Beschluss vom 21.05.2021 -
BVerwG 4 BN 58.20ECLI:DE:BVerwG:2021:210521B4BN58.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.05.2021 - 4 BN 58.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:210521B4BN58.20.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 58.20

  • VGH München - 05.08.2020 - AZ: VGH 1 N 18.1480

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Mai 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt und Dr. Hammer
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. August 2020 wird verworfen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde, die ausdrücklich nur die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr.  1 und 2 VwGO in Anspruch nimmt, ist unzulässig. Sie verfehlt die Darlegungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

2 1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die in dem angestrebten Revisionsverfahren beantwortet werden kann, sofern dies über den Einzelfall hinaus zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts beiträgt (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>).

3 Die vom Antragsteller als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Rechtsfrage
ob die Aufhebung eines Bebauungsplans gem. § 1 Abs. 8 BauGB, mit der der vollständige Entzug bestehenden und ausgeübten Baurechts einhergeht, lediglich durch den Wunsch der Gemeinde gerechtfertigt werden kann, dass sich an der betreffenden Stelle wieder Außenbereich im Sinne von § 35 BauGB entwickeln soll,
genügt diesen Voraussetzungen nicht.

4 Dem Verwaltungsgerichtshof hat sich eine in dieser Allgemeinheit formulierte Frage nicht gestellt, sodass auch nicht dargetan ist, dass sie in dem angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sein könnte. Die Fragestellung geht vielmehr an den Ausführungen und Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zu den vom Antragsgegner mit dem angegriffenen Bebauungsplan verfolgten städtebaulichen Zielen vorbei. Erst vor diesem Hintergrund und folglich nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles lässt sich entscheiden, ob für die Steuerung der städtebaulichen Entwicklung die planersetzende Vorschrift des § 35 BauGB ausreicht und ob im Rahmen der nach § 1 Abs. 7 BauGB gebotenen Abwägung den Belangen der Eigentümer durch die Regelung über den Bestandsschutz hinreichend Rechnung getragen wird.

5 2. Die Beschwerde legt auch eine Abweichung des angegriffenen Urteils von mehreren Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht dar.

6 Eine Abweichung zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten, gleichermaßen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26). Eine solche Abweichung zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie zitiert zwar einzelne Passagen aus den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, stellt diesen aber keinen hierzu divergierenden Rechtssatz des angegriffenen Urteils gegenüber. In der Sache wirft sie dem Verwaltungsgerichtshof vor, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall fehlerhaft angewandt zu haben. Darauf kann die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aber nicht gestützt werden (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 a.a.O. und vom 8. Oktober 2020 - 4 BN 60.19 - juris Rn. 8).

7 Soweit sich die Divergenzrüge auf die Ausführungen zur Berücksichtigung von Entschädigungsansprüchen in der Abwägung bezieht, scheitert die Zulassung der Revision des Weiteren auch daran, dass das angegriffene Urteil sich in dieser Hinsicht auf zwei selbstständig tragende Erwägungen stützt. In dieser Situation kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 26. August 2019 - 4 BN 1.19 - NVwZ 2020, 326 Rn. 28). Auch daran fehlt es.

8 3. Die Beschwerde rechtfertigt schließlich auch dann nicht die Zulassung der Revision, wenn davon ausgegangen wird, dass mit den Ausführungen zur Zulässigkeitsfrage in der Sache zugleich ein Verfahrensmangel nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht wird (siehe hierzu BVerwG, Beschlüsse vom 24. Oktober 2006 - 6 B 61.06 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 8 und vom 6. Oktober 2020 - 4 B 10.20 - juris Rn. 9).

9 Mit dem Vorbringen, dass eine Unzulässigkeit - im Unterschied zum vorliegenden Fall - nur dann angenommen werden könne, wenn sich die erhobenen Rügen allein auf einen abtrennbaren Bereich des angegriffenen Bebauungsplans bezögen, in dem der Antragsteller keine eigene Rechtsbetroffenheit geltend machen könne, wird ein Verfahrensmangel bereits deswegen nicht aufgezeigt, weil sich eine solche Vorgabe in den vom Antragsteller benannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht findet. Vielmehr liegt dem Urteil vom 9. April 2008 (- 4 CN 1.07 - BVerwGE 131, 100 Rn. 13) eine vergleichbare Fallkonstellation zugrunde, in der es gerade um das Fehlen des Rechtsschutzinteresses nur für einen räumlich abtrennbaren Teil des Bebauungsplans mit der Folge einer teilweisen Unzulässigkeit ging.

10 Soweit der Antragsteller vorträgt, dass die Voraussetzungen einer Trennbarkeit des Bebauungsplans nicht vorlägen, wird nicht die fehlerhafte Anwendung prozessrechtlicher Vorschriften aufgezeigt. Vielmehr wird damit geltend gemacht, dass eine Vorfrage zur materiellen Rechtslage unzutreffend beantwortet worden sei; damit wird kein Verfahrensmangel dargelegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2021 - 4 BN 57. 20 - juris Rn. 3 m.w.N.).

11 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.