Beschluss vom 16.07.2025 -
BVerwG 2 B 31.24ECLI:DE:BVerwG:2025:160725B2B31.24.0

Gewichtung der Einzelmerkmale einer dienstlichen Beurteilung

Leitsatz:

Ein generelles "Arithmetisierungsverbot" für die Ermittlung des Gesamturteils einer dienstlichen Beurteilung besteht nicht. Der dem Dienstherrn zugesprochene Beurteilungsspielraum findet aber eine Grenze, wenn die Gewichtung den Bedeutungsgehalt der Begriffe Eignung, Befähigung und fachliche Leistung verkennt und die dienstliche Beurteilung keine taugliche Grundlage für eine am Grundsatz der Bestenauswahl orientierte Auswahlentscheidung mehr darstellen kann.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 33 Abs. 2, Art. 103 Abs. 1
    VwGO § 108 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2

  • VG Aachen - 28.10.2020 - AZ: 1 K 787/19
    OVG Münster - 23.05.2024 - AZ: 1 A 3232/20

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.07.2025 - 2 B 31.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:160725B2B31.24.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 31.24

  • VG Aachen - 28.10.2020 - AZ: 1 K 787/19
  • OVG Münster - 23.05.2024 - AZ: 1 A 3232/20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 16. Juli 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung und Dr. Hissnauer beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. Mai 2024 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Der Kläger wendet sich gegen eine ihm erteilte Regelbeurteilung.

2 1. Der ... geborene Kläger steht als Hauptzollsekretär (Besoldungsgruppe A 8 BBesO) im Dienst der Beklagten und wird im Bereich der Finanzkontrolle Schwarzarbeit bei einem Hauptzollamt eingesetzt. Sein gegen die Regelbeurteilung für den Zeitraum vom 2. Mai 2015 bis 1. Dezember 2017 erhobener Widerspruch blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte unter Aufhebung der dienstlichen Beurteilung und des Widerspruchsbescheids verurteilt, für den genannten Zeitraum eine neue dienstliche Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erstellen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die von der Beklagten praktizierte gleiche Gewichtung sämtlicher zwölf beurteilter Einzelmerkmale verstoße gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsrechts geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

3 Ausgehend von der begrenzten Überprüfbarkeit des der Behörde zustehenden Beurteilungsspielraums sei die angegriffene dienstliche Regelbeurteilung frei von Rechtsfehlern. Die Gleichgewichtung der festgelegten, zwei Kompetenzgruppen - einerseits "Fach- und Methodenkompetenzen" und andererseits "Soziale Kompetenzen" – zugeordneten zwölf Einzelkompetenzen bei der Bildung des Gesamturteils sei nicht zu beanstanden. Die Beurteilung sei für den gesamten Beurteilungszeitraum auf hinreichende und zuverlässige - von nicht voreingenommenen Auskunftspersonen herrührende - Erkenntnisquellen gestützt und sei hinsichtlich der gerügten Werturteile zu zwei Einzelkompetenzen hinreichend plausibilisiert worden. Die Gleichgewichtung verstoße nicht gegen Vorgaben der Richtlinie für die Beurteilung der Beamten der Zollverwaltung und der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, sondern sei in dieser Richtlinie gerade angeordnet. Die gleiche Gewichtung von Merkmalen sei durch das Organisations- und Gestaltungsermessen des Dienstherrn grundsätzlich gedeckt und verstoße nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG. Im konkreten Fall habe die Behörde bei der Vorgabe der gleichen Gewichtung der zwölf Einzelmerkmale die Grenzen bei der Gewichtung von Merkmalen nicht überschritten. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass von den zwölf Merkmalen sieben Einzelmerkmale der Beurteilungskategorie der "Fach- und Methodenkompetenzen" und fünf Einzelmerkmale der Beurteilungskategorie der "Sozialen Kompetenzen" zugeordnet seien, sodass Letzteren ein relativ größeres Gewicht zukomme.

4 2. Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf Verfahrensfehler gestützte Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) ist unbegründet.

5 a) Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

6 Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist, auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann oder wenn sie einen Einzelfall betrifft und einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. April 2017 - 1 B 70.17 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 68 Rn. 3 und vom 18. Dezember 2024 - 2 B 21.24 - juris Rn. 10). Diese Voraussetzungen eines grundsätzlichen Klärungsbedarfs sind vorliegend nicht erfüllt.

7 Die von der Beschwerde benannten Fragen,
"Überschreitet der Dienstherr - vorliegend die Beklagte - den ihm eröffneten Wertungsspielraum in Bezug auf die Gewichtung einzelner Merkmale einer dienstlichen Beurteilung dadurch, dass er vorliegend alle zwölf bewerteten Einzelmerkmale gleich gewichtet und damit den sozialen Kompetenzen Konfliktlösungsverhalten, Kritikverhalten, Teamverhalten, Kontakt- und Kommunikationsverhalten und Durchsetzungsfähigkeit das fünffache Gewicht gegenüber den Fach- und Methodenkompetenzen Qualität und Verwertbarkeit sowie Arbeitsmenge und leistungsorientierte Aufgabenerledigung zumisst?"
"Überschreitet der Dienstherr - vorliegend die Beklagte - den ihm eröffneten Wertungsspielraum in Bezug auf die Gewichtung einzelner Merkmale einer dienstlichen Beurteilung dadurch, dass er vorliegend den Merkmalen '4. Ausdruck' und '7. Flexibilität' das gleiche Gewicht einräumt wie den Merkmalen '1. Fachwissen' und '2. Arbeitsmenge und leistungsorientierte Aufgabenerledigung'?"
legen keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar. Es ist in der Rechtsprechung des erkennenden Senats vielmehr geklärt, dass ein generelles "Arithmetisierungsverbot" für die Ermittlung des Gesamturteils einer dienstlichen Beurteilung nicht besteht (BVerwG, Urteil vom 17. September 2020 - 2 C 2.20 -‌ BVerwGE 169, 254 Rn. 25). Art. 33 Abs. 2 GG gibt weder die Gewichtung der dort benannten Kriterien noch diejenige von zu ihrer Konkretisierung verwendeter Einzelmerkmale vor; es ist vielmehr Sache des Dienstherrn zu bestimmen, welches Gewicht er einzelnen Merkmalen einer dienstlichen Beurteilung zumessen will (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 5. September 2007 - 2 BvR 1855/07 - NVwZ-RR 2008, 433 <434> und vom 17. Januar 2014 - 1 BvR 3544/13 - juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 -‌ BVerwGE 153, 48 Rn. 32). In Ausschöpfung der ihm zugesprochenen Beurteilungsermächtigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 - 2 C 21.16 -‌ BVerwGE 157, 366 Rn. 17) kann sich der Dienstherr daher grundsätzlich auch für die gleiche Gewichtung der von ihm ausgewiesenen Einzelmerkmale bei der Bildung der Gesamtnote entscheiden.

8 Eine rechtlich beachtliche Grenze findet dieser Spielraum erst dann, wenn die vom Dienstherrn vorgegebene Gewichtung den Bedeutungsgehalt der Begriffe von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verkennt und die dienstliche Beurteilung − angesichts von zwingend aus ihr folgender Fehlgewichtungen − keine taugliche Grundlage für eine am Grundsatz der Bestenauswahl orientierte Auswahlentscheidung mehr darstellen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 2025 - 2 VR 4.24 - NVwZ 2025, 604 Rn. 31). Hierzu hat der Senat auf den unterschiedlichen Bedeutungsgehalt der − in Anlehnung an § 109 Abs. 1 GewO gebildeten − Zentralbegriffe "Arbeitsmenge, Arbeitsgüte und Arbeitsverhalten" einerseits und im Hinblick auf den von Art. 33 Abs. 2 GG verfolgten Zweck nachrangigeren Merkmalen wie der "Fortbildungsbereitschaft" verwiesen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2018 - 2 A 10.17 - BVerwGE 161, 240 Rn. 46; Beschluss vom 25. September 2024 - 2 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1933 Rn. 31). Der Senat hat auch darauf hingewiesen, dass bei einer großen Anzahl von Einzelmerkmalen nicht angenommen werden könne, dass diesen nach der Vorstellung des Dienstherrn allen dasselbe Gewicht zukommen solle, und daher jedenfalls eine Begründung des Gesamturteils für erforderlich gehalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2020 - 2 C 2.20 - BVerwGE 169, 254 Rn. 25 m. w. N.).

9 Darüber hinausgehenden generellen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie wendet sich vielmehr im Gewand der Grundsatzrüge gegen die Würdigung der konkreten Einzelfallumstände durch das Berufungsgericht und insbesondere die von ihm vertretene Auffassung, dass mit den Merkmalen der streitgegenständlichen Beurteilungsrichtlinie die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG noch eingehalten sind. Damit sind die Anforderungen für die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht dargetan.

10 Anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht Stuttgart im Urteil vom 18. März 2021 - 10 K 79/19 - im Hinblick auf die dortigen Einzelfallumstände und die Annahme, die Beurteilerin habe sich in ihrer Einzelfallprüfung von der Arithmetisierung lösen müssen, zu einer anderen Einschätzung gelangt ist (die Zulassung der Berufung ist vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg durch Beschluss vom 31. Mai 2022 - 4 S 1632/21 - wegen Darlegungsmängeln abgelehnt worden). Hieraus ergibt sich weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

11 b) Das Berufungsurteil leidet auch nicht an den geltend gemachten Verfahrensmängeln.

12 aa) Der Kläger sieht einen Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO) darin begründet, dass das Oberverwaltungsgericht einen Erlass der Zollverwaltung (Erlass vom 16. Oktober 2017 zur Notwendigkeit der gesonderten Begründung des Gesamturteils einer dienstlichen Beurteilung - P 1153-2016.00016-DI.A.26) herangezogen habe, der weder im Internet frei abrufbar noch von der Beklagten in das Verfahren eingebracht oder von ihr vorgelegt worden sei. Auch habe das Berufungsgericht nicht auf diesen Erlass hingewiesen oder diesen zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

13 Insoweit liegt ein Verstoß gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht vor, weil es sich um einen nicht entscheidungserheblichen Aspekt handelt. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei der streitgegenständlichen Regelbeurteilung des Klägers die bewerteten zwölf Einzelkompetenzen bei der Bildung des Gesamturteils gleich gewichtet worden sind. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur Auslegung der hier maßgeblichen Beurteilungsrichtlinie der Zollverwaltung entspricht diese gleiche Gewichtung gerade den abstrakten Vorgaben der Richtlinie. Der Verweis auf den Erlass der Zollverwaltung vom 16. Oktober 2017 bringt lediglich zum Ausdruck, dass diese Praxis der gleichen Gewichtung der Einzelmerkmale zudem der maßgeblichen ständigen Beurteilungspraxis der Zollverwaltung entspricht. Der Hinweis darauf, dass sich in einem Fall der Abweichung der ständigen Beurteilungspraxis von den Vorgaben der einschlägigen Beurteilungsrichtlinie jene gegenüber der Beurteilungsrichtlinie durchsetzt, ist, weil eine solche Fallkonstellation hier gerade nicht vom Oberverwaltungsgericht angenommen wird, für die Begründung der Entscheidung unerheblich.

14 bb) Ferner sieht die Beschwerde eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör darin begründet, dass das Oberverwaltungsgericht die hohe Gewichtung von bestimmten Merkmalen mit Überlegungen begründet habe, die die Beklagte im Verfahren tatsächlich nicht vorgebracht habe, sodass er zu diesen vom Oberverwaltungsgericht erst im Urteil offengelegten Erwägungen nicht vorab habe Stellung nehmen können.

15 Auch insoweit hat das Berufungsgericht das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Denn der Kläger hatte die Möglichkeit, sich zu den für die Entscheidung relevanten Umständen vorab zu äußern.

16 Für das Vorliegen eines Verfahrensfehlers i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts maßgeblich. Die beiden von der Beschwerde benannten Passagen betreffen die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts zur entscheidungserheblichen Frage, ob die Beklagte mit der konkreten Gewichtung der Einzelmerkmale bei der Bildung der Gesamtnote der dienstlichen Beurteilung des Klägers die Grenzen der ihr zustehenden Gestaltungsbefugnis überschritten hat. Zum einen (UA S. 24) geht es um den generellen Ansatz der gleichen Gewichtung der zwölf Einzelmerkmale und zum anderen (UA S. 28) um das relativ höhere Gewicht der lediglich fünf Einzelmerkmale der Beurteilungskategorie der "Sozialen Kompetenzen" gegenüber den sieben Einzelmerkmalen der Beurteilungskategorie der "Fach- und Methodenkompetenzen".

17 Bereits aufgrund des erstinstanzlichen Urteils und den gegenteiligen Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts im Beschluss über die Zulassung der Berufung vom 28. Dezember 2022 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils musste den Beteiligten bewusst sein, dass der Ausgang des Rechtsstreits entscheidend davon abhängt, ob die Beklagte bei der Gewichtung der Einzelmerkmale die Grenzen des ihr zustehenden Gestaltungsspielraums eingehalten hat. Zu diesem Aspekt hat auch der Kläger im berufsgerichtlichen Verfahren unter Hinweis auf die ihm vermeintlich günstige Rechtsprechung eingehend Stellung genommen (z. B. Schriftsatz vom 8. März 2023). Bei ihren Überlegungen zur objektiven Gewichtigkeit von einzelnen vom Dienstherrn bestimmten Merkmalen, die in die Gesamtnote einfließen sollen, sind die Verwaltungsgerichte aber nicht auf die Erwägungen zum Bedeutungsgehalt eines Einzelmerkmals begrenzt, die der Dienstherr im gerichtlichen Verfahren vorgebracht hat. Es geht um die Prüfung, ob der Dienstherr bei der Gewichtung der Merkmale die Grenzen des ihm zustehenden Spielraums eingehalten hat.

18 cc) Schließlich sieht die Beschwerde einen Verstoß gegen den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs darin begründet, dass das Oberverwaltungsgericht zum Beleg des Umstands, der Zeuge A habe schon vor der anwaltlichen Formulierung des Widerspruchs des Klägers vom 17. August 2018 einen bestimmten Kenntnisstand gehabt, auf einen nicht veröffentlichten Beschluss des Verwaltungsgerichts ... zu einem Konkurrentenstreit dieses Zeugen verwiesen habe, der dem Kläger nicht zugänglich gewesen sei, sodass er sich zu diesem Aspekt nicht habe äußern können.

19 Eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör ist insoweit ausgeschlossen, weil dem Kläger die vom Oberverwaltungsgericht zum Beleg des Kenntnisstands des Zeugen A angeführten Umstände bekannt waren. Mit Schriftsatz vom 2. Mai 2024 hatte die Beklagte den Bericht des Hauptzollamtes ... vom 30. April 2024 vorgelegt. Aus diesem ist zu entnehmen, dass der Zeuge A bereits am 8. August 2018 Widerspruch gegen die erneute Auswahlentscheidung eingelegt und zugleich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim zuständigen Verwaltungsgericht mit dem Ziel gestellt hatte, den in Rede stehenden Dienstposten vorläufig nicht mit dem Gewinner des Auswahlverfahrens, dem Zeugen B, zu besetzen.

20 dd) Unbegründet ist auch die Rüge des Klägers, das Oberverwaltungsgericht habe gegen den Überzeugungsgrundsatz nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen.

21 Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur der Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also beispielsweise entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert. Die Einhaltung der verfahrensmäßigen Verpflichtungen des Tatsachengerichts ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter ein aus seiner Sicht fehlerhaftes Ergebnis der gerichtlichen Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Beweiswürdigung eingegangen sind und ob diese Einzelumstände die Würdigung tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht begründen. Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz hat jedoch dann den Charakter eines Verfahrensfehlers, wenn das Tatsachengericht allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Februar 2017 - 2 B 2.16 - juris Rn. 15, vom 8. Juni 2017 - 2 B 5.17 - juris Rn. 17 und vom 23. Januar 2024 - 2 B 25.23 - juris Rn. 24). Das Ergebnis der gerichtlichen Beweiswürdigung selbst ist vom Revisionsgericht nur daraufhin nachzuprüfen, ob es gegen Logik (Denkgesetze) und Naturgesetze verstößt oder gedankliche Brüche und Widersprüche enthält (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 Rn. 16 sowie Beschlüsse vom 23. September 2013 - 2 B 51.13 - juris Rn. 19, vom 28. März 2017 - 2 B 9.16 - juris Rn. 17, vom 30. August 2023 - 2 B 44.22 - juris Rn. 6 und vom 23. Januar 2024 - 2 B 25.23 - juris Rn. 24).

22 Dies ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Im Mittelpunkt der Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts steht seine Feststellung, der Zeuge B habe dem Zeugen A mit der Übergabe eines Zettels mit vier Namen und dazugehörenden Punktzahlen keine verbindlichen Vorgaben dazu gemacht, wie der Zeuge A diese Beamten, darunter auch den Kläger, einzuschätzen habe. Im Hinblick auf die Frage, welchen Zweck der Zeuge B mit der Übergabe dieses Zettels im Einzelnen verfolgt habe - bloße Mitteilung der Vornoten der betreffenden Beamten oder Äußerung der eigenen Voreinschätzung der Leistungen dieser Beamten gegenüber dem Zeugen A –, lässt die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts den von der Beschwerde geltend gemachten Verstoß gegen § 108 Abs. 1 VwGO nicht erkennen. Hinsichtlich der Annahme des Berufungsgerichts, der Zeuge B habe dem Zeugen A lediglich Anhaltspunkte für eine notenmäßige Einschätzung des Klägers (mit "9") mitgeteilt, die seiner - des Zeugen B - zulässigen eigenen Voreinschätzung der gezeigten Qualifikation entsprachen, liegt weder ein gedanklicher Bruch noch ein Widerspruch vor; auch ein Verstoß gegen Denk- oder Naturgesetze ist nicht ersichtlich. Der Zeuge B hat bei seiner gerichtlichen Vernehmung vom 25. April 2024 zum einen die Annahme zum Ausdruck gebracht, es habe sich bei seinen handschriftlichen Angaben zu den Noten um die konkreten Vornoten der betreffenden Beamten gehandelt. Die Kenntnis der Gesamtnote der vorherigen dienstlichen Beurteilung sei für den Zeugen A bei der Bewertung seiner Mitarbeiter erforderlich, weil eine Abweichung gegenüber dieser Vornote mehrere Punkte nach unten einer besonderen Begründung bedürfe. Zum anderen hat der Zeuge B ausgeführt, der Zeuge A habe als Quereinsteiger noch keine Erfahrungen im Beurteilungssystem der Zollverwaltung gehabt und er habe ihm, ohne ihm mit den Noten Vorgaben machen zu wollen, seine Hilfe und Unterstützung angeboten. Zudem entspreche es der Praxis bei der Zollverwaltung, dass sich die Beurteiler bei den Vorgesetzten der zu beurteilenden Beamten Informationen über deren Leistungen beschaffen und zu diesem Zweck habe er im Vorfeld der Beurteilungen bei seinen eigenen unmittelbaren Mitarbeitern und auch Mitarbeitern anderer Abteilungen Erkundigungen über die zu beurteilenden Beamten eingeholt. Daraus lässt sich ableiten, dass der Zeuge B dem Zeugen A im Zusammenhang mit der Übergabe des Zettels nicht nur die konkreten Vornoten der vier dort aufgeführten Beamten mitgeteilt hat, sondern auch seine bisherigen Erkenntnisse über das Leistungsvermögen dieser Beamten, die er durch eine entsprechende Befragung seiner eigenen unmittelbaren Mitarbeiter und weiteren Kollegen gewonnen hatte.

23 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Ziff. 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025.