Beschluss vom 27.02.2023 -
BVerwG 5 AV 1.22ECLI:DE:BVerwG:2023:270223B5AV1.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.02.2023 - 5 AV 1.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:270223B5AV1.22.0]

Beschluss

BVerwG 5 AV 1.22

  • VG Koblenz - 15.07.2022 - AZ: 3 K 446/22.KO

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Februar 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge und Preisner
beschlossen:

Als zuständiges Gericht wird das Verwaltungsgericht Koblenz bestimmt.

Gründe

1 1. Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 VwGO durch das Bundesverwaltungsgericht sind gegeben. Nach diesen Regelungen wird auf Antrag - hier durch das Verwaltungsgericht Koblenz - das zuständige Gericht innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch das nächsthöhere Gericht bestimmt, wenn der Gerichtsstand sich nach § 52 VwGO richtet und verschiedene Gerichte in Betracht kommen. Nächsthöheres Gericht ist grundsätzlich das den Gerichten, deren Zuständigkeit in Betracht kommt, gemeinsam übergeordnete Gericht, für Verwaltungsgerichte eines Landes also das gemeinsame Oberverwaltungsgericht bzw. der gemeinsame Verwaltungsgerichtshof, für die Verwaltungsgerichte verschiedener Länder und für die Oberverwaltungsgerichte bzw. die Verwaltungsgerichtshöfe das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. April 1993 - 7 ER 400.93 - Buchholz 310 § 53 VwGO Nr. 22 S. 18, 19 m. w. N.).

2 Die Anwendung des § 52 VwGO führt hier darauf, dass die örtliche Zuständigkeit von Verwaltungsgerichten verschiedener Länder in Betracht zu ziehen ist. Sie bestimmt sich nach § 52 Nr. 3 Satz 2 und 5 VwGO, weil der Kläger Ausbildungsförderung für die Durchführung eines Auslandsstudiums an einer brasilianischen Hochschule begehrt und hierüber die Beklagte aufgrund ihrer zentralen Zuständigkeit nach § 45 Abs. 4 BAföG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 5 BAföG-AuslandszuständigkeitsV zu entscheiden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Oktober 1978 - 5 ER 402.78 - BVerwGE 56, 306). Demzufolge ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Der Kläger verfügte zum Zeitpunkt der Klageerhebung über einen Erstwohnsitz bei seinen Eltern in W. und einen Zweitwohnsitz in M. Beide Wohnsitze sind im Rahmen des § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO als gleichwertig anzusehen, weil die Vorschrift allein auf den "Wohnsitz" abstellt und nicht nach Erst- und Zweitwohnsitz differenziert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 2020 - 6 AV 1.20 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 101 Rn. 6 m. w. N.). Dementsprechend kommt hier sowohl die örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Koblenz als auch die des Verwaltungsgerichts Karlsruhe in Betracht. Mangels eines gemeinsamen Obergerichts für diese Gerichte ist die Entscheidung nach § 53 Abs. 1 VwGO durch das Bundesverwaltungsgericht zu treffen.

3 2. Die dem Bundesverwaltungsgericht danach vorbehaltene Entscheidung nach § 53 Abs. 1 VwGO hat sich an den Wertungen der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung sowie dem Gebot einer effektiven und sachgerechten Verfahrensdurchführung zu orientieren und kann dabei auch Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit in den Blick nehmen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Juli 1962 - 7 ER 420.62 - Buchholz 310 § 52 VwGO Nr. 2 und vom 2. Juli 2019 - 1 AV 2.19 - Buchholz 310 § 53 VwGO Nr. 42 Rn. 13 m. w. N.). Mangels sonstiger erkennbarer Anhaltspunkte berücksichtigt der Senat hier in maßgeblicher Weise, dass die Regelung des § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO eine gewisse Ortsnähe der Verwaltungsgerichtsbarkeit gewährleisten will und damit auf die Gewährung eines möglichst "heimatnahen" Rechtsschutzes gerichtet ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Juni 2020 - 6 AV 3.20 - NVwZ-RR 2020, 854 Rn. 7). Anknüpfend daran, dass der Kläger im Zeitpunkt der Klageerhebung melderechtlich noch seinen Wohnsitz bei seinen Eltern in W. als seine vorwiegend benutzte Wohnung angesehen hat (vgl. § 21 Abs. 2 BMG), erachtet es der Senat hiernach als gerechtfertigt, das Verwaltungsgericht Koblenz als das örtlich zuständige zu bestimmen, weil es das für den Kläger heimatnähere der beiden in Betracht kommenden Gerichte ist.