Verfahrensinformation



Das zusammen mit den Verfahren BVerwG 1 C 9.19 u.a. zu verhandelnde Verfahren betrifft die umgekehrte Konstellation des Kindernachzugs eines während des Asylverfahrens des Vaters volljährig gewordenen Kindes zu seinem in Deutschland als Flüchtling anerkannten Vater.


Die im Januar 1999 geborene Klägerin ist syrische Staatsangehörige und lebt derzeit in der Türkei. Dem Vater der Klägerin wurde auf seinen im April 2016 gestellten Asylantrag mit Bescheid vom 24. Juli 2017 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Im September 2017 erhielt er eine für drei Jahre gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Den im August 2017 gestellten Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Visums zum Familiennachzug lehnte das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Istanbul ab.


Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zur Visumerteilung verpflichtet. Die Klägerin sei als minderjähriges Kind i.S.v. § 32 Abs. 1 AufenthG nachzugsberechtigt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Minderjährigkeit sei bei unionsrechtskonformer Auslegung unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 12. April 2018 - C-550/16 - der Zeitpunkt der Asylantragstellung des zusammenführenden Elternteils. Die Erwägungen des EuGH seien auch auf die hier zu entscheidende Fallgestaltung übertragbar. Dagegen richtet sich die Sprungrevision der Beklagten.


Pressemitteilung Nr. 18/2020 vom 23.04.2020

EuGH soll Fragen zum Nachzug volljährig gewordener Kinder zu anerkannten Flüchtlingen klären

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Klärung der Auslegung von Regelungen der Familienzusammenführungsrichtlinie (RL 2003/86/EG) beim Kindernachzug zu anerkannten Flüchtlingen angerufen.


Die im Januar 1999 geborene Klägerin ist syrische Staatsangehörige und begehrt die Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zu ihrem Vater. Dem Vater wurde auf seinen im April 2016 gestellten Asylantrag im Juli 2017 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Im September 2017 erhielt er eine für drei Jahre gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Im August 2017 beantragte die Klägerin beim Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Istanbul die Erteilung eines nationalen Visums zum Familiennachzug. Das Generalkonsulat lehnte die Erteilung im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für einen Kindernachzug lägen nicht vor, weil der Vater der Klägerin bis zum Eintritt von deren Volljährigkeit noch nicht über einen nachzugsfähigen Aufenthaltstitel verfügt habe. Das Verwaltungsgericht hat die beklagte Bundesrepublik zur Erteilung des begehrten Visums verpflichtet. Die Klägerin sei als minderjähriges Kind i.S.v. § 32 Abs. 1 AufenthG nachzugsberechtigt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Minderjährigkeit sei bei unionsrechtskonformer Auslegung der Zeitpunkt der Asylantragstellung des zusammenführenden Elternteils.


Auf die Sprungrevision der Beklagten hat der 1. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH mehrere Fragen betreffend die Auslegung der Familienzusammenführungsrichtlinie zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Voraussetzungen für einen Kindernachzug nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG liegen nicht vor, weil die Klägerin bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnis an ihren Vater und Stellung ihres Antrags auf Familiennachzug nicht mehr minderjährig war, was nach gefestigter Rechtsprechung erforderlich ist; diese Regelung lässt eine Auslegung nicht zu, nach der für die Minderjährigkeit auf den Zeitpunkt des Asylantrages des Elternteils abzustellen ist. Ein Anspruch in unmittelbarer Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/86/EG kommt nur in Betracht, wenn beim Kindernachzug zu Flüchtlingen hinsichtlich der Minderjährigkeit des nachzugswilligen Kindes maßgeblich der Zeitpunkt der Asylantragstellung des Flüchtlings ist. So hat es der EuGH in seinem Urteil vom 12. April 2018 - C-550/16 - für den umgekehrten Fall des Elternnachzuges zu einem minderjährigen unbegleiteten Flüchtling entschieden. Der Senat sieht Klärungsbedarf, ob diese zu anderen Normen der RL 2003/86/EG ergangene Rechtsprechung auf den Kindernachzug zu einem anerkannten Flüchtling übertragbar und es geboten ist, auf diesen frühen Zeitpunkt abzustellen. Zudem stellt sich die Frage, welche Anforderungen an das Bestehen von tatsächlichen familiären Bindungen i.S.v. Art. 16 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/86/EG zwischen dem inzwischen volljährig gewordenen Kind und dem Flüchtling zu stellen sind.


Zu dem umgekehrten Fall des Elternnachzuges zu einem volljährig gewordenen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschlüssen vom heutigen Tag (BVerwG 1 C 9.19 und 1 C 10.19) ebenfalls Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet.


Fußnote:

1. Ist Art. 4 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen, dass ein Kind des Zusammenführenden, der als Flüchtling anerkannt worden ist, auch dann minderjährig im Sinne dieser Vorschrift ist, wenn es im Zeitpunkt der Asylantragstellung des Zusammenführenden minderjährig war, aber schon vor dessen Anerkennung als Flüchtling und Stellung des Antrags auf Familienzusammenführung volljährig geworden ist?


2. Bei Bejahung der Frage 1:


Welche Anforderungen sind an die tatsächlichen familiären Bindungen i.S.d. Art. 16 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/86/EG in einem solchen Fall zu stellen?


a) Reicht dafür das rechtliche Eltern-Kind-Verhältnis aus oder ist auch ein tatsächliches Familienleben erforderlich?


b) Falls es auch eines tatsächlichen Familienlebens bedarf: Welche Intensität ist dafür erforderlich? Genügen dazu etwa gelegentliche oder regelmäßige Besuchskontakte, bedarf es des Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt oder ist darüber hinaus eine Beistandsgemeinschaft erforderlich, deren Mitglieder aufeinander angewiesen sind?


c) Erfordert der Nachzug des zwischenzeitlich volljährig gewordenen Kindes, das sich noch im Drittstaat befindet und einen Antrag auf Familienzusammenführung zu einem als Flüchtling anerkannten Elternteil gestellt hat, die Prognose, dass das Familienleben nach der Einreise in der gemäß Frage 2b) geforderten Weise im Mitgliedstaat (wieder) aufgenommen wird?


BVerwG 1 C 16.19 - Beschluss vom 23. April 2020

Vorinstanz:

VG Berlin, 12 K 27.18 V - Urteil vom 12. März 2019 -


Beschluss vom 23.04.2020 -
BVerwG 1 C 16.19ECLI:DE:BVerwG:2020:230420B1C16.19.0

Kindernachzug zum anerkannten Flüchtling

Leitsatz:

Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung von Bestimmungen der Familienzusammenführungsrichtlinie (RL 2003/86/EG), mit dem insbesondere geklärt werden soll, auf welchen Zeitpunkt für die Beurteilung der Minderjährigkeit abzustellen ist, wenn ein Kind eines anerkannten Flüchtlings sich auf den Nachzugstatbestand des Art. 4 Abs. 1 Buchst. c RL 2003/86/EG beruft.

  • Rechtsquellen
    AufenthG § 6 Abs. 3, § 32 Abs. 1, § 34 Abs. 2, § 36 Abs. 2
    RL 2003/86/EG Art. 2 Buchst. d und f, Art. 3 Abs. 2 Buchst. a, Art. 4 Abs. 1 und 6, Art. 5 Abs. 5, Art. 10 Abs. 3 Buchst. a, Art. 12 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 Buchst. b, Erwägungsgrund 8

  • VG Berlin - 12.03.2019 - AZ: VG 12 K 27.18 V

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.04.2020 - 1 C 16.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:230420B1C16.19.0]

Beschluss

BVerwG 1 C 16.19

  • VG Berlin - 12.03.2019 - AZ: VG 12 K 27.18 V

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. April 2020
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Fleuß,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rudolph und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wittkopp
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
  2. Es wird gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu folgenden Fragen eingeholt:
  3. 1. Ist Art. 4 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen, dass ein Kind des Zusammenführenden, der als Flüchtling anerkannt worden ist, auch dann minderjährig im Sinne dieser Vorschrift ist, wenn es im Zeitpunkt der Asylantragstellung des Zusammenführenden minderjährig war, aber schon vor dessen Anerkennung als Flüchtling und Stellung des Antrags auf Familienzusammenführung volljährig geworden ist?
  4. 2. Bei Bejahung der Frage 1:
  5. Welche Anforderungen sind an die tatsächlichen familiären Bindungen im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/86/EG in einem solchen Fall zu stellen?
  6. a) Reicht dafür das rechtliche Eltern-Kind-Verhältnis aus oder ist auch ein tatsächliches Familienleben erforderlich?
  7. b) Falls es auch eines tatsächlichen Familienlebens bedarf: Welche Intensität ist dafür erforderlich? Genügen dazu etwa gelegentliche oder regelmäßige Besuchskontakte, bedarf es des Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt oder ist darüber hinaus eine Beistandsgemeinschaft erforderlich, deren Mitglieder aufeinander angewiesen sind?
  8. c) Erfordert der Nachzug des zwischenzeitlich volljährig gewordenen Kindes, das sich noch im Drittstaat befindet und einen Antrag auf Familienzusammenführung zu einem als Flüchtling anerkannten Elternteil gestellt hat, die Prognose, dass das Familienleben nach der Einreise in der gemäß Frage 2 b) geforderten Weise im Mitgliedstaat (wieder) aufgenommen wird?

Gründe

I

1 Die am [...] geborene Klägerin ist syrische Staatsangehörige und lebt seit mehreren Jahren in der Türkei. Sie begehrt die Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zu ihrem als Flüchtling anerkannten Vater.

2 Die Mutter der Klägerin ist verstorben. Ihr Vater reiste 2015 nach Deutschland ein und stellte im April 2016 förmlich Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erkannte dem Vater auf dessen erfolgreiche Klage im Juli 2017 die Flüchtlingseigenschaft zu. Der Beigeladene erteilte ihm im September 2017 eine für drei Jahre gültige Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG.

3 Am 10. August 2017 beantragte die - inzwischen volljährige - Klägerin bei dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in I. (Generalkonsulat) die Erteilung eines nationalen Visums zum Familiennachzug zu ihrem im Bundesgebiet lebenden Vater. Das Generalkonsulat lehnte den Antrag zuletzt mit Remonstrationsbescheid vom 11. Dezember 2017 ab. Die Voraussetzungen des § 32 AufenthG seien nicht erfüllt, weil die Klägerin volljährig sei und ihr Vater vor dem Eintreten ihrer Volljährigkeit noch nicht über die Aufenthaltserlaubnis als Flüchtling verfügt habe. Ein Familiennachzug volljähriger Kinder nach der Ermessensvorschrift des § 36 Abs. 2 AufenthG setzte eine außergewöhnliche Härte voraus. Eine solche liege nicht vor, weil nicht erkennbar sei, dass die Klägerin in der Türkei kein eigenständiges Leben führen könne.

4 Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Mit Urteil vom 12. März 2019 hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, der Klägerin ein Visum zum Zwecke des Familiennachzugs zu erteilen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung sei die Klägerin als minderjährig im Sinne des § 32 Abs. 1 AufenthG anzusehen. Maßgeblich für die Beurteilung der Minderjährigkeit sei nicht der Zeitpunkt der Beantragung des Visums zum Familiennachzug, sondern der Zeitpunkt der Asylantragstellung ihres Vaters. Dies folge aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (nachfolgend: Gerichtshof) vom 12. April 2018 - C-550/16, A und S - betreffend den Elternnachzug zum unbegleiteten minderjährigen Flüchtling. Diese sei auf die hier gegebene umgekehrte Konstellation übertragbar. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Familienzusammenführungsrichtlinie (RL 2003/86/EG) sei im Lichte dieser Entscheidung dahin auszulegen, dass ein Kind des Zusammenführenden als minderjährig anzusehen sei, wenn es bei der Stellung des Asylantrags durch den Zusammenführenden minderjährig war. Auch im Falle des Kindernachzugs sei die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts für das Vorliegen der Minderjährigkeit nicht den Mitgliedstaaten überlassen, sondern sei dieser aus einer autonomen Auslegung der Richtlinie zu gewinnen. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei ein deklaratorischer Akt. Ebenso wie in dem zu Art. 10 Abs. 3 Buchst. a RL 2003/86/EG entschiedenen Fall würde die praktische Wirksamkeit des Anspruchs auf Familienzusammenführung in Frage gestellt und wären die Grundsätze der Rechtssicherheit und Gleichbehandlung verletzt, wenn es bei Art. 4 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/86/EG für die Beurteilung der Minderjährigkeit auf den Zeitpunkt der Stellung des Visumantrags ankäme. Die Klägerin habe ihren Visumantrag innerhalb der vom Gerichtshof geforderten Frist von drei Monaten ab Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft des Stammberechtigten gestellt.

5 Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine fehlerhafte Auslegung der Voraussetzung der Minderjährigkeit im Sinne des § 32 Abs. 1 AufenthG. Nach nationaler Rechtsprechung sei dafür auf den Zeitpunkt der Beantragung des Visums zum Zwecke der Familienzusammenführung abzustellen. Aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 12. April 2018 könne nichts anderes hergeleitet werden, weil dieses einen anderen Sachverhalt und eine andere Rechtsgrundlage der Richtlinie betreffe. Die vom Gerichtshof angeführten Überlegungen zur Auslegung von Art. 2 Buchst. f RL 2003/86/EG beanspruchten für die Auslegung des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/86/EG keine Geltung, zumal diese Vorschrift ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweise.

II

6 Der Rechtsstreit ist auszusetzen. Gemäß Art. 267 AEUV ist eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den im Beschlusstenor formulierten Fragen einzuholen.

7 1. Die Voraussetzungen für das Recht auf Familienzusammenführung werden nach deutschem Recht im Rahmen eines von dem Familienangehörigen bei der Auslandsvertretung des Drittstaats, in dem er sich aufhält, zu stellenden Antrags auf Erteilung eines nationalen Visums zum Zwecke der Familienzusammenführung überprüft. Den hiernach maßgeblichen rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits bilden die folgenden Vorschriften des nationalen Aufenthaltsgesetzes (AufenthG):
§ 6 Visum
(...)
(3) Für längerfristige Aufenthalte ist ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird. Die Erteilung richtet sich nach den für die Aufenthaltserlaubnis, die Blaue Karte EU, die ICT-Karte, die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU geltenden Vorschriften. (...)
§ 32 Kindernachzug
(1) Dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn beide Eltern oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil einen der folgenden Aufenthaltstitel besitzt:
1. (...)
2. Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative
(...)
§ 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen
(1) (...)
(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. (...)

8 2. Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich. Die Klage kann nur Erfolg haben, wenn der Klägerin der geltend gemachte Anspruch in unmittelbarer Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L 251 S. 12) - RL 2003/86/EG - zusteht. Das hängt von der Beantwortung der Vorlagefragen ab.

9 2.1 Auf der Grundlage des nationalen Rechts hat die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zu ihrem Vater. Ein solcher Rechtsanspruch könnte sich nur aus § 32 AufenthG ergeben, der den Nachzug minderjähriger Kinder regelt. Volljährigen Kindern kann der Nachzug nur bei Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte im Ermessenswege gewährt werden (§ 36 Abs. 2 AufenthG); diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Klägerin bisher tatrichterlich nicht festgestellt. § 32 AufenthG ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahin auszulegen, dass das Kind zwar nicht mehr bei Erteilung des Visums, wohl aber in dem Zeitpunkt, in dem es den Antrag auf Erteilung eines Visums zum Zwecke der Familienzusammenführung stellt, noch minderjährig sein muss. Zudem muss es auch in dem Zeitpunkt minderjährig sein, in dem dem Elternteil die jeweils zum Nachzug berechtigende Aufenthaltserlaubnis (hier: Aufenthaltserlaubnis als anerkannter Flüchtling, § 32 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 AufenthG) erteilt worden ist. Dass für die Altersgrenze - abweichend vom allgemein für Klagen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung - auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt wird, soll verhindern, dass der Nachzugsanspruch des Kindes wegen der Verfahrensdauer allein durch Zeitablauf erlischt. Dies ändert nach der Rechtsprechung des Senats aber nichts daran, dass alle Voraussetzungen für den Kindernachzug einmal zeitgleich vorliegen müssen. Das Kind kann deshalb hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen Sachverhaltsänderungen zu seinen Gunsten nach Vollendung des 18. Lebensjahres nicht mehr geltend machen, sondern muss diese (auch) bereits vor Eintritt der Volljährigkeit erfüllen. Andernfalls würde durch eine länger dauernde Rechtsverfolgung - über das Ziel eines effektiven Rechtsschutzes hinaus - die vom Gesetz vorgesehene Altersgrenze umgangen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 18. November 1997 - 1 C 22.96 - Buchholz 402.240 § 20 AuslG 1990 Nr. 4 S. 18 ff. und vom 26. August 2008 - 1 C 32.07 - BVerwGE 131, 370 Rn. 17).

10 Eine Auslegung des § 32 Abs. 1 AufenthG dahin, dass sich die Minderjährigkeit des Kindes anhand des Zeitpunkts der Asylantragstellung des zusammenführenden Elternteils beurteilt, wäre in Anwendung der allgemein anerkannten Auslegungsregeln selbst dann nicht möglich, wenn Art. 4 Abs. 1 RL 2003/86/EG ein Abstellen auf diesen Zeitpunkt gebieten sollte. Ihr stünde entgegen, dass § 32 Abs. 1 AufenthG nicht nur den Kindernachzug zu anerkannten Flüchtlingen, sondern auch den Kindernachzug zu allen anderen in Deutschland aufenthaltsberechtigten Ausländern regelt; ausgeklammert ist allein der Kindernachzug zu subsidiär Schutzberechtigten. Da die Voraussetzung "minderjähriges lediges Kind" für alle nachfolgend unter Nr. 1 bis 7 aufgezählten Varianten eines Kindernachzugs gleichermaßen gilt, kann der für die Minderjährigkeit maßgebliche Zeitpunkt nach geltendem nationalen Recht nur einheitlich bestimmt werden. Als für sämtliche Fallgruppen sachgerechter einheitlicher Zeitpunkt kommt aber nur der Zeitpunkt der Beantragung des Visums zur Familienzusammenführung in Betracht. Es widerspräche nicht nur der gesetzlichen Systematik, sondern auch dem Willen des Gesetzgebers, beim Kindernachzug zu Flüchtlingen anders als in allen anderen Fällen einen Zeitpunkt zugrunde zu legen, der noch vor Ingangsetzung des durch § 6 Abs. 3 i.V.m. § 32 Abs. 1 AufenthG geregelten Verwaltungsverfahrens der Familienzusammenführung liegt. Sollte diese Rechtslage unionsrechtswidrig sein, bedürfte es zur Behebung dieses Mangels mithin einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers. Das gilt vor allem auch deshalb, weil dieser nicht verpflichtet wäre, die - gemessen an Art. 15 Abs. 1 RL 2003/86/EG - überschießende Umsetzung des deutschen Rechts, wonach nachgezogene Kinder unabhängig von ihrer Aufenthaltsdauer schon mit Volljährigkeit ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erwerben (vgl. § 34 Abs. 2 Satz 1 AufenthG), auch auf solche Kinder zu erstrecken, die bereits bei Stellung des Antrags auf Familiennachzug volljährig waren.

11 2.2 Falls Vorlagefrage 1 zu bejahen ist, könnte der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Visums zum Zwecke der Familienzusammenführung aber in unmittelbarer Anwendung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c RL 2003/86/EG zustehen. Die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung der Richtlinienvorschrift lägen vor (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 26. Februar 1986 - Rs. 152/84 [ECLI:​EU:​C:​1986:​84], Marshall - Rn. 46 f.): Es handelt sich um eine inhaltlich unbedingte und hinreichend genaue Regelung, die ein Recht des Einzelnen begründet und die der deutsche Gesetzgeber innerhalb der am 3. Oktober 2005 (Art. 20 Abs. 1 RL 2003/86/EG) abgelaufenen Umsetzungsfrist nicht hinreichend in das nationale Recht umgesetzt hätte. Art. 4 Abs. 1 RL 2003/86/EG gibt den Mitgliedstaaten präzise positive Verpflichtungen auf, denen klar definierte subjektive Rechte entsprechen, da er den Mitgliedstaaten in den in der Richtlinie festgelegten Fällen vorschreibt, den Nachzug bestimmter Mitglieder der Familie des Zusammenführenden zu genehmigen, ohne dass sie dabei ihren Ermessensspielraum ausüben könnten (EuGH, Urteil vom 27. Juni 2006 - C-540/03 [ECLI:​EU:​C:​2006:​429], Parlament/Rat - Rn. 60). Die den Mitgliedstaaten in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 3 und Abs. 6 RL 2003/86/EG eingeräumten Ermessensspielräume setzen voraus, dass die dort für zulässig erklärten abweichenden Regelungen bereits im Zeitpunkt der Umsetzung der Richtlinie im nationalen Recht vorhanden waren (sog. Stand-Still-Klauseln), was in Deutschland nicht der Fall ist. Zwar sollte Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 3 RL 2003/86/EG es gerade Deutschland ermöglichen, die hier vorhandenen Beschränkungen des Nachzugs älterer Kinder beizubehalten (vgl. Hailbronner/Arévalo, in: Hailbronner/Thym, EU Immigration and Asylum Law, Second Edition 2016, Part C II Art. 4 Rn. 17 f.). Derartige Integrationsanforderungen waren aber schon im Zeitpunkt des Ablaufs der Umsetzungsfrist der Richtlinie auch im deutschen Recht nur für den Nachzug älterer Kinder zu Drittstaatsangehörigen, die keine Flüchtlinge sind, vorgesehen; für den Nachzug zu anerkannten Flüchtlingen galten und gelten sie nicht (vgl. bereits § 32 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG i.d.F. vom 30. Juli 2004 <BGBl. I S. 1950>).

12 Von der Beantwortung der Vorlagefrage 2 hängt ab, welche Aufklärungsmaßnahmen das Tatsachengericht gegebenenfalls noch zu ergreifen hat, um festzustellen, dass der Familiennachzug auf die (Wieder-)Aufnahme eines tatsächlichen familiären Lebens zielt.

13 Die weiteren, in den Vorlagefragen nicht erwähnten Voraussetzungen für eine Familienzusammenführung unmittelbar auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 Buchst. c RL 2003/86/EG lägen vor. Von dem Nachweis, dass der Zusammenführende die in Art. 7 RL 2003/86/EG genannten Bedingungen erfüllt, ist gemäß Art. 12 Abs. 1 RL 2003/86/EG zwingend abzusehen, weil der Antrag auf Familienzusammenführung innerhalb einer Frist von drei Monaten nach der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus gestellt wurde und nach den Feststellungen des Tatsachengerichts eine Familienzusammenführung in einem Drittstaat, zu dem eine besondere Bindung der Klägerin oder ihres Vaters besteht, nicht möglich ist. Falls die in Bezug auf den Elternnachzug zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen mit Urteil vom 12. April 2018 entwickelten Erwägungen in Beantwortung der Vorlagefrage 1 sinngemäß auf die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 RL 2003/86/EG zu übertragen sind, so dass ein nachzugswilliges Kind, das nach Asylantragstellung, aber vor der Anerkennung des Zusammenführenden als Flüchtling volljährig geworden ist, noch als minderjähriges Kind im Sinne dieser Regelung anzusehen wäre, sofern es den Antrag auf Familienzusammenführung innerhalb von drei Monaten nach Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Zusammenführenden stellt (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 12. April 2018 - C-550/16 [ECLI:​EU:​C:​2018:​248], A und S - Rn. 61), wäre diese Antragsfrist hier ebenfalls eingehalten.

14 3. Die Vorlagefragen bedürfen der Klärung durch den Gerichtshof.

15 3.1 Mit Vorlagefrage 1 soll geklärt werden, auf welchen Zeitpunkt für die Voraussetzung der Minderjährigkeit des Kindes (und des Sorgerechts) abzustellen ist, wenn der Zusammenführende ein anerkannter Flüchtling ist. Das vorlegende Gericht möchte insbesondere wissen, ob bzw. inwieweit die Erwägungen des Gerichtshofs zu der umgekehrten Fallkonstellation des Elternnachzugs zu einem unbegleiteten minderjährigen Flüchtling (vgl. EuGH, Urteil vom 12. April 2018 - C-550/16 -) auf die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 RL 2003/86/EG übertragbar sind und es deshalb gebieten, auch in diesem Zusammenhang von einem "minderjährigen Kind" auszugehen, wenn dieses bei der Familienzusammenführung zu einem anerkannten Flüchtling im Zeitpunkt der Beantragung internationalen Schutzes durch den Flüchtling noch minderjährig war, aber bereits im Verlauf von dessen Asylverfahren volljährig geworden ist. Diese Frage wird in den beim Gerichtshof anhängigen Vorabentscheidungsverfahren (verb. Rechtssachen C-133/19, C-136/19 und C-137/19; Schlussanträge des Generalanwalts Hogan vom 19. März 2020 [ECLI:​EU:​C:​2020:​222]) des belgischen Conseil d'État nicht notwendigerweise geklärt werden, weil sie dort in dieser Form nicht entscheidungserheblich war. Denn dort waren alle Antragsteller im Zeitpunkt des Antrags auf Familienzusammenführung noch minderjährig und ist deshalb nur zu entscheiden, ob das belgische Recht mit der Richtlinie vereinbar ist, soweit die Minderjährigkeit danach - anders als nach deutschem Recht - sogar noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Familienzusammenführung fortbestehen muss.

16 a) Vorab stellt sich die Frage, ob sich der Zeitpunkt, bis zu dem die Minderjährigkeit vorliegen muss, überhaupt nach einheitlichen unionsrechtlichen Kriterien bestimmt oder ob dies dem nationalen Recht überlassen ist. Die Beklagte hat vorgetragen, die Richtlinie gebe den Mitgliedstaaten in Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 2 RL 2003/86/EG für den Nachzug minderjähriger Kinder keine einheitliche Altersgrenze vor. Der Unionsgesetzgeber habe mit dem Verweis auf das Volljährigkeitsalter nach dem jeweiligen nationalen Recht eine potentielle Ungleichbehandlung zweier Antragsteller in Kauf genommen. Sei die Altersgrenze schon nicht einheitlich vorgegeben, seien die Mitgliedstaaten erst recht berechtigt, den für ihre Einhaltung maßgeblichen Zeitpunkt selbst zu bestimmen. Die Beklagte hat sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juli 2014 - C-338/13 [ECLI:​EU:​C:​2014:​2092], Noorzia - berufen.

17 Das vorlegende Gericht hat Zweifel, ob diese Beurteilung zutrifft. Der Gerichtshof hat betont, dass Art. 4 Abs. 1 RL 2003/86/EG den Mitgliedstaaten präzise positive Verpflichtungen aufgibt, denen klar definierte subjektive Rechte entsprechen, da er den Mitgliedstaaten in den in der Richtlinie festgelegten Fällen vorschreibt, den Nachzug bestimmter Mitglieder der Familie des Zusammenführenden zu genehmigen, ohne dass sie dabei ihren Ermessensspielraum ausüben könnten (EuGH, Urteil vom 27. Juni 2006 - C-540/03 - Rn. 60). Die Mitgliedstaaten können über die Festlegung der Altersgrenze schon nicht frei entscheiden, weil diese mit dem Volljährigkeitsalter nach allgemeinem (nationalen) Zivilrecht übereinstimmen muss, das derzeit in allen Mitgliedstaaten bei 18 Jahren liegt (vgl. Hailbronner/Arévalo, in: Hailbronner/Thym, EU Immigration and Asylum Law, Second Edition 2016, Part C II Art. 4 Rn. 7). Der mitgliedstaatliche Gestaltungsspielraum ist auf die Festlegung des allgemeinen Volljährigkeitsalters beschränkt. Er dürfte zudem unter dem Vorbehalt stehen, dass die Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigt wird und die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit - gerade auch bezogen auf verschiedene Antragsteller in demselben Mitgliedstaat, die sich in derselben Situation befinden - eingehalten sind (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - C-338/13 - Rn. 14 ff., 17 f.). Die Schlussanträge des Generalanwalts Hogan vom 19. März 2020 in den verbundenen Rechtssachen C-133/19, C-136/19 und C-137/19 (Rn. 38 ff.) beruhen ebenfalls auf der Annahme, dass die Bestimmung des für die Minderjährigkeit maßgeblichen Zeitpunkts bei der Anwendung von Art. 4 Abs. 1 RL 2003/86/EG nicht im freien Ermessen der Mitgliedstaaten liegt. Eine allgemeine Befugnis zur Festlegung von Altersgrenzen für den Familiennachzug besteht damit jedenfalls nicht.

18 b) Die im Urteil des Gerichtshofs vom 12. April 2018 - C-550/16 - zu dem für die Minderjährigkeit maßgeblichen Zeitpunkt getroffenen Aussagen sind für das vorliegende Verfahren nicht unmittelbar bindend. Jene Entscheidung betraf den Elternnachzug zu einem unbegleiteten minderjährigen Flüchtling gemäß Art. 2 Buchst. f i.V.m. Art. 10 Abs. 3 Buchst. a RL 2003/86/EG. Hier geht es hingegen um die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 RL 2003/86/EG, der den Kindernachzug zu Drittstaatsangehörigen regelt, die im Mitgliedstaat aufenthaltsberechtigt sind.

19 Das vorlegende Gericht ersucht um Klärung, ob die Erwägungen aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 12. April 2018 - C-550/16 - dergestalt auf die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 RL 2003/86/EG zu übertragen sind, dass der Familiennachzug eines Kindes zu einem anerkannten Flüchtling nach dieser Vorschrift zu bewilligen ist, wenn das Kind im Zeitpunkt der Asylantragstellung des Flüchtlings minderjährig war, aber schon vor dessen Anerkennung als Flüchtling - und damit auch vor der Stellung des Antrags auf Einreise und Aufenthalt zum Zwecke der Familienzusammenführung - bereits volljährig geworden ist.

20 aa) Gegen eine solche Übertragung spricht, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und c RL 2003/86/EG ganz allgemein den Kindernachzug zu aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen regeln. Der Zusammenführende ist damit nicht zwingend ein Flüchtling. Als einheitlicher, für alle Fallgestaltungen denkbarer Zeitpunkt für die Beurteilung der Minderjährigkeit kommt aber nur der Zeitpunkt der Beantragung der Familienzusammenführung in Betracht. Dafür, dass die Richtlinie bei Altersgrenzen diesen Zeitpunkt als maßgeblich ansieht, könnte auch die in Art. 4 Abs. 6 RL 2003/86/EG getroffene Sonderregelung sprechen. Dass (nur) für den Familiennachzug zu Flüchtlingen ein abweichender, wesentlich früherer Zeitpunkt zugrunde zu legen sein sollte, lässt sich der Richtlinie nicht ausdrücklich entnehmen. Diese Auffassung vertritt wohl auch Generalanwalt Hogan in seinen Schlussanträgen vom 19. März 2020 in den verbundenen Rechtssachen C-133/19, C-136/19 und C-137/19 (Rn. 41 a.E.).

21 Der Senat hat die Überlegung des Gerichtshofs, dass der Anspruch auf Kindernachzug nicht allein durch die Dauer des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens untergehen darf, in seiner Rechtsprechung zu § 32 AufenthG ebenfalls berücksichtigt. Er hat der Richtlinie 2003/86/EG (ebenso wie der nationalen Umsetzungsvorschrift) aber kein Erfordernis entnehmen können, hierbei zusätzlich zu der Dauer des in der Richtlinie allein geregelten Verfahrens der Familienzusammenführung die Dauer weiterer vorgelagerter Verfahren (hier: Asylverfahren des Zusammenführenden und anschließendes Verfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als Flüchtling) einzubeziehen. Er hat dabei auch zugrunde gelegt, dass die Richtlinie gemäß ihrem Art. 3 Abs. 2 Buchst. a jedenfalls vor der Anerkennung des Zusammenführenden als Flüchtling noch keine Anwendung findet. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs steht dies einer Vorverlagerung des für die Minderjährigkeit maßgeblichen Zeitpunkts auf den der Asylantragstellung des Zusammenführenden allerdings nicht entgegen (vgl. EuGH, Urteil vom 12. April 2018 - C-550/16 - Rn. 50 ff.).

22 Der Gerichtshof hat zudem in seinem Urteil vom 12. April 2018 - C-550/16 - an mehreren Stellen die besondere Schutzbedürftigkeit unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge hervorgehoben (Rn. 33 f., 55 und 58). Sollte dies für die Entscheidung mit maßgeblich gewesen sein, wären die dortigen Erwägungen auf den umgekehrten Fall des Kindernachzugs nicht übertragbar. Denn der Zusammenführende, dem der Anspruch auf Familienzusammenführung nach der Richtlinie zusteht, ist hier ein volljähriger Flüchtling.

23 bb) Allerdings stützt sich das erwähnte Urteil auch auf Überlegungen, die auf den Kindernachzug zu einem volljährigen Flüchtling übertragen werden könnten. Der Gerichtshof hat betont, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach dem 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 2011/95/EU ein deklaratorischer Akt ist. Ein Drittstaatsangehöriger, dem die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, sei deshalb rückwirkend ab Antragstellung als Flüchtling zu behandeln, und an diese (materielle) Flüchtlingseigenschaft knüpfe das Recht auf Familienzusammenführung an (EuGH, Urteil vom 12. April 2018 - C-550/16 - Rn. 53 ff., 62 a.E.).

24 Wäre hiervon auch beim Kindernachzug gemäß Art. 4 Abs. 1 RL 2003/86/EG auszugehen, soweit dieser zu einem Flüchtling erfolgt, könnte die praktische Wirksamkeit dieses Nachzugsanspruchs beeinträchtigt sein, wenn das Recht auf Familienzusammenführung nach dieser Bestimmung davon abhinge, zu welchem Zeitpunkt die zuständige nationale Behörde förmlich über die Anerkennung des Betroffenen als Flüchtling entscheidet, und damit von der mehr oder weniger schnellen Bearbeitung des Antrags auf internationalen Schutz durch diese Behörde (vgl. entsprechend EuGH, Urteil vom 12. April 2018 - C-550/16 - Rn. 55). Der Gerichtshof hat die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit als beeinträchtigt betrachtet, wenn zwei unbegleitete Minderjährige gleichen Alters, die ihren Antrag auf internationalen Schutz zum gleichen Zeitpunkt gestellt haben, hinsichtlich des Rechts auf Familienzusammenführung je nach der Bearbeitungsdauer dieser Anträge unterschiedlich behandelt werden können (Rn. 56), und wenn es für den Berechtigten unvorhersehbar wäre, ob er das Recht auf Familienzusammenführung mit seinen Eltern in Anspruch nehmen kann (Rn. 59). Diese Erwägungen ließen sich sinngemäß auf den umgekehrten Fall des Kindernachzugs zu einem volljährigen Flüchtling übertragen. Zu übertragen wäre dann wohl auch die vom Gerichtshof entwickelte Verpflichtung, den Antrag auf Familienzusammenführung innerhalb einer angemessenen Frist von grundsätzlich drei Monaten ab der Anerkennung des Zusammenführenden als Flüchtling zu stellen (Rn. 61).

25 Ob der Übertragbarkeit der vorstehenden Überlegungen entgegensteht, dass der besondere Schutz unbegleiteter Minderjähriger für das Urteil im Verfahren C-550/16 entscheidend war, ist für das vorlegende Gericht unklar. Möglich ist auch, dass der Gerichtshof diesen Aspekt nur verstärkend herangezogen hat (siehe insbesondere Rn. 55, 58 des Urteils vom 12. April 2018), tragender Grund für die Entscheidung aber bereits allein die Vorzugsbehandlung war, die die Richtlinie 2003/86/EG nach ihrem 8. Erwägungsgrund allen Flüchtlingen zuteilwerden lässt (Rn. 32 des Urteils). Diese hat sich auch für den Kindernachzug zu volljährigen Flüchtlingen in der Richtlinie niedergeschlagen, weil nach Art. 12 Abs. 1 RL 2003/86/EG der Flüchtling seine Kernfamilie nachholen darf, ohne dass die in Art. 7 RL 2003/86/EG genannten Bedingungen erfüllt sein müssen. Zudem ist auch an dieser Fallgestaltung - jedenfalls mittelbar - ein im Zeitpunkt der Asylantragstellung Minderjähriger beteiligt, nämlich derjenige, für den der Nachzug begehrt wird. Art. 5 Abs. 5 RL 2003/86/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, bei Anträgen auf Familienzusammenführung dafür Sorge zu tragen, dass vor allem das Wohl des minderjährigen Kindes gebührend berücksichtigt wird. Diese - auch in Art. 24 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte - Verpflichtung ist nicht auf den Fall beschränkt, dass es sich bei dem Minderjährigen um den Zusammenführenden handelt. Allerdings beantworten diese Regelungen für sich genommen nicht die Frage, ob ein Kind, das bereits im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Einreise und Aufenthalt zum Zwecke der Familienzusammenführung volljährig war, überhaupt noch als minderjährig behandelt werden muss.

26 3.2 Vorlagefrage 2 dient gegebenenfalls der Klärung, welche Anforderungen an die tatsächlichen familiären Bindungen im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/86/EG und deren Überprüfung in einem solchen Fall zu stellen sind.

27 Der Anspruch auf Familienzusammenführung ist nach seinem Sinn und Zweck auf die Herstellung eines tatsächlichen Familienlebens gerichtet. Dies bestätigt die Entstehungsgeschichte der Richtlinie (vgl. etwa die Begründung des ursprünglichen Richtlinienvorschlags der Kommission vom 1. Dezember 1999 <KOM(1999) 638 endgültig> zu Art. 11 Nr. 2, Art. 13 Nr. 1). Es folgt auch aus dem 2. und 6. Erwägungsgrund sowie einigen ausdrücklichen Bestimmungen der Richtlinie: So ist die Familienzusammenführung gemäß Art. 2 Buchst. d RL 2003/86/EG auf das Ziel gerichtet, die Familiengemeinschaft aufrechtzuerhalten. Art. 5 Abs. 2 und Art. 11 Abs. 2 RL 2003/86/EG regeln die Anforderungen an den Nachweis des Bestehens familiärer Bindungen. Am deutlichsten ergibt sich das Erfordernis von auch tatsächlichen familiären Bindungen aus Art. 16 Abs. 1 Buchst. b RL 2003/86/EG. Art. 16 RL 2003/86/EG enthält eine abschließende Aufzählung aller Gründe, aus denen ein (erstmaliger) Antrag auf Einreise und Aufenthalt zum Zwecke der Familienzusammenführung abgelehnt, ein bereits erteilter Aufenthaltstitel entzogen oder seine Verlängerung verweigert werden kann (siehe auch Begründung der Kommission zum geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Rates betreffend das Recht auf Familienzusammenführung <KOM(2002) 225 endg.> <ABl. C 203 E S. 136> zu Art. 16). Die Kommission hat in diesem Zusammenhang das Erfordernis eines tatsächlichen Ehe- oder Familienlebens mit dem Ziel der Familienzusammenführung begründet, das in der "Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Familiengemeinschaft" bestehe.

28 All dies lässt nach Auffassung des vorlegenden Gerichts erkennen, dass das rein formale Ehe- oder Familienband für sich genommen nicht ausreichend ist, um einen Anspruch auf Familienzusammenführung zu begründen, sondern der Nachzugsantrag auch darauf gerichtet sein muss, in dem Mitgliedstaat, in dem der Zusammenführende sich aufhält, ein tatsächliches Ehe- bzw. hier Familienleben aufzunehmen. Vorlagefrage 2 a) dürfte daher im letztgenannten Sinne zu beantworten sein; Vorlagefrage 2 c) dürfte zu bejahen sein.

29 Schwieriger zu beantworten ist aus Sicht des vorlegenden Gerichts die Frage, welche konkreten Anforderungen an ein tatsächliches Familienleben zu stellen sind (Vorlagefrage 2 b). Die Bandbreite möglicher tatsächlicher familiärer Bindungen reicht insoweit von gelegentlichen Kontakten bis hin zu einer Beistandsgemeinschaft, bei der die beteiligten Familienmitglieder aufeinander angewiesen sind. Das vorlegende Gericht bittet in diesem Zusammenhang auch um Präzisierung, mit welcher Intensität die Absicht, tatsächliche familiäre Bindungen in dem geforderten Umfang aufzunehmen, vor der erstmaligen Entscheidung über die Familienzusammenführung zu überprüfen ist und ob es dafür eine Rolle spielt, dass das Kind im Zeitpunkt dieser Entscheidung bereits volljährig ist. Für den Fall, dass bei dem Familiennachzug minderjähriger Kinder zu einem zusammenführenden Elternteil in der Regel ohne weitere Angaben oder Ermittlungen davon auszugehen ist, dass dieser der (Wieder-)Aufnahme eines tatsächlichen Familienlebens im Mitgliedstaat dient, möchte das vorlegende Gericht deshalb insbesondere wissen, ob eine solche "Automatik" gegebenenfalls auch für Kinder gälte, die bei der Entscheidung über den Antrag auf Familienzusammenführung bereits volljährig sind, aber - wegen der Vorverlagerung des für die Minderjährigkeit maßgeblichen Zeitpunkts - gleichwohl noch von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b bis d RL 2003/86/EG erfasst sind.

30 4. Auch wenn die Voraussetzungen für die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens gemäß Art. 105 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs nicht vorliegen dürften, bittet das vorlegende Gericht um eine möglichst beschleunigte Verfahrensbehandlung. Ein gegebenenfalls fortwirkender Minderjährigenschutz verlöre mit weiterem Zeitablauf immer mehr an Bedeutung. Das gilt über das vorliegende Verfahren hinaus in einer Vielzahl von Fällen, in denen sich die hier aufgeworfenen Fragen mit Blick auf die große Zahl der in Deutschland aufhältigen Flüchtlinge stellen und stellen werden. Eine rasche Klärung erscheint daher wünschenswert.

Beschluss vom 08.09.2020 -
BVerwG 1 C 16.19ECLI:DE:BVerwG:2020:080920B1C16.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.09.2020 - 1 C 16.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:080920B1C16.19.0]

Beschluss

BVerwG 1 C 16.19

  • VG Berlin - 12.03.2019 - AZ: VG 12 K 27.18 V

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. September 2020
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Fleuß und Böhmann und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wittkopp
beschlossen:

Der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss vom 23. April 2020 wird aufrechterhalten.

Gründe

1 Der Aussetzungs- und Vorlagebeschluss vom 23. April 2020 wird aufrechterhalten, weil die in ihm an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichteten Fragen durch dessen Urteil vom 16. Juli 2020 in den verbundenen Rechtssachen C-133/19, C-136/19 und C-137/19 (B. M. M. u.a./Belgischer Staat) aus Sicht des Gerichts nicht (hinreichend eindeutig) beantwortet worden sind.

2 1. Nach dem Urteil vom 16. Juli 2020 ist Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c RL 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen, dass der Zeitpunkt, auf den abzustellen ist, um zu bestimmen, ob ein unverheirateter Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser ein minderjähriges Kind im Sinne dieser Bestimmung ist, derjenige Zeitpunkt ist, zu dem der Antrag auf Einreise und Aufenthalt zum Zwecke der Familienzusammenführung für minderjährige Kinder gestellt wird, und nicht derjenige Zeitpunkt, zu dem durch die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, gegebenenfalls nachdem ein Rechtsbehelf gegen die Ablehnung eines solchen Antrags eingelegt wurde, über den Antrag entschieden wird. Die im vorliegenden Fall gestellte Vorlagefrage 1 ist damit aber nur auf den ersten Blick beantwortet. Denn dem Urteil vom 16. Juli 2020 ist nicht zu entnehmen, ob der Gerichtshof darin die hier aufgeworfene Frage, ob beim Kindernachzug zu einem als Flüchtling anerkannten Elternteil auf einen noch früheren Zeitpunkt, nämlich denjenigen der Asylantragstellung, abzustellen ist, überhaupt erwogen hat. Diese Frage war im Verfahren der verbundenen Rechtssachen C-133/19, C-136/19 und C-137/19 nicht entscheidungserheblich und vom dort vorlegenden Gericht auch nicht gestellt worden. Das Bundesverwaltungsgericht hält es deshalb für unklar, ob mit dem Urteil in diesen Rechtssachen die dort unerhebliche Frage, ob für die Minderjährigkeit beim Nachzug zu Flüchtlingen ein früherer Zeitpunkt als der der Stellung des Antrags auf Einreise und Aufenthalt zum Zweck der Familienzusammenführung maßgeblich ist, im verneinenden Sinne mitbeantwortet werden sollte, zumal es dafür in dem Urteil an jeder Begründung fehlt. Alle dort angeführten Argumente zielen auf die Begründung, warum es für die Minderjährigkeit des Kindes nicht auf den späten Zeitpunkt der Entscheidung ankommen kann, sondern es ausreichen muss, wenn das Kind im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Einreise und Aufenthalt zum Zweck der Familienzusammenführung minderjährig ist. Daraus ergibt sich nicht, weshalb nicht schon ein früherer Zeitpunkt maßgeblich sein kann. Dies widerspräche zwar dem deutschen Recht. Ein gegenteiliger Inhalt des Unionsrechts ist für das vorlegende Gericht aber mit Blick auf das Urteil des Gerichtshofs vom 12. April 2018 - C-550/16 [ECLI:​EU:​C:​2018:​248], A und S -, das der Grund für das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen war, weiterhin nicht auszuschließen, zumal der Gerichtshof im Urteil vom 16. Juli 2020 zur Begründung in erster Linie die Grundsätze der Gleichbehandlung und Rechtssicherheit heranzieht und insoweit die Argumentation aus dem Urteil vom 12. April 2018 - C-550/16, A und S - und auf die umgekehrte Fallgestaltung des Kindesnachzugs überträgt (Rn. 42 des Urteils vom 16. Juli 2020). In jenem Urteil hatte der Gerichtshof für den Elternnachzug indes ausdrücklich auf den frühen Zeitpunkt der Asylantragstellung des (unbegleiteten minderjährigen) Flüchtlings abgestellt und erklärt, dem Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Einreise und Aufenthalt zum Zwecke der Familienzusammenführung komme keinerlei Bedeutung zu (Urteil vom 12. April 2018 - C-550/16, A und S - Rn. 64).

3 2. Die Vorlagefragen zu 2. sind ebenfalls aufrechtzuerhalten, weil sich das Urteil des Gerichtshofs vom 16. Juli 2020 zu diesen nicht verhält.

Beschluss vom 01.12.2022 -
BVerwG 1 C 16.22ECLI:DE:BVerwG:2022:011222B1C16.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 01.12.2022 - 1 C 16.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:011222B1C16.22.0]

Beschluss

BVerwG 1 C 16.22

  • VG Berlin - 12.03.2019 - AZ: 12 K 27.18 V

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. Dezember 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Böhmann und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wittkopp
beschlossen:

  1. Das Revisionsverfahren wird eingestellt.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beklagte hat ihre Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. März 2019 mit Schriftsatz vom 29. November 2022 zurückgenommen. Das Revisionsverfahren ist deshalb gemäß § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

2 Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.