Beschluss vom 18.06.2025 -
BVerwG 2 WDB 3.25ECLI:DE:BVerwG:2025:180625B2WDB3.25.0

Vorläufige Dienstenthebung, Uniformtrageverbot und teilweise Einbehaltung von Dienstbezügen wegen wiederholter Befehlsverweigerung und verfassungswidriger Äußerungen

Leitsatz:

Die rechtliche Prüfung von Befehlen bestimmt sich auf der Grundlage einer Ex-ante-Betrachtung nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Befehlserteilung und erwarteten Durchführung.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1
    WDO § 17 Abs. 1, § 60 Abs. 1 Nr. 5, §§ 65, 102 Abs. 2, § 119 Abs. 3 Satz 2, § 126 Abs. 1, § 130 Abs. 1, 2 und 5
    SG §§ 7, 8, 11 Abs. 1 Satz 1 und 3, §§ 12, 13 Abs. 1, § 17 Abs. 1 und 2 Satz 1, § 17a Abs. 2 Satz 1
    WStG §§ 6, 20 Abs. 1
    StGB § 267 Abs. 1
    VwVfG § 39 Abs. 1 Satz 3, § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 46

  • TDG Nord 2. Kammer - 08.10.2024 - AZ: N 2 GL 8/23

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 18.06.2025 - 2 WDB 3.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:180625B2WDB3.25.0]

Beschluss

BVerwG 2 WDB 3.25

  • TDG Nord 2. Kammer - 08.10.2024 - AZ: N 2 GL 8/23

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Burmeister und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Henke am 18. Juni 2025 beschlossen:

Die Beschwerde des Soldaten gegen den Beschluss der 2. Kammer des Truppendienstgericht Nord vom 8. Oktober 2024 wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Die Beschwerde richtet sich gegen eine vorläufige Dienstenthebung, ein Uniformtragverbot und eine teilweise Einbehaltung von Dienstbezügen wegen mehrfacher Befehlsverweigerung und reichsbürgertypischen Äußerungen.

2 1. Der ... geborene Soldat wurde als Fahrlehrer verwendet und führt den Dienstgrad eines Hauptfeldwebels. Nachdem er im Dezember 2021 Befehle zur Duldung der COVID-19-Impfung verweigert und eine gefälschte Impfbescheinigung vorgelegt hatte, wurde ihm im Januar 2022 die Ausübung des Dienstes vorläufig für drei Monate verboten. Das Amtsgericht ... verhängte gegen den Soldaten rechtskräftige Strafbefehle vom 3. August 2022 wegen Urkundenfälschung und vom 16. November 2022 wegen Gehorsamsverweigerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 WStG. Dafür wurde eine Gesamtstrafe von 90 Tagessätzen zu 40 € gebildet. Bereits in diesen Verfahren gingen vom Soldaten unterzeichnete Schreiben unter der Überschrift "Indigenes Volk Germaniten" ein. Nach Auskunft des Bundesamts für den Militärischen Abschirmdienst vom 17. Oktober 2023 liegen dort über ihn keine Erkenntnisse vor.

3 2. Unter dem 25. April 2022 wurde gegen ihn ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet. Der Kommandeur ... ordnete am 24. August 2022 die vorläufige Dienstenthebung des Soldaten, die hälftige Einbehaltung seiner Dienstbezüge sowie ein Uniformtrageverbot an. Dies wurde mit der mehrfachen Befehlsverweigerung, der Urkundenfälschung und dem weiteren Vorwurf begründet, er habe den Kommandeur des ... im Schreiben vom 15. Juli 2022 als "hauptverantwortlichen Geschäftsführer des ..." bezeichnet und ausgeführt, dass seit 1956 kein verfassungsgebender Gesetzgeber am Werk sei und die Besatzungsmächte das Besatzungsrecht erneut in Kraft gesetzt hätten. Der Soldat habe als Vorgesetzter gegen seine dienstlichen Pflichten so gravierend verstoßen, dass er voraussichtlich aus dem Dienstverhältnis entfernt werde. Denn er stehe im Verdacht, sich wegen des Gebrauchs von unrichtigen Impfausweisen sowie wegen wiederholter Gehorsamsverweigerungen strafbar gemacht zu haben und die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht anzuerkennen. Durch die in seinen Schreiben vorgebrachten Behauptungen, es handele sich bei dem General um einen persönlich haftenden Geschäftsführer des ..., es gebe in Deutschland keinen verfassungsgebenden Gesetzgeber und die Besatzungsmächte hätten das Besatzungsrecht erneut in Kraft gesetzt, habe er verdeutlicht, die Bundeswehr als Organ der Exekutive nicht anzuerkennen und die staatliche Existenz Deutschlands zu leugnen.

4 3. Den Antrag des Soldaten vom 11. Juli 2023 auf Aufhebung dieser Anordnungen lehnte die Einleitungsbehörde mit Bescheid vom 13. November 2023 ab. Im Einzelnen legte sie ihm folgende Pflichtverletzungen zur Last:

  1. Sie haben sich am 2. Dezember 2021 entgegen dem Befehl Ihres nächsten Disziplinarvorgesetzten Hauptmann A, sich die Schutzimpfung gegen das Corona Virus COVID-19 gemäß der Allgemeinen Regelung A-840/8 Impf- und weitere ausgewählte Prophylaxemaßnahmen Nr. 210, 406 i. V. m. Abschnitt 2 der Allgemeinen Regelung A1-840/8-4000 "Impf- und ausgewählte Prophylaxemaßnahmen - Fachlicher Teil" Nr. 2001 Tabelle 3 verabreichen zu lassen, nicht impfen lassen, obwohl Sie wussten, dass seit dem 24. November 2021 eine Duldungspflicht gegenüber der COVID 19 Impfung besteht und obwohl keine medizinischen Kontraindikationen bei Ihnen vorlagen.
  2. Am 7. Dezember 2021 gegen 07:15 Uhr meldeten Sie gegenüber Ihrem nächsten Disziplinarvorgesetzten der Wahrheit zuwider, am 3. Dezember 2021 im Impfzentrum in ... gegen das Corona-Virus geimpft worden zu sein. Zum Nachweis übergaben Sie Ihr Impfbuch Ihrem Disziplinarvorgesetzten. In dem Impfbuch befindet sich unter dem 3. Dezember 2021 ein Eintrag über eine Impfung mit dem Impfstoff von BioNTech mit der Chargennummer Ch.-B.: FD7958. Daneben befindet sich ein Stempel mit dem Inhalt "Impfzentrum ...". Sie haben das Impfbuch vorgezeigt, obwohl Sie wussten, dass Sie tatsächlich nicht am 3. Dezember 2021 im Impfzentrum ... mit dem Impfstoff von BioNTech geimpft wurden.
  3. Indem Sie sich tatsächlich nicht - wie von Ihnen behauptet - am 3. Dezember 2021 im Impfzentrum in ... haben impfen lassen, haben Sie gegen den Befehl Ihres nächsten Disziplinarvorgesetzten Hauptmann A vom 2. Dezember 2021 gegen 15.30 Uhr, sich bis zum 7. Dezember 2021 gegen das Corona Virus COVID-19 gemäß der Allgemeinen Regelung A-840/8 "Impf- und weitere ausgewählte Prophylaxemaßnahmen" Nr. 210, 406 i. V. m. Abschnitt 2 der Allgemeinen Regelung A1-840/8-4000 "Impf- und ausgewählte Prophylaxemaßnahmen - Fachlicher Teil" Nr. 2001 Tabelle 3 verstoßen, obwohl Sie wussten, dass seit dem 24. November 2021 eine Duldungspflicht gegenüber der COVID-19-Impfung besteht und obwohl keine medizinischen Kontraindikationen bei Ihnen vorlagen.
  4. Sie haben sich am 8. Februar 2022 entgegen dem Befehl ihres nächsten Disziplinarvorgesetzten Hauptmann A vom 18. Januar 2022, sich die zweite Schutzimpfung gegen das Corona Virus COVID-19 gemäß der Allgemeinen Regelung A-840/8 "Impf- und weitere ausgewählte Prophylaxemaßnahmen" Nr. 210, 406 i. V. m. Abschnitt 2 der Allgemeinen Regelung A1-840/8-4000 "Impf- und ausgewählte Prophylaxemaßnahmen - Fachlicher Teil", Nr. 2001 Tabelle 3 verabreichen zu lassen, nicht impfen lassen, obwohl Sie wussten, dass seit dem 24. November 2021 eine Duldungspflicht gegenüber der COVID-19-Impfung besteht und obwohl keine medizinischen Kontraindikationen bei Ihnen vorlagen.
  5. Ihr nächster Disziplinarvorgesetzter Hauptmann A wiederholte am 8. Februar 2022 gegen 15:50 Uhr den Befehl, dass Sie sich nunmehr am 10. Februar 2022 gegen COVID-19 impfen lassen. Dem Befehl vom 8. Februar 2022 kamen Sie wiederholt nicht nach, obwohl Sie wussten, dass seit dem 24. November 2021 eine Duldungspflicht gegenüber der COVID-19-Impfung besteht und obwohl keine medizinischen Kontraindikationen bei Ihnen vorlagen.
  6. Sie haben sich bis 31. Mai 2022 entgegen dem Befehl Ihres nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten Major B vom 10. Mai 2022, sich gegen das Corona Virus COVID-19 zur Herstellung des Basisimpfschutzes gemäß der Allgemeinen Regelung A-840/8 "Impf- und weitere ausgewählte Prophylaxemaßnahmen" Nr. 210, 406 i. V. m. Abschnitt 2 der Allgemeinen Regelung A1-840/8-4000 "Impf- und ausgewählte Prophylaxemaßnahmen - Fachlicher Teil", Nr. 2001 Tabelle 3 verabreichen zu lassen und Ihrem nächsten Disziplinarvorgesetzten dies nachzuweisen, nicht impfen lassen, obwohl Sie wussten, dass seit dem 24. November 2021 eine Duldungspflicht gegenüber der COVID-19-Impfung besteht und bei Ihnen keine medizinischen Kontraindikationen vorlagen.
  7. Ihr nächsthöherer Disziplinarvorgesetzter Major B wiederholte am 1. Juni 2022 den Befehl, dass Sie sich nunmehr bis zum 15. Juli 2022 gegen COVID-19 impfen zu lassen und Ihrem nächsten Disziplinarvorgesetzten dies nachzuweisen haben. Dem Befehl vom 1. Juni 2022 kamen Sie wiederholt nicht nach, obwohl Sie wussten, dass seit dem 24. November 2021 eine Duldungspflicht gegenüber der COVID-19-Impfung besteht und bei Ihnen keine medizinischen Kontraindikationen vorlagen.
  8. Mit Schreiben vom 15. Juli 2022, zugegangen am 26. Juli 2022 an den Kommandeur des ..., Generalmajor C
    1. hielten Sie den Dienstweg nicht ein und richteten Ihr Vorbringen mit der Anrede an Herrn Generalmajor C lediglich mit den Worten "Sehr geehrter Gerald C", obwohl Sie wussten, dass Sie damit nicht die notwendige Disziplin wahrten,
    2. bezeichneten Sie das ... als dessen Firma und bezugnehmend auf sein Schreiben vom 25. April 2022 führten Sie aus "welches keine rechtsgültige Signatur des Absenders beinhaltet (Siegelbruch), Urkundenfälschung, Haftungsverschiebung",
    3. bezeichneten Sie Herrn Generalmajor C als "im vollen Umfang haftend für seine Funktion als hauptverantwortlichen Geschäftsführer des ..." und führten im Weiteren aus, dass "durch Verfassungswidrigkeit des Wahlgesetzes, [...] seit 1956 kein verfassungsgebender Gesetzgeber am Werk" sei, "da die Staatshaftung aufgehoben wurde, handeln und haften Sie privatrechtlich in vollem Umfang, als Hauptverantwortlicher" und "mit dem Bereinigungsgesetz wurde alles Bundesrecht aufgehoben [wobei Sie sich auf eine beigefügte Anlage bezogen]" sowie dass "die Besatzungsmächte das Besatzungsrecht erneut in Kraft gesetzt" hätten weshalb "die Tätigkeit eines Geschäftsführers einer gesonderten Genehmigung durch die SHAEF Gesetzgeber bedarf, ansonsten wirken Sie illegal". Dem Schreiben legten Sie einen Auszug "Bereinigungsgesetze der Alliierten", einen "Auszug aus dem Handelsregister ihrer Firma" sowie die Kopie der Ausfertigung der Einleitungsverfügung vom 25. April 2022 bei.
  9. Schreiben vom 30. Juli 2022, zugegangen am 12. August 2022, an den Kommandeur des ... Generalmajor C wiederholten Sie Ihr Vorbringen hinsichtlich der Vorwürfe Ziffer I. Nummer 8 a bis c.
  10. Mit Schreiben vom 7. September 2022, zugegangen am 13. September 2022, an die Erlaubnisbehörde Militärkraftfahrlehrer, Oberstleutnant D,
    1. hielten Sie den Dienstweg nicht ein und richteten Ihr Vorbringen mit der Anrede an Herrn Oberstleutnant D lediglich mit den Worten "Sehr geehrter D", obwohl Sie wussten, dass Sie damit nicht die notwendige Disziplin wahrten,
    2. bezeichneten Sie die Erlaubnisbehörde Militärkraftfahrlehrer als dessen Firma und bezugnehmend auf sein Schreiben vom 30. August 2022 führten Sie aus "welches keine rechtsgültige Signatur des Absenders beinhaltet (Siegelbruch), Urkundenfälschung, Haftungsverschiebung",
    3. bezeichneten Sie Herrn Oberstleutnant D als "im vollen Umfang haftend für seine Funktion als hauptverantwortlichen Geschäftsführer der Erlaubnisbehörde Militärkraftfahrlehrer" und führten im Weiteren aus; dass "durch Verfassungswidrigkeit des Wahlgesetzes, [ ... ] seit 1956 kein verfassungsgebender Gesetzgeber am Werk" sei, "da die Staatshaftung aufgehoben wurde, handeln und haften Sie privatrechtlich in vollem Umfang, als Hauptverantwortlicher" und "mit dem Bereinigungsgesetz wurde alles Bundesrecht aufgehoben [wobei er sich auf eine beigefügte Anlage bezog]" sowie dass "die Besatzungsmächte das Besatzungsrecht erneut in Kraft gesetzt" hätten weshalb "die Tätigkeit eines Geschäftsführers einer gesonderten Genehmigung durch die SHAEF Gesetzgeber bedarf, ansonsten wirken Sie illegal". Dem Schreiben legten Sie einen Auszug "Bereinigungsgesetze der Alliierten", einen "Auszug aus dem Handelsregister ihrer Firma" sowie die Kopie der Verfügung Widerruf der Fahrlehrerlaubnis der Bundeswehr vom 30. August 2023 bei.
  11. Mit Schreiben vom 28. September 2022, zugegangen am 7. Oktober 2022, an den Kommandeur des ... Generalmajor C wiederholten Sie Ihr Vorbringen hinsichtlich Ziffer I. Nummer 8 a bis c.
  12. Mit Schreiben vom 9. November 2022, zugegangen am 15. November 2022, an den Kommandeur des ... Generalmajor C wiederholten Sie Ihr Vorbringen hinsichtlich Ziffer I. Nummer 8 a bis c.
  13. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2022, zugegangen am 1. Dezember 2022, an den Kommandeur des ... Generalmajor C wiederholten Sie Ihr Vorbringen hinsichtlich Ziffer I. Nummer 8 a bis c.

5 4. Den Antrag des Soldaten auf gerichtliche Entscheidung hat das Truppendienstgericht Nord mit Beschluss vom 8. Oktober 2024 zurückgewiesen. Der Soldat habe nicht in Abrede gestellt, die Befehle zur Duldung der COVID-19-Impfung nicht befolgt und sich wie beschrieben schriftlich an seine Vorgesetzten gewandt zu haben. Zudem ergebe sich aus den Zeugenvernehmungen, den dienstlichen Erklärungen, den Strafbefehlen sowie aus den Verfahrens- und Strafakten, dass die Vorwürfe voraussichtlich in tatsächlicher Hinsicht überwiegend zuträfen. Etwas Anderes gelte nur für den Vorwurf Nr. 5. Dazu habe der Zeuge A lediglich ausgesagt, dem Soldaten am 18. Januar 2022 befohlen zu haben, einen Testnachweis zu erbringen. Von einem Befehl, sich impfen zu lassen, sei nicht die Rede gewesen.

6 Die disziplinarisch den Schwerpunkt bildenden Äußerungen des Soldaten entsprächen voraussichtlich seiner inneren Überzeugung, seien aber zumindest geeignet, den Eindruck einer hohen Identifikation mit der sogenannten Reichsbürgerbewegung zu erwecken. Das von ihm gewählte Argumentationsmuster, die Vielschreiberei und die gegenüber dem Dienstherrn ausgesprochenen Schadensersatzforderungen seien reichsbürgertypisch.

7 Mit den Äußerungen habe der Soldat voraussichtlich vorsätzlich gegen seine Pflicht verstoßen, die freiheitliche demokratische Grundordnung anzuerkennen, zumindest aber, für deren Einhaltung einzutreten. Die darauf vermutlich fußende Befehlsverweigerung verstoße zudem gegen die Gehorsamspflicht, weil die Befehle ausweislich der Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinen Beschlüssen vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 und 1 WB 5.22 - rechtmäßig gewesen seien. Daraus folge, dass der Soldat voraussichtlich auch gegen die Pflichten zum treuen Dienen und zum innerdienstlichen Wohlverhalten verstoßen habe.

8 Die Höchstmaßnahme erscheine danach wahrscheinlich. Selbst wenn der Soldat lediglich den Eindruck einer hohen Identifikation mit der sogenannten Reichsbürgerbewegung vermittelt hätte, bilde die Dienstgradherabsetzung den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen. Spätestens auf der zweiten Stufe sei wegen weiterer schwerer Pflichtverletzungen die Entfernung aus dem Dienstverhältnis geboten. Denn es handele sich um ein mehraktiges Dienstvergehen, das auch wegen des Ungehorsams bereits für sich genommen eine Dienstgradherabsetzung geböte. Die bislang beanstandungslose Dienstleistung des Soldaten wirke nicht mildernd, zumal die Beharrlichkeit der Befehlsverweigerung ihn zusätzlich belaste. Der Dienstbetrieb würde bei seinem Verbleib im Dienst auch empfindlich gestört oder im besonderen Maße gefährdet sein.

9 5. Mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Truppendienstgerichts trägt der Soldat im Wesentlichen vor, eine Impfung könne denklogisch nur dann relevant werden, wenn es einen Virus als Krankheitserreger gebe. Dessen Nachweis sei jedoch bis heute niemandem gelungen. Existiere das SARS-CoV-2-Virus aber - wozu Beweis erhoben werden solle - nicht, sei eine Impfung rechtswidrig. Die Impfung mit einem mRNA-Impfstoff, der eine ungeheure Anzahl an teils unbekannten Stoffen enthalte, diene somit anderen Zielen. Sonst würde nicht mit Impertinenz versucht werden, Bürger "impfen" bzw. "gentherapieren" zu lassen. Bei alledem sei mittlerweile erwiesen, dass die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts nicht nach wissenschaftlichen, sondern ausschließlich nach politischen Erwägungen erfolgt seien. Sämtliche bisherigen Gerichtsentscheidungen zur Impfung gegen COVID-19 seien somit fehlerhaft, wenn sie sich auf Erkenntnisse des Robert Koch-Instituts stützten.

10 Die Impfung sei zudem hochtoxisch und verursache in massiven Fallzahlen Erkrankungen bis zum Tod. Bei dieser "wahnsinnigen Sachlage" sei er berechtigt gewesen, die Befolgung der Befehle zu verweigern. Niemand müsse sich der Gefahr des Todes aussetzen oder sich als Versuchsperson der (Big-)Pharma zur Verfügung stellen. Letzteres verstoße gegen den Nürnberger Kodex, denn eine sachgerechte Aufklärung sei überwiegend nie erfolgt, so dass ein Vorgesetzter, der einen COVID-Impfbefehl erteile, sich strafbar mache. Einen solchen Befehl dürfe ein Soldat auch verweigern. Dies stelle gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 SG keinen Ungehorsam dar, weil der Befehl gegen die Menschenwürde verstoße.

11 Darüber hinaus finde § 17a Abs. 4 Satz 2 SG Anwendung, weil keine ärztliche Maßnahme zumutbar sei, die mit einer erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit verbunden sei. Ihm habe gegenüber den rechtswidrigen Impfbefehlen das "Quasinotwehrrecht" nach § 227 BGB zugestanden. Auch wenn er einen Impfpass gefälscht haben sollte, wäre diese Verzweiflungstat durch die "Impferpressung" der Bundeswehr hervorgerufen worden und durch Notwehr gerechtfertigt gewesen. Da der Impfbefehl mit keinen rechtsstaatlichen Mitteln habe erfolgreich angegriffen werden können, sei die Vorlage eines falschen Impfbuchs der einzig verbliebene Verteidigungsakt gewesen.

12 Im Übrigen belege das in Kopie beigefügte Impfbuch, dass er am 4. Januar und 29. März 2022 zweimal gegen COVID-19 geimpft worden sei. Die beanstandeten Schreiben habe seine Schwester aufgrund von Textvorlagen aus dem Internet aufgesetzt, um ihm zu helfen. Daher könnten sie ihm nicht vorgeworfen werden.

13 6. Das Truppendienstgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Bundeswehrdisziplinaranwaltschaft hält sie für unbegründet.

II

14 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

15 1. Über die Beschwerde ist nach Art. 5 des Dritten Gesetzes zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts und zur Änderung weiterer soldatenrechtlicher Vorschriften (3. WehrDiszNOG) vom 17. Dezember 2024 (BGBl. I Nr. 424) auf der Grundlage der neuen Wehrdisziplinarordnung zu entscheiden. Nach § 118 WDO steht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Antragssachen im Ermessen des Gerichts. Die Sachprüfung in den vorläufigen Verfahren nach § 130 Abs. 5 Satz 3 WDO muss sich hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen ihrem Wesen nach auf eine summarische Bewertung der vorhandenen Beweise und entsprechende Wahrscheinlichkeitserwägungen beschränken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2002 - 2 WDB 1.02 - NVwZ-RR 2003, 287). Dementsprechend bedurfte es auch hier keiner mündlichen Verhandlung zur Sachverhaltsaufklärung und zur Durchführung der beantragten Beweisaufnahme (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 2023 - 2 WDB 5.23 - juris Rn. 16 ff.).

16 2. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Truppendienstgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu Recht abgelehnt. Die angegriffenen Anordnungen des Kommandeurs des ... stellen sich gemäß § 130 Abs. 5 Satz 3 i. V. m. § 119 Abs. 3 Satz 2 WDO als rechtmäßig dar.

17 Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 WDO kann die Einleitungsbehörde einen Soldaten vorläufig des Dienstes entheben, wenn das gerichtliche Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet wird oder eingeleitet worden ist. Mit der vorläufigen Dienstenthebung kann gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 WDO das Verbot verbunden werden, Uniform zu tragen. Schließlich ermächtigt § 130 Abs. 2 Satz 1 WDO dazu, die Dienstbezüge teilweise einzubehalten. Die Anordnungen müssen auf einer wirksamen Einleitungsverfügung beruhen, von einem besonderen, sie rechtfertigenden Grund getragen und nach pflichtgemäßem Ermessen ergangen sein.

18 a) Die Anordnungen begegnen in formeller Hinsicht keinen Bedenken. An der Rechtswirksamkeit der Einleitungsverfügung bestehen keine Zweifel. Die Anordnungen sind formell-rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere ausreichend begründet. Dass die Gründe für die Nebenentscheidungen über jene hinausreichen, die zur Einleitung des disziplinargerichtlichen Verfahrens veranlasst haben, ist unschädlich. Denn ein einmal eingeleitetes gerichtliches Disziplinarverfahren kann ohne Ergänzung oder eine weitere Einleitungsverfügung auf Vorwürfe ausgedehnt werden, die nicht bereits Gegenstand der Einleitungsverfügung waren. Dies folgt namentlich aus § 102 Abs. 2 WDO, der die Einbeziehung neuer Pflichtverletzungen im bereits anhängigen gerichtlichen Disziplinarverfahren unter gänzlichem Verzicht auf eine insoweit neue Einleitungsverfügung zulässt (zu § 99 Abs. 2 WDO a. F., BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2019 - 2 WDB 3.19 - juris Rn. 14 m. w. N.). Erforderlich ist lediglich, dass das Dienstvergehen, welches die vorläufige Dienstenthebung rechtfertigen soll, zumindest teilweise sachgleich mit dem Verhalten ist, das den Gegenstand der Einleitungsverfügung bildet (BVerwG, Beschluss vom 31. März 2020 - 2 WDB 2.20 - NZWehrr 2021, 121 <123> m. w. N.). Dies ist der Fall.

19 b) Die Anordnungen sind auch materiell rechtmäßig. Der für sie nach § 130 Abs. 1 WDO erforderliche besondere Grund liegt vor. Er ist jedenfalls gegeben, wenn - wie hier - bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage die Höchstmaßnahme zu erwarten ist und der Dienstbetrieb bei einem Verbleib des Soldaten im Dienst empfindlich gestört oder in besonderem Maße gefährdet würde (BVerwG, Beschluss vom 26. April 2022 - 2 WDB 4.22 - juris Rn. 12 ff. m. w. N.).

20 aa) Auf der Grundlage der bisherigen Ermittlungsergebnisse steht zu erwarten, dass die Vorwürfe in tatsächlicher Hinsicht größtenteils bewiesen werden können. Dies gilt für die unter Nr. 1, 3, 5, 6 und 7 angeführten Vorwürfe, Befehlen zur Duldung der COVID-19-Impfungen nicht nachgekommen zu sein. Lediglich der Vorwurf Nr. 4 ist nicht hinreichend erwiesen. Wie vom Truppendienstgericht ausgeführt, zielte der Befehl vom 18. Januar 2022 nach Aktenlage lediglich auf die Vorlage eines Testnachweises ab. Im Übrigen ist auf der Grundlage der Aussagen und schriftlichen Vermerke der Zeugen A, E und B zu erwarten, dass die Befehlsverweigerungen bewiesen werden. Teilweise steht dies aufgrund des rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts ... vom 16. November 2022 fest, dem der Soldat nicht substantiiert entgegengetreten ist, so dass § 87 Abs. 2 WDO Anwendung findet (vgl. zu § 84 Abs. 2 a. F.: BVerwG, Urteil vom 21. September 2023 - 2 WD 5.23 - NVwZ-RR 2024, 110 Rn. 17).

21 Der Soldat hat zunächst lediglich die Rechtmäßigkeit der Befehle bestritten und deren Befolgung nicht behauptet. Soweit er erst im Beschwerdeschriftsatz vom 15. November 2024 unter Vorlage einer Kopie seines Impfbuchs konkret darlegt, am 4. Januar und 29. März 2022 gegen COVID-19 geimpft worden zu sein, wird er das Impfbuch im Hauptsacheverfahren im Original vorlegen und einer Überprüfung auf Echtheit zugänglich machen müssen. Zudem wird er erläutern müssen, aus welchen Gründen er dieses Dokument bislang nicht vorgelegt hat. Auch im Falle der Echtheit widerlegen die Impfnachweise nicht den Vorwurf der Verweigerung des Befehls zur Duldung der COVID-19-Impfung im Dezember 2021 (Nr. 1 und 3) und im Februar 2022 (Nr. 5) sowie der Verweigerung des Befehls zur Vorlage des Impfnachweises im Mai und Juni 2022 (Nr. 6 und 7). Denn der Soldat hat gegenüber seinem Disziplinarvorgesetzten noch im Juni 2022 jegliche Auskunft zu seinem Impfstatus verweigert. An der Richtigkeit der in Kopie vorgelegten Eintragungen im Impfbuch bestehen aus diesem Grund nicht unerhebliche Zweifel.

22 Der Vorwurf Nr. 2, am 7. Dezember 2021 bewusst ein Impfbuch vorgelegt zu haben, in dem der Wahrheit zuwider eine Impfung am 3. Dezember 2021 eingetragen war, steht auf der Grundlage des Strafbefehls des Amtsgerichts ... vom 3. August 2022 einstweilen fest. Dieser Sachverhalt wird des Weiteren belegt durch die amtlichen Auskünfte zu den in ... verabreichten Impfstoffen, die mit der vorgelegten Impfbescheinigung nicht in Einklang stehen, sowie zum Dienstsiegel, das in dieser Form nicht verwendet worden ist. Auch diesem Vorwurf ist der Soldat nicht substantiiert entgegengetreten. Sein Vortrag vom 3. Juli 2023 beschränkt sich auf die Feststellung, der Strafbefehl sei rechtskräftig geworden, obwohl er unschuldig gewesen sei bzw. ein Notwehrrecht ausgeübt habe.

23 Bei den unter Nr. 8 bis 13 angeführten Schreiben streitet Überwiegendes für eine Urheberschaft des Soldaten. Der Einwand, seine Schwester habe mit Hilfe von Texten aus den sozialen Medien die Texte formuliert, um ihm zu helfen, ändert daran nichts. Denn selbst wenn sie die Schreiben aufgesetzt haben sollte, ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass der Soldat den Inhalt der Schreiben durch deren Einreichung gebilligt hat. An der Zurechenbarkeit bestehen auch deshalb keine Zweifel, weil in jenen Briefen auf Vorgänge Bezug genommen wird, die ausschließlich ihn betrafen und höchstwahrscheinlich dem Zugriff der Schwester entzogen waren (z. B. Einleitungsverfügung, Widerruf der militärischen Fahrerlaubnis, Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung). Im Übrigen widerspricht der Einwand seinem früheren Verteidigungsvorbringen vom 3. Juli 2023, wonach er selbst im Internet auf Seiten gestoßen sei, welche die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat deklarierten und Behörden als Firmen ansähen. Diese Texte habe er in Teilen übernommen und an die Bundeswehr geschrieben.

24 bb) Mit den voraussichtlich erweislichen Handlungen hat der Soldat in rechtlicher Hinsicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit seine Pflichten zur Verfassungstreue, zum Gehorsam, zur Duldung ärztlicher Infektionsschutzmaßnahmen, zum treuen Dienen, zur Wahrheit, zur Wahrung von Disziplin und zum innerdienstlichen Wohlverhalten verletzt.

25 aaa) Die unter Nr. 8 bis 13 vorgeworfenen Äußerungen verstoßen gegen die Verfassungstreuepflicht nach § 8 SG. Sie verlangt von einem Soldaten zum einen, die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anzuerkennen (Alt. 1) und zum anderen durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung einzutreten (Alt. 2.).

26 (1) Die Verpflichtung zum Eintreten wird bereits verletzt, wenn ein Soldat sich nicht eindeutig von Bestrebungen distanziert, die diesen Staat und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 2021 - 2 WD 7.20 - NVwZ-RR 2021, 770 Rn. 28). Ein Soldat darf daher auch nicht entgegen seiner inneren verfassungstreuen Gesinnung aus Solidarität zu Freunden, aus Übermut, aus Provokationsabsicht oder aus anderen Gründen nach außen hin verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützen und sich objektiv betrachtet illoyal verhalten (vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Juni 2020 - 2 WD 17.19 - BVerwGE 168, 323 Rn. 39 und vom 13. Januar 2022 - 2 WD 4.21 - NVwZ-RR 2022, 385 Rn. 44). Mit der Verfassungstreuepflicht ist demnach ein Verhalten unvereinbar, das objektiv geeignet oder gar darauf angelegt ist, die sogenannte Reichsbürgerbewegung zu unterstützen, welche aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen - u. a. durch die Berufung auf das historische Deutsche Reich, auf verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht - die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen, den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation absprechen oder sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend definieren. Ihr verbindendes Element ist die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie der bestehenden Rechtsordnung (BVerwG, Urteil vom 12. Mai 2022 - 2 WD 10.21 - NVwZ 2023, 91 Rn. 26).

27 (2) Nach Maßgabe dessen erwecken die schriftlichen Äußerungen objektiv den Eindruck fehlender Verfassungstreue. Zwar gibt allein der Umstand, Corona-Maßnahmen kritisch oder gar ablehnend gegenüberzustehen, dafür keinen Anlass (BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2025 - 2 WDB 11.23 - Rn. 31); jedoch enthalten die Äußerungen über eine impfkritische Positionierung hinaus reichsbürgerliches Gedankengut. Dies ergibt sich aus Textpassagen, in denen der Soldat Inhabern öffentlicher Ämter privatwirtschaftliche Funktionsbezeichnungen wie "Geschäftsführer" zuweist und die von ihnen vertretenen öffentlich-rechtlichen Institutionen als privatrechtliche "Firmen" bezeichnet, womit er deren staatlichen Charakter negiert. Es folgt ferner aus seiner Aussage, dass das Infektionsschutzgesetz nicht gelte, weil es durch die Besatzungsmächte aufgehoben worden und wegen der Verfassungswidrigkeit des Wahlgesetzes seit 1956 kein verfassungsgebender Gesetzgeber am Werk gewesen sei. So heißt es etwa in den Schreiben vom 9. November und 16. Dezember 2022 unmissverständlich: "In dem letzten Schreiben an Sie wurde anhand von beigelegten Anlagen ... eindeutig belegt, dass es sich bei Ihnen um eine Firma handelt, die ohne hoheitliche Befugnisse hier agiert". Schließlich behauptet der Soldat, die agierenden Amtswalter bedürften der Zustimmung durch die SHAEF, womit er das nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aufgelöste Kommando der Alliierten ("Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force") als weiterhin aktives Gremium bezeichnet und damit ein weiteres reichsbürgerliches Narrativ bedient (Bundesamt für Verfassungsschutz, "Reichsbürger" und "Selbstverwalter", S. 30). Mit der Negierung einer staatlichen Exekutive sowie einer zur Setzung verbindlicher Rechtsnormen fähigen Legislative verneint er folglich staatliche Essentialia (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2022 - 2 WDB 3.22 - NZWehrr 2023, 329 Rn. 37).

28 (3) Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand entspricht der vom Soldaten objektiv erweckte Eindruck fehlender Staats- und Verfassungstreue seiner inneren Gesinnung. Es liegt fern, die Äußerungen als impulsive Reaktion in einer situativen Auseinandersetzung mit Vorgesetzten zu verstehen. Dagegen spricht nicht nur die Vielzahl der hier angeführten Schreiben, sondern auch, dass der Soldat gegenüber dem Amtsgericht ... mehrfach Eingaben mitunterzeichnete, die vom "Indigenen Volk Germaniten" herrührten. Dabei handelt es sich um eine ebenfalls zur Reichsbürgerszene gehörende Vereinigung (vgl. Bundesministerium des Innern und für Heimat, Verfassungsschutzbericht 2023, S. 136, 142; Bundesamt für Verfassungsschutz, "Reichsbürger" und "Selbstverwalter", S. 29 f.). Daher erscheint sein Verteidigungsvorbringen wenig glaubwürdig, er habe nur aus Enttäuschung, Wut und Trotz über das Verhalten seines Dienstherrn im Internet vorgefundene Texte unbesehen übernommen. Zu einer anderen Bewertung führt auch nicht, dass dem Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst keine Erkenntnisse zum Soldaten vorliegen. Denn dies belegt nur die mangelnde Befassung mit dem Fall.

29 (4) Ist ein "staatsnegierendes" Auftreten (BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2022 - 2 WDB 3.22 - NZWehrr 2023, 329 Rn. 38) Ausdruck einer tatsächlich verfassungsfeindlichen Gesinnung, bildet bei einem aktiven Soldaten die Entfernung aus dem Dienstverhältnis den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (BVerwG, Urteil vom 12. Mai 2022 - 2 WD 10.21 - NVwZ 2023, 91 Rn. 44). Selbst wenn dem Soldaten im Hauptsacheverfahren der Nachweis gelingen sollte, dass er nur aus Trotz unüberlegt gehandelt hat, wäre angesichts der zahlreichen objektiv reichsbürgertypisch-verfassungsfeindlichen Schreiben eine Herabsetzung im Dienstgrad veranlasst (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. August 2024 - 2 WD 6.24 - PersV 2025, 75 Rn. 65).

30 bbb) Durch das unter Vorwurf Nr. 2 beschriebene willentliche und wissentliche Verwenden eines unechten Impfnachweises hat der Soldat nach derzeitigem Erkenntnisstand zusätzlich von einer unechten Urkunde im Dienst Gebrauch gemacht (§ 267 Abs. 1 Alt. 3 StGB) und damit seine Pflichten zum treuen Dienen (§ 7 SG), zur Wahrheit (§ 13 Abs. 1 SG) und zum innerdienstlichen Wohlverhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verletzt. Die Verwendung eines unechten Impfnachweises war zum Tatzeitpunkt, am 7. Dezember 2021, nach § 267 Abs. 1 Alt. 3 StGB strafbar (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2022 - 5 StR 283/22 - NJW 2023, 1973 Rn. 36 f.). Dieses allgemeine Urkundendelikt wurde nicht durch eine speziell für Gesundheitszeugnisse geltende Regelung verdrängt. Das wurde durch § 279 StGB klargestellt, der aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22. November 2021 (BGBl. I S. 4906) kurz vor der Tat in Kraft getreten war. Danach liegt ein strafbarer Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse nur vor, wenn die Handlung nicht in anderen Vorschriften des Abschnitts mit schwerer Strafe bedroht ist. Dazu zählt § 267 StGB (vgl. BT-Drs. 20/78 S. 2 f.). Für dieses innerdienstliche strafbare Fehlverhalten hätte der Soldat als Vorgesetzter isoliert betrachtet eine Herabsetzung im Dienstgrad verwirkt (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2019 - 2 WD 29.18 - juris Rn. 20).

31 ccc) Der Soldat hat zudem durch das ihm unter Nr. 1, 3, 5, 6 und 7 vorgeworfene Verhalten nach derzeitigem Erkenntnisstand in strafbarer Weise (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 WStG) Befehle verweigert, mehrfach gegen die Pflicht zum Gehorsam (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SG), zur Disziplin (§ 17 Abs. 1 SG), zum treuen Dienen (§ 7 SG), zum innerdienstlichen Wohlverhalten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) und zur Duldung von Infektionsschutzmaßnahmen (§ 17a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SG) verstoßen (näher dazu BVerwG, Urteil vom 21. September 2023 - 2 WD 5.23 - BVerwGE 180, 248 Rn. 29 bis 40).

32 (1) Bei den Weisungen durch den nächsten und nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten handelte es sich um Befehle im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 SG. Denn der Soldat wurde damit entsprechend der insoweit zugrunde zu legenden Definition in § 2 Nr. 2 WStG (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 - 2 WD 12.04 - BVerwGE 127, 302 <310>) von seinen Vorgesetzten jeweils mit dem Anspruch auf Gehorsam zur Duldung der COVID-19-Schutzimpfung und somit zu einem bestimmten Verhalten angewiesen.

33 (2) Die Befehle waren für den Soldaten auch verbindlich. Gesetzlich anerkannte Unverbindlichkeitsgründe im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 SG lagen nicht vor.

34 Insbesondere wurden die Befehle zu dienstlichen Zwecken erteilt (dazu BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 - 2 WD 12.04 - BVerwGE 127, 302 <311>). Denn sie dienten der Umsetzung der seit dem 24. November 2021 im Grundsatz für alle aktiven Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr unmittelbar geltenden Duldungspflicht hinsichtlich der COVID-19-Schutzimpfung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 Rn. 26 f.).

35 Sie verstießen auch nicht gegen die Menschenwürde. Eingriffe in die körperliche Integrität können zwar geeignet sein, in die Menschenwürde einzugreifen; sie sind es aber dann nicht, wenn der ihnen zugrunde liegende Befehl keine Geringschätzung des dem Menschen Kraft seiner Persönlichkeit zukommenden Werts zum Ausdruck bringt (BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 - 2 WD 12.04 - BVerwGE 127, 302 <311>). Dass dem so ist, ist evident. Die Pflicht zur Duldung von COVID-19-Impfungen, war in keiner Weise diskriminierend. Sie bewirkte keine Herabwürdigung einzelner Soldaten, sondern galt für alle aktiven Soldatinnen und Soldaten gleichermaßen. Sie bezweckte auch keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes, sondern war als vorbeugende medizinische Maßnahme auf eine Verbesserung des Gesundheitszustandes, eine Stärkung der Immunabwehr gegen den SARS-CoV-2-Virus und eine Verringerung des Risikos schwerer COVID-19-Erkrankungen gerichtet. Der Befehl zur Duldung der COVID-19-Impfungen griff auch nicht in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein, weil die Impfstoffe nicht unter physischem Zwang verabreicht wurden und keine persönlichkeitsverändernde Wirkung hatten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 Rn. 50 m. w. N.).

36 Eine Verletzung der Menschenwürde kann auch nicht damit begründet werden, dass die Verabreichung der von der Bundeswehr seinerzeit beschafften mRNA-Impfstoffe für die betroffenen Soldaten ein verbotenes "Genveränderungsexperiment" bewirkt und gegen den "Nürnberger Kodex" verstoßen hätte. Zum einen findet nach der vielfach beschriebenen Wirkungsweise der mRNA-Technologie keine Veränderung des Erbguts statt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2022 ‌- 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 Rn. 158 f.). Zum anderen ist der "Nürnberger Kodex" schon deswegen nicht einschlägig, weil es sich bei den Soldatinnen und Soldaten nicht um Gefangene handelte und weil die Durchführung von COVID-19-Schutzimpfungen in der Bundeswehr nicht der experimentellen Erforschung der Impfstoffe, sondern allein dem Infektionsschutz der Betroffenen und ihrer militärischen Verbände gedient hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 Rn. 234 bis 236 m. w. N.).

37 Eine Verletzung der Menschenwürde folgt auch nicht aus der vermeintlichen Rechtswidrigkeit des Eingriffs. § 11 Abs. 1 Satz 3 SG begrenzt die Unverbindlichkeit von Befehlen auf spezifische Verletzungen der Menschenwürde, sodass in diesem Rahmen nicht bloße Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit eines Befehls erhoben werden können. Denn jenseits spezialgesetzlich oder von der Rechtsprechung anerkannter Gründe ist ein Soldat nicht befugt, Befehlen den Gehorsam nur deshalb zu verweigern, weil er sie für rechtswidrig erachtet (BVerwG, Urteil vom 10. März 2022 - 2 WD 7.21 - BVerwGE 175, 118 Rn. 32 und Beschluss vom 18. Oktober 2024 - 2 WNB 2.24 - juris Rn. 12, 26).

38 (3) Die Befehle waren auch nicht aus sonstigen, von der Rechtsprechung anerkannten Gründen unverbindlich (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2005 - 2 WD 12.04 - BVerwGE 127, 302 <314>; Sohm, in: Eichen/Metzger/Sohm, SG, 4. Aufl. 2021, § 11 Rn. 47; Lingens/Korte, Wehrstrafgesetz, 6. Aufl. 2023, § 2 Rn. 37). Insbesondere war ihre Befolgung dem Soldaten nicht wegen der damit verbundenen Gesundheitsrisiken und des Eingriffs in Art. 2 Abs. 2 GG unzumutbar. Da Soldaten von Berufs wegen bereit sein müssen, bei militärischen Einsätzen Gefahren für Leib und Leben einzugehen, ist allein das Vorliegen einer gesundheitlichen Gefahr kein Grund für die Unverbindlichkeit eines Befehls. Lediglich ein Befehl, der eine so große Gefahr für Leib oder Leben von Untergebenen herbeiführt, dass diese Gefahr in keinem Verhältnis zu dem dienstlichen Zweck des Befehls steht, ist unverbindlich (BVerwG, Urteile vom 10. März 2022 - 2 WD 7.21 - BVerwGE 175, 118 Rn. 50 und vom 21. September 2023 - 2 WD 5.23 - BVerwGE 180, 248 Rn. 25).

39 Dementsprechend sind auch ärztliche Infektionsschutzmaßnahmen nach § 17a Abs. 4 Satz 2 SG nur unzumutbar, wenn sie - etwa aufgrund einer Kontraindikation - mit einer erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit verbunden sind. Dabei kommt es jedoch nicht auf die subjektive Einschätzung des betroffenen Soldaten an. Denn die in Art. 87a Abs. 1 GG vorausgesetzte Funktionsfähigkeit der Bundeswehr wäre gefährdet, wenn die Frage der Zumutbarkeit von mit gesundheitlichen Risiken verbundenen Befehlen von der individuellen Risikoeinschätzung der einzelnen Soldaten abhängig wäre (BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2020 - 2 WNB 8.20 - ZBR 2021, 129 Rn. 7). Vielmehr kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut des § 17a Abs. 4 Satz 2 SG auf das objektive Bestehen einer solchen Gefahr bei Durchführung der ärztlichen Maßnahme an (BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2020 - 2 WNB 8.20 - ZBR 2021, 129 Rn. 14).

40 Auch danach waren die in Rede stehenden Befehle zur Durchführung der COVID-19-Impfung und zur Vorlage eines entsprechenden Nachweises verbindlich. Für eine Kontraindikation des Soldaten ist nichts ersichtlich. Er hat nach eigenen Angaben die COVID-19-Impfung wiederholt durchgeführt. Nach der zweiten Impfung sei er wegen einer stärkeren Impfreaktion krankgeschrieben worden. Dies belegt jedoch keine Unzumutbarkeit der COVID-19-Impfung wegen einer individuellen Kontraindikation. Gravierende Impfkomplikationen hat er weder behauptet noch nachgewiesen. Für die Weigerung, den Nachweis der von ihm durchgeführten Impfungen vorzulegen, ist ohnedies eine Unzumutbarkeit nicht zu erkennen.

41 Soweit der Soldat die generelle Unzumutbarkeit der COVID-19-Impfung für alle Soldaten behauptet, die Existenz des SARS-CoV-2-Virus in Zweifel zieht und die von der Bundeswehr eingesetzten mRNA-Impfstoffe als hochtoxische Gentherapie einstuft, wird er damit voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der beantragten Beweisaufnahme zur Existenz des SARS-CoV-2-Virus dürfte bereits der Grundsatz der mangelnden Beweisbedürftigkeit allgemeinkundiger Tatsachen aus § 94 Abs. 1 Satz 1 WDO i. V. m. § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 StPO entgegenstehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. November 1959 - 1 BvR 13/59 - BVerfGE 10, 177 <183>). Ein Nachweis für die übrigen wissenschaftlich nicht belegten Theorien ist in den beim 1. Wehrdienstsenat geführten Musterverfahren nicht gelungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 Rn. 154 bis 167). Vielmehr hat der 1. Wehrdienstsenat festgestellt, dass die Aufnahme der COVID-19-Impfung in die Liste der duldungspflichtigen Basisimpfungen mit Wirkung vom 24. November 2021 ein verhältnismäßiger Eingriff in das von Art. 2 Abs. 2 GG geschützten körperlichen Integritätsinteresse der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr gewesen ist und dass sich daran bis Juli 2022 nichts geändert hat. Dabei hat er die Risiken und Nebenwirkungen der in der Bundeswehr damals eingesetzten mRNA-Impfstoffe in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einbezogen. Dem hat er den Nutzen der COVID-19-Impfung, namentlich ihre gewichtigen Vorteile für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr, gegenübergestellt und erläutert, weshalb der Dienstherr bei der Abwägung der privaten und öffentlichen Interessen von einem Überwiegen des öffentlichen Interesses ausgehen durfte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 Rn. 99 bis 135). Den diesbezüglichen Ausführungen des 1. Wehrdienstsenats hat sich der 2. Wehrdienstsenat angeschlossen (BVerwG, Urteil vom 21. September 2023 - 2 WD 5.23 - BVerwGE 180, 248 Rn. 30 f.).

42 Ob und inwieweit spätere Erkenntnisse vorliegen, die nach dem Vortrag des Soldaten die Rechtswidrigkeit der Befehle belegen können, ist voraussichtlich aus Rechtsgründen ohne Belang. Denn für die disziplinarrechtliche Beurteilung ist der Zeitpunkt des Dienstvergehens maßgeblich. Im Falle der Befehlsverweigerung ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass und der erwarteten Durchführung des jeweiligen Befehls entscheidend (BVerwG, Beschlüsse vom 10. April 2024 ‌- 1 W-VR 20.23 - juris Rn. 11 und vom 18. Oktober 2024 - 2 WNB 2.24 - juris Rn. 25). Es kommt darauf an, ob der Befehl ex ante betrachtet, hier im Zeitraum von Dezember 2021 bis Juni 2022, objektiv aufgrund der Gefährlichkeit des Befehls unzumutbar war. Der damalige Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft ist in den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 27. April 2022 - 1 BvR 2649/21 - (BVerfGE 161, 299 ff.) und des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 - (BVerwGE 176, 138) verarbeitet. Danach waren die seinerzeitigen Impfrisiken zumutbar.

43 Eine anderweitige Einschätzung in einem neuen Hauptsacheverfahren ist nicht überwiegend wahrscheinlich. Insbesondere dürfte voraussichtlich das Argument keinen durchschlagenden Erfolg haben, dass das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgerichts die politische Beeinflussung des Robert Koch-Instituts falsch eingeschätzt und bei ihren Entscheidungen zu Unrecht allein auf dessen Expertise vertraut hätten. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht eine Vielzahl von fachkundigen Stellungnahmen eingeholt und das Bundesverwaltungsgericht eine mehrtägige Beweisaufnahme unter Anhörung auch impfkritischer Experten durchgeführt. Deswegen haben beide Gerichte diese Kritik des Verwaltungsgerichts Osnabrück zurückgewiesen (BVerfG, Beschluss vom 29. Januar 2025 - 1 BvL 9/24 - juris Rn. 25; BVerwG, Beschluss vom 5. September 2024 - 1 WB 50.22 - juris Rn. 63). Es ist daher bei summarischer Prüfung von der Zumutbarkeit und Verbindlichkeit der dem Soldaten erteilten Befehle auszugehen.

44 (4) Mit den Verstößen gegen die Gehorsamspflicht hat der Soldat voraussichtlich schon isoliert betrachtet die Höchstmaßnahme in Gestalt der Entfernung aus dem Dienstverhältnis nach § 60 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 65 WDO verwirkt. Eine Gehorsamsverweigerung nach § 20 Abs. 1 WStG hinsichtlich des Befehls zur Wahrnehmung der COVID-19-Impfung wiegt so schwer, dass Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen eine Dienstgradherabsetzung ist (BVerwG, Urteile vom 21. September 2023 - 2 WD 5.23 - BVerwGE 180, 248 Rn. 41 ff.). Im vorliegenden Fall hat der Soldat jedoch als Vorgesetzter nicht nur durch wiederholte, sondern durch fünffache Befehlsverweigerung ein extrem schlechtes Beispiel gegeben und gegen § 10 Abs. 1 SG verstoßen.

45 cc) Dabei streitet für den Übergang zur Höchstmaßnahme eine Gesamtbetrachtung aller voraussichtlich erweislichen Dienstpflichtverletzungen. Es liegen drei Tatkomplexe vor, für die jeweils isoliert betrachtet die Degradierung oder die Höchstmaßnahme veranlasst ist. Insgesamt liegt ein Extremfall einer wiederholten Befehlsverweigerung vor (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. Juli 2022 ‌- 1 WB 2.22 - BVerwGE 176, 138 Rn. 55 und 116 sowie vom 29. Februar 2024 ‌- 1 WB 22.23 - NVwZ 2024, 1178 Rn. 58). Dabei wird die Schwere des Dienstvergehens durch den vom Soldaten als Vorgesetzten zusätzlich begangenen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht in Form eines Urkundendelikts gravierend erhöht. Erschwerend wirkt auch, dass der Soldat selbst nach Einleitung des Disziplinarverfahrens (im April 2022) erneut gravierende Pflichtverletzungen in Form von verfassungsfeindlichen Äußerungen begangen und damit das Vertrauen in seine Person zerstört hat (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2023 - 2 WD 6.22 - juris Rn. 35).

46 dd) Es liegen bei summarischer Prüfung auch keine Milderungsgründe vor, die zu einem Absehen von der Höchstmaßnahme führen können.

47 (1) Von einem Irrtum über die Verbindlichkeit der erteilten Befehle ist nach Aktenlage nicht auszugehen. Jedenfalls greift § 11 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 SG nicht zugunsten des Soldaten schuldausschließend ein. Der Soldat hat sich erstmals unter dem 7. Juli 2022 schriftlich zu seiner Motivation geäußert und dabei die Verbindlichkeit der erteilten Befehle nicht in Frage gestellt. Er hat insbesondere unter Berufung auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ausgeführt, angesichts der mit der Impfung aktuell verbundenen Risiken und Nebenwirkungen könne er keinen vernünftigen Grund erkennen, sich erneut impfen zu lassen. Dies lässt nicht auf eine Fehlvorstellung über die Verbindlichkeit der Befehle schließen, zumal er sich nach eigenen Angaben deswegen letztlich wiederholt impfen ließ.

48 Jedenfalls würde ihn ein solcher Irrtum nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 SG nur von der Verantwortung befreien, wenn er den Irrtum nicht vermeiden und ihm nach den ihm bekannten Umständen nicht zuzumuten war, sich mit Rechtsbehelfen gegen den Befehl zu wehren. Soweit der Soldat aufgrund einer reichsbürgertypischen Einstellung (vgl. Schreiben Nr. 8 c) von der Unverbindlichkeit ausgegangen sein sollte, war der Irrtum vermeidbar. Soweit er irrtümlich vom Vorliegen rechtlich anerkannter Unverbindlichkeitsgründe ausgegangen sein sollte, wäre es ihm zuzumuten gewesen, sich sachkundigen Rechtsrat einzuholen (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2025 - III ZR 261/23 - NJW 2025, 1501 Rn. 15 ff.) und sich mit Rechtsbehelfen gegen die Befehle zu wehren. Er hätte ebenso wie andere Soldaten mit einem gerichtlichen Antrag auf Überprüfung der Nr. 1080 AR A1-840/8-4000 oder mit einer Beschwerde gegen die ihn betreffenden Befehle vorgehen und einstweiligen Rechtsschutz beantragen können. Soweit der Soldat einwendet, die Rechtsbehelfe wären von vornherein aussichtslos gewesen, verkennt er, dass die Antragsteller in den Gerichtsverfahren teilweise eine vorläufige Aussetzung erreicht haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. September 2024 - 1 WB 50.22 - juris Rn. 6) und dass die von der Wehrbeschwerdeordnung eingeräumten Rechtsschutzmöglichkeiten nur dazu dienen, Rechtssicherheit über die Rechtmäßigkeit dienstlicher Befehle herbeizuführen, nicht von der Befolgung rechtmäßiger Befehle zu befreien.

49 (2) Zugunsten des Soldaten kann bei vorläufiger Prüfung der Sachlage zwar berücksichtigt werden, dass er ausweislich des vorgelegten Impfbuchs aus eigenem Entschluss den Befehlen zur Duldung von COVID-19-Schutzimpfungen nach deren Verweigerung gefolgt ist. Ein Absehen von Strafe ist nach § 20 Abs. 2 WStG in solchen Fällen tätiger Reue aber nur vorgesehen, wenn dies freiwillig und rechtzeitig, d. h. zu der im Befehl bestimmten Zeit geschieht (vgl. Lingens/Korte, Wehrstrafgesetz, 6. Aufl. 2023, § 20 Rn. 10). Da der Soldat die ihm befohlenen Fristen im Dezember 2021 und Februar 2022 verstreichen ließ, liegt ein verspätetes Befolgen vor, das nur mit minderem Gewicht maßnahmemildernd einzustellen ist. Die darin zum Ausdruck kommende Reue wird zudem dadurch entwertet, dass der Soldat, die nachfolgenden Befehle zum Nachweis der Impfung nochmals missachtet und sich durch reichsbürgertypische Äußerungen gegen seine Vorgesetzten aufgelehnt hat. Milderungsgründe müssen zudem umso gewichtiger sein, je schwerer ein Dienstvergehen wiegt (BVerwG, Urteil vom 7. Oktober 2021 - 2 WD 23.20 - BVerwGE 173, 352 Rn. 29 m. w. N.), so dass ein Absehen von der Höchstmaßnahme deswegen voraussichtlich nicht geboten ist.

50 (3) Dass der Soldat - wie von ihm betont - zuvor disziplinarisch oder strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist und ordentlichen Dienst geleistet hat, begründet ebenfalls keinen Milderungsgrund von Gewicht. Damit hat er keine besondere Leistung erbracht, die ihn aus dem Kameradenkreis heraushebt, sondern nur die Mindesterwartungen des Dienstherrn pflichtgemäß erfüllt (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 2025 - 2 WD 16.24 - juris Rn. 42).

51 ee) Schließlich konnte der Dienstherr auch bei den Nebenentscheidungen nach § 130 Abs. 1 WDO davon ausgehen, dass der Dienstbetrieb bei einem Verbleib des Soldaten im Dienst empfindlich gestört oder in besonderem Maße gefährdet würde. Weitere Überlegungen dazu bedurfte es nicht, zumal bereits die Prognose eines objektiv zerstörten Vertrauensverhältnisses zwischen einem Soldaten und dem Dienstherrn dies regelmäßig indiziert (BVerwG, Beschlüsse vom 25. Januar 2023 - 2 WDB 14.22 - juris Rn. 18 und vom 15. August 2023 - 2 WDB 1.23 - juris Rn. 51).

52 ff) Die Nebenentscheidungen weisen auch keine Ermessensfehler auf. Die Entscheidung, einen Soldaten, dessen Verfassungstreue ernsthaft in Zweifel steht, vorübergehend auf keinem Dienstposten einzusetzen und ihn vorübergehend keine Uniform tragen zu lassen, ist nicht sachwidrig. Dem Soldaten werden dadurch auch keine Nachteile zugefügt, die außer Verhältnis zu dem Interesse des Dienstherrn stehen, den Soldaten, der eines schwerwiegenden Dienstvergehens hinreichend verdächtig ist, bis zur endgültigen Klärung des Vorwurfs von der Dienstausübung und dem Tragen der Uniform auszuschließen (BVerwG, Beschlüsse vom 9. Oktober 2019 - 2 WDB 3.19 - juris Rn. 27 und vom 26. April 2022 - 2 WDB 4.22 - juris Rn. 33).

53 gg) Die Nebenentscheidungen sind aktuell noch verhältnismäßig. Auch die Einbehaltensanordnung bewegt sich nach ihrer zeitlichen Dauer und ihrer Höhe noch in einem zumutbaren Rahmen.

54 Zwar kann eine ungewöhnlich lange Dauer eines Disziplinarverfahrens dazu führen, dass sie unverhältnismäßig wird und von der Einleitungsbehörde aufzuheben ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 2020 - 2 WDB 6.19 - NVwZ-RR 2020, 646 LS 1; BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - NJW 1978, 152 <154>). Mit zunehmender Verzögerung des Abschlusses des Disziplinarverfahrens gerät eine Einbehaltung von Dienstbezügen notwendigerweise immer stärker in einen Widerstreit mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Da der präzise Zeitpunkt, zu dem eine durch die Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge verursachte Belastung in eine unverhältnismäßige Belastung umschlägt, nicht feststellbar ist, bedarf es zur Begründung der Unverhältnismäßigkeit ihrer sich aus den konkreten Umständen des Einzelfalls ergebenden Evidenz (BVerwG, Beschluss vom 17. Februar 2020 - 2 WDB 6.19 - NVwZ-RR 2020, 646 Rn. 11). Nach Maßgabe dessen begründet zwar der Zeitraum von zwei Jahren und acht Monaten nach Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens, in denen es noch nicht einmal zur Einreichung einer Anschuldigungsschrift gekommen ist, eine erhebliche Überlange. Dem Soldaten steht es jedoch frei, durch einen gerichtlichen Antrag nach § 104 WDO eine Beschleunigung zu erwirken. Daher ist gegenwärtig trotz der ungewöhnlich langen Dauer des vorgerichtlichen Ermittlungsverfahrens noch keine evidente Unverhältnismäßigkeit in zeitlicher Hinsicht festzustellen.

55 Die Einbehaltung der Dienstbezüge entspricht auch in ihrer Höhe dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Soldat erhält infolgedessen Dienstbezüge von netto 1 800 €, ist ledig, hat keine Unterhaltsverpflichtungen und darf eine Nebentätigkeit als Fahrlehrer ausüben. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass durch die Einbehaltung seine wirtschaftliche Existenz vernichtet, ihm ein schwerwiegender und nicht wiedergutzumachender Nachteil zugefügt oder ihm die Rechtsverteidigung unmöglich gemacht wird (BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2024 - 2 WDB 2.24 - juris Rn. 19).

56 3. Einer Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bedurfte es nicht. Diese werden von der zur Hauptsache ergehenden Kostenentscheidung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens miterfasst (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. August 2023 - 2 WDB 1.23 - juris Rn. 55 m. w. N.).