Beschluss vom 25.01.2023 -
BVerwG 3 B 3.22ECLI:DE:BVerwG:2023:250123B3B3.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.01.2023 - 3 B 3.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:250123B3B3.22.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 3.22

  • VG Hannover - 17.11.2020 - AZ: 5 A 2762/19
  • OVG Lüneburg - 08.11.2021 - AZ: 8 LC 11/21

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Januar 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hellmann
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2021 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie die Zugangsvoraussetzungen für eine Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin erfüllt.

2 Aufgrund eines fünfjährigen Studiums in Russland erwarb die Klägerin ein Diplom in Psychologie einer Moskauer Hochschule. Nach ihrem Umzug nach Deutschland beantragte sie beim Beklagten die Feststellung, dass sie die Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin erfülle. Diesen Antrag lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 29. April 2019 ab. Bei dem Studium der Psychologie handele es sich um einen konsekutiven Studiengang. Erst nach Abschluss des Masterstudienganges gelte das Studium der Psychologie als abgeschlossen. Nach der Bewertung der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen entspreche das Diplom der Klägerin aber lediglich dem deutschen Bachelorabschluss.

3 Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, das Vorliegen der Zugangsvoraussetzungen für eine Ausbildung als Psychologische Psychotherapeutin festzustellen. Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung des Beklagten stattgegeben und die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c PsychThG in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung (a. F.), die gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 PsychThG n. F. weiterhin anwendbar sei, lägen nicht vor. Die Klägerin habe nicht in einem anderen Staat ein Hochschulstudium der Psychologie erfolgreich abgeschlossen, das einer im Inland an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule bestandenen Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie gleichwertig wäre. Abschlussprüfung in diesem Sinne sei die Masterprüfung im Studiengang Psychologie; eine Bachelorprüfung allein genüge nicht. Die Klägerin verfüge nicht über ein dem inländischen Masterabschluss gleichwertiges, in einem Drittstaat erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium der Psychologie. Das russische Diplom bleibe hinter dem Qualifikationsniveau eines Masterabschlusses zurück; es stehe allenfalls zwischen Bachelor- und Masterabschluss.

4 Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.

II

5 Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Die von ihr aufgeworfene Frage,
ob ein alleiniger Bachelorabschluss im Studiengang Psychologie an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule eine Abschlussprüfung i. S. v. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a. F. darstellt,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

6 Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mithilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann. Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der Beschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2022 - 3 B 37.21 - juris Rn. 14).

7 Dies zugrunde gelegt kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu. Dabei kann offen bleiben, ob die aufgeworfene Rechtsfrage sich angesichts der nach § 27 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den Beruf der Psychotherapeutin und des Psychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz) vom 15. November 2019 (BGBl. I S. 1604), das durch Artikel 17 des Gesetzes vom 19. Mai 2020 (BGBl. I S. 1018) geändert worden ist (PsychThG n. F.), nur noch übergangsweisen Weitergeltung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten - Psychotherapeutengesetz - vom 16. Juni 1998 in der Fassung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes (FKrEinwG) vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) (PsychThG a. F.) noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft stellen kann (vgl. zu diesen Anforderungen etwa BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2020 - 3 B 34.19 - Buchholz 310 § 117 VwGO Nr. 54 Rn. 43). Es steht auch ohne die Durchführung eines Revisionsverfahrens außer Zweifel, dass die von der Klägerin aufgeworfene Frage zu verneinen ist.

8 Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a. F. ist Voraussetzung für den Zugang zu einer Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten eine im Inland an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule bestandene Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie, die das Fach Klinische Psychologie einschließt und gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 des Hochschulrahmengesetzes (HRG) der Feststellung dient, ob der Student das Ziel des Studiums erreicht hat. Nach Buchstabe c der Vorschrift ist der Zugang auch möglich auf Grundlage eines in einem anderen Staat erfolgreich abgeschlossenen gleichwertigen Hochschulstudiums der Psychologie.

9 Der Senat hat mit Urteil vom 17. August 2017 - 3 C 12.16 - (BVerwGE 159, 288) bereits entschieden, dass nach der Umstellung der Studienstrukturen auf Bachelor- und Masterstudiengänge im Zuge des sogenannten Bologna-Prozesses unter dem Begriff der Abschlussprüfung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a. F. auch ein Masterabschluss im Studiengang Psychologie zu verstehen ist. Ursprünglich habe der Gesetzgeber bei Verabschiedung des Psychotherapeutengesetzes mit dem Begriff der Abschlussprüfung einen Diplomabschluss im Studiengang Psychologie verbunden. Zur Gewährleistung einer hohen Qualifikation und eines einheitlichen Ausbildungsniveaus der Berufsangehörigen hätten nur Diplompsychologen mit einem Universitäts- oder diesem gleichstehenden Abschluss den Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten ergreifen können. Der Begriff der Abschlussprüfung sei aber nicht statisch gemeint, vielmehr habe der Gesetzgeber mögliche Änderungen im Hochschulrecht mitbedacht. Dabei sei die Gesamtregelstudienzeit, innerhalb derer im gestuften System der Bachelor- und Masterstudiengänge der Masterabschluss erreicht werden könne, vergleichbar mit der Regelstudienzeit von mindestens neun Semestern, die seinerzeit für ein Diplomstudium im Studiengang Psychologie vorgesehen gewesen sei. Von einer grundsätzlichen Gleichwertigkeit von Master- und Diplomabschlüssen an Universitäten oder gleichstehenden Hochschulen gingen auch die "Ländergemeinsame(n) Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen" (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10. Oktober 2003 in der Fassung vom 4. Februar 2010) aus (BVerwG, Urteil vom 17. August 2017 - 3 C 12.16 - BVerwGE 159, 288 Rn. 8 f.).

10 Die Frage, ob ein Bachelorabschluss eine Abschlussprüfung im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a. F. darstellt, ist hiervon ausgehend ohne Weiteres zu verneinen. Zwar handelt es sich auch bei einem Bachelorabschluss um einen berufsqualifizierenden Abschluss (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 1 HRG). Die grundsätzliche (abstrakte) Gleichwertigkeit von universitärem Master- und universitärem Diplomabschluss, auf die der Senat im Urteil vom 17. August 2017 maßgeblich abgestellt hat, ist bei einem Bachelorabschluss aber nicht gegeben. Hiergegen spricht bereits die unterschiedliche Studiendauer. Die Mindeststudienzeit zum Erwerb eines Bachelorgrades von drei Jahren - d. h. sechs Semestern - bleibt um ein Drittel hinter der Mindeststudienzeit im Diplomstudiengang zurück. Auch die Klägerin behauptet nicht, dass ein universitärer Bachelorgrad und ein universitärer Diplomabschluss als gleichwertig zu betrachten sind.

11 Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber im Zuge des Bologna-Prozesses Abstriche am Vorbildungsniveau für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten vornehmen wollte, sind nicht erkennbar. Vielmehr ist der Gesetzgeber bei der Übergangsregelung des § 27 Abs. 2 PsychThG n. F. davon ausgegangen, dass der Zugang zur Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a. F. einen Masterabschluss verlangt (vgl. BR-Drs. 98/19 <neu> S. 30 f.). Im Übrigen setzt auch die reformierte Psychotherapeutenausbildung als Studienabschluss den Mastergrad voraus (vgl. § 9 Abs. 3 PsychThG n. F.).

12 Entgegen dem Beschwerdevorbringen folgt aus der Entscheidung des Senats vom 17. August 2017 nicht, dass es für die Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a. F. ausreicht, wenn lediglich einer der beiden im gestuften Studiengang zu erwerbenden Abschlüsse in Psychologie - das heißt Bachelorgrad oder Mastergrad - vorliegt. Der Senat hat in seinem Urteil entscheidend auf den Erwerb eines Masterabschlusses in Psychologie als Zugangsvoraussetzung zur Ausbildung als Psychologische Psychotherapeutin abgestellt und angenommen, dass sich der gesetzlichen Regelung der Zugangsvoraussetzungen nicht entnehmen lasse, dass außer diesem Masterabschluss auch ein Bachelorabschluss in Psychologie vorhanden sein müsse. Das Gesetz nehme insoweit die Entscheidungen der Hochschulen über die Zulassung zum Studiengang Psychologie, über das Curriculum und über die Ausgestaltung und das Bestehen der Abschlussprüfung hin. Diese Bindung an das Hochschulrecht schließe es aus, bei der Prüfung der Zugangsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a. F. die Entscheidungen der Hochschulen infrage zu stellen und eigene fachliche Qualifikationen für die Abschlussprüfung aufzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2017 - 3 C 12.16 - BVerwGE 159, 288 Rn. 16). Dass anstelle des Masterabschlusses auch allein ein ihm im gestuften Studiengang vorgelagerter Bachelorabschluss als Zugangsvoraussetzung ausreichen könnte, ergibt sich aus diesen Ausführungen nicht. Als Begründung für eine derartige Annahme kann auch nicht darauf abgestellt werden, dass dem Bachelorstudiengang in Psychologie bereits angesichts der längeren Dauer des Bachelorstudiengangs im Vergleich zum Masterstudiengang (vgl. § 19 Abs. 2 und 3 HRG) eine höhere Bedeutung zuzumessen sei als dem Masterstudiengang. Die gesetzliche Konzeption des Bachelor-Master-Studiensystems in § 19 HRG geht erkennbar von der Höherwertigkeit des Abschlusses des Masterstudiengangs aus.

13 Auch aus Art. 12 Abs. 1 GG folgt nicht, dass auch der Bachelorabschluss als Abschlussprüfung im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a. F. anzuerkennen ist. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist die Norm insoweit auch ausreichend bestimmt. Der Inhalt des Begriffs der Abschlussprüfung in § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a. F. lässt sich - wie die vorstehenden Ausführungen zeigen - durch Auslegung hinreichend sicher ermitteln.

14 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.