Beschluss vom 24.02.2023 -
BVerwG 1 WRB 1.23ECLI:DE:BVerwG:2023:240223B1WRB1.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.02.2023 - 1 WRB 1.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:240223B1WRB1.23.0]

Beschluss

BVerwG 1 WRB 1.23

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Koch
am 24. Februar 2023 beschlossen:

  1. Die Rechtsbehelfe des Antragstellers gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. November 2022 - 1 W-VR 20.22 - werden verworfen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

1 Die vom Antragsteller mit Schreiben vom 20. Dezember 2022 und vom 25. Januar 2023 erhobenen Rechtsbehelfe sind unzulässig.

2 1. Da der Antragsteller sich gegen einen Beschluss wendet, der den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO) ablehnt, entscheidet der Senat - wie generell im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ohne ehrenamtliche Richter, auch soweit der Antragsteller den Rechtsbehelf als Rechtsbeschwerde bezeichnet. Über eine Rechtsbeschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht zwar durch Beschluss in der Besetzung von drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern zu entscheiden (vgl. Dau/Scheuren, WBO, 7. Aufl. 2020, § 22a Rn. 28). Dies gilt indessen nicht, wenn sich die Rechtsbeschwerde - wie hier - als offensichtlich unstatthaft erweist; in diesem Fall verbleibt es bei der für Beschlüsse im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 123 VwGO vorgesehenen Besetzung mit drei Berufsrichtern (s. dazu § 23a Abs. 1 WBO i. V. m. § 80 Abs. 3 Satz 1 WDO). Durch die Wahl eines offensichtlich unstatthaften Rechtsmittels kann keine Veränderung der in einem Eilverfahren zu beachtenden Besetzung bewirkt werden. Gerade in diesen Verfahren hat der Gesetzgeber die Mitwirkung von ehrenamtlichen Richtern nicht für erforderlich erachtet, weil die Entscheidungen dort besonders beschleunigt zu treffen sind (vgl. Dau/Scheuren, WBO, 7. Aufl. 2020, Einf. Rn. 117).

3 2. Die mit Schreiben vom 20. Dezember 2022 erhobene und mit Schreiben vom 25. Januar 2023 begründete Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Senats vom 18. November 2022 (1 W-VR 20.22 ) ist nicht statthaft. Das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde kann nur gegen Beschlüsse des Truppendienstgerichts (§ 22a Abs. 1 WBO), nicht aber gegen Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts selbst erhoben werden.

4 Die Rechtsbeschwerde lässt sich auch nicht auf § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 146 Abs. 1 VwGO stützen. Ein der Beschwerde des § 146 Abs. 1 VwGO entsprechender oder vergleichbarer Rechtsbehelf ist in der Wehrbeschwerdeordnung nicht vorgesehen; eine entsprechende Anwendung der Regelung des § 146 Abs. 1 VwGO wird auch nicht durch § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO eröffnet (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. Dezember 2016 - 1 WB 38.16 - Buchholz 450.1 § 23a WBO Nr. 4 Rn. 17 ff. und vom 6. April 2022 - 1 WNB 1.22 - juris Rn. 5 ff.). Im Übrigen könnte auch das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 146 Abs. 1 VwGO nicht gegen Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erhoben werden (§ 152 VwGO e contrario).

5 3. Die erstmals mit dem Schreiben vom 25. Januar 2023 hilfsweise eingelegte Anhörungsrüge (§ 23a Abs. 3 WBO i. V. m. § 152a VwGO) ist verspätet und damit unzulässig. Sie wurde nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Kenntnis von der (geltend gemachten) Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO) erhoben. Die die Frist in Gang setzende Kenntnis hat der Antragsteller mit Aushändigung einer Ausfertigung des begründeten Beschlusses am 8. Dezember 2022 erlangt.

6 Außerdem hat der Antragsteller nicht dargelegt, dass das Gericht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 6 VwGO). Auch mit der im Zusammenhang mit der Rechtsbeschwerde (oben 2.) erhobenen Verfahrensrüge hat der Antragsteller nur einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz, nicht aber eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend gemacht.

7 4. Ebenfalls unzulässig ist die weiter hilfsweise eingelegte Gegenvorstellung (vgl. zum Folgenden Beschluss vom 1. Juni 2007 - 7 B 14.07 - juris Rn. 1). Gegen rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte sind außerordentliche Rechtsbehelfe nur dann zulässig, wenn sie in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt sind (BVerfG, Beschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <416>). Es widerspräche der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, neben der nunmehr ausdrücklich geregelten Anhörungsrüge (§ 152a VwGO) eine Gegenvorstellung als ungeschriebenen außerordentlichen Rechtsbehelf gegen rechtskräftige Entscheidungen zuzulassen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Februar 2006 - 2 BvR 575/05 - NJW 2006, 2907). Dies gilt auch für Entscheidungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Januar 2021 - 7 VR 9.20 - juris Rn. 11 m. w. N.).

8 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.