Verfahrensinformation

Streitgegenstand des Verfahrens, das in die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts fällt, ist der Planfeststellungsbeschluss des Thüringer Landesverwaltungsamts vom 22. Januar 2020 betreffend den Neubau der B 19 Ortsumgehung Meiningen in einem Teilabschnitt. Der Kläger, ein Naturschutzverband, macht verschiedene Verfahrensfehler geltend. Er rügt, die Behörde habe durch die Einschaltung eines Projektmanagers die Grenzen der Übertragung hoheitlicher Befugnisse auf Dritte überschritten. Des Weiteren hält der Kläger die zugrundeliegende Verkehrsprognose für veraltet und fehlerhaft; zudem sieht er Vorschriften des Naturschutz- und des Wasserrechts als verletzt an.


Beschluss vom 24.11.2020 -
BVerwG 9 A 4.20ECLI:DE:BVerwG:2020:241120B9A4.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.11.2020 - 9 A 4.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:241120B9A4.20.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 4.20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. November 2020
durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick
als Einzelrichterin gemäß § 87a Abs. 1 und 3 VwGO
beschlossen:

Der Antrag des Beklagten auf Aussetzung des Verfahrens gemäß § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG "bis zum Abschluss eines ergänzenden Verfahrens betreffend die Rügen des Klägers, insbesondere bezüglich der fehlenden Öffentlichkeitsbeteiligung wegen geänderter Verkehrsprognosen und der Vereinbarkeit des Vorhabens mit wasserrechtlichen Grundsätzen sowie der Ergänzung naturschutzrechtlich angebrachter Untersuchungen und Feststellungen" wird abgelehnt.

Gründe

1 Nach § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

2 Daran fehlt es hier. Der Zweck der Aussetzung besteht darin, dass über den Streitstoff betreffend die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG aus Gründen der Prozessökonomie in einem Verfahren konzentriert entschieden werden soll (BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 2018 - 9 A 12.17 - DVBl 2018, 1232 Rn. 7). Dies ist nach Auffassung des Senats bereits zum jetzigen Zeitpunkt möglich und prozessökonomisch sinnvoll. Demgegenüber würde eine Aussetzung das Verfahren unnötig verlängern. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

3 Zwar liegt bereits ein Beschluss im Verfahren 9 VR 1.20 vom 9. Juli 2020 vor (künftig: Eilbeschluss), aus dem sich ergibt, dass der Senat den Planfeststellungsbeschluss aus verschiedenen Gründen für rechtswidrig hält. So fehlt sowohl ein wasserrechtlicher Fachbeitrag als auch eine belastbare Verkehrsprognose; auf beides hat sich zudem die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht bezogen. Hiervon ausgehend könnte die beantragte Aussetzung auf den ersten Blick naheliegen, um die - wenngleich nur in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und noch nicht einem Hauptsacheverfahren - festgestellten Fehler zu heilen. In dem Beschluss wird aber zugleich offengelassen, ob der Planfeststellungsbeschluss an weiteren Mängeln leidet, die in der Antragsbegründung genannt wurden (vgl. Eilbeschluss Rn. 8). Hiervon ausgehend ist nicht erkennbar, dass die Aussetzung der Verfahrensbeschleunigung dienen könnte, denn es besteht die Möglichkeit, dass neben den bereits im Eilbeschluss festgestellten Mängeln weitere bestehen, auf die sich das Fehlerheilungsverfahren nicht bezieht.

4 Es kommt weiter hinzu, dass die Aussetzung nicht der Heilung eines klar abgrenzbaren Fehlers dienen würde, der in kurzer Zeit behoben werden kann. Vielmehr geht es gleich um mehrere Fehler, die ihrerseits Folgewirkungen für die Planung haben können. So soll eine neue Verkehrsprognose erstellt werden, die ihrerseits Grundlage für Fragen der Dimensionierung, des Lärmschutzkonzepts und der Luftschadstoffprognose ist, wie der Beklagte selbst zutreffend ausführt. Auch der noch neu zu erstellende Wasserfachbeitrag sowie die im Aussetzungsantrag recht pauschal genannte und nicht näher erläuterte "Ergänzung naturschutzrechtlich angebrachter Untersuchungen und Feststellungen" können zu weiteren Folgeänderungen in der Planung führen.

5 Bei dieser Ausgangslage dient es der Verfahrensbeschleunigung besser, das Verfahren möglichst zügig zum Abschluss zu bringen und nicht erst das Ergebnis eines Planergänzungsverfahrens abzuwarten.