Verfahrensinformation



Der Kläger betreibt eine Schäferei und streitet sich mit dem beklagten Land über die Beihilfefähigkeit von Flächen für die Gewährung einer Ausgleichszulage.


Er beantragte mit seinem Sammelantrag 2010 unter anderem eine Ausgleichszulage nach der Förderrichtlinie des Landes Thüringen zur Förderung landwirtschaftlicher Betriebe in benachteiligten Gebieten. Im Zuge einer Vor-Ort-Kontrolle stellte der Beklagte eine Verbuschung von Teilen der beantragten Flächen fest. Auf der Grundlage der danach als beihilfefähig ermittelten Flächen und einer Sanktion wegen der zu viel beantragten Flächen bewilligte der Beklagte eine Ausgleichszulage. Der Widerspruch, mit dem der Kläger seinen Antrag weiterverfolgte, blieb ebenso wie die Klage vor dem Verwaltungsgericht erfolglos. Auf die Berufung hat das Oberverwaltungsgericht bestätigt, dass die verbuschten Flächen nicht förderfähig seien und daher die Ausgleichszulage für diese Flächen zu Recht abgelehnt worden sei. Die verhängte Sanktion wegen der zu viel beantragten Flächen sei hingegen zu hoch und in diesem Umfang ein zusätzlicher Betrag zu bewilligen.


Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte der Kläger geklärt wissen, ob die wegen Verbuschung nicht anerkannten Flächen beihilfefähig sind.


Urteil vom 30.03.2021 -
BVerwG 3 C 7.20ECLI:DE:BVerwG:2021:300321U3C7.20.0

Anforderungen an die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen als Dauergrünland

Leitsätze:

1. Ein Beurteilungsspielraum bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs steht der Bewilligungsbehörde nicht zu.

2. Die Anerkennung einer (Teil-)Fläche als Dauergrünland setzt eine entsprechende effektive Nutzung voraus; das Vegetationsbild einer mehrjährigen Sukzession verholzender Pflanzen steht der Annahme einer solchen Nutzung ebenso entgegen wie ein flächenhaft vorherrschender Aufwuchs von Nichtfutterpflanzen.

  • Rechtsquellen
    VO (EG) Nr. 1698/2005 Art. 1, Art. 15 Abs. 2 und 3, Art. 36 Buchst. a Ziffer ii, Art. 37 Abs. 1 und 2, Art. 50a
    VO (EG) Nr. 1975/2006 Art. 6 Abs. 2 Buchst. a, Art. 7 Abs. 2 Satz 1, Art. 10 Abs. 4, Art. 13, Art. 15 Abs. 2, Art. 16 Abs. 2
    VO (EG) Nr. 73/2009 Art. 5, Art. 6, Art. 17, Art. 19 Abs. 2, Anhang II und III
    VO (EG) Nr. 1200/2009 1.03.01 Anhang II, 2.03 Anhang II
    VO (EG) Nr. 1120/2009 Art. 2 Buchst. c
    VO (EG) Nr. 1122/2009 Art. 6 Abs. 1, Art. 12 Abs. 3 und 4, Art. 32, Art. 34 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 2, Art. 86
    VO (EU) Nr. 1305/2013 Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f
    VO (EU) Nr. 1307/2013 Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Ziffer iii

  • VG Meiningen - 14.07.2016 - AZ: VG 2 K 515/12 Me
    OVG Weimar - 10.01.2020 - AZ: OVG 3 KO 646/16

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 30.03.2021 - 3 C 7.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:300321U3C7.20.0]

Urteil

BVerwG 3 C 7.20

  • VG Meiningen - 14.07.2016 - AZ: VG 2 K 515/12 Me
  • OVG Weimar - 10.01.2020 - AZ: OVG 3 KO 646/16

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Prof. Dr. habil. Wysk, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 10. Januar 2020 wird aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers zurückgewiesen hat.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt eine höhere Ausgleichszulage und streitet hierfür um die Anerkennung von Flächen als förderfähiges, landwirtschaftlich genutztes Dauergrünland.

2 Er betreibt eine Schäferei in Form der Hütehaltung. Mit seinem Sammelantrag 2010 beantragte er unter anderem die Ausgleichszulage nach der Förderrichtlinie des Landes Thüringen zur Förderung landwirtschaftlicher Betriebe in benachteiligten Gebieten. Im Zuge seiner Verwaltungs- und Vor-Ort-Kontrollen stellte der Beklagte auf den beantragten Flächen stark verbuschte Teilflächen fest. Auf der Grundlage einer beantragten Fläche von 715,92 ha und einer als beihilfefähig ermittelten Fläche von 608,71 ha bewilligte er - nach Abzug der doppelten Flächendifferenz wegen der Übererklärung - eine Ausgleichszulage in Höhe von 56 384,07 €. Der Widerspruch, mit dem der Kläger die antragsgemäße Bewilligung weiterverfolgte, blieb ebenso wie die Klage vor dem Verwaltungsgericht erfolglos.

3 Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung im Wesentlichen zurückgewiesen. Die verbuschten Flächen seien nicht förderfähig. Förderfähig sei landwirtschaftlich genutzte Fläche. Als solche sei nach den Vorgaben des Unionsrechts die Gesamtheit der vom Betrieb selbstbewirtschafteten Flächen in Betracht zu ziehen. Hier gehe es um Dauergrünland, das als Fläche definiert sei, die fortdauernd dem Anbau von Grünfutterpflanzen diene und außerhalb der Fruchtfolge stehe; sie könne beweidet oder abgemäht werden. Für die Qualifizierung als Dauergrünland sei nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs das Kriterium einer effektiven landwirtschaftlichen Nutzung geeigneter als die Art der Vegetation. Diese erfasse mit dem Begriff der Grünfutterpflanze alle Grünpflanzen, die herkömmlicherweise in natürlichem Grünland anzutreffen oder normalerweise Teil von Saatgutgemischen für Grünland oder Wiesen in dem jeweiligen Mitgliedstaat seien. Unter den hiesigen agronomischen Bedingungen sei für Dauergrünland eine von Grünfutterpflanzen dominierte Vegetation typisch; bei ungehinderter Sukzession werde diese von verholzenden Pflanzen verdrängt. Dem habe eine effektive landwirtschaftliche Nutzung zu entsprechen. Die hier streitigen Flächen dienten nicht im erforderlichen Umfang dem Anbau von Grünfutterpflanzen, denn sie präge ein nicht unerheblicher Anteil verholzender Pflanzen, der unerwünscht sei. In Ansehung des unbestimmten Rechtsbegriffs "dem Anbau dienen" unterliege diese Beurteilung der Letztentscheidungsbefugnis des Beklagten, die die Festlegung der für das Vordringen unerwünschter Vegetation maßgeblichen pflanzlichen Indikatoren, die Bestimmung der maßgeblichen Bezugsflächen und die Festlegung von Grenzwerten umfasse. Er habe in seinen Merkblättern in nicht zu beanstandender Weise mit 25% einen Grenzwert zulässiger Verbuschung bestimmt. Dass die umstrittenen Flächen eine geringere Verbuschung aufgewiesen hätten, habe der Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Der Beklagte habe sich auf die Messergebnisse seiner Vor-Ort-Kontrollen stützen dürfen. Das Messgerät habe die erforderliche Messgenauigkeit aufgewiesen. Die unionsrechtlich vorgesehene Toleranzmarge sei zutreffend berücksichtigt worden. Der Vortrag, ein Wackelkontakt habe die Messergebnisse verfälscht, sei nicht schlüssig. Stoße die gerichtliche Kontrolle nach weitest möglicher Aufklärung an die Grenze des Erkenntnisstandes der ökologischen Wissenschaft und Praxis, sei es dem Gericht erlaubt, der fachlichen Einschätzung der Behörde zu folgen, wenn diese plausibel sei. In diesem Rahmen seien die Flächen nicht fehlerhaft bestimmt worden. Im Übrigen gälten die allgemeinen Beweislastregeln. Die Beihilfefähigkeit der Flächen lasse sich heute nicht mehr aufklären, was zu Lasten des Klägers gehe. Dieser könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Beklagte durch die Feldblockgrenzen die beihilfefähige Höchstfläche festgelegt habe und diese Flächen der Ausgleichszulage zugrunde zu legen seien. Er sei darauf hingewiesen worden, dass er die digitalen Feldstückskizzen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen habe. Auf die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrolle 2008 oder andere Vorjahresangaben könne er nicht vertrauen. Hingegen habe die Berufung des Klägers hinsichtlich der Kürzung der Ausgleichszulage insoweit Erfolg, als nach dem Grundsatz der rückwirkenden Anwendung der milderen Sanktionsnorm nur eine Kürzung um das 1,5-fache der Differenz vorzunehmen sei. Da dem Kläger seine Prüfpflicht bekannt gewesen sei, könne dahinstehen, ob das Unionsrecht ermögliche, sich zu exkulpieren.

4 Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die unionsrechtlichen Bestimmungen über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums seien an die Mitgliedstaaten gerichtet und zielten auf vergleichbare Förderprogramme. Bei der Auslegung der Fördervoraussetzung der landwirtschaftlich genutzten Fläche könne daher nicht auf regionale agronomische Bedingungen abgestellt werden. Gefördert werden solle unter anderem die Nutzung von Dauergrünland. Das gelte selbst dann, wenn das Dauergrünland aus der Produktion genommen sei, sich aber in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand befinde. Eine Fläche, die im Rahmen von Direktzahlungen als Dauergrünland beihilfefähig sei, müsse auch für die Ausgleichszulage anerkannt werden. Die einschlägigen Definitionen von Dauergrünland stellten auf eine effektive Nutzung nicht ab. Eine exekutive Letztentscheidungsbefugnis und damit eine Befugnis, Indikatoren und Grenzwerte für das Vordringen unerwünschter Vegetation festzulegen, bestehe nicht. Der europäische Gesetzgeber habe die Definition von Dauergrünland immer wieder fortgeschrieben und zuletzt zugelassen, dass auch andere Pflanzenarten wie Sträucher und Bäume vorhanden seien, sofern Grünfutterpflanzen weiter vorherrschten. Den Mitgliedstaaten sei zudem freigestellt worden, Flächen anzuerkennen, die abgeweidet werden könnten, auf denen Grünfutterpflanzen aber traditionell nicht vorherrschten. Damit habe der Gesetzgeber die Handlungsspielräume der Mitgliedstaaten bestimmt. Auch das System der Verwaltungssanktionen schließe einen Beurteilungsspielraum aus. Zu beachten sei, dass Schafe auch unterhalb eines von Zweigen überdeckten Bereichs Grünfutterpflanzen fänden. Zumindest im Falle der Beweidung durch Schafe stehe eine Verbuschung von 25% einer Anerkennung als Dauergrünland nicht entgegen. Unabhängig hiervon müsse ein Landwirt auf die Richtigkeit der in den Antragsunterlagen für einen Feldblock festgelegten beihilfefähigen Höchstfläche vertrauen können; sie sei als beihilfefähige Fläche zu akzeptieren. Nur so mache das System der Referenzparzellen Sinn. Vorliegend sei es immer um die Frage gegangen, ob Waldränder oder Büsche die Beihilfefähigkeit beeinflussten. Er, der Kläger, müsse sich darauf verlassen können, dass die Maßstäbe der Bewertung nicht von einem auf das andere Jahr geändert würden. Nachdem er erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Messungen geltend gemacht habe, hätte das Oberverwaltungsgericht diesen nachgehen müssen. Es habe auch die Beweislastverteilung nach § 11 MOG verkannt. Der Beklagte müsse eine korrekte Vermessung beweisen. Schließlich sei bei der Ermittlung der beihilfefähigen Fläche die Toleranzmarge nicht zutreffend berücksichtigt worden.

5 Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes stelle auf regionale Entwicklungsprogramme ab und erlaube folglich eine Regionalisierung. Nicht mehr zur Produktion genutzte Dauergrünlandflächen könnten zwar im Rahmen von Direktzahlungen beihilfefähig sein. Für die Ausgleichszulage gelte das jedoch nicht. Für sie sei vorausgesetzt, dass das Dauergrünland als solches genutzt werde. Das Oberverwaltungsgericht habe bei der Auslegung des Begriffs Dauergrünland auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Recht auf die örtlichen Bedingungen und eine effektive landwirtschaftliche Nutzung abgestellt. Es habe auch zutreffend darauf abgestellt, dass das Vordringen unerwünschter Vegetation zu vermeiden sei. Ein Großteil der nicht anerkannten Flächen sei ausschließlich mit verholzenden Pflanzen bewachsen gewesen. Für diese habe das Oberverwaltungsgericht zutreffend Dauergrünland verneint. Bei den übrigen Flächen handele es sich um Mischvegetationsflächen. Bei der Einschätzung, ab welchem Anteil verholzender Pflanzen Dauergrünland zu verneinen sei, habe das Oberverwaltungsgericht ihm zu Recht eine Letztentscheidungsbefugnis zugestanden. Zutreffend verweise es darauf, dass der europäische Gesetzgeber den Mitgliedstaaten eine gewisse Flexibilität bei der Definition zugestanden habe. Mit der beihilfefähigen Höchstfläche werde lediglich festgelegt, welche Fläche maximal beihilfefähig sei. Es sei Sache des jeweiligen Antragstellers, die Voraussetzungen einer höheren Zuwendung zu belegen; er trage die Beweislast. Auf schutzwürdiges Vertrauen könne der Kläger sich nicht berufen. Änderungen gegenüber dem Vorjahr habe er in seinem Antrag geltend machen können und müssen.

II

6 Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das angegriffene Berufungsurteil beruht auf einem Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die Annahme, dem Beklagten stehe bei der Bestimmung von Dauergrünland eine Letztentscheidungsbefugnis zu, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Der Grenzwert einer Verbuschung von über 25% der Bezugsfläche, der der Nichtanerkennung von Teilflächen als Dauergrünland zugrunde liegt, findet in dem für die Begriffsbestimmung maßgeblichen Unionsrecht keine Grundlage. Der Senat kann nicht selbst in der Sache entscheiden, weil das Berufungsgericht die hierfür erforderlichen Tatsachenfeststellungen nicht getroffen hat. Die Sache ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

7 1. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die begehrte Ausgleichszulage für die umstrittenen Flächen nur gewährt werden kann, wenn diese als Dauergrünland im Sinne des Unionsrechts genutzt wurden.

8 a) Die Ausgleichszulage beruht auf der Richtlinie des Landes Thüringen zur Förderung landwirtschaftlicher Betriebe in benachteiligten Gebieten vom 22. April 2010 (Thüringer Staatsanzeiger Nr. 22/2010 S. 633 - Förderrichtlinie). Sie leitet sich aus dem regionalen Entwicklungsprogramm "FörderInitiative Ländliche Entwicklung in Thüringen 2007-2013" ab, das seinerseits beruht auf dem nationalen Strategieplan, der nationalen Rahmenregelung der Bundesrepublik Deutschland für die Entwicklung ländlicher Räume und dem Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" für den Zeitraum 2010-2013 (GAK-Rahmenplan). Die Förderrichtlinie und die genannten nationalen Regelungen finden unionsrechtlich ihre Grundlage in der für die Förderperiode 2007-2013 geltenden Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ABl. L 277 S. 1).

9 Die Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 steckt den strategischen Rahmen ab und bestimmt die Schwerpunkte und Maßnahmen, innerhalb derer die durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) geförderte Politik durchgeführt wird (Art. 1 VO <EG> Nr. 1698/2005). Die Mitgliedstaaten entwickeln in diesem Rahmen (regionale) Programme (Art. 15 Abs. 2 und 3 VO <EG> Nr. 1698/2005). Unbeschadet des Auftrags, dass die Gemeinschaft bei ihren Aktionen zugunsten der ländlichen Entwicklung darauf achtet, Ungleichheiten zu beseitigen (Erwägungsgrund 7), ist in diesem mehrstufigen Konzept angelegt, dass innerhalb des unionsrechtlichen Rahmens in den einzelnen Mitgliedstaaten und gegebenenfalls Regionen im Einzelnen unterschiedliche Förderprogramme aufgelegt werden können.

10 b) Die Ausgleichszulage hat die Sicherung einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit, die dauerhafte Nutzung landwirtschaftlicher Flächen, insbesondere des Grünlandes durch eine tiergebundene Bewirtschaftung und Pflege sowie den Erhalt des ländlichen Lebensraums als Wirtschaftsraum, Naturraum und attraktive Landschaft zum Ziel (Förderrichtlinie, Nr. 2). Sie ist eine Maßnahme gemäß Art. 36 Buchst. a Ziffer ii VO (EG) Nr. 1698/2005 zur Förderung der nachhaltigen Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen in Gestalt von Zahlungen zugunsten von Landwirten in benachteiligten Gebieten (zu den Gebieten vgl. Richtlinie 86/465/EWG des Rates vom 14. Juli 1986 betreffend das Gemeinschaftsverzeichnis der benachteiligten landwirtschaftlichen Gebiete im Sinne der Richtlinie 75/268/EWG - Deutschland - <ABl. L 273 S. 1> in ihrer zuletzt geänderten Fassung der Entscheidung 95/6/EG der Kommission vom 13. Januar 1995 <ABl. L 11 S. 26>). Die Zahlungen werden gemäß Art. 37 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1698/2005 jährlich je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche gewährt. Diese Voraussetzung der Fördermaßnahme wurde konkretisiert durch einen Verweis auf die Entscheidung 2000/115/EG der Kommission vom 24. November 1999 über die Definition der Erhebungsmerkmale, die Liste der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die Ausnahmen von Definitionen sowie die Regionen und Bezirke im Hinblick auf die Erhebungen über die Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe (ABl. L 38 S. 1). Mit Wirkung vom 4. Januar 2010 wurde die Entscheidung 2000/115/EG aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1200/2009 der Kommission vom 30. November 2009 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1166/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Betriebsstrukturerhebungen und die Erhebung über landwirtschaftliche Produktionsmethoden im Hinblick auf die Koeffizienten für Großvieheinheiten und die Definitionen der Merkmale (Art. 4 und Erwägungsgrund 8 <ABl. L 329 S. 1>).

11 Landwirtschaftlich genutzte Fläche ist nach den Merkmalsdefinitionen für die Betriebsstrukturerhebungen die Gesamtheit der vom Betrieb selbst bewirtschafteten Flächen an Ackerland, Dauergrünland, Dauerkulturen sowie Haus- und Nutzgärten (1.03.01 Anhang II VO <EG> Nr. 1200/2009). Als Dauergrünland werden Flächen definiert, die fortdauernd (mindestens fünf Jahre) dem Anbau von Grünfutterpflanzen dienen, sei es durch künstliche Anlage (Einsaat) oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat), und die außerhalb der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs stehen. Die Flächen können beweidet, zwecks Heu- oder Silageherstellung abgemäht oder zur Erzeugung von erneuerbarer Energie genutzt werden (2.03 Anhang II VO <EG> Nr. 1200/2009). Neben weiteren Unterdifferenzierungen definiert die Verordnung als Dauergrünland, das nicht mehr zu Produktionszwecken genutzt wird und beihilfefähig ist, Dauergrünlandflächen, die in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten werden (2.03.03 Anhang II VO <EG> Nr. 1200/2009). Daneben bestimmt Art. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1120/2009 der Kommission vom 29. Oktober 2009 (ABl. L 316 S. 1) den Begriff Dauergrünland für den Bereich der Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik, namentlich für die Betriebsprämie. Der inhaltlich gleichen Definition ist zusätzlich eine Definition von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen beigefügt. Anhaltspunkte für ein unionsrechtlich differenzierendes Begriffsverständnis bestehen nicht. Dem entspricht, dass der Unionsgesetzgeber mit der Agrarreform 2014 für die Begriffsdefinition im ELER-Bereich auf jene der Direktzahlungen verweist (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f VO <EU> Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 <ABl. L 347 S. 487>).

12 c) Sowohl die nationale Rahmenregelung (Nr. 4.2.1.2, S. 37 f.) als auch der GAK-Rahmenplan (Nr. 5.2., S. 43) sehen vor, dass für Flächen, die nicht mehr für die landwirtschaftliche Erzeugung genutzt werden, keine Ausgleichszulage gewährt wird. Nicht in die Förderung einbezogen werden auch Flächen für die Erzeugung bestimmter Kulturen wie etwa Weizen. Die entsprechenden Ausschlüsse finden sich auch in der Förderrichtlinie (Nr. 5.4.1 und 5.4 .2). Sie verlangt im Falle der Bewirtschaftung von Dauergrünland zudem, dass in mindestens 11 Monaten des Kalenderjahres ein Tierbesatz von mindestens 0,3 GVE je Hektar Hauptfutterfläche vorhanden ist (Nr. 4.3).

13 Die damit ausgeschlossenen Flächen erfüllen zwar die Voraussetzung einer landwirtschaftlich genutzten Fläche im Sinne des Unionsrechts und könnten folglich in die Förderung einbezogen werden. Die nationalen Beschränkungen der förderfähigen Flächen bleiben aber innerhalb des Rahmens, den das Unionsrecht vorgibt. Soweit der Kläger demgegenüber meint, eine Fläche, die - wie etwa aus der Erzeugung genommenes Dauergrünland - im Rahmen von Direktzahlungen förderfähig sei, müsse auch für die Ausgleichszulage anerkannt werden, lässt sich dies mit der Konzeption der ELER-Maßnahmen nicht vereinbaren. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, denn der Kläger macht keine derartige Fläche geltend, sondern behauptet, die umstrittenen Flächen mit seinen Schafen beweidet zu haben.

14 Jenseits dieser Beschränkungen knüpfen die nationale Rahmenregelung (S. 76) und der GAK-Rahmenplan (Anlage 2, S. 58) an den unionsrechtlich geltenden Dauergrünlandbegriff an. Dauergrünland verstehen sie als nicht in die Fruchtfolge einbezogene Flächen, auf denen ständig (für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren) Gras erzeugt wird, wobei es sich um eingesätes oder natürliches Grünland handeln kann. Das entspricht inhaltlich der Definition der Verordnung (EG) Nr. 1200/2009 und spiegelt sich in Art. 2 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 1120/2009. Die Förderrichtlinie (Nr. 4.3) setzt diesen Dauergrünlandbegriff voraus und lässt eine eigene, den unionsrechtlichen Begriff möglicherweise modifizierende Regelung nicht erkennen. Das bestätigt das von dem Beklagten in Bezug genommene Merkblatt der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft "Beurteilung der Verbuschung auf dem Dauergrünland - im Rahmen der Direktzahlungen und der flächenbezogenen ELER-Maßnahmen". Der Titel macht deutlich, dass seine Ausführungen sowohl im Bereich der Direktzahlungen (Betriebsprämie) als auch im Bereich der Ausgleichszulage Geltung beanspruchen. Angesichts der Bindung der Direktzahlungen an die unionsrechtliche Definition von Dauergrünland ist für die Annahme kein Raum, der Beklagte habe mit dem Merkblatt im Rahmen seiner Gestaltung der Ausgleichszulage eigene Vorgaben machen wollen. Folglich knüpft die Förderrichtlinie an den unionsrechtlich geltenden Dauergrünlandbegriff an. Dieses - jenseits der aufgezeigten Beschränkungen - einheitliche Verständnis des Begriffs trägt zugleich der Verständlichkeit und damit praktischen Bedürfnissen Rechnung. Auch die Beteiligten halten unter Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 1120/2009 den unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriff für maßgebend.

15 2. Zutreffend ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Kläger die Anerkennung der von ihm beantragten Flächen nicht schon deshalb beanspruchen kann, weil diese in den Antragsunterlagen als beihilfefähige Höchstfläche ausgewiesen waren. Mit der beihilfefähigen Höchstfläche ist die beihilfefähige Fläche nicht festgesetzt und auch sonst kein Vertrauenstatbestand geschaffen.

16 Die Verordnung (EG) Nr. 1975/2006 der Kommission vom 7. Dezember 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 (ABl. L 368 S. 74), die für das Antragsjahr 2010 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 484/2009 der Kommission vom 9. Juni 2009 (ABl. L 145 S. 25) anzuwenden ist, sieht in ihrem Art. 7 Abs. 2 Satz 1 die sinngemäße Anwendung von Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 vor. Die Verordnung (EG) Nr. 796/2004 wurde zum 1. Januar 2010 aufgehoben und Verweise auf ihre Bestimmungen von den nach der Entsprechungstabelle der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009 (ABl. L 316 S. 65) vorgesehenen Bestimmungen abgelöst (Art. 86 VO <EG> Nr. 1122/2009). Maßgeblich ist hier Art. 6 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009. Nach dieser Vorschrift ist das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen nach Art. 17 VO (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 (ABl. L 30 S. 16) auf Ebene von Referenzparzellen anzuwenden, für die eine beihilfefähige Höchstfläche festgesetzt wird. Art. 19 Abs. 2 VO (EG) Nr. 73/2009 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten für den Sammelantrag - als dessen Teil die Ausgleichszulage zu beantragen ist (Förderrichtlinie 7.1) - vordefinierte Formulare auf der Grundlage der im vorangegangenen Kalenderjahr ermittelten Flächen und kartografische Unterlagen mit der Lage dieser Flächen zur Verfügung stellen, in denen die beihilfefähige Höchstfläche der Referenzparzellen anzugeben ist (Art. 12 Abs. 3 VO <EG> Nr. 1122/2009). Art. 12 Abs. 4 VO (EG) Nr. 1122/2009 verpflichtet die Betriebsinhaber, bei Antragseinreichung die vordefinierten Antragsformulare zu berichtigen, wenn diese nicht zutreffende Angaben enthalten; betrifft die Berichtigung die Fläche der Referenzparzelle, so sind die aktualisierte Fläche und erforderlichenfalls die neuen Grenzen der Referenzparzelle anzugeben. Vor diesem Hintergrund und auch nach dem Wortlaut (beihilfefähige Höchstfläche; en: a maximum eligible area; fr: la superficie maximale admissible) besteht kein Anhaltspunkt dafür, mit ihr werde die jeweils tatsächlich beihilfefähige Fläche bestimmt (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 4. Mai 2020 - 10 LA 14/19 - juris Rn. 12 f.). Entsprechend kann ein Antragsteller auch sonst nicht darauf vertrauen, dass die vordefinierten Antragsformulare die beihilfefähigen Flächen abbilden würden.

17 Soweit der Kläger darüber hinaus meint, er müsse sich darauf verlassen können, dass die Maßstäbe der Bewertung nicht von einem auf das andere Jahr geändert würden, fehlen bereits Feststellungen zu der Behauptung, es seien andere Maßstäbe angewandt worden, notwendige Hinweise unterlassen oder falsche gegeben worden. Ein Förderanspruch ließe sich dadurch im Übrigen nicht begründen.

18 3. Ebenso wenig ist die Rüge berechtigt, das Oberverwaltungsgericht habe die Toleranzmarge nicht zutreffend berücksichtigt.

19 Die Erfüllung der Förderkriterien wird durch Verwaltungs- und Vor-Ort-Kontrollen überprüft (Art. 10 Abs. 4 VO <EG> Nr. 1975/2006). Wird bei einer flächenbezogenen Maßnahme (Art. 6 Abs. 2 Buchst. a VO <EG> Nr. 1975/2006) wie der Ausgleichszulage festgestellt, dass die in einem Antrag angegebene Fläche über der ermittelten Fläche liegt, so wird der Beihilfebetrag auf der Grundlage der bei der Kontrolle (tatsächlich) ermittelten Fläche berechnet (Art. 16 Abs. 2 Unterabs. 1 VO <EG> Nr. 1975/2006). Die ermittelte Fläche wird im Wege der Sanktion gekürzt, wenn die Differenz zwischen Angabe und ermittelter Fläche bestimmte Schwellen überschreitet (Art. 16 Abs. 2 VO <EG> Nr. 1975/2006).

20 Art. 15 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1975/2006 bestimmt, dass die Durchführung der Vor-Ort-Kontrollen und die Bestimmung der Flächen gemäß den Artikeln 29, 30 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 erfolgt. An die Stelle dieser Vorschriften sind zum Antragsjahr 2010 die Bestimmungen der Art. 33, 34 Abs. 1, 2, 3 und 6 sowie Art. 35 VO (EG) Nr. 1122/2009 getreten. Art. 34 Abs. 1 Unterabs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 regelt zunächst, mit welchen Mitteln und welcher Messgenauigkeit die Flächen der landwirtschaftlichen Parzellen zu ermitteln sind. Sodann sieht Art. 34 Abs. 1 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 1122/2009 eine Toleranzmarge vor mit einem auf den Parzellenumfang anzuwendenden Pufferwert von höchstens 1,5 m und einer Höchsttoleranz für die einzelnen landwirtschaftlichen Parzellen, die einen Absolutwert von 1,0 ha nicht überschreiten darf.

21 Wie der Senat in seinem Beschluss vom 29. Januar 2015 - 3 B 24.14 - (Buchholz 451.500 Landw BetrPrämien Nr. 8) zu den im Wesentlichen gleichen Vorgängerregelungen ausgeführt hat, wird nach dem klaren Wortlaut und der Systematik der Regelung bei der Ermittlung der förderfähigen Fläche eine gewisse Abweichung hingenommen mit der Folge, dass innerhalb der Toleranz die angegebene Fläche als ermittelt gilt. Für die Annahme, das Messergebnis der Kontrolle sei auch dann pauschal zu korrigieren, wenn die maximal tolerierte Abweichung überschritten ist, besteht - wie in dem genannten Beschluss ausgeführt - kein Anhaltspunkt und daher auch keine Notwendigkeit, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 [ECLI:​EU:​C:​1982:​335] - C.I.L.F.I.T. Rn. 12 ff.). Der Kläger setzt sich damit nicht näher auseinander und zeigt auch nicht auf, weshalb es - wie er meint - unverhältnismäßig sein sollte, das Messergebnis der Vor-Ort-Kontrolle zur Grundlage der Bewilligung zu machen, wenn die beantragte Fläche außerhalb der Toleranz liegt.

22 Soweit der Kläger darüber hinaus meint, das Oberverwaltungsgericht habe den von ihm geltend gemachten Zweifeln an der Richtigkeit der Messungen weiter nachgehen müssen, setzt er sich nicht näher mit den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil auseinander und zeigt einen Verfahrensmangel nicht in der gebotenen Weise auf (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO).

23 4. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagte habe bei der Bestimmung von Dauergrünland in Ansehung des unbestimmten Rechtsbegriffs "dem Anbau dienen" eine Letztentscheidungsbefugnis, die die Festlegung der für das Vordringen unerwünschter Vegetation maßgeblichen pflanzlichen Indikatoren, die Bestimmung der maßgeblichen Bezugsflächen und die Festlegung von Grenzwerten umfasse, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Ein solcher Beurteilungsspielraum steht der Bewilligungsbehörde bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs nicht zu.

24 Mit der Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verbindet sich die grundsätzliche Verpflichtung der Gerichte, angefochtene Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig und uneingeschränkt nachzuprüfen. Beruht die Entscheidung auf der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, so ist deren Konkretisierung grundsätzlich Sache der Gerichte. Ausnahmen hiervon, in denen der Verwaltung Beurteilungsspielräume und damit von den Gerichten nicht oder nur eingeschränkt überprüfbare Letztentscheidungsbefugnisse eingeräumt sind, dürfen der vollziehenden Gewalt nur aufgrund eines Gesetzes eingeräumt werden. Ob ein Spielraum besteht, muss sich ausdrücklich aus dem Gesetz ergeben oder durch Auslegung hinreichend deutlich zu ermitteln sein. Wegen der damit verbundenen Freistellung der Rechtsanwendung von gerichtlicher Kontrolle bedarf es zudem stets eines hinreichend gewichtigen, am Grundsatz eines wirksamen Rechtsschutzes ausgerichteten Sachgrundes (BVerfG, Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <20 ff.> m.w.N.). Geht es um die Anwendung von Unionsrecht, hier die Auslegung des unionsrechtlichen Begriffs des Dauergrünlands, so gilt für die gerichtliche Kontrolle nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten und vorbehaltlich unionsrechtlich eingeräumter Beurteilungsspielräume nichts anderes (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 1 C 37.14 - NVwZ 2016, 161 Rn. 20 f.).

25 Danach besteht für einen behördlichen Beurteilungsspielraum und eine damit einhergehende eingeschränkte gerichtliche Kontrolle keine Grundlage. Der unionsrechtliche Dauergrünlandbegriff knüpft zwar bei der Definition von Grünfutterpflanzen und allgemein hinsichtlich der agronomischen Verhältnisse an die jeweiligen Gegebenheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten an. Das ändert jedoch nichts an dem einheitlichen, für alle Mitgliedstaaten verbindlichen rechtlichen Maßstab, sondern betrifft lediglich die jeweils nach den tatsächlichen Verhältnissen gebotene Würdigung. Richtig ist darüber hinaus, dass den Mitgliedstaaten Gestaltungsspielräume überlassen sind. So erlaubt Art. 2 Buchst. c VO (EG) Nr. 1120/2009 den Mitgliedstaaten beispielsweise, bestimmte Kulturpflanzen einzuschließen. Gleiches gilt für bestimmte Landschaftsmerkmale, insbesondere Hecken, Gräben oder Mauern, die als traditionelle Bestandteile landwirtschaftlicher Praktiken von den Mitgliedstaaten in die jeweilige landwirtschaftlich genutzte Fläche einbezogen werden können (Art. 34 Abs. 2 Unterabs. 2 VO <EG> Nr. 1122/2009) und die vom Kläger geltend gemachte Gestaltungsmöglichkeit nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. h VO (EU) Nr. 1307/2013 (ABl. L 347 S. 608), die hier allerdings zeitlich nicht anwendbar ist. Macht ein Mitgliedstaat von diesen Möglichkeiten Gebrauch, so sind die entsprechenden Regelungen der rechtlichen Würdigung zugrunde zu legen. Aus dem Umstand dieser ausdrücklich vorgesehenen nationalen Gestaltungsmöglichkeiten ergibt sich aber nicht, dass den Bewilligungsbehörden der Mitgliedstaaten bei der Konkretisierung des unionsrechtlichen Dauergrünlandbegriffs ein gerichtlich nur eingeschränkt kontrollierbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt wäre. Die denkbare Folge eines unterschiedlichen Begriffsverständnisses stünde der einheitlichen Anwendung des Begriffs in der Europäischen Union, insbesondere im Rahmen der Direktzahlungen, entgegen. Auch dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Mai 2019 (C-341/17 P [ECLI:​EU:​C:​2019:​409], Griechenland/Kommission) lässt sich nichts entnehmen, was für einen Beurteilungsspielraum sprechen könnte.

26 Ungeachtet der fehlenden normativen Grundlage lässt sich ein behördlicher Beurteilungsspielraum entgegen den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts auch nicht mit der Dynamik natürlicher und anthropogener Veränderungsprozesse rechtfertigen. Hierbei handelt es sich um gewöhnliche Probleme der richterlichen Tatsachenfeststellung, die nach den Grundsätzen der freien richterlichen Beweiswürdigung und notfalls auf der Grundlage der materiellen Beweislast zu lösen sind. Das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem gebietet im Übrigen eine Dokumentation der Vor-Ort-Kontrollen (Art. 13 VO <EG> Nr. 1975/2006; Art. 32 VO <EG> Nr. 1122/2009). Die Dienstanweisung des Landes Thüringen sieht vor, dass zur vollständigen Dokumentation der Ausdruck der Messprotokolle und von gegebenenfalls vorhandenen Fotos zum Pflegezustand der Flächen gehört. Schließlich besteht auch im Verwaltungsstreitverfahren die Möglichkeit eines selbstständigen Beweisverfahrens, falls der Verlust von Beweisen zu befürchten ist (vgl. Bamberger, in: Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 98 Rn. 38 m.w.N.).

27 5. Der abstrakte Grenzwert einer Verbuschung von über 25% der Bezugsfläche, auf den sich das angefochtene Urteil stützt, findet im Unionsrecht keine Grundlage. Die Anerkennung einer (Teil-)Fläche als Dauergrünland setzt allerdings eine entsprechende effektive Nutzung voraus; das Vegetationsbild einer mehrjährigen Sukzession verholzender Pflanzen steht der Annahme einer solchen Nutzung ebenso entgegen wie ein flächenhaft vorherrschender Aufwuchs von Nichtfutterpflanzen. Im Falle der Weidenutzung ist ein Weidedruck erforderlich, der, soweit es um die Verhinderung von Sukzession geht, in seiner Wirkung einer Mahd entspricht.

28 Die Ausgleichszulage knüpft als flächenbezogene Fördermaßnahme an die landwirtschaftlich genutzte Fläche an. Geht es wie hier um Dauergrünland, so müssen die geltend gemachten Flächen in dem jeweiligen Bewilligungszeitraum als solches genutzt werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Dauergrünlandbegriff der Verordnung (EG) Nr. 796/2004, der jenem der zeitlich nachfolgend geltenden Verordnung (EG) Nr. 1120/2009 entspricht, ist maßgebliches Kriterium für die Definition von Dauergrünland nicht die Art der Vegetation, sondern die tatsächliche Nutzung der Fläche für eine landwirtschaftliche Tätigkeit, die für Dauergrünland typisch ist. Das ergebe sich daraus, dass der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten eine gewisse Flexibilität habe belassen wollen, um den agronomischen Verhältnissen vor Ort Rechnung zu tragen. Die effektive landwirtschaftliche Nutzung sei daher ein geeigneteres Kriterium als die Art der Vegetation (EuGH, Urteil vom 15. Mai 2019 - C-341/17 P - Rn. 49 f., 54).

29 Hiervon ausgehend ist maßgeblich darauf abzustellen, ob die umstrittenen Teilflächen von dem Kläger tatsächlich effektiv als Dauergrünland genutzt wurden, mithin dem Anbau von Grünfutterpflanzen gedient haben. In diesem Sinne genutzt wird eine Fläche insbesondere dadurch, dass ihr Aufwuchs als Futter dient, sei es durch Weidehaltung von Tieren oder mittels Mahd (vgl. 2.03 Anhang II VO <EG> Nr. 1200/2009).

30 Die Begünstigten der Ausgleichszulage sind dabei verpflichtet, die in den Artikeln 5 und 6 sowie in den Anhängen II und III der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 genannten Grundanforderungen an die Betriebsführung und Vorschriften für die Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu erfüllen (Grundlegende Anforderungen - Art. 50a VO <EG> Nr. 1698/2005). Die mit der Nutzung als Dauergrünland korrespondierende landwirtschaftliche Tätigkeit (vgl. Art. 37 Abs. 2 VO <EG> Nr. 1698/2005) definiert Art. 2 Buchst. c VO (EG) Nr. 73/2009 in seinem Anwendungsbereich als zumindest Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (Mindesttätigkeit, vgl. auch Art. 4 Abs. 1 Buchst. c Ziffer iii VO <EG> Nr. 1307/2013). Dementsprechend erlaubt das Unionsrecht, im Rahmen der ELER-Maßnahmen auch Dauergrünland im Sinne von 2.03 Anhang II VO <EG> Nr. 1200/2009 als förderungsfähig anzuerkennen, das nicht mehr zu Produktionszwecken genutzt, aber in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten wird.

31 Gemäß Art. 6 Abs. 1 und Anhang III VO <EG> Nr. 73/2009 obliegt den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer agronomischen Verhältnisse, unter anderem Mindestanforderungen zur Vermeidung des Vordringens unerwünschter Vegetation auf landwirtschaftlichen Flächen festzulegen. Auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Direktzahlungen-Verpflichtungengesetzes (Art. 2 des Gesetzes vom 21. Juli 2004 <BGBl. I S. 1763, 1767>), das auf die vorliegende ELER-Maßnahme anwendbar ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 1 Buchst. b), sieht § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung vom 4. November 2004 (BGBl. I S. 2778) in der Fassung vom 26. Mai 2006 (BGBl. I S. 1252) vor, dass der Aufwuchs von Acker- und Dauergrünlandflächen, die aus der landwirtschaftlichen Erzeugung genommen worden sind, mindestens einmal jährlich zu zerkleinern und ganzflächig zu verteilen ist (mulchen) oder mindestens zweijährig zu mähen und der Aufwuchs abzufahren ist. Mit dieser Regelung soll gewährleistet werden, dass eine Verbuschung vermieden und der Aufwuchs von Gehölzpflanzen verhindert wird (BR-Drs. 602/04 S. 14; BR-Drs. 602/04 <Beschluss> S. 4 f.).

32 Unbeschadet des Umstandes, dass hier mit der Hütehaltung von Schafen eine herkömmliche landwirtschaftliche Tätigkeit in Rede steht und Flächen, die nicht mehr für die landwirtschaftliche Erzeugung genutzt werden, nicht förderfähig sind (Förderrichtlinie 5.4.1), markiert diese zur Erhaltung von Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand national bestimmte Mindesttätigkeit in ihrer Wirkung einen Standard, der als Referenz für das Ergebnis einer extensiven und damit noch effektiven landwirtschaftlichen Nutzung anzusehen ist. Ein Vegetationsbild, aufgrund dessen von einer mehrjährigen ungehinderten Sukzession verholzender Pflanzen auszugehen ist, ist damit nicht zu vereinbaren; es zeigt, dass die Fläche nicht hinreichend genutzt worden ist. Zwar gilt § 4 Abs. 2 der Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung nur für Flächen, die aus der landwirtschaftlichen Erzeugung genommen wurden. Mit Blick darauf, dass die Mitgliedstaaten das Vordringen unerwünschter Vegetation allgemein zu vermeiden haben (Art. 6, Anhang III VO <EG> Nr. 73/2009), die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Vermeidung einer Verbuschung aber nur für aus der Erzeugung genommene Flächen gesehen wurde, lässt sich jedoch nur die Annahme folgern, eine Nutzung der Flächen zur Weidehaltung von Tieren sei insoweit mit der gleichen Wirkung verbunden. Analog diesem Maßstab setzt daher die hier erforderliche effektive landwirtschaftliche Nutzung einer Fläche einen Weidedruck voraus, der in seiner Wirkung auf die Vegetation und die Vermeidung einer Verbuschung diesen Erhaltungsmaßnahmen vergleichbar ist. Anderenfalls liegt eine Unternutzung vor mit der Folge, dass eine hiervon betroffene Fläche nicht förderfähig ist. Dem entspricht im Übrigen auch die Äquivalenz von Weidehaltung und Mahd als Nutzungsformen von Dauergrünland (vgl. 2.03 Anhang II VO <EG> Nr. 1200/2009). Zu beachten ist allerdings, dass Weidetiere selektiv fressen. Entsprechend lässt sich der Aufwuchs von verholzenden und sonstigen Nicht-Futterpflanzen nicht von vornherein ausschließen. Kommt es zu einem flächenhaft vorherrschenden Aufwuchs von Nicht-Futterpflanzen, so ist dem durch geeignete Mittel zu begegnen. Anderenfalls kann eine davon betroffene Fläche im Lichte der üblichen agronomischen Verhältnisse in Deutschland nicht als effektiv genutzt und damit als Dauergrünland anerkannt werden (vgl. EuGH, Schlussanträge vom 5. Dezember 2018 - C-341/17 P [ECLI:​EU:​C:​2018:​981], Griechenland/Kommission - Rn. 64).

33 Unbeschadet dessen bleiben im Übrigen Teilflächen förderfähig, die als Landschaftselemente im Sinne von § 5 Direktzahlungen-Verpflichtungenverordnung erhalten werden müssen beziehungsweise nach § 8a InVeKoS-Verordnung (Fassung vom 7. Mai 2020) auch darüber hinaus als Bestandteil einer landwirtschaftlich genutzten Fläche anerkannt sind.

34 6. Der Senat kann nicht selbst in der Sache entscheiden, weil das Oberverwaltungsgericht die hierfür erforderlichen Tatsachenfeststellungen nicht getroffen hat. Die Sache ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

35 a) Das Oberverwaltungsgericht hat keine näheren tatsächlichen Feststellungen zur Nutzung, insbesondere zum Erscheinungsbild der umstrittenen Teilflächen getroffen. Es hat dem Kläger einerseits vorgehalten, eine Verbuschung unterhalb der Grenze von über 25% nicht substantiiert vorgetragen zu haben. Andererseits verweist es auf fachwissenschaftliche Erkenntnisgrenzen, die es erlaubten, die plausible Einschätzung des Beklagten zugrunde zu legen. Schließlich ist es der Auffassung, die tatsächlichen Gegebenheiten der Beihilfefähigkeit ließen sich heute nicht mehr feststellen.

36 Soweit das Oberverwaltungsgericht davon ausgeht, es könne die tatsächliche Einschätzung des Beklagten seinem Urteil zugrunde legen, bezieht es sich mit der 25%-Grenze auf einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab. In tatsächlicher Hinsicht ist ein Grund für eine nur eingeschränkte gerichtliche Kontrolle im Übrigen nicht erkennbar. Richtig ist zwar, dass die gerichtliche Kontrolle insoweit durch den Erkenntnisstand der Fachwissenschaft begrenzt sein kann (BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2018 - 1 BvR 2523/13 u.a. - BVerfGE 149, 407). Entsprechende strukturelle Erkenntnisdefizite im Zusammenhang mit der Frage des Vorliegens von Dauergrünland zeigt das Oberverwaltungsgericht jedoch nicht auf. Sie sind auch nicht erkennbar.

37 Ebenso wenig kann der Senat ohne weiteres davon ausgehen, dass sich die Beihilfefähigkeit nach dem zutreffenden Maßstab nicht mehr aufklären lässt. Nach dem Vortrag des Beklagten geht es bei einem Großteil der umstrittenen Teilflächen um Hangterrassen mit fortschreitendem Baum- und Gehölzwachstum mit Anschluss beziehungsweise Kronenschluss zum Wald. Auch nach dem Vorbringen des Klägers ging es immer um die Bedeutung der Waldränder und Büsche. Von den Flächen liegen Orthofotos vor, die sich in einem Ausdruck bei den Akten befinden und darüber hinaus elektronisch verfügbar sind. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass sich die Fotos entsprechend ihrer Auflösung aufbereiten und mit der gebotenen Sachkunde hinsichtlich der in Rede stehenden mehrjährigen Pflanzensukzession und damit des Nutzungszustandes beweiskräftig auswerten lassen. Darüber hinaus lässt sich Beweis durch Vernehmung der an den Vor-Ort-Kontrollen Beteiligten erheben. Danach kann nicht ausgeschlossen werden, dass im Rahmen der gebotenen Beweiswürdigung hinreichende Feststellungen zum Mindestmaß einer effektiven Nutzung als Dauergrünland im Antragsjahr möglich sind.

38 b) Sollten sich keine Feststellungen mehr treffen lassen, so ist nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast (Feststellungslast) zu entscheiden. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger die Beweislast für die Voraussetzungen der begehrten Ausgleichszulage trägt. Aus § 11 MOG ergibt sich nichts anderes. Das Marktordnungsgesetz bezieht sich auf die gemeinsamen Marktordnungsorganisationen und Direktzahlungen, von denen Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums ausdrücklich ausgenommen sind (§ 1 Abs. 1a MOG). § 11 MOG enthält eine spezielle Beweislastregelung für die Rückforderung nach dem Empfang entsprechender, hier nicht einschlägiger Vergünstigungen. Nach dieser Bestimmung trägt der Begünstigte - entgegen allgemeinen Grundsätzen - in dem Verantwortungsbereich, der nicht zum Bereich der für die Gewährung der Vergünstigung zuständigen Stelle gehört, auch nach dem Empfang und bis zum Ablauf des vierten Jahres, das dem Kalenderjahr der Gewährung folgt, die Beweislast für die Voraussetzungen der Vergünstigung. Abgesehen davon, dass es hierum vorliegend nicht geht, zählt die erforderliche Dauergrünlandnutzung nicht zum Verantwortungsbereich des Beklagten.

39 c) Sollte festzustellen sein, dass weitere, aber nicht alle umstrittenen Teilflächen förderfähig sind, so werden hinsichtlich der verbliebenen Übererklärung die Sanktionsregelungen des Art. 16 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1975/2006 zu beachten sein. Der Senat hat in seinem Urteil vom 21. April 2020 - 3 C 18.18 - (BVerwGE 168, 55 Rn. 8 ff.) entschieden, dass die mildere Sanktionsnorm des Art. 19a der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 (ABl. L 181 S. 48) in der Fassung der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 2016/1393 der Kommission vom 4. Mai 2016 (ABl. L 225 S. 41) nicht rückwirkend anwendbar ist. Soweit das Oberverwaltungsgericht der Berufung des Klägers auf der Grundlage seiner gegenteiligen Rechtsauffassung stattgegeben und den Beklagten zu einer Nachbewilligung verpflichtet hat, ist die Entscheidung rechtskräftig geworden. Der Beklagte hat keine Revision eingelegt. Die Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung eines darüber hinausgehenden Betrags kommt jedoch nur in Betracht, wenn sich ein weiterer Anspruch auf der Grundlage der zutreffenden Sanktion als berechtigt erweist.

40 Das Oberverwaltungsgericht hat offen gelassen, ob der Kläger die Möglichkeit hat, sich nach der Regelung des Art. 73 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 zu exkulpieren, und angemerkt, die Verordnung (EG) Nr. 1975/2006 verweise auf diese Regelung nicht. Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass sich die Anwendbarkeit der Regelung aus Art. 2 VO (EG) Nr. 1975/2006, Art. 68 Abs. 1 VO (EG) Nr. 796/2004 in Verbindung mit Art. 86 VO (EG) Nr. 1122/2009 und der dortigen Entsprechungstabelle ergibt.