Beschluss vom 20.02.2023 -
BVerwG 1 WB 36.22ECLI:DE:BVerwG:2023:200223B1WB36.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.02.2023 - 1 WB 36.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:200223B1WB36.22.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 36.22

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Koch
am 20. Februar 2023 beschlossen:

  1. Soweit der Antragsteller im Verfahren BVerwG 1 WB 36.22 Ansprüche auf Schmerzensgeld wegen Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn und auf Schadensersatz wegen erlittener Karrierenachteile geltend macht, wird der Rechtsstreit abgetrennt und unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 WB 5.23 weitergeführt.
  2. Für das Verfahren BVerwG 1 WB 5.23 ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten unzulässig. Das Verfahren wird an das Verwaltungsgericht München verwiesen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung des Verwaltungsgerichts vorbehalten.

Gründe

I

1 Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 16. April 2021 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 9. Juni 2022 dem Senat vorgelegt. Unter dem 30. Dezember 2022 hat der Antragsteller in der Sache beantragt,
den Bescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 23. Mai 2022 aufzuheben,
festzustellen, dass die Ablehnung seines Versetzungsantrags nicht hätte erfolgen dürfen,
den Dienstherrn zu verpflichten, ihn auf einem Dienstposten, z. B. ..., dessen Voraussetzungen er erfüllt, zu verwenden,
den Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn anzuerkennen, damit er diesen geltend machen kann, und
den Anspruch auf Schadensersatz wegen erlittener Karrierenachteile anzuerkennen, damit er diesen geltend machen kann.

2 Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass wegen der Anträge betreffend Schmerzensgeld und Schadensersatz mangels Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte eine Verweisung an das (allgemeine) Verwaltungsgericht München in Betracht kommt, und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Es hat den Antragsteller auch darauf hingewiesen, dass im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, anders als beim Wehrdienstsenat, Gerichtsgebühren erhoben werden.

3 Der Antragsteller stimmt der Verweisung dieser Anträge an das Verwaltungsgericht München zu. Nach Auffassung des Bundesministeriums der Verteidigung ist für den Anspruch auf Schmerzensgeld das Verwaltungsgericht München und für den Anspruch auf Schadensersatz das Landgericht Bonn zuständig.

4 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II

5 Der Senat entscheidet über die Verfahrenstrennung und über die Verweisung des Rechtsstreits in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2020 - 1 WB 71.19 , 1 WB 2.20 - juris Rn. 5).

6 Der Antragsteller macht kumulativ mehrere Ansprüche geltend, für die unterschiedliche Rechtswege eröffnet sind. Soweit er Schmerzensgeld wegen Fürsorgepflichtverletzung des Dienstherrn und Schadensersatz wegen erlittener Karrierenachteile begehrt (vierter und fünfter Sachantrag), ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten nicht eröffnet. Dieser Teil des Rechtsstreits ist deshalb nach § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 93 Satz 2 VwGO abzutrennen, unter einem neuen Aktenzeichen weiterzuführen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 18 Abs. 3 Satz 1 WBO an das Verwaltungsgericht München zu verweisen.

7 Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) entscheiden die Wehrdienstgerichte, wenn die Beschwerde des Soldaten eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber zum Gegenstand hat, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnittes des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 geregelt sind. Für Streitigkeiten über einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der in § 31 Abs. 1 SG geregelten Fürsorgepflicht des Dienstherrn verbleibt es damit bei der Zuständigkeit der (allgemeinen) Verwaltungsgerichte gemäß § 82 Abs. 1 SG und § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Oktober 2010 - 1 WB 7.10 - Rn. 17 m. w. N.). Dies gilt auch für den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch. Denn für den beamtenrechtlichen - und entsprechend für den soldatenrechtlichen - Schadensersatzanspruch ist der Schadensbegriff maßgebend, der den §§ 249 ff. BGB zugrunde liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - 2 C 61.03 - BVerwGE 122, 65 <75> m. w. N.). Nachdem durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I S. 2674) § 847 BGB aufgehoben und der Ersatz von immateriellen Schäden in die allgemeine Schadensersatzvorschrift des § 253 Abs. 2 BGB überführt worden ist, kommt grundsätzlich auch die Prüfung von Schmerzensgeld im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 31 Abs. 1 Satz 1 SG) in Betracht.

8 Der Anregung des Bundesministeriums der Verteidigung, den Rechtsstreit unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung in einem Punkt an das Landgericht Bonn (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG, § 17 ZPO) zu verweisen, ist nicht zu folgen. Sie würde zu einer uneffektiven und kostentreibenden weiteren Aufspaltung des Verfahrens führen und widerspräche dem vom Antragsteller erklärten Willen.

9 Der Rechtsstreit ist daher, soweit der Antragsteller Schadensersatz und Schmerzensgeld begehrt, an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen. Dies ist nach § 45 und § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO i. V. m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des (bayerischen) Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. der Bekanntmachung vom 20. Juni 1992 (GVBl S. 162), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. April 2022 (GVBl S. 148) das Verwaltungsgericht München. Denn der Antragsteller wird dienstlich ... in München geführt und hat daher in München seinen dienstlichen Wohnsitz (§ 52 Nr. 4 Satz 1 Alt. 1 VwGO). Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BBesG ist dienstlicher Wohnsitz eines Soldaten sein Standort. § 15 BBesG ist auch im Rahmen des § 52 Nr. 4 VwGO maßgeblich (BVerwG, Beschluss vom 28. September 2016 - 1 WB 43.15 - juris Rn. 42 m. w. N.). Soweit es, weil der Antragsteller vorläufig des Dienstes enthoben ist, auf dessen (privaten) Wohnsitz ankäme (§ 52 Nr. 4 Satz 1 Alt. 2 VwGO), liegt auch dieser im Bezirk des Verwaltungsgerichts München.

Beschluss vom 13.07.2023 -
BVerwG 1 WB 36.22ECLI:DE:BVerwG:2023:130723B1WB36.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.07.2023 - 1 WB 36.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:130723B1WB36.22.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 36.22

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Koch,
den ehrenamtlichen Richter Oberst Volke und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Tobis
am 13. Juli 2023 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt seine Versetzung auf einen anderen Dienstposten.

2 Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. März ... Er ist zivil ausgebildeter Diplom-Ingenieur der Fachrichtung ... und Doktor ... mit Schwerpunkt ... 2006 wurde er aufgrund seiner zivilberuflichen Qualifikation mit dem höheren Dienstgrad Major in die Bundeswehr eingestellt und im März 2011 zum Oberstleutnant befördert. Er wird als Wissenschaftsoffizier beim ... verwendet, zunächst als ... und seit 2010 auf einem Dienstposten als ...

3 Mit Schreiben vom 25. Januar 2019 beantragte der Antragsteller unmittelbar beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr seine unverzügliche Versetzung, und zwar "innerhalb des Großraums ..., außerhalb der Teilstreitkraft ..., außerhalb des Einzugsbereichs des ... und mit Fortsetzung/Wiederaufnahme seiner fachlichen Tätigkeit auf dem Gebiet ... bzw. ..., zumindest Expertentätigkeit". Als Begründung nannte er massive persönliche Spannungen mit seinem Disziplinarvorgesetzten, dem ..., und dessen Stellvertreter.

4 Mit Bescheid vom 1. Februar 2021, ausgehändigt am 12. Februar 2021, lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement den Versetzungsantrag des Antragstellers ab. Zur Begründung verwies es auf die Feststellung der Beratenden Ärztin beim Bundesamt für das Personalmanagement, dass der Antragsteller seit längerem erheblich gesundheitlich belastet und nicht verwendungsfähig sei.

5 Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 10. März 2021 Beschwerde.

6 Das Beschwerdeschreiben wurde am 11. März 2021, 23:19 Uhr, als E-Mail-Anhang an den Unterabteilungsleiter III 4 beim Bundesamt für das Personalmanagement und am 12. März 2021, 08:18 Uhr, ebenfalls als E-Mail-Anhang an den Organisationsbriefkasten der Unterabteilung III 4 vorab gesendet. Das schriftliche Original ging am 15. März 2021 beim Bundesamt für das Personalmanagement ein. Dieses leitete die Beschwerde an das Bundesministerium der Verteidigung weiter, wo sie per E-Mail am 18. März 2021 und im Original am 22. März 2021 einging.

7 Mit Bescheid vom 23. Mai 2022 wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde als in mehrfacher Hinsicht unzulässig zurück. Sie sei zwar form-, aber nicht fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwerdefrist habe am 12. März 2021 geendet. Bis dahin sei sie nur vorab als PDF-Datei bei dem unzuständigen Bundesamt für das Personalmanagement, nicht aber beim Bundesministerium der Verteidigung eingegangen. Die Weiterleitung der Beschwerde im regulären Geschäftsgang sei nicht zu beanstanden. Eine Rechtsbehelfsbelehrung sei nicht erforderlich gewesen. Die Beschwerde sei darüber hinaus wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig, weil das verfolgte Versetzungsbegehren nicht hinreichend konkretisiert gewesen sei. Der Antragsteller habe spätestens im Beschwerdeverfahren konkrete Dienstposten bezeichnen müssen, auf die er versetzt werden möchte; das sei nicht erfolgt. Die Beschwerde sei schließlich auch deshalb unzulässig, weil sie tatsächlich und rechtlich auf ein unmögliches Ziel gerichtet sei. Der Antragsteller sei gemäß § 126 WDO vorläufig der Ausübung des Dienstes enthoben.

8 Der Antragsteller hatte bereits mit Schreiben vom 16. April 2021, wiederum gerichtet an das Bundesamt für das Personalmanagement, Untätigkeitsbeschwerde im Hinblick auf die Bearbeitung seiner Beschwerde vom 10. März 2021 erhoben. Das Bundesministerium der Verteidigung hat dies als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gewertet, den es nach Erlass des Beschwerdebescheids mit einer Stellungnahme vom 9. Juni 2022 dem Senat vorgelegt hat.

9 Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus:
Er habe seine Beschwerde zulässig und insbesondere fristgerecht eingelegt. Der ablehnende Bescheid habe keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten. Auch habe er die Beschwerde an den richtigen Adressaten, nämlich den Unterabteilungsleiter III 4 bzw. an den Organisationsbriefkasten der Unterabteilung III 4 gerichtet. Die Unterabteilung III 4 sei hierarchisch direkt über dem Referat III 4.3 angesiedelt. Der Unterabteilungsleiter III 4 sei Disziplinarvorgesetzter des Referatsleiters III 4.3, der den angegriffenen Bescheid erstellt habe. Eine Beschwerdeeinreichung beim eigenen Disziplinarvorgesetzten habe wegen des bestehenden Spannungsverhältnisses und der Befangenheit des Disziplinarvorgesetzten nicht erfolgen können. Er habe die Beschwerde daher bei dem Disziplinarvorgesetzten eingelegt, der den Gegenstand der Beschwerde zu beurteilen habe. Er habe diesbezüglich auch eine Rückfrage bei der Rechtsabteilung des Deutschen Bundeswehrverbandes genommen.
In der Sache trug der Antragsteller vor, dass er seit 2010 auf einem Dienstposten für ... verwendet werde, obwohl er die erforderliche Qualifikation dafür nicht habe. Die jahrelange Verwendung auf einem unpassenden Dienstposten habe zu einer Fehlbelastung und erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt. Zuvor sei er auf einem Dienstposten als ... verwendet worden, der seiner tatsächlichen Qualifikation wesentlich nähergekommen sei. Die Wegversetzung von diesem Dienstposten sei willkürlich ohne dienstliches Erfordernis erfolgt. Er habe die personalbearbeitende Stelle seitdem regelmäßig, mindestens jährlich bei Personalgesprächen, darauf hingewiesen, dass er auf einem formal unpassenden Dienstposten verwendet werde und er auf einen geeigneten Dienstposten versetzt werden müsse. Soweit im Ablehnungsbescheid angeführt werde, dass er seit längerem erheblich gesundheitlich belastet und nicht verwendungsfähig sei, sei dies behauptet worden, ohne dass zu diesem Zeitpunkt ein Dienstunfähigkeitsverfahren überhaupt eingeleitet worden sei. Das im Februar 2021 eingeleitete Dienstunfähigkeitsverfahren sei im Frühjahr 2022 mit der Feststellung seiner Dienstfähigkeit abgeschlossen worden. Noch während der Krankheitsphase 2020 habe der Disziplinarvorgesetzte allerdings ein Strafverfahren gegen ihn initiiert, weswegen er seit Mitte 2020 bei Gehaltskürzung suspendiert sei.

10 Der Antragsteller beantragt,
den angegriffenen Bescheid aufzuheben,
festzustellen, dass die Ablehnung seines Versetzungsantrags nicht hätte erfolgen dürfen, und
den Dienstherrn zu verpflichten, ihn auf einem Dienstposten, zum Beispiel ..., dessen Voraussetzungen er erfülle, zu verwenden.

11 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

12 Es verweist auf die Ausführungen im Beschwerdebescheid. Nach wie vor habe der Antragsteller keinen konkreten Dienstposten bezeichnet, auf den er versetzt werden wolle. Der Antrag sei zudem unbegründet, weil die Beschwerde vom 10. März 2021 nicht fristgerecht erhoben worden und wegen der vorläufigen Dienstenthebung auf ein unmögliches Ziel gerichtet sei. In der Sache sei der Versetzungsantrag nicht mit dienstlichen Belangen in Einklang zu bringen.

13 Der Senat hat mit Beschluss vom 20. Februar 2023 Teile des Verfahrens (Ansprüche auf Schmerzensgeld wegen Fürsorgepflichtverletzung und auf Schadensersatz wegen erlittener Karrierenachteile) abgetrennt und an das Verwaltungsgericht ... verwiesen.

14 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

15 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

16 1. Die in dem Schreiben vom 30. Dezember 2022 gestellten drei Sachanträge bilden bei sachgerechter Auslegung (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 86 Abs. 3 VwGO) Teile eines einheitlichen Antrags, mit dem der Antragsteller die Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung begehrt, den Bescheid des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 1. Februar 2021 und den Beschwerdebescheid vom 23. Mai 2022 aufzuheben und ihn auf einen den Maßgaben in seinem Versetzungsantrag vom 25. Januar 2019 entsprechenden Dienstposten zu versetzen.

17 2. Der Antrag hat schon deshalb keinen Erfolg, weil der Antragsteller die Beschwerde verspätet eingelegt und das Bundesministerium der Verteidigung sie aus diesem Grund zu Recht als unzulässig zurückgewiesen hat. Auf mögliche weitere Gründe, die zur Zurückweisung des Antrags führen könnten, kommt es deshalb nicht an.

18 a) Gemäß § 6 Abs. 1 WBO darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom Beschwerdeanlass hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 1 WB 5.12 - juris Rn. 27 m. w. N.). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO, der den Beginn der gerichtlichen Antragsfrist an die Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheids knüpft, setzt § 6 Abs. 1 WBO für den Beginn der Beschwerdefrist nur die tatsächliche, positive Kenntnis vom Beschwerdeanlass voraus. Etwas anderes gilt nur, wenn - was hier nicht der Fall ist - für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine gesetzliche Regelung oder eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen (stRspr, vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 WB 43.12 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 87 Rn. 30).

19 Der ablehnende Bescheid des Bundesamts für das Personalmanagement vom 1. Februar 2021 wurde dem Antragsteller aktenkundig am 12. Februar 2021 gegen Empfangsbekenntnis ausgehändigt. Die Beschwerdefrist endete deshalb mit Ablauf von Freitag, dem 12. März 2021 (§ 188 Abs. 2 Alt. 1 i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB).

20 b) Bis zum Ablauf der Beschwerdefrist ist das Beschwerdeschreiben des Antragstellers vom 10. März 2021 nicht bei einer für die Einlegung zuständigen Stelle eingegangen.

21 aa) Empfangszuständig für die Einlegung der Beschwerde war der Disziplinarvorgesetzte des Antragstellers, also der Leiter des ... (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WBO), oder die Stelle, die für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig ist (§ 5 Abs. 1 Satz 2 WBO). Letzteres ist hier das Bundesministerium der Verteidigung als im Verhältnis zum Bundesamt für das Personalmanagement nächsthöhere Dienststelle (§ 9 Abs. 1 Satz 2 WBO) und nicht - wie der Antragsteller meint - der dem Referatsleiter III 4.3 vorgesetzte Unterabteilungsleiter III 4 (§ 9 Abs. 1 Satz 1 WBO). Denn Versetzungsverfügungen und - wie hier - die Ablehnung von Versetzungsanträgen erfolgen nicht durch den Personalführer oder dessen Referatsleiter persönlich, sondern - erkennbar am Kopf der Verfügung oder des Bescheids und an der Unterzeichnung "im Auftrag" – durch das Bundesamt für das Personalmanagement als Dienststelle bzw. Behörde.

22 Nicht anwendbar ist die Vorschrift des § 23 Abs. 2 Satz 1 WBO, wonach die Beschwerde auch bei der Stelle eingelegt werden kann, deren Entscheidung angefochten wird, weil für den gerichtlichen Rechtsschutz in Versetzungsangelegenheiten nicht der Verwaltungsrechtsweg (§ 82 Abs. 1 SG), sondern - wie vom Antragsteller zutreffend beschritten - der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet ist (§ 17 Abs. 1 Satz 1, § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO).

23 bb) Bis zum 12. März 2021 ist das Beschwerdeschreiben vom 10. März 2021 weder beim ... noch beim Bundesministerium der Verteidigung eingegangen.

24 Der Antragsteller hat das Beschwerdeschreiben im Original unterzeichnet, es als PDF-Datei eingescannt und am 11. März 2021, 23:19 Uhr, als E-Mail-Anhang an den Unterabteilungsleiter III 4 beim Bundesamt für das Personalmanagement und am 12. März 2021, 08:18 Uhr, ebenfalls als E-Mail-Anhang an den Organisationsbriefkasten der Unterabteilung III 4 gesandt. Zwar wird nach der Rechtsprechung die Schriftform gewahrt, wenn ein im Original eigenhändig unterzeichneter Schriftsatz in eine PDF-Datei eingescannt, diese nach vorheriger Rücksprache mit der Geschäftsstelle per E-Mail an das Gericht übersandt und dort vor Ablauf der Berufungsfrist ausgedruckt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 2020 - 2 WD 18.19 - BVerwGE 169, 228 Rn. 12; BGH, Beschluss vom 4. Februar 2020 - X ZB 11/18 - FamRZ 2020, 847 Rn. 16 m. w. N.). Dies lässt sich auf die hier von § 6 Abs. 2 Satz 1 WBO geforderte Schriftform bei der Einlegung einer Wehrbeschwerde übertragen.

25 Auch wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, dass der Antragsteller eine entsprechende Rücksprache genommen hatte und einer der beiden E-Mail-Anhänge noch am 12. März 2021 ausgedruckt wurde, ist damit jedoch nur die Form, nicht aber die Beschwerdefrist gewahrt. Denn weder war der Unterabteilungsleiter III 4 als Disziplinarvorgesetzter (§ 9 Abs. 1 Satz 1 WBO) noch das Bundesamt für das Personalmanagement als Dienststelle (§ 9 Abs. 1 Satz 2 WBO) für die Einlegung der Beschwerde empfangszuständig.

26 Beim Bundesministerium der Verteidigung gingen die weitergeleitete E-Mail und das - nach Eingang beim Bundesamt für das Personalmanagement am 15. März 2021 - ebenfalls weitergeleitete Originalschreiben erst am 18. März 2021 bzw. 22. März 2021 und damit erst nach Ablauf der Beschwerdefrist ein.

27 cc) Der Fristablauf wurde auch nicht durch Umstände gehemmt, die im Sinne von § 7 WBO als unabwendbarer Zufall zu werten sind.

28 (1) Es liegt kein Fall des § 7 Abs. 2 WBO vor. Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung in dem ablehnenden Bescheid vom 1. Februar 2021 ist unschädlich, weil für truppendienstliche Erstmaßnahmen (Ausgangsbescheide), gegen die nicht unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eröffnet ist, anders als für Beschwerdebescheide (siehe § 12 Abs. 1 Satz 4, § 16 Abs. 4 WBO) keine Rechtsbehelfsbelehrung vorgeschrieben ist. Der Rechtsbehelf der Beschwerde und die dafür geltende Frist des § 6 Abs. 1 WBO können bei allen Soldaten als bekannt vorausgesetzt werden (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 1. März 2018 - 1 WB 27.17 - Buchholz 11 Art. 6 GG Nr. 189 Rn. 22 m. w. N.).

29 (2) Ein unabwendbarer Zufall im Sinne des § 7 Abs. 1 WBO ist auch nicht darin zu sehen, dass die Beschwerde des Antragstellers nicht noch am selben Tag und damit fristwahrend vom Bundesamt für das Personalmanagement an das empfangszuständige Bundesministerium der Verteidigung weitergeleitet wurde.

30 Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. März 2008 - 1 WB 8.08 - Buchholz 450.1 § 5 WBO Nr. 1 Rn. 25 f. m. w. N. sowie vom 24. Mai 2016 - 1 WB 10.15 - juris Rn. 24 ff.) können Verzögerungen und Unregelmäßigkeiten in der Übermittlung eines Rechtsbehelfs an die zuständige Stelle, je nach den Umständen des Einzelfalls, zwar einen unabwendbaren Zufall im Sinne von § 7 Abs. 1 WBO begründen. Allerdings liegt es grundsätzlich im Verantwortungs- und Risikobereich des Beschwerdeführers, die Beschwerde an eine Stelle zu adressieren, bei der sie wirksam eingelegt werden kann, und für einen fristgerechten Eingang der Beschwerde bei dieser Stelle zu sorgen. Zur Pflicht einer insoweit unzuständigen Stelle, einen bei ihr eingelegten Rechtsbehelf an die zuständige Stelle weiterzuleiten, hat der Senat ausgesprochen, dass eine Behörde grundsätzlich nicht verpflichtet ist, jedes Schriftstück nach seinem Eingang sofort darauf zu überprüfen, ob die eigene Zuständigkeit gegeben ist oder ob das Schriftstück an eine zuständige andere Stelle weiterzuleiten ist; sie hat den eingegangenen Vorgang vielmehr (nur) im regulären Geschäftsablauf an die zuständige Behörde abzugeben.

31 Nach diesen Maßstäben wird der Antragsteller im vorliegenden Fall nicht von dem Risiko der verspäteten Einlegung der Beschwerde entlastet. Er konnte nicht von Rechts wegen erwarten, dass sich noch am selben Tag (Freitag, den 12. März 2021) ein Sachbearbeiter beim Bundesamt für das Personalmanagement inhaltlich mit der E-Mail befasst, die angehängte Beschwerde ausdruckt und auswertet, deren fehlerhafte Adressierung durch den Antragsteller erkennt und dafür sorgt, dass die Beschwerde in der gebotenen Schriftform - ebenfalls noch am selben Tag - das zuständige Bundesministerium der Verteidigung erreicht.

32 Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller seinen Rechtsbehelf nicht nur an die falsche Stelle adressiert hat, sondern im Betreff zudem fälschlich als "Verwaltungsbeschwerde" (und nicht etwa neutral als "Beschwerde") überschrieben hat. Denn als "Verwaltungsbeschwerde" werden üblicherweise diejenigen Beschwerden bezeichnet, in denen für den gerichtlichen Rechtsschutz der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist (zur Unterscheidung der Beschwerdearten vgl. Dau/Scheuren, WBO, 7. Aufl. 2020, Einf. Rn. 49 ff.). Hätte es sich vorliegend tatsächlich um eine Verwaltungsbeschwerde (und nicht um eine truppendienstliche Beschwerde) gehandelt, so wäre eine fristwahrende Einlegung auch beim Bundesamt für das Personalmanagement möglich gewesen (§ 23 Abs. 2 Satz 1 WBO). Mit der Fehlbezeichnung im Betreff hat der Antragsteller damit eine rasche Erkenntnis, dass seine Beschwerde an die falsche Stelle gerichtet war, eher zusätzlich behindert.

33 (3) Schließlich ist auch in dem Umstand, dass der Antragsteller die Beschwerde wegen des bestehenden Spannungsverhältnisses nicht bei seinem Disziplinarvorgesetzten einlegen wollte, kein unabwendbarer, die Einhaltung der Beschwerdefrist hindernder Zufall im Sinne von § 7 Abs. 1 WBO zu sehen. Zum einen entbindet dieser Umstand den Antragsteller nicht davon, sich um die Modalitäten einer fristwahrenden Einlegung zu kümmern, wenn er sich für den alternativen Weg nach § 5 Abs. 1 Satz 2 WBO entscheidet. Zum anderen ist auch die Beschwerdeeinlegung beim Disziplinarvorgesetzten nicht zwangsläufig mit einer (konfliktträchtigen) persönlichen Begegnung verbunden; auch hier kann die Beschwerde per Post übermittelt oder etwa auch dem S 1-Offizier übergeben werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. Juli 2008 - 1 WB 1.08 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 73 Rn. 21 f. und vom 19. Juli 2018 - 1 WB 30.17 - Buchholz 450.1 § 5 WBO Nr. 3 Rn. 31).