Beschluss vom 16.03.2021 -
BVerwG 9 BN 1.20ECLI:DE:BVerwG:2021:160321B9BN1.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.03.2021 - 9 BN 1.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:160321B9BN1.20.0]

Beschluss

BVerwG 9 BN 1.20

  • OVG Koblenz - 02.06.2020 - AZ: OVG 1 C 11854/19.OVG

In der Normenkontrollsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. März 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dieterich und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 2020 ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Streitwert wird auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

3 Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint.

4 Der Darlegung der Beschwerde (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind. Sie erschöpft sich weitgehend in der Behauptung, der Antragsteller werde als Teilnehmer des früheren Flurbereinigungsverfahrens durch die Satzung nach § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG, mit der die im früheren Flurbereinigungsverfahren festgesetzten Wirtschaftswege aufgehoben werden, in seinen Eigentumsrechten verletzt, und einer anschließenden Aneinanderreihung von Zitaten aus der Rechtsprechung zum Flurbereinigungsrecht und insbesondere zu § 58 Abs. 4 FlurbG. Die Darlegung lässt aber eine Auseinandersetzung mit der tragenden Begründung der Vorinstanz und die Herausarbeitung einer grundsätzlich klärungsbedürftigen Rechtsfrage vermissen.

5 Soweit dem Vorbringen allenfalls die Frage entnommen werden kann,
ob eine mögliche Rechtsverletzung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO durch eine Satzung nach § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG trotz des Umstandes verneint werden kann, dass der frühere Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens dort entschädigungslosen Landabzug hinnehmen musste und durch die Satzung keinen Ausgleich erhält,
ist diese im vorliegenden Fall nicht klärungsbedürftig, weil sie - aus der maßgeblichen Sicht der Vorinstanz (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2008 - 9 B 34.07 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 65 Rn. 5) - nicht entscheidungserheblich ist. Das Oberverwaltungsgericht hat die Antragsbefugnis des Antragstellers für das Normenkontrollverfahren verneint, weil im konkreten Fall eine Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheide (Hinweisbeschluss S. 3). Es könne zwar davon ausgegangen werden, dass die im Flurbereinigungsverfahren festgesetzten Wirtschaftswege den Teilnehmern der Flurbereinigung ursprünglich einen Erschließungsvorteil vermittelt hätten. Zwischenzeitlich hätten die Wirtschaftswege aber ihre ursprüngliche Verkehrsbedeutung verloren, nachdem das zuvor über sie erschlossene landwirtschaftliche Areal als Wohngebiet ausgewiesen und in der Folgezeit bebaut worden sei. Der so bereits vor Ergehen der streitgegenständlichen Satzung eingetretene dauerhafte Wegfall des Flurbereinigungsvorteils sei angesichts der Überbauung der Fläche mit Wohnhäusern offensichtlich. Deshalb habe es keiner Entscheidung des Satzungsgebers über die Notwendigkeit eines finanziellen Ausgleichs bedurft.

6 Mit dieser die Entscheidung tragenden Begründung setzt sich das Beschwerdevorbringen auch nicht ansatzweise auseinander.

7 Im Übrigen sind die Voraussetzungen einer Antragsbefugnis ehemaliger Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens in Bezug auf Änderungssatzungen nach § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG bereits höchstrichterlich geklärt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem vom Oberverwaltungsgericht zitierten Urteil vom 18. November 2002 - 9 CN 1.02 - (BVerwGE 117, 209 <211>) zur Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Bezug auf eine Satzung nach § 58 Abs. 4 Satz 2 FlurbG ausgeführt, erforderlich, aber auch ausreichend sei, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vortrage, die es zumindest möglich erscheinen ließen, dass er durch die Norm in seinen Rechten verletzt werde; nur dann, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheide, könne eine Antragsbefugnis verneint werden (ebenso BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2015 - 9 CN 1.14 - Buchholz 424.01 § 58 FlurbG Nr. 5 Rn. 13). Diesen Maßstab hat das Oberverwaltungsgericht hier zugrunde gelegt.

8 2. Die Beschwerde bezeichnet auch keinen Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

9 a) Die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe den Charakter des auch der objektiven Rechtskontrolle dienenden Verfahrens nach § 47 VwGO verkannt, übersieht, dass damit kein Verfahrensmangel, sondern höchstens die Anwendung eines materiell unrichtigen Überprüfungsmaßstabs geltend gemacht werden kann. Im Übrigen hätte eine Überprüfung der angegriffenen Satzung vorausgesetzt, dass der Antragsteller nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt ist.

10 b) Die Rüge, vor Erlass der angegriffenen Satzung sei dem Antragsteller kein rechtliches Gehör gewährt worden, geht fehl, weil damit kein Mangel des gerichtlichen Verfahrens, sondern höchstens des Verwaltungsverfahrens geltend gemacht wird. Im gerichtlichen Verfahren ist dem Antragsteller Gehör gewährt worden.

11 c) Schließlich kann auch die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe nicht in Erwägung gezogen, dass Festsetzungen des Flurbereinigungsplans bereits durch die Überplanung mittels eines Bebauungsplans funktionslos geworden seien, keinen entscheidungserheblichen Verfahrensmangel bezeichnen. Die Prüfung der damit geltend gemachten Rechtsfehler der Satzung würde wiederum die Antragsbefugnis des Antragstellers voraussetzen.

12 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.