Beschluss vom 24.04.2014 -
BVerwG 6 PB 2.14ECLI:DE:BVerwG:2014:240414B6PB2.14.0

Leitsatz:

§ 62 Abs. 4 Halbs. 2 BbgPersVG verlangt, dass der Betroffene auf Dauer in einer Funktion verwendet wird, die mit Personalentscheidungsbefugnissen im Sinne dieser Vorschrift ausgestattet ist. Beruht die Verwendung eines Betroffenen auf zeitlich befristeten Abordnungen, kommt § 62 Abs. 4 Halbs. 2 BbgPersVG nicht zur Anwendung.

  • Rechtsquellen
    BbgPersVG § 62 Abs. 4 Halbs. 2

  • VG Potsdam - 04.12.2012 - AZ: VG 21 K 2381/11.PVL
    OVG Berlin-Brandenburg - 21.11.2013 - AZ: OVG 61 PV 2.13

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.04.2014 - 6 PB 2.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:240414B6PB2.14.0]

Beschluss

BVerwG 6 PB 2.14

  • VG Potsdam - 04.12.2012 - AZ: VG 21 K 2381/11.PVL
  • OVG Berlin-Brandenburg - 21.11.2013 - AZ: OVG 61 PV 2.13

In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. April 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Prof. Dr. Hecker
beschlossen:

Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Brandenburg - vom 21. November 2013 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 1. Der geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Klärungsbedarf im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG hinsichtlich der Vorschrift des § 62 Abs. 4 Halbs. 2 BbgPersVG liegt nicht vor.

2 Nach dieser Vorschrift bestimmt der Personalrat in Personalangelegenheiten von Beschäftigten, die auf Dauer zu Einstellungen, Entlassungen oder sonstigen Entscheidungen, die den Status der Beschäftigten verändern, befugt sind, nur auf Antrag des Betroffenen mit. Aus Sicht des Beteiligten bedarf der Klärung, ob das Tatbestandsmerkmal „auf Dauer“ voraussetzt, dass die Übertragung einer mit Personalentscheidungsbefugnissen im Sinne der Vorschrift verbundenen Funktion an den Betroffenen unbefristet erfolgt ist bzw. erfolgen soll (vgl. Beschwerdebegründung S. 12 f.). Das Oberverwaltungsgericht hat dies bejaht und infolgedessen die Anwendbarkeit der Vorschrift mit der Begründung verneint, dass im vorliegenden Fall die Verwendung des Betroffenen in einer Funktion mit Personalentscheidungsbefugnissen auf zeitlich befristeten Abordnungen beruht habe. Dieses Normverständnis erweist sich bei Zugrundelegung der gängigen Auslegungsregeln eindeutig als zutreffend, so dass es nicht eigens der Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens bedarf.

3 Schon der Wortlaut der Vorschrift steht einem abweichenden Normverständnis entgegen. Die Rede ist von „Beschäftigten“, die auf Dauer zu Einstellungen usw. „befugt“ sind. Hiermit wird auf die dauerhafte Entscheidungsbefugnis gerade der Person abgestellt. Die vom Beteiligten offenbar bevorzugte Auslegung, wonach es auf die dauerhafte Ausstattung einer Funktion mit Personalentscheidungsbefugnissen und nicht auf die Dauerhaftigkeit der Verwendung des Betroffenen in einer solchen Funktion ankommen soll, ist vom Wortlaut der Vorschrift nicht gedeckt. Hätte der Gesetzgeber eine dahingehende Regelung treffen wollen, hätte er der Vorschrift bei Beachtung der üblichen gesetzesredaktionellen Gepflogenheiten einen anderen Wortlaut gegeben. Entstehungsgeschichtliche oder gesetzessystematische Umstände, die zu einer Auslegung der Norm entgegen ihrem Wortlaut zwängen, sind nicht ersichtlich. Auch der Zweck der Vorschrift rechtfertigt keine andere Sichtweise. Die Vorschrift soll die Unabhängigkeit des von ihr erfassten Personenkreises gegenüber dem Personalrat sicherstellen (vgl. zu § 77 Abs. 1 Satz 1 BPersVG, Beschluss vom 20. März 2002 - BVerwG 6 P 6.01 - Buchholz 250 § 77 BPersVG Nr. 16 S. 5). Der Gesetzgeber hat diesem Gesichtspunkt aber keinen absoluten Stellenwert eingeräumt. Andernfalls hätte er Träger zeitlich befristeter Personalentscheidungsbefugnisse - die gleichfalls in ihrer Unabhängigkeit gefährdet sein könnten - einbezogen. Eben hiergegen hat er sich durch Aufnahme des Tatbestandsmerkmals „auf Dauer“ entschieden. Diese Entscheidung entwertet, wer für unbeachtlich hält, ob eine mit Personalentscheidungsbefugnissen ausgestattete Funktion einem Betroffenen befristet oder unbefristet übertragen wird.

4 Unabhängig davon ist dem Oberverwaltungsgericht darin beizupflichten, dass die vom Beteiligten bevorzugte Normauslegung vielfach zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen müsste, was dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers zuwiderliefe, flächendeckend eine reibungsfreie, möglichst wenig streitanfällige Gesetzesanwendung zu ermöglichen.

5 2. Die erhobenen Divergenzrügen greifen nicht durch.

6 a. Der angefochtene Beschluss weicht nicht im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG vom Senatsbeschluss vom 6. September 2005 - BVerwG 6 PB 13.05 - (Buchholz 250 § 14 BPersVG Nr. 1) ab. Die vom Beteiligten zitierten Ausführungen aus diesem Beschluss (a.a.O. Rn. 4 f.) verhalten sich nicht zu der hier interessierenden Frage, ob die Dauerhaftigkeit einer Personalentscheidungsbefugnis personen- oder funktionsbezogen zu bestimmen ist.

7 b. Der angefochtene Beschluss weicht nicht im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG vom Senatsbeschluss vom 20. März 2002 (a.a.O.) ab. Dass - wie der Beteiligte meint - das Oberverwaltungsgericht die in diesem Beschluss ausgesprochene Maßgabe missachtet hätte (Beschwerdebegründung S. 20/21), eine Vorschrift wie § 62 Abs. 4 Halbs. 2 BbgPersVG bereits bei erstmaliger Besetzung des mit personellen Befugnissen ausgestatteten Dienstpostens anzuwenden, ist nicht ersichtlich; das Gegenteil ist der Fall (BA S.7). Ebenso kann eine Abweichung nicht daraus hergeleitet werden, dass in dem Senatsbeschluss vom 20. März 2002 auf die § 62 Abs. 4 Halbs. 1 BbgPersVG entsprechende Regelung des § 77 Abs. 1 Satz 1 BPersVG zu Beamten auf Zeit eingegangen wird. Der Senat hat hierzu ausgeführt, bei diesen Personen könne davon ausgegangen werden, dass der Grad ihrer Integration in den öffentlichen Dienst nicht immer so intensiv sei wie der von Lebenszeitbeamten und man es daher ihrer Entscheidung überlassen könne, ob sie sich der Unterstützung des Personalrats bedienen wollten (Beschluss vom 20. März 2002 a.a.O. S. 7). Hiermit ist weder unmittelbar noch mittelbar eine Maßgabe zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals „auf Dauer“ im Sinne von § 62 Abs. 4 Halbs. 2 BbgPersVG aufgestellt worden, über die sich das Oberverwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss hinweggesetzt hätte.