. 16 <zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE bestimmt>); dem liegt ebenfalls zugrunde, dass die Versorgungsbezüge sich je nach Änderung der Rechtslage - selbstverständlich - monatlich verändern können.

22 Vor allem aber ist das Argument des "systemischen" Fremdkörpers deshalb nicht tragfähig, weil es bei der hier in Rede stehenden Übertragung der aus dem Bereich der Rentenversicherung (SGB VI) stammenden berücksichtigungsfähigen Zeiten der Kindererziehung in das Beamtenversorgungsrecht in Gestalt des Kindererziehungs- und Kindererziehungsergänzungszuschlags gerade um die Einbeziehung einer zusätzlichen Versorgungsleistung geht, die aus einem anderen System der Alterssicherung stammt. Ist die (vermeintliche) "Systemfremdheit" der zu übertragenden Versorgungsleistung aber gerade wesenseigen, kann dies schwerlich ein taugliches (Gegen-)Argument im Rahmen der Auslegung derjenigen Vorschriften sein, die ihre sachgerechte Einbeziehung in das Beamtenversorgungsrecht regeln.

23 c) Aus den Gesetzesmaterialien ist für die Auslegung festzuhalten, dass mit der in Rede stehenden Vorschrift die - bereits angesprochene - Regelung über berücksichtigungsfähige Zeiten der Kindererziehung aus dem Bereich der Rentenversicherung (§ 70 SGB VI) in das Beamtenversorgungsrecht wirkungsgleich übertragen werden sollte. Dies ist einhellige Ansicht.

24 d) Entscheidende Bedeutung für die Beantwortung der Revisionsfrage kommt daher dem Sinn und Zweck der Regelung zu. Dem Verwaltungsgerichtshof ist darin zuzustimmen, dass nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes die sog. Spitzberechnung dem mit dem Kindererziehungsergänzungszuschlag verfolgten Gesetzeszweck umfassender und damit besser gerecht wird als die Gegenansicht.

25 Wie der Senat bereits entschieden hat, ist es Sinn und Zweck der aus dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung in das Beamtenversorgungsrecht übernommenen kinderbezogenen Leistungen nach den §§ 50a bis 50e BeamtVG, Versorgungsdefizite (Versorgungslücken) zu schließen, die durch die Betreuung von Kindern entstehen; Erziehungsleistungen sollen honoriert werden (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2016 - 2 C 17.14 - BVerwGE 155, 280 Rn. 22). Dasselbe gilt - nach dem Übergang der Gesetzgebungszuständigkeit - für die entsprechenden Vorschriften der Länder.

26 Zwar ist anerkannt, dass es sich bei der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung um seit jeher getrennte und in ihren Leistungen nicht vergleichbare Systeme handelt (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 1975 - 1 BvL 4/74 - BVerfGE 40, 121 <139>; BVerwG, Urteil vom 1. September 2005 - 2 C 15.04 - BVerwGE 124, 178 <185>; BSG, Urteil vom 10. Oktober 2018 - B 13 R 20/16 R - BSGE 127, 11 Rn. 31 ff.). Gleichwohl war es das erklärte Ziel des Bundesgesetzgebers, die rentenrechtliche Regelung betreffend kinderbezogene Leistungen (§ 70 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3a SGB VI) weitgehend nachzuzeichnen (BSG, Urteil vom 10. Oktober 2018 - B 13 R 20/16 R - BSGE 127, 11 Rn. 32); angestrebt war ein "zielgenauer Ausgleich von Zeiten mit Erziehungs- und pflegebedingten Versorgungseinbußen" mit dem Ziel "einer weitest gehenden Gleichbehandlung von Rentnern und Versorgungsempfängern" (vgl. Durchführungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Versorgungsänderungsgesetz 2001 vom 3. September 2002 - D II 3 - 223 100 - 1/3 - GMBl. 2002 S. 689, 694 l. Sp. unten). Da der Landesgesetzgeber in Baden-Württemberg die bundesrechtliche Regelung inhaltlich unverändert in sein Landesrecht übernommen hat, muss für ihn dasselbe angenommen werden.

27 Zeiten der Kindererziehung wirken sich im Beamtenversorgungsrecht - anders als in der gesetzlichen Rentenversicherung - je nach den individuellen ruhegehaltfähigen Dienstbezügen unterschiedlich auf die Höhe des Ruhegehalts aus. Bei Erreichen des Ruhegehaltshöchstsatzes wirken sie sich im Ergebnis gar nicht aus, ebenso nicht beim Mindestruhegehalt gemäß § 14 Abs. 4 BeamtVG. Denn Letzteres wird pauschalierend und unabhängig davon gewährt, welche Erwerbsbiographie der einzelne Beamte hat, und gewährleistet eine alimentationsrechtliche Grundsicherung für den Fall, dass die erdienten Versorgungsbezüge einschließlich der Kindererziehungszeiten zu einer solchen Sicherung nicht ausreichen; das Mindestruhegehalt wird daher nicht um die kinderbezogenen Leistungen erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2016 - 2 C 17.14 - BVerwGE 155, 280 Rn. 12, 23).

28 In der gesetzlichen Rentenversicherung dagegen werden Kindererziehungszeiten als Beitragszeiten gemäß § 56 SGB VI für jeden Versicherten grundsätzlich gleich bewertet, und zwar mit einem feststehenden Wert nach § 70 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, der 0,0833 Entgeltpunkte (EP) für jeden Kalendermonat beträgt; das entspricht jährlich rund einem Entgeltpunkt und bedeutet, dass einem Jahr Kindererziehung fiktiv ein Jahr des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten zugrunde liegt (BSG, Urteil vom 10. Oktober 2018 - B 13 R 20/16 R - BSGE 127, 11 Rn. 19).

29 An das zuletzt beschriebene Bezugssystem von Entgeltpunkten knüpfen auch die beamtenversorgungsrechtlichen Regelungen über die kinderbezogenen Leistungen im Bundesrecht gemäß den § 50a Abs. 1 und § 50b Abs. 1 BeamtVG sowie (später - nach Übergang der Gesetzgebungskompetenz - folgend) der entsprechenden Vorschriften der Länder an. Gemäß § 50a Abs. 5 Satz 2 BeamtVG gilt als Höchstgrenze für den Kindererziehungszuschlag der Betrag, der sich unter Berücksichtigung des aktuellen Rentenwerts nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch und des auf die Jahre der Kindererziehungszeit entfallenden Höchstwerts an Entgeltpunkten in der Rentenversicherung nach Anlage 2b zum Sozialgesetzbuch Sechstes Buch als Rente ergeben würde. Für den im Streitfall umstrittenen Kindererziehungsergänzungszuschlag bestimmt § 50b Abs. 3 BeamtVG, die bundesrechtliche Vorgängervorschrift zum hier maßgeblichen § 66 Abs. 6 LBeamtVG BW, dass bei der Ermittlung der Höchstgrenze an die Stelle des beim Kindererziehungszuschlag geltenden Höchstwerts an Entgeltpunkten für jeden Monat der Zeiten nach den §§ 50a und 50b BeamtVG der in § 70 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bestimmte Bruchteil des aktuellen Rentenwerts tritt.

30 Gerade diese Bezugnahme auf § 70 Abs. 2 Satz 1 SGB VI und die für jeden Kalendermonat der Erziehungszeit vorgesehene Belegung mit 0,0833 EP sowie deren Festsetzung als Höchstgrenze streitet für die vom Berufungsgericht für zutreffend erachtete Berechnungsweise. Dabei sind die Unterschiede zwischen dem oben dargestellten Bundesrecht und dem (hier streitgegenständlichen) Landesrecht lediglich gesetzestechnischer Art: Während § 50b Abs. 3 Satz 1 BeamtVG unmittelbar auf den in § 70 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bestimmten Bruchteil (0,0833 Entgeltpunkte pro Kalendermonat) verweist, ist in § 66 Abs. 6 Satz 2 LBeamtVG BW ein bestimmter Euro-Betrag festgelegt (im hier streitgegenständlichen Zeitraum 2,58 €). Letzterer ist aber ebenfalls aus dem monatlichen Durchschnittseinkommen der gesetzlich Versicherten abgeleitet. Für die Berechnung der Kappungsgrenze, die den Gleichklang mit dem Rentenrecht herstellt und eine Besserstellung von Beamten gegenüber den in der Rentenkasse gesetzlich Versicherten verhindern soll, lassen sich keine beamtenversorgungsrechtlichen Besonderheiten erkennen, die für eine zusätzliche Begrenzung streiten.

31 Folgt der versorgungsrechtliche Kindererziehungszuschlag hiernach dem Regelungskonzept des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch, ist entscheidend, dass damit auch die Regelung des § 70 Abs. 3a SGB VI und dessen Wertung zur Geltung kommt: Gemäß § 70 Abs. 3a SGB VI werden für nach dem Jahr 1991 liegende Kalendermonate mit Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung Entgeltpunkte zusätzlich ermittelt oder gutgeschrieben. Dies gilt für jeden Kalendermonat mit Pflichtbeiträgen und für jeden Monat, in dem für den Versicherten berücksichtigungsfähige Zeiten wegen Kindererziehung für ein Kind mit Zeiten für ein anderes Kind zusammentreffen. Die Erhöhung erfolgt gemäß § 70 Abs. 3a Satz 3 SGB VI aber nur insoweit, als mit den bereits für die Pflichtbeiträge ermittelten Entgeltpunkten 0,0833 EP pro Kalendermonat nicht überschritten werden. Für Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen wegen Kindererziehung können sich damit keine Zuschläge ergeben, weil diese bereits nach § 70 Abs. 2 Satz 1 SGB VI mit 0,0833 Entgeltpunkten pro Kalendermonat bewertet sind.

32 Im Versorgungsrecht wird ebenfalls (hier: gemäß § 66 Abs. 4 LBeamtVG BW) zunächst für solche Kalendermonate, die mit ruhegehaltfähigen Dienstzeiten zusammentreffen, ein Kindererziehungsergänzungszuschlag gewährt. Außerhalb ruhegehaltfähiger Dienstzeiten besteht ein solcher Anspruch auch hier nur, wenn mehrere Kinder betreut werden; außerdem ist der Anspruch schon tatbestandlich auf Zeiten beschränkt, für die dem Betroffenen kein Kindererziehungszuschlag zusteht. Dabei kommt der Kappungsvorschrift des § 66 Abs. 6 LBeamtVG BW - in Übernahme der rentenrechtlichen Vorgaben des § 70 Abs. 3a SGB VI - ebenfalls nur Bedeutung zu für Zeiten des Zusammentreffens von Erziehungszeiten i.S.v. § 66 Abs. 4 LBeamtVG BW mit ruhegehaltfähigen Dienstzeiten (Überschneidungszeiten). Darüber hinaus greift die Deckelung durch den Höchstaltersruhegehaltssatz als absolute Grenze (§ 66 Abs. 7 LBeamtVG BW).

33 Der Einwand des beklagten Landes, die vom Berufungsgericht für zutreffend erachtete monatsweise Betrachtung (Spitzberechnung) führe zu dem verfehlten Ergebnis, dass im Grundsatz jede Beamtin, die sich für die Kindererziehung beurlauben lasse und deshalb für diese Zeiten keine ruhegehaltfähigen Dienstzeiten erwirbt, den Kindererziehungszuschlag erhalte, verkennt das Gesetz: Gerade dies ist dessen Sinn und Zweck. Beide kinderbezogenen Leistungen, der Kindererziehungs- wie der Kindererziehungsergänzungszuschlag, orientieren sich ausdrücklich an der rentenrechtlichen Berücksichtigung von Erziehungszeiten und sollen damit - wie bei den Pflichtversicherten - einen Ausgleich für die Nachteile schaffen, die den Betroffenen, insbesondere Frauen, dadurch entstehen, dass sie während der Kindererziehungsphase - vorübergehend - entweder gar nicht erwerbstätig sind oder (infolge Teilzeitarbeit) nur ein geringes Arbeitsentgelt erzielen und dadurch Einbußen in ihrer Versicherungsbiographie hinnehmen müssen (vgl. BT-Drs. 14/4595 S. 48). An die Stelle der Einbußen in der Versicherungsbiographie treten im Beamtenrecht Nachteile bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge, gerade durch den Wegfall von Zeiträumen, in denen andere Beamte ruhegehaltfähige Dienstzeiten erdient haben. In der Lebenswirklichkeit dürfte gerade die Fallkonstellation, dass der die Kindererziehung übernehmende Elternteil während dieses Zeitraums - je nach dem: über einen längeren oder kürzeren Zeitraum - keine ruhegehaltfähigen Dienstzeiten erwirbt, einen beachtlichen Teil der Fallzahlen darstellen. Die Nachteile dieser Personengruppe auszugleichen, ist der gesetzgeberische Wille. Aufgrund der Berechnungsmethode des beklagten Landes dagegen würden solche Fallkonstellationen vielfach "gegen Null gerechnet"; das Berufungsgericht moniert nicht ohne Grund, dass damit die Intention des Gesetzgebers "konterkariert" wird (UA S. 39). Entgegen der Ansicht der Revision zielt die Kappungsgrenze auch nicht darauf, überschießende Beträge auszuschließen, die über eine "Mindestversorgung" hinausgehen (wie sie Gegenstand des Senatsurteils vom 23. Juni 2016 - 2 C 17.14 - BVerwGE 155, 280 Rn. 12, 23 war).

34 Soweit die Revision geltend macht, die Klägerin erhielte nach der "Spitzberechnung" ein "Mehr" als ihr im rentenrechtlichen Vergleich zustünde, weil sie im Ergebnis für die nach § 66 Abs. 4 LBeamtVG BW zu berücksichtigende Kindererziehungszeit bereits "aus ihren in diesem Zeitraum liegenden ruhegehaltfähigen Zeiten" die Höchstgrenze nach § 66 Abs. 6 LBeamtVG BW überschritten habe, verfängt dies aus einem doppelten Grunde nicht. Zum einen liegen im Streitfall "in diesem Zeitraum" auch Zeiten, in denen die Klägerin (aufgrund ihrer Beurlaubung) gerade keine ruhegehaltfähigen Zeiten erwirtschaftet hat. Insoweit liegt gerade keine "Überschneidungszeit" und damit eine typische, aus der Kindererziehung resultierende Vermögenseinbuße vor, die nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes gemildert und mit dem Zuschlag honoriert werden soll. Zum anderen ist es der Revision nicht gelungen zu benennen, was nach ihrer Ansicht das im Vergleich zum Rentenrecht unzulässige, jenseits einer bestimmten Grenze (über deren Berechnungsweise gerade gestritten wird) liegende "Mehr" der Klägerin sein soll.

35 Zu Recht hebt das Berufungsgericht hervor, dass der Kindererziehungsergänzungszuschlag - schon tatbestandlich und betragsmäßig - nur eine geringe praktische Bedeutung hat und dass diese durch die Berechnungsmethode des Beklagten noch weiter eingeschränkt wird. Insbesondere bei der typischerweise auftretenden Fallgestaltung, dass das Ruhegehalt aus der Endstufe der für die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge maßgeblichen Besoldungsgruppe und dem Höchstruhegehaltssatz errechnet wird, ergibt sich oft kein oder nur ein geringer Zuschlag (vgl. Kümmel, BeamtVG, Stand: 48. Erg.-Lfg. Juli 2019, § 50b Rn. 9 S. 50b/10 und Rn. 10 S. 50b/13). Derselbe Effekt tritt ein, wenn der erziehende Elternteil aus einem höheren Statusamt in den Ruhestand tritt. Die Spitzberechnung dagegen führt - wie der Streitfall belegt - in der Regel im Ergebnis zur Festsetzung eines Kindererziehungsergänzungszuschlags.

36 Es ist anerkannt, dass eine Gesetzesauslegung nicht zu einem Ergebnis führen darf, bei dem die gesetzliche Regelung keinerlei Anwendungsbereich mehr hätte oder dieser auf relativ wenige Fälle beschränkt wäre (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2010 - 2 C 1.10 - Buchholz 240.1 BBesO Nr. 34 Rn. 14 und vom 27. März 2012 - 2 C 46.10 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 23 Rn. 15; Beschluss vom 29. Juni 2015 - 2 B 53.14 - Buchholz 237.6 § 25 NdsLBG Nr. 3 Rn. 8). Denn es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er eine Regelung treffen wollte, die - weitgehend - ins Leere läuft. Ähnliches gilt, wenn - wie hier - bei einer gesetzlichen Regelung, mit der eine weitestgehende und wirkungsgleiche Übernahme von Vorschriften eines anderen Rechtskreises bezweckt wird, ein beachtlicher Teil des tatbestandlich erfassten Personenkreises (allein) aufgrund einer bestimmten Berechnungsmethode (von zwei möglichen) aus dem Anwendungsbereich der Norm herausfällt.

37 Derartiges wäre hier der Fall. Nach der vom Berufungsgericht eingeholten Auskunft hat das beklagte Land seit dem Jahr 2009 in insgesamt 8 008 Fällen den Kindererziehungsergänzungszuschlag berechnet und in 6 546 Fällen auf Null gekürzt (das sind 81,74 % der Fälle); nur in 1 462 Fällen wurde ein solcher überhaupt festgesetzt. Das zeigt, dass die Entscheidung des Gesetzgebers zur Einführung dieses besonderen Elements des versorgungsrechtlichen Nachteilsausgleichs für Zeiten der Kindererziehung im Bereich des beklagten Landes in einem hohen Prozentsatz der Fälle ins Leere läuft. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein beachtlicher Anteil dieser Kürzungen auf Null - allein - auf der zu beanstandenden Berechnungsmethode beruht. Einzuräumen ist, dass der Umfang dieses rein berechnungsbedingten Herausfallens aus der Norm erst bei einer Vergleichs- und Neuberechnung aller Altfälle verifiziert werden kann. In jedem Fall kann nicht angenommen werden, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, dass eine von ihm beschlossene gesetzliche Regelung aufgrund einer bestimmten Berechnungsmethode in ihrem Anwendungsbereich derart eingeschränkt wird und damit ihr angestrebtes Ziel nicht erreicht.

38 e) Gegen die Gesamtheitsmethode spricht weiter, dass selbst von Kümmel als deren Hauptbefürworter zugestanden wird, dass in Fällen, in denen die Freistellung ohne Dienstbezüge lediglich einen kurzen Zeitraum umfasst (wie im Streitfall), der Kindererziehungsergänzungsschlag "im Wege einer Günstigkeitsberechnung" (doch) im Wege der sog. Spitzberechnung "gesondert ermittelt" werden sollte, um dem Regelungszweck der Vorschrift zu entsprechen und erziehungsbedingte Versorgungseinbußen infolge Zeiten einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge "zumindest ansatzweise" auszugleichen (so ausdrücklich Kümmel, BeamtVG, a.a.O., § 50b Rn. 11 S. 50b/16 unten, S. 50b/17 oben). Damit wird der Sache nach - jedenfalls für die hier vorliegende Fallkonstellation - eingeräumt, dass in Fällen wie hier allein diese Berechnungsmethode zu dem Gesetzeszweck entsprechenden Ergebnissen führt. Das übrige Schrifttum, soweit es sich zu der Berechnungsmethode überhaupt äußert, stützt diese Ansicht (vgl. Plog/Wiedow, Bd. 2, BeamtVG, § 50a Rn. 68, § 50b Rn. 41; Strötz, in: GKÖD, Bd. I, Teil 3c Versorgungsrecht, Kommentar II, § 50a BeamtVG Rn. 50).

39 f) Diese Auffassung entspricht schließlich auch der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsrecht des Bundesministeriums des Innern zu den ursprünglichen bundesrechtlichen Regelungen des Kindererziehungs- und Kindererziehungsergänzungszuschlags (vgl. die Allgemeinen Durchführungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Versorgungsänderungsgesetz 2001, Rundschreiben vom 3. September 2002 - D II 3 - 223 100 1/3 - GMBl. 2002, S. 689 <694, r. Sp.>; vgl. auch die aktuelle Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Beamtenversorgungsgesetz <BeamtVGVwV> vom 5. Februar 2018 - D4-30301//5#6/ - Tz. 50a.5.1.1, GMBl. 2018, S. 98 <159>). Zwar kommt Verwaltungsvorschriften als sog. Innenrecht der Verwaltung keine die Gerichte bindende Wirkung zu. Doch sind sie immerhin ein beachtlicher Hinweis darauf, wie das - seinerzeit - zuständige Fachministerium auf Bundesebene, das bei einem Gesetzentwurf der Bundesregierung regelmäßig fachlich-unterstützende Vorarbeiten leistet und den Gesetzgeber bei seinen Entscheidungen berät, die Regelung verstanden hat und angewandt wissen wollte.

40 g) Es ist Sache des Gesetzgebers, gegebenenfalls eine andere, im Wortlaut des Gesetzes sich eindeutig niederschlagende Berechnungsmethode zur Festlegung der Höchstgrenze des Kindererziehungsergänzungsschlags zu bestimmen, wenn denn die mit einer solchen Gesetzesänderung verbundene Reduzierung der Honorierung erbrachter Kindererziehungsleistungen von Beamtinnen und Beamten politischer Wille des Gesetzgebers ist. Dagegen ist es im gewaltengeteilten Staat des Grundgesetzes nicht Aufgabe der Gerichte, einer von Verwaltungsbehörden für zutreffend gehaltenen Gesetzesanwendung, die sich nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen dem Gesetz, insbesondere dem Gesetzeswortlaut, nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen lässt, Geltung zu verschaffen. Derartige Regelungsdefizite muss der Gesetzgeber selbst beheben.

41 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.