Beschluss vom 14.12.2022 -
BVerwG 5 AV 4.22ECLI:DE:BVerwG:2022:141222B5AV4.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.12.2022 - 5 AV 4.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:141222B5AV4.22.0]

Beschluss

BVerwG 5 AV 4.22

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Dezember 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge
beschlossen:

  1. Die gegen die Richterin am Bundesverwaltungsgericht A. und die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle B. gerichteten Ablehnungsgesuche werden verworfen.
  2. Das "Rechtsmittel" der Antragstellerin gegen den Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2022 - 5 AV 3.22 - wird zurückgewiesen.
  3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Gründe

1 Die Ablehnungsgesuche der Antragstellerin sind unzulässig (1.). Das "Rechtsmittel" der Antragstellerin hat keinen Erfolg (2.).

2 1. Die gegen die Richterin am Bundesverwaltungsgericht A. (a) und gegen die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle B. (b) gerichteten Ablehnungsgesuche sind unzulässig.

3 a) Das Ablehnungsgesuch gegen die Richterin am Bundesverwaltungsgericht A. ist unter Mitwirkung der abgelehnten Richterin als unzulässig zu verwerfen. Ein Ablehnungsgesuch nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 1 und 2 ZPO kann ausnahmsweise unter Mitwirkung der abgelehnten Richterin als unzulässig verworfen werden oder überhaupt unberücksichtigt bleiben, wenn es sich als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2014 - 7 C 13.13 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 76 Rn. 5 m. w. N.). Davon ist auszugehen, wenn geeignete Befangenheitsgründe weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht werden, vielmehr das Vorbringen der Antragstellerin von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Das ist unter anderem der Fall, wenn das Gesuch rechtsmissbräuchlich ist, weil es offenbar grundlos ist oder nur der Verschleppung dient (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 15 f.). Ein solcher Fall ist hier gegeben.

4 Die Antragstellerin behauptet in ihrem Schreiben vom 8. November 2022 unter Nr. 12 in lediglich stichwortartiger Weise eine Vielzahl angeblicher Unzulänglichkeiten der Verfahrensgestaltung bzw. angeblicher Rechtsfehler. Abgesehen davon, dass den unsubstantiierten Behauptungen der Antragstellerin keine Hinweise auf das tatsächliche Vorliegen einer unzulänglichen Verfahrensgestaltung oder gar von Rechtsfehlern zu entnehmen sind, lässt das Vorbringen der Antragstellerin nicht einmal ansatzweise erkennen, weshalb sich aus ihren Rügen Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Voreingenommenheit gerade der abgelehnten Richterin ergeben sollten.

5 b) Unzulässig ist auch das auf die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle B. bezogene Ablehnungsgesuch (§ 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 49 ZPO). Die im Schreiben vom 8. November 2022 unter Nr. 13 wiederum lediglich stichwortartig geltend gemachten Gründe sind von vornherein ungeeignet, die angebliche Befangenheit der abgelehnten Urkundsbeamtin zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2017 - I ZB 102/16 - juris Rn. 3).

6 2. Das "Rechtsmittel" der Antragstellerin gegen den Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2022 - 5 AV 3.22 - bleibt erfolglos.

7 Soweit ihr im Schreiben vom 8. November 2022 enthaltenes Vorbringen als Anhörungsrüge aufzufassen ist, ist diese schon deshalb unzulässig und damit zu verwerfen, weil diese - was erforderlich gewesen wäre - nicht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule erhoben worden ist. Die gesetzlichen Regelungen über den anwaltlichen Vertretungszwang vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten uneingeschränkt auch für die Anhörungsrüge (§ 152a Abs. 2 Satz 5, § 67 Abs. 4 VwGO; s. BVerwG, Beschlüsse vom 10. März 2010 - 5 B 4.10 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 11 Rn. 5 m. w. N. und vom 15. September 2021 - 5 B 27.21 - Rn. 1).

8 Das Gleiche gilt, soweit sich das Vorbringen der Antragstellerin gegen Entscheidungen der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle richtet, weil auch insoweit Vertretungszwang besteht (§ 67 Abs. 4, § 147 Abs. 1 Satz 2, §§ 151, 152 Abs. 2 VwGO; vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. September 2020 - 9 KSt 3.20 - Buchholz 310 § 165 VwGO Nr. 2 Rn. 7 f.).

9 Soweit die Antragstellerin ihr Vorbringen möglicherweise als Gegenvorstellung verstanden wissen will, kann dahinstehen, ob diese deshalb unzulässig ist, weil der Gesetzgeber mit der Schaffung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO zum Ausdruck gebracht hat, dass daneben die nicht geregelte Gegenvorstellung nicht mehr zuzulassen ist (BVerwG, Beschluss vom 25. August 2014 - 5 B 24.14 - juris Rn. 2 m. w. N.) oder sie jedenfalls dann nicht statthaft und unzulässig ist, wenn die Gegenvorstellung - wie hier - die gleiche Zielrichtung wie die Anhörungsrüge verfolgt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Januar 2017 - 5 B 77.16 - juris Rn. 9 m. w. N.). Denn die Gegenvorstellung hat jedenfalls deshalb keinen Erfolg, weil der Vortrag der Antragstellerin keinen Anlass zur Korrektur und Aufhebung des angefochtenen Beschlusses gibt.

10 Soweit die Antragstellerin ihr Vorbringen gegebenenfalls als Beschwerde gegen den Senatsbeschluss vom 10. Oktober 2022 verstanden wissen möchte, wäre diese unzulässig, weil das Gesetz eine solche Beschwerde nicht vorsieht.

11 Weitere Rechtsmittel oder Rechtsersuchen werden von der Antragstellerin auch bei wohlwollender Auslegung ihres Vorbringens jedenfalls nicht hinreichend substantiiert erhoben und begründet.

12 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 21 Abs. 1 Satz 3 GKG).