Beschluss vom 22.10.2020 -
BVerwG 5 BN 3.20ECLI:DE:BVerwG:2020:221020B5BN3.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.10.2020 - 5 BN 3.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:221020B5BN3.20.0]

Beschluss

BVerwG 5 BN 3.20

  • OVG Berlin-Brandenburg - 10.10.2019 - AZ: OVG 6 A 4.18

In der Normenkontrollsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Oktober 2020
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge und Preisner
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (1.), der Divergenz (2.) und des Verfahrensmangels (3.) gestützte Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.

4 Die Beschwerde hält die folgenden Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:
1. "Steht es im Einklang mit § 17 Abs. 3 S. 2 KitaGBbg, mit § 39, § 31 SGB X sowie mit Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip/Vertrauensschutz) mit dem Rechtssatz, dass das Einvernehmen durch den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in Form des Verwaltungsaktes auch für die Vergangenheit erlassen wird und gilt das Einvernehmen auch dann rückwirkend, wenn inhaltlich kein zeitlicher Bezug genommen worden ist und nur in der Kostenbeitragssatzung getroffen wurde?"
2. "Steht es im Einklang mit Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip)[,] dem Vertrauensschutz und der Rechtssicherheit sowie dem Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII), wenn der Träger Kostenbeitragssatzungen des Kinder- und Jugendhilferechtes rückwirkend erlässt?"
3. "Steht es im Einklang mit § 16 Abs. 3 KitaGBbg, § 4 KitaBKNV, § 90 SGB VIII und Art. 3 GG mit dem Rechtssatz, dass die Kosten für die Grundstücke und Gebäude, sowie die bei sparsamer Betriebsführung notwendigen Bewirtschaftungs- und Erhaltungskosten, die durch die Gemeinde zu stellen sind, Bestandteil der Kalkulation sind bzw. deren Zuschüsse gem. § 4 KitaBKNV nicht in die Kalkulation einberechnet werden dürfen und damit die Kostenbeiträge erhöht und die kommunalen Träger gegenüber den freien Trägern benachteiligt werden?"

5 Mit diesen Fragen und dem zu ihrer Begründung jeweils unterbreiteten Vorbringen hat der Antragsteller eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dargetan.

6 a) Soweit sich die Fragen und die Ausführungen auf die Auslegung und Anwendung von Normen des brandenburgischen Kindertagesstättengesetzes - KitaG BB (entspricht KitaGBbg) - oder der zugehörigen Kindertagesstätten-Betriebskosten- und Nachweisverordnung - KitaBKNV - durch das Oberverwaltungsgericht beziehen, werden damit Fragen des Landesrechts angesprochen, die grundsätzlich und so auch hier nicht zu einem bundesrechtlichen Klärungsbedarf führen.

7 Fragen des Landesrechts können die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht begründen, weil sie in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden können. Nach § 137 Abs. 1 VwGO kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil Bundesrecht (Nr. 1) oder eine Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes verletzt, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt (Nr. 2). Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Auslegung und Anwendung des Landesrechts durch die Vorinstanz gebunden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Es ist darauf beschränkt nachzuprüfen, ob der festgestellte Bedeutungsgehalt des Landesrechts mit Bundesrecht, insbesondere mit Bundesverfassungsrecht, vereinbar ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Januar 2017 - 6 B 43.16 - juris Rn. 22 m.w.N. und vom 28. Mai 2020 - 5 BN 5.19 - juris Rn. 7). Das gilt auch für die Regelungen des brandenburgischen Kindertagesstättengesetzes.

8 b) Soweit die Beschwerde die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesverfassungsrecht (Art. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG) erhebt, zeigt sie ebenfalls keinen bundesrechtlichen Klärungsbedarf auf. Das Gleiche gilt für die Rüge eines Verstoßes gegen § 90 SGB VIII oder §§ 31, 39 SGB X.

9 Eine vermeintliche Verletzung von Bundes(verfassungs-)recht bei der Auslegung oder Anwendung von Landesrecht kann die Zulassung der Revision wegen Grundsatzbedeutung allenfalls dann rechtfertigen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundes(verfassungs-)rechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, nicht dagegen, wenn der dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegte Inhalt des Landesrechts mit Blick auf seine Übereinstimmung mit Bundes(verfassungs-)recht angezweifelt wird. Die Begründung der Beschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO muss dementsprechend darlegen, dass die Auslegung einer gegenüber dem angewendeten Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten bundes(verfassungs-)rechtlichen Vorschrift als solche eine ungeklärte Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Die Beschwerde muss also die konkrete bundes(verfassungs-)rechtliche Norm benennen, mit welcher die Vorschrift des Landesrechts angeblich nicht vereinbar ist, und die daraus angeblich abzuleitenden bundesrechtlichen Anforderungen, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren aufzeigen. Es ist substantiiert darzutun, dass die Bundes(verfassungs-)norm in ihrer Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht oder noch nicht hinreichend ausdifferenziert und entwickelt ist, um ihre Funktion als Maßstabsnorm für niederrangiges Recht erfüllen zu können (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 1. März 2016 - 5 BN 1.15 - NVwZ 2016, 618 Rn. 6, vom 8. Mai 2017 - 5 B 39.16 - juris Rn. 6 und vom 19. Februar 2018 - 5 B 20.17 - juris Rn. 4 m.w.N.).

10 Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht, weil sie einen bundes(verfassungs-)rechtlichen Klärungsbedarf nicht aufzeigt, sondern lediglich beanstandet, dass das brandenburgische Kindertagesstättenrecht in der Auslegung des Oberverwaltungsgerichts mit Bundes(verfassungs-)recht nicht in Einklang stehe (vgl. Beschluss des Senats vom 28. Mai 2020 - 5 BN 5.19 - juris Rn. 10 ff.).

11 2. Die Revision ist nicht wegen der von der Beschwerde gerügten Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

12 Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz liegt nur vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des übergeordneten Gerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist. Die Beschwerdebegründung muss darlegen im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, dass und inwiefern dies der Fall ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 10. September 2018 - 5 B 20.18 D - juris Rn. 3). Danach ist eine Divergenz nicht in einer den Darlegungsanforderungen genügenden Weise aufgezeigt.

13 a) Das gilt zunächst für die behauptete Abweichung von folgenden Rechtssätzen, die nach Ansicht der Beschwerde dem (zur Rückwirkung im Steuerrecht ergangenen) Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2010 - 2 BvL 14/02, 2/04 und 13/05 - (BVerfGE 127, 1) zu entnehmen seien (Beschwerdebegründung S. 27 f.):
Die unechte Rückwirkung ist "mit den grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes jedoch nur vereinbar [...], 'wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt.' "
"Die belastenden Wirkungen einer Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens bedürfen stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit."
"Der Normenadressat muss eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinnehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigende[r] öffentliche[r] Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Wäre dies anders, fehlte den Normen des Einkommenssteuerrechtes als Rahmenbedingung wirtschaftlichen Handelns ein Mindestmaß an grundrechtlich und rechtsstaatlich gebotener Verlässlichkeit [...]."

14 Davon sei das Oberverwaltungsgericht in seiner entscheidungstragenden Beurteilung abgewichen und habe dazu den abstrakten Rechtssatz aufgestellt,
"[...] dass [sich] eine solche Rückwirkung von Rechtsfolgen vorrangig an den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen insbesondere des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit messen lassen [müsse]." (Beschwerdebegründung S. 28).

15 Dieser Rechtssatz steht jedoch zu den von der Beschwerde dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts entnommenen bzw. daraus abgeleiteten Rechtssätzen nicht im Widerspruch und ist schon deshalb nicht geeignet, eine Divergenz zu begründen, weil das Oberverwaltungsgericht dem Grundsatz des Vertrauensschutzes keinen anderen Inhalt gegeben hat als das Bundesverfassungsgericht. Ob das Oberverwaltungsgericht den Rechtssatz richtig angewendet hat oder nicht, betrifft allein die inhaltliche Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung, so dass der diesbezügliche Vortrag der Beschwerde eine Divergenz nicht begründen kann.

16 b) Die Beschwerde legt auch die von ihr behauptete Divergenz zu dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. November 2017 - 2 BvR 2177/16 - nicht hinreichend dar. Sie möchte dem angefochtenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts folgenden Rechtssatz entnehmen:
"Die Kosten gem. § 16 Abs. 3 KitaGBbg sind nur im Verhältnis Gemeinde und Träger zu beachten und bei der Kalkulation der Elternbeiträge als Betriebskosten weiterhin einzubeziehen."

17 Dem stellt sie die folgende, dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. November 2017 - 2 BvR 2177/16 - (BVerfGE 147, 185 Rn. 132) entnommene Aussage gegenüber,
"[...] dass bei der Vergabe von Kinderbetreuungsplätzen, einer möglichen Missbrauchsgefahr, die sich aus der Wettbewerbssituation zwischen Gemeinden und freien Trägern ergeben kann und den möglichen Fehlentscheidungen in der Zukunft zu begegnen" sei.

18 Dabei zeigt die Beschwerde bereits nicht auf, aus welchen Gründen und auf welche Rechtsnorm zurückgehend die Aussage des Bundesverfassungsgerichts einen divergenzfähigen Rechtssatz darstellt. Dies erschließt sich nicht bereits daraus, dass das Bundesverfassungsgericht in der angeführten Passage es als "ein legitimes Anliegen der Qualitätsentwicklung bei der Vergabe von Kinderbetreuungsplätzen" bezeichnet hat, "einer möglichen Missbrauchsgefahr, die sich aus der Wettbewerbssituation zwischen Gemeinden und freien Trägern ergeben kann, und möglichen Fehlentscheidungen in der Zukunft zu begegnen". Darüber hinaus legt die Beschwerde nicht dar, inwiefern sich die (angeblichen) Rechtssätze in Anwendung derselben Rechtsnorm unvereinbar gegenüberstehen sollten und zeigt daher jedenfalls eine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht auf. Der Sache nach rügt sie vielmehr eine bloße Nichtberücksichtigung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts formulierter Aussagen durch das Oberverwaltungsgericht (Beschwerdebegründung S. 31: "Hätte das Oberverwaltungsgericht [aus] dem hier angegriffenen Urteil die divergierende Entscheidung berücksichtigt, hätte der Normenkontrollklage stattgegeben werden müssen."). Das vermag eine Divergenz nicht zu begründen.

19 3. Die Revision ist schließlich nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

20 Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 29. März 2019 - 5 BN 1.18 - juris Rn. 12 m.w.N.). Daran fehlt es hier.

21 a) Die Beschwerde genügt den Darlegungsanforderungen nicht, soweit sie eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes rügen sollte.

22 Nach dem Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist es Sache des Tatsachengerichts, sich im Wege der freien Beweiswürdigung eine Überzeugung von dem entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Die Freiheit, die der Überzeugungsgrundsatz dem Tatsachengericht zugesteht, bezieht sich auf die Bewertung der für die Feststellung des Sachverhalts maßgebenden Umstände. Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich grundsätzlich dem sachlichen Recht zuzuordnen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 1990 - 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272>; Beschluss vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 22, jeweils m.w.N.). Deshalb ist die Einhaltung der aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgenden Verpflichtung nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter eine aus seiner Sicht fehlerhafte Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als die angefochtene Entscheidung. Denn damit wird ein - angeblicher - Mangel in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung angesprochen, der die Annahme eines Verfahrensmangels im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht rechtfertigen kann. Ein einen Verfahrensfehler begründender Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann aber ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn die tatrichterliche Beweiswürdigung auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich ist oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Natur- oder Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze missachtet. Genauso liegt es, wenn ein Gericht von einem aktenwidrigen, unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2013 - 6 C 23.12 - Buchholz 442.066 § 21 TKG Nr. 4 Rn. 84; Beschlüsse vom 17. Januar 2013 - 7 B 18.12 - juris Rn. 9 sowie vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 22 m.w.N.).

23 Dies hat die Beschwerde nicht substantiiert aufgezeigt. Sie rügt vielmehr - wie auch ihre mit "Verstoß gegen § 90 SGB VIII § 17 Abs. 2 KitaGBbg untere Einkommensgruppen" und "Einbeziehung der Grundstückskosten" überschriebenen Ausführungen belegen - im Gewand einer Verfahrensrüge im Wesentlichen eine ihrer Auffassung nach unrichtige Rechtsanwendung durch das Oberverwaltungsgericht. Mit Einwänden, die sich gegen die Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts richten, lässt sich jedoch ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz nicht begründen. Soweit die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 36, 39) vorbringt, das Oberverwaltungsgericht habe gegen "Denkansätze, Erfahrungssätze und Auslegungsgrundsätze" verstoßen, geschieht dies nur formelhaft und ohne genügende Substantiierung. Die Beschwerde zeigt insoweit schon nicht auf, welche Denkgesetze oder (Erfahrungs-)Sätze die tatrichterliche Beweiswürdigung verletzt haben soll. Vielmehr greift sie auch damit der Sache nach lediglich die materiellrechtliche Auffassung des Oberverwaltungsgerichts und dessen Rechtsanwendung an. Damit kann ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht schlüssig aufgezeigt werden.

24 b) Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen, soweit die Beschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) rügt.

25 Dies begründet sie insbesondere damit, dass das Oberverwaltungsgericht keine "vollständige Akteneinsicht" gewährt habe, wodurch die Nachvollziehbarkeit der Kostenkalkulation verhindert worden sei. Abgesehen davon, dass die Beschwerde nicht substantiiert aufzeigt, inwiefern der Antragsteller die ihm verwehrte Akteneinsicht beantragt habe, ist damit eine Gehörsverletzung schon deshalb nicht aufgezeigt, weil die Beschwerde - was erforderlich gewesen wäre - nicht darlegt, dass der Antragsteller alles ihm in der konkreten Situation Mögliche und Zumutbare unternommen hätte, einen etwaigen Gehörsverstoß abzuwenden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO; vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Januar 1997 - 8 B 2.97 - Buchholz 310 § 102 VwGO Nr. 21 m.w.N. und vom 30. November 2018 - 5 B 33.18 D - juris Rn. 16), hier also z.B. weitere konkrete Aufklärungsmaßnahmen des Gerichts, konkrete Beweiserhebungen, Schriftsatzfrist (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO) oder Vertagung (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO) beantragt hätte (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 1976 - 6 C 40.76 - Buchholz 448.0 § 25 WPflG Nr. 102; Beschluss vom 29. Juni 2015 - 10 B 66.14 - juris Rn. 7).

26 Auch im Übrigen führt das Beschwerdevorbringen nicht auf einen Gehörsverstoß. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte dieser Pflicht nachgekommen sind. Die Gerichte sind allerdings nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Es ist daher verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Vorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen zu schließen, ein Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst. Vielmehr sind in der Entscheidung nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Gerichte können sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach ihrem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt. Geht ein Gericht auf einzelne Teile des Vorbringens nicht ein, dokumentiert es damit in der Regel zugleich, dass es sie für rechtlich irrelevant hält. Insbesondere vermittelt der Anspruch auf rechtliches Gehör keinen Schutz davor, dass ein Gericht den Vortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch inhaltlich zu folgen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D <5 C 10.15 D> - juris Rn. 8 f. m.w.N.). Gemessen an diesen Maßstäben zeigt die Beschwerde einen Gehörsverstoß nicht auf.

27 Insgesamt vermag der Senat auch dem sonstigen Vorbringen der Beschwerde zur angeblichen Verfahrensfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung substantiierte Hinweise auf das Vorliegen eines Verfahrensfehlers nicht zu entnehmen.

28 4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

29 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 28. März 2019 - 5 CN 1.18 - Buchholz 436.511 § 90 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 10 Rn. 22 m.w.N.).