Verfahrensinformation

Der Kläger begehrt einen Bauvorbescheid für ein Wohnhaus im Dorfgebiet. Der Beklagte lehnte den Antrag ab. Klage und Berufung blieben ohne Erfolg. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist das Vorhaben mit dem Rücksichtnahmegebot nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO unvereinbar, weil es unzumutbaren Belästigungen durch die Geruchsimmissionen der Schweine- und Rinderhaltung der beigeladenen landwirtschaftlichen Betriebe ausgesetzt würde. Der von der Geruchsimmissions-Richtlinie für ein Dorfgebiet vorgesehene Wert werde erheblich überschritten. Aus der erforderlichen Einzelfallbetrachtung folge nichts Anderes. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zulässigkeit höherer Immissionswerte im Außenbereich oder im Übergangsbereich vom Außenbereich zum Innenbereich (Urteil vom 27. Juni 2017 - 4 C 3.16 -) lasse sich auf die Beurteilung der Unzumutbarkeit von Geruchsimmissionen im Dorfgebiet nicht übertragen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.


Urteil vom 15.09.2022 -
BVerwG 4 C 3.21ECLI:DE:BVerwG:2022:150922U4C3.21.0

Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen im Dorfgebiet

Leitsatz:

Ein Wohnbauvorhaben setzt sich unzumutbaren Belästigungen durch landwirtschaftliche Geruchsimmissionen im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO aus, wenn die maßgeblichen Richtwerte der Geruchsimmissions-Richtlinie (hier a. F.) deutlich überschritten werden und das Vorhaben vorhandene Konflikte verschärft oder erstmalig neue Nutzungskonflikte begründet.

  • Rechtsquellen
    BauGB § 34 Abs. 2
    BauNVO §§ 5, 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2

  • VG Schleswig - 23.10.2013 - AZ: 8 A 123/10
    OVG Schleswig - 06.05.2021 - AZ: 1 LB 12/15

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 15.09.2022 - 4 C 3.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:150922U4C3.21.0]

Urteil

BVerwG 4 C 3.21

  • VG Schleswig - 23.10.2013 - AZ: 8 A 123/10
  • OVG Schleswig - 06.05.2021 - AZ: 1 LB 12/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 15. September 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Decker, Prof. Dr. Külpmann und Dr. Hammer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Emmenegger
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 6. Mai 2021 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt einen Bauvorbescheid für ein Wohnhaus mit Nebengebäuden.

2 Das unbebaute Vorhabengrundstück liegt auf dem Gebiet der Gemeinde N. in einem Bereich, für den kein Bebauungsplan besteht. In der Nähe befinden sich unter anderem die landwirtschaftlichen Betriebe der Beigeladenen. Der Betrieb des Beigeladenen zu 1 liegt westlich des Vorhabengrundstücks auf der gegenüberliegenden Straßenseite, der Betrieb des Beigeladenen zu 2 grenzt unmittelbar nördlich an das Vorhabengrundstück.

3 Im Jahr 2009 beantragte der Kläger einen Bauvorbescheid für ein Wohnhaus mit zwei Wohnungen und zwei Garagen mit anschließendem Abstellraum. Der Beklagte lehnte den Antrag ab. Über den Widerspruch des Klägers wurde nicht entschieden. Die Klage blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, das in einem faktischen Dorfgebiet geplante Vorhaben sei mit dem Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO nicht vereinbar. Es setze sich unzumutbaren Geruchsimmissionen durch die landwirtschaftlichen Betriebe der Beigeladenen aus. Die als Orientierungshilfe heranzuziehende Geruchsimmissions-Richtlinie sehe für Dorfgebiete einen Immissionswert von 0,15 der Jahresgeruchsstunden vor. In besonders gelagerten Ausnahmefällen könne ein Immissionswert von 0,20 überschritten werden. Im Bereich des geplanten Wohnhauses betrage die belästigungsrelevante Kenngröße für Geruchsimmissionen bei baurechtlich genehmigter Nutzung der landwirtschaftlichen Betriebe 0,29 der Jahresgeruchsstunden. Werte von 0,25 oder höher seien im Dorfgebiet nicht mehr zumutbar.

4 Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er beruft sich auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juni 2017 - 4 C 3.16 - (BVerwGE 159, 187). Danach sei im Übergang vom Dorfgebiet zum Außenbereich ein Wert von 0,33 der Jahresgeruchsstunden zumutbar.

5 Der Beklagte und die Beigeladenen verteidigen das angefochtene Urteil.

II

6 Die Revision ist unbegründet. Das Urteil verstößt zwar gegen revisibles Recht (1.). Es erweist sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO) (2.). Das führt zur Zurückweisung der Revision.

7 1. Das Oberverwaltungsgericht hat entscheidungstragend angenommen, das Vorhaben verstoße gegen das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO, weil es Geruchsimmissionen im Umfang von mehr als 0,25 der Jahresgeruchsstunden ausgesetzt werde, die im (faktischen) Dorfgebiet nicht mehr zumutbar seien. Das ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

8 a) Das Vorhaben beurteilt sich in Bezug auf die Art der baulichen Nutzung nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 und § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) liegen der Vorhabenstandort und die landwirtschaftlichen Betriebe der Beigeladenen im unbeplanten Innenbereich; die Eigenart der näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet im Sinne von § 5 BauNVO (vgl. UA S. 15 ff.). Bei den Betrieben der Beigeladenen handelt es sich um landwirtschaftliche Betriebe im Sinne von § 201 BauGB. Das Futter für die genehmigte Tierhaltung kann nach den - die missverständlichen Ausführungen auf S. 16 des Urteils klarstellenden - Feststellungen des Berufungsgerichts überwiegend auf den zu den landwirtschaftlichen Betrieben gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden (UA S. 18 f.).

9 b) Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen ausgesetzt werden. Die Vorschrift findet auch auf unbeplante Gebiete Anwendung, deren Eigenart gemäß § 34 Abs. 2 BauGB einem Baugebiet der Baunutzungsverordnung entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <317 f.>).

10 § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO ist eine besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots. Die Vorschrift soll ebenso wie die übrigen Tatbestandsalternativen des § 15 Abs. 1 BauNVO gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Welche Anforderungen sich hieraus im Einzelnen ergeben, hängt maßgeblich davon ab, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Dies beurteilt sich nach der jeweiligen Situation der benachbarten Grundstücke. Ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Immissionen aussetzt (BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145 Rn. 16 m. w. N.). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung im Ausgangspunkt zutreffend zugrunde gelegt (UA S. 24 f.).

11 aa) Ist die Schwelle der Zumutbarkeit nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normenkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bestimmt, kommt es darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Gerüchen aus Tierhaltung kann als Orientierungshilfe auch auf die Geruchsimmissions-Richtlinie zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE 159, 187 Rn. 12 m. w. N.).

12 bb) Für das Vorhaben des Klägers ist insoweit unverändert die vom Berufungsgericht zugrunde gelegte Geruchsimmissions-Richtlinie des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume vom 4. September 2009 (ABl. SH S. 1006) (GIRL a. F.) maßgeblich. Während des Revisionsverfahrens ist zwar eine Neufassung der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft) vom 18. August 2021 (GMBl S. 1050) in Kraft getreten, die in Nr. 4.3.2 eine Regelung zum Schutz vor erheblichen Belästigungen durch Geruchsimmissionen trifft und darin auf Anhang 7 verweist, der eine teilweise neu gefasste GIRL enthält. Das Verfahren des Klägers ist aber nach alter Rechtslage fortzuführen.

13 Nach der Übergangsregelung in Nr. 8 der TA Luft 2021 sollen Genehmigungsverfahren nach den Vorgaben der TA Luft von 2002 zu Ende geführt werden, wenn vom Vorhabenträger vor dem 1. Dezember 2021 ein vollständiger Genehmigungsantrag gestellt wurde. Die weit gefasste Übergangsregelung ist ungeachtet der Frage, für welche Fälle die TA Luft unmittelbar Geltung beansprucht, auf die Bauvoranfrage des Klägers aus dem Jahr 2009 nach Sinn und Zweck entsprechend anzuwenden. Das folgt jedenfalls aus der Spiegelbildlichkeit der gegenseitigen Pflichten aus dem Rücksichtnahmegebot für die konfligierenden Nutzungen. Der Schutz vor Immissionen ist im Bauplanungsrecht kein anderer und fällt nicht geringer aus als der Schutz vor Immissionen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Die Anforderungen der TA Luft an den emittierenden Betrieb bestimmen daher zugleich das Maß der vom Nachbarn zu duldenden Umwelteinwirkungen und die - gemeinsame - Zumutbarkeitsgrenze im Nutzungskonflikt (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145 Rn. 19).

14 cc) Für die GIRL a. F. ist anerkannt, dass sie nicht rechtssatzartig, insbesondere nicht im Sinne einer Grenzwertregelung angewendet werden darf (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Dezember 2011 - 4 C 12.10 - BVerwGE 141, 293 Rn. 22 und vom 27. Juni 2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE 159, 187 Rn. 12 m. w. N.). Erforderlich ist eine umfassende Würdigung des Einzelfalls; zu betrachten sind vor allem die Ortsüblichkeit der Immissionen und die Siedlungsstruktur, die Nutzung des betreffenden Gebäudes, die historische Entwicklung und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (vgl. OVG Münster, Urteil vom 21. September 2018 - 2 A 669/17 - BauR 2019, 473 <477 ff.>). Etwaige Vorbelastungen, die eine schutzbedürftige Nutzung an einem Standort vorfindet, der durch eine schon vorhandene emittierende Nutzung vorgeprägt ist, sind schutzmindernd zu berücksichtigen. Im Umfang der Vorbelastung sind Immissionen - sofern sie die Grenze zur Gesundheitsgefahr nicht überschreiten - zumutbar, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinnehmbar wären (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2017 - 4 C 3.16 - BVerwGE 159, 187 Rn. 13 m. w. N.). Ein Wohnbauvorhaben fügt sich daher hinsichtlich der hinzunehmenden Immissionen in die "vorbelastete" Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn es nicht stärkeren Belastungen ausgesetzt sein wird als die bereits vorhandene Wohnbebauung (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. August 1998 - 4 C 5.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 190 S. 70 sowie Beschlüsse vom 3. Dezember 2009 - 4 C 5.09 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 209 Rn. 14 m. w. N. und vom 26. Juli 2021 - 4 B 32.20 - juris Rn. 10). Dabei obliegt es der später hinzutretenden Wohnnutzung, stärkere Belastungen durch mögliche und zumutbare Maßnahmen der "architektonischen Selbsthilfe", etwa in Bezug auf die Stellung des Gebäudes auf dem Grundstück, zu vermeiden und so auf die benachbarte emittierende Nutzung Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <323> und Beschluss vom 20. August 2015 - 5 B 14.15 - juris Rn. 10). Dieser Rechtsprechung liegt - wie dem Urteil des Senats vom 27. Juni 2017 - 4 C 3.16 - (BVerwGE 159, 187) – die Erwägung zugrunde, dass in solchen Fällen das hinzutretende Vorhaben weder die bereits vorhandenen Konflikte verschärft noch erstmalig neue Nutzungskonflikte begründet.

15 dd) Mit diesen bundesrechtlichen Maßstäben steht das angegriffene Urteil nicht in Einklang. Das Berufungsgericht hat gestützt auf das Sachverständigengutachten vom 8. Februar 2021 für den Vorhabenstandort eine belästigungsrelevante Kenngröße von 0,29 (bei Verschiebung in den südöstlichen Grundstücksbereich von 0,25) angenommen. Angesichts der erheblichen Überschreitung des Immissionswertes für Dorfgebiete von 0,15 (Nr. 3.1 der GIRL a. F.) ergebe sich eine unzumutbare Geruchsbelästigung. Der in der Rechtsprechung - in Anlehnung an die Begründung und die Auslegungshinweise der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) vom 29. Februar 2008 zur GIRL a. F. – für den Außenbereich bzw. den Übergang vom Außenbereich zum Innenbereich anerkannte Wert von 0,25 könne auf Dorfgebiete nicht übertragen werden (vgl. UA S. 30 f.).

16 Das wird den Anforderungen an eine umfassende Einzelfallprüfung nicht gerecht. Das Berufungsgericht hat die Notwendigkeit einer Einzelfallprüfung zwar im Grundsatz erkannt (UA S. 26, 30). Der Sache nach hat es sich aber mit der Feststellung einer erheblichen Überschreitung des nach der GIRL a. F. maßgeblichen Immissionswertes begnügt und eine belästigungsrelevante Kenngröße von 0,25 und mehr im Sinne einer nicht mehr überwindbaren Zumutbarkeitsschwelle verstanden. Demgegenüber hat es weder geprüft, ob bzw. welche Art Wohnnutzung sich im Umfeld des Vorhabens findet, noch welchen Geruchsbelastungen durch welche Immissionsquellen diese Nutzung ausgesetzt ist und wie sich die Örtlichkeit historisch entwickelt hat.

17 2. Das Urteil ist aber im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid. Sein Vorhaben verstößt auch bei Anwendung der zutreffenden Maßstäbe gegen das Rücksichtnahmegebot des § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO. Denn die den für ein Dorfgebiet maßgeblichen Richtwert deutlich überschreitende Geruchsbelastung ist auch angesichts der Vorbelastungen in der Umgebung unzumutbar.

18 In der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks befindet sich keine Wohnnutzung, deren Immissionsbelastung das Ausmaß der Immissionsbelastung am geplanten Vorhabenstandort von 0,29 der Jahresgeruchsstunden erreicht. Nach den auf das Sachverständigengutachten vom 8. Februar 2021 gestützten Feststellungen des Berufungsgerichts betragen die belästigungsrelevanten Kenngrößen für die in der Nähe gelegenen Gebäude auf den Grundstücken "D." und "A." aktuell 0,23 bzw. 0,25 der Jahresgeruchsstunden (vgl. UA S. 24). Hiergegen hat der Kläger Verfahrensrügen nicht erhoben.

19 Die Geruchsbelastung am Vorhabenstandort von 0,29 würde sich nach den vom Kläger ebenfalls nicht angegriffenen und daher bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auch bei der gebotenen Anpassung der landwirtschaftlichen Betriebe der Beigeladenen an den Stand der Technik durch Änderungen bei der Mist- und Jauchelagerung nicht verbessern (vgl. UA S. 27). Eine vom Berufungsgericht angedachte Verschiebung des Standorts in den südöstlichen, mit 0,25 der Jahresgeruchsstunden weniger belasteten Grundstücksbereich als Maßnahme der "architektonischen Selbsthilfe" kommt für den Kläger nach Klarstellung durch seinen Prozessbevollmächtigten in der Revisionsverhandlung nicht in Betracht. Ob die vorhandenen Wohnnutzungen in der "D." und "A." (Abnahmehaus, Ferienwohnungen) gleichermaßen schutzwürdig sind wie die vom Kläger geplante, nicht landwirtschaftsbezogene Dauerwohnnutzung, kann daher offenbleiben.

20 Das Urteil des Senats vom 27. Juni 2017 - 4 C 3.16 - (BVerwGE 159, 187) führt auf kein anderes Ergebnis. Insbesondere folgt daraus nicht, dass im Übergang von einem Dorfgebiet zum Außenbereich stets ein Immissionswert von 0,33 der Jahresgeruchsstunden zulässig wäre. Das Urteil betraf einen Fall, in dem die vorhandene Immissionssituation durch das neu hinzutretende Vorhaben zumindest nicht verschlechtert wurde. So liegen die Dinge hier nicht. Durch das Vorhaben des Klägers würde erstmalig ein Nutzungskonflikt zwischen nicht landwirtschaftsbezogener Dauerwohnnutzung und landwirtschaftlicher Nutzung begründet bzw. die vorhandenen Konflikte verschärft.

21 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.