Verfahrensinformation

Entziehung der Fahrerlaubnis bei gelegentlichem Cannabiskonsum und erstmaligem Verkehrsverstoß


Die Kläger wenden sich jeweils gegen die Entziehung ihrer Fahrerlaubnis.


Bei Verkehrskontrollen wurde festgestellt, dass die Kläger jeweils ein Kraftfahrzeug führten, obwohl ihre Fahrtüchtigkeit durch vorangegangenen Cannabiskonsum beeinträchtigt war. Deshalb entzog ihnen die zuständige Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis; sie ging dabei von fehlender Fahreignung wegen gelegentlichen Cannabiskonsums und unzureichender Trennung zwischen diesem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges aus. Die vorherige Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens hielt sie für nicht erforderlich.


Die hiergegen gerichteten Klagen waren erfolgreich, soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Berufungsverfahren entschieden hat. Er ist der Auffassung, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen, als Ordnungswidrigkeit geahndeten Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich noch nicht gemäß § 11 Abs. 7 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen könne. Vielmehr sehe § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV in solchen Fällen die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor.


Demgegenüber kam das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu dem Ergebnis, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis zu Recht auf der Grundlage von § 11 Abs. 7 FeV erfolgt sei. Dieser Auffassung ist auch eine Kammer des Verwaltungsgerichts München, die deshalb in ihrem klageabweisenden Urteil die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen hat.


Das Bundesverwaltungsgericht wird zu klären haben, welche der beiden Auffassungen zutrifft.


Pressemitteilung Nr. 29/2019 vom 11.04.2019

Erstmaliger Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Gebot des Trennens von Konsum und Fahren führt regelmäßig nicht unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter der Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen darf. In solchen Fällen haben die Fahrerlaubnisbehörden gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Klärung der durch diese Fahrt begründeten Zweifel an der Fahreignung zu entscheiden.


In den beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren war bei Verkehrskontrollen jeweils festgestellt worden, dass die Kläger, die gelegentliche Cannabiskonsumenten waren, trotz vorangegangenen Konsums ein Kraftfahrzeug geführt hatten. Aufgrund der ermittelten Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC), dem psychoaktiven Cannabiswirkstoff, im Blutserum von 1 ng/ml oder mehr gingen die Fahrerlaubnisbehörden davon aus, dass die Fahrsicherheit der Kläger beeinträchtigt sein konnte. Daher fehle ihnen nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung wegen fehlender Trennung zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges die Fahreignung. Die Fahrerlaubnisbehörden entzogen den Betroffenen deshalb gestützt auf § 11 Abs. 7 FeV ohne die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens die Fahrerlaubnis.


Die hiergegen erhobenen Klagen sind erfolgreich gewesen, soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in der Berufung entschieden hat. Er ist der Auffassung, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen, als Ordnungswidrigkeit geahndeten Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis nicht unmittelbar von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen darf, sondern zur Klärung der damit begründeten Zweifel an der Fahreignung im Ermessenswege über die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden hat. Dagegen hat das Nordrhein-Westfälische Oberverwaltungsgericht in dem bei ihm anhängigen Berufungsverfahren die unmittelbare Entziehung der Fahrerlaubnis für zulässig erachtet.


Das Bundesverwaltungsgericht hat seine bisherige Rechtsprechung (Urteil vom 23. Oktober 2014 - BVerwG 3 C 3.13) bestätigt, dass ein gelegentlicher Konsument von Cannabis den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht trennt (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung), wenn bei der Fahrt die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung seiner Fahrsicherheit besteht. Von einer solchen Möglichkeit kann nach wie vor ausgegangen werden, wenn beim Betroffenen im Anschluss an die Fahrt eine THC-Konzentration von 1 ng/ml oder mehr festgestellt wird. Allein dieser erstmalige Verstoß gegen die gebotene Trennung von Konsum und Fahren rechtfertigt indes in der Regel nicht die Annahme, dass sich der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. An seiner gegenteiligen Annahme im Urteil vom 23. Oktober 2014 hält das Bundesverwaltungsgericht nicht fest. Auch ein einmaliger Verstoß begründet aber Bedenken gegen die Fahreignung, denen die Fahrerlaubnisbehörde nachgehen muss. Erforderlich ist eine Prognose, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Fahren trennen wird. Um hierfür eine ausreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage zu haben, bedarf es in der Regel der Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Die Fahrerlaubnisbehörde hat gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Anordnung der Beibringung eines solchen Gutachtens und die hierbei einzuhaltende Frist zu entscheiden.


Fußnote:

§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG (Entziehung der Fahrerlaubnis)


Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen.


 


§ 46 FeV (Entziehung, Beschränkung, Auflagen)


Abs. 1: Erweist sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.


Abs. 3: Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechende Anwendung.


 


§ 14 Abs. 1 Satz 3 FeV (Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel)


Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.


 


§ 11 Abs. 7 FeV (Eignung)


Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.


 


Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung


Mangel:


Gelegentliche Einnahme von Cannabis.


Eignung oder bedingte Eignung:


Ja, wenn Trennung von Konsum und Fahren und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit, kein Kontrollverlust.


BVerwG 3 C 13.17 - Urteil vom 11. April 2019

Vorinstanzen:

VGH München, 11 BV 17.33 - Urteil vom 25. April 2017 -

VG München, M 26 K 15.1494 - Urteil vom 20. November 2016 -

BVerwG 3 C 14.17 - Urteil vom 11. April 2019

Vorinstanzen:

OVG Münster, 16 A 551/16 - Urteil vom 15. März 2017 -

VG Gelsenkirchen, 9 K 1253/15 - Urteil vom 20. Januar 2016 -

BVerwG 3 C 7.18 - Urteil vom 11. April 2019

Vorinstanzen:

VGH München, 11 BV 17.1036 - Urteil vom 28. Februar 2018 -

VG München, M 6 K 17.762 - Urteil vom 05. April 2017 -

BVerwG 3 C 2.18 - Urteil vom 11. April 2019

Vorinstanzen:

VGH München, 11 BV 17.1879 - Urteil vom 13. Dezember 2017 -

VG München, M 26 K 16.5301 - Urteil vom 07. August 2017 -

BVerwG 3 C 8.18 - Urteil vom 11. April 2019

Vorinstanz:

VG München, M 6 K 17.1389 - Urteil vom 11. April 2018 -

BVerwG 3 C 9.18 - Urteil vom 11. April 2019

Vorinstanzen:

VGH München, 11 BV 18.259 - Urteil vom 10. April 2018 -

VG München, M 26 K 16.4642 - Urteil vom 09. Januar 2018 -

BVerwG 3 C 25.17 - Urteil vom 11. April 2019

Vorinstanzen:

VGH München, 11 BV 17.685 - Urteil vom 21. September 2017 -

VG Augsburg, Au 7 K 16.556 - Urteil vom 17. Februar 2017 -


Urteil vom 11.04.2019 -
BVerwG 3 C 13.17ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C13.17.0

Entziehung der Fahrerlaubnis nach Verletzung des Trennungsgebots durch einen gelegentlichen Konsumenten von Cannabis

Leitsatz:

Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen. In solchen Fällen hat sie gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden.

  • Rechtsquellen
    StVG § 3 Abs. 1 Satz 1
    FeV § 11 Abs. 7 und 8, §§ 13, 14 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 3,
    § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und Anlage 4 Nr. 9.2.2
    GG Art. 3 Abs. 1

  • VG München - 21.11.2016 - AZ: VG M 26 K 15.1494
    VGH München - 25.04.2017 - AZ: VGH 11 BV 17.33

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 11.04.2019 - 3 C 13.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C13.17.0]

Urteil

BVerwG 3 C 13.17

  • VG München - 21.11.2016 - AZ: VG M 26 K 15.1494
  • VGH München - 25.04.2017 - AZ: VGH 11 BV 17.33

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. März 2019
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner
am 11. April 2019 für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. April 2017 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

2 Bei einer Verkehrskontrolle am 28. April 2014 stellte die Polizei fest, dass der Kläger als Führer eines Pkw 1,7 g Marihuana bei sich führte. Er gab an, etwa 45 Minuten vor Fahrtantritt mit zwei Freunden einen Joint geraucht zu haben. In der bei ihm entnommenen Blutprobe wurden 3,7 ng/ml des psychoaktiven Cannabiswirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum festgestellt.

3 Mit rechtskräftigem Bußgeldbescheid vom 23. Mai 2014 wurden gegen den Kläger wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 und 3 des Straßenverkehrs-Gesetzes (StVG) eine Geldbuße in Höhe von 500 € und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt.

4 Mit Bescheid vom 4. Dezember 2014 entzog das Landratsamt Starnberg dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs seine Fahrerlaubnis der Klassen A1, AM, B und L und ordnete die Abgabe des Führerscheins innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids an. Er sei nach § 11 Abs. 7 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da er nicht in der Lage sei, den Konsum von Cannabis vom Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen. Den Widerspruch des Klägers wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2015 zurück.

5 Seine Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Fahrerlaubnisentziehung sei rechtmäßig. Der Kläger habe gelegentlich Cannabis konsumiert und den Konsum nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot liege vor, wenn ein gelegentlicher Cannabiskonsument ein Kraftfahrzeug führe, obwohl aufgrund des bei ihm festgestellten THC-Werts eine Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen sei. Von einer solchen Beeinträchtigung und damit fehlendem Trennungsvermögen sei auch unter Berücksichtigung der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 weiterhin ab einer THC-Konzentration von 1 ng/ml Blutserum auszugehen. Mit 3,7 ng THC/ml Serum habe der Kläger deutlich über diesem Wert gelegen.

6 Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof dieses Urteil und die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Bescheide seien rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Er sei zwar gelegentlicher Cannabiskonsument und habe am 28. April 2014 den Konsum nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Damit stehe aber nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Diese Fahrt begründe Zweifel an seiner Fahreignung, die nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV mit einer medizinisch-psychologischen Untersuchung aufgeklärt werden könnten. Für die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV spreche neben dem Wortlaut der Regelung und der amtlichen Überschrift die Entstehungsgeschichte von § 14 FeV. Nach der Verordnungsbegründung seien die §§ 13 und 14 FeV Spezialvorschriften zu § 11 FeV und dienten der Klärung von Eignungszweifeln bei einer Alkoholproblematik und im Hinblick auf den Konsum von Betäubungs- und Arzneimitteln. Der Verordnungsgeber habe damit verbindlich festlegen wollen, welche Aufklärungsmaßnahmen in welchen Fällen zu ergreifen seien. Nach der Begründung zu § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV könnten weitere Umstände im Sinne dieser Regelung u.a. dann gegeben sein, wenn der gelegentliche Cannabiskonsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolge. Die Begründung gebe keinen Anhalt dafür, dass der Verordnungsgeber § 11 Abs. 7 FeV bereits bei der ersten Verkehrsordnungswidrigkeit unter Cannabiseinfluss für anwendbar gehalten habe. Für die Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV streite auch die Systematik der §§ 11, 13 und 14 FeV i.V.m. der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (im Folgenden: Anlage 4). Bei der Klärung der Eignungszweifel nach § 13 Satz 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 FeV sei anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betroffenen prognostisch zu untersuchen, ob Wiederholungsgefahr bestehe. Aus der Anlage 4 ergebe sich nichts anderes. Deren Nr. 9.2.2 und 8.1 legten keine Grenzwerte fest, bei denen automatisch von Ungeeignetheit wegen fehlenden Trennungsvermögens auszugehen sei. Es bedürfe stets einer psychologischen Beurteilung, ob nach dem bekannt gewordenen Verhalten die Prognose zu stellen sei, dass auch in Zukunft keine Trennungsbereitschaft bestehe. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 bestimme nicht, dass bereits ein einmaliger Verstoß zur Ungeeignetheit führe; das ergebe sich auch nicht aus der gegenüber der Nr. 8.1 der Anlage 4 unterschiedlichen Formulierung. Auch bei diesem Normverständnis verbleibe für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ein sinnvoller Anwendungsbereich, etwa wenn zwei Ordnungswidrigkeiten nach § 24a Abs. 2 StVG unter Cannabiseinfluss oder je eine unter Alkohol- und Cannabiseinfluss begangen worden seien. Der Verordnungsgeber habe mit § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV eine Gleichbehandlung von Alkohol- und Drogenkonsumenten erreichen wollen. Bei fehlendem Trennungsvermögen habe er sie durch die Vorgabe hergestellt, beim zweiten Verstoß zwingend eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen. Auch der Sinn und Zweck von § 14 FeV, Eignungszweifel zu klären und die Sicherheit des Straßenverkehrs zu wahren, lege die dargestellte Auslegung nahe. Es sei nicht ersichtlich, dass gelegentliche Cannabiskonsumenten, die erstmals das Trennungsgebot verletzt hätten, eine größere Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellten als Alkoholkonsumenten, die das Trennungsgebot gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis d FeV nicht beachtet hätten und sich danach "nur" einer medizinisch-psychologischen Begutachtung unterziehen müssten. Außerdem sehe die Fahrerlaubnis-Verordnung bei einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt nach § 24a Abs. 1, Abs. 3 StVG anders als § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV bei gelegentlichem Cannabiskonsum nicht die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung vor. Ein solches Verständnis von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV füge sich außerdem sinnvoll in das ordnungs- und sicherheitsrechtliche Maßnahmensystem ein. Der Normgeber nehme hin, dass Verkehrsteilnehmer in gewissem Umfang Verkehrsordnungswidrigkeiten begingen, ohne dass ihnen sofort die Fahrerlaubnis entzogen werde. Gemäß § 25 StVG komme bei Ordnungswidrigkeiten nach §§ 24, 24a StVG nur die Verhängung eines Fahrverbots in Betracht. Nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem des § 4 StVG sei regelmäßig erst bei Erreichen von acht Punkten zwingend von mangelnder Fahreignung auszugehen und die Fahrerlaubnis zu entziehen. Die erstmalige, gegebenenfalls nur fahrlässige Übertretung ordnungsrechtlicher Vorschriften trage nicht zwingend eine Wiederholungsgefahr in sich, die ohne weitere Aufklärung die Annahme der Ungeeignetheit nach § 11 Abs. 7 FeV rechtfertige. Der Bußgeldkatalog sehe für den ersten Verstoß gegen § 24a Abs. 1 oder 2 StVG ein Bußgeld in Höhe von 500 € und ein einmonatiges Fahrverbot vor. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das zur Warnung reiche und eine Verhaltensänderung hervorrufe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass Fahrten unmittelbar nach dem Konsum von Cannabis mit einer sehr hohen THC-Konzentration ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine Straftat nach den §§ 315c, 316 StGB seien und deshalb eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 69 StGB nicht in Betracht komme. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grenzwerte für relative und absolute Fahrunsicherheit bei Alkoholkonsum fänden keine Entsprechung für Fahrten unter Cannabiseinfluss. Das könne nicht dazu führen, dass entgegen der abschließenden Festlegung der Anlässe für eine medizinisch-psychologische Untersuchung in § 14 FeV Grenzwerte definiert würden, die bei einem ordnungswidrigen Verhalten zur Fahrerlaubnisentziehung führten.

7 Zur Begründung seiner Revision macht der Beklagte geltend: Die angegriffene Fahrerlaubnisentziehung sei rechtmäßig. Aufgrund der Fahrt des Klägers am 28. April 2014 stehe gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Er habe gelegentlich Cannabis konsumiert und den Konsum nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Die Argumentation des Berufungsgerichts mit dem Wortlaut von § 14 FeV beruhe auf einem Zirkelschluss. Der Überschrift "Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel" lasse sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten solche Eignungszweifel bestünden. Auch der Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sage nichts darüber aus, ob die Fahrt eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten unter dem Einfluss einer fahrsicherheitsrelevanten THC-Konzentration lediglich Zweifel an seiner Fahreignung begründe oder sie zwingend ausschließe. Mit der Entstehungsgeschichte von § 14 FeV könne das Berufungsgericht seine Auffassung ebenfalls nicht begründen. Die Erwägungen des Verordnungsgebers ließen nicht den Schluss zu, die Regelungen zum Alkohol- und zum Cannabiskonsum hätten einander pauschal und vollständig angeglichen werden sollen. Ebenso wenig ergäben sich aus der Systematik der §§ 11, 13 und 14 FeV i.V.m. der Anlage 4 Anhaltspunkte für eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV. Der Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4, wonach die Fahreignung nur bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen sei, stehe der Auslegung des Berufungsgerichts entgegen.

8 Der Kläger tritt der Revision entgegen und verteidigt das Urteil des Berufungsgerichts.

9 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Auffassung, der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot genüge nicht, um gemäß § 11 Abs. 7 FeV fehlende Fahreignung anzunehmen. Ein solcher Verstoß begründe nur Zweifel an der Fahreignung, aufgrund derer die Fahrerlaubnisbehörde nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 FeV im Ermessenswege die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen könne. "Trennen-Können" im Sinne der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sei im Unterschied zur "Trennung" nach Anlage 4 die Fähigkeit, dauerhaft Konsum und Fahren zu trennen. Das setze eine Prognose voraus. Damit sie zugunsten des Betroffenen ausfalle, müsse er darlegen, dass er ein angemessenes Problembewusstsein hinsichtlich seines Cannabiskonsums habe, und nachweisen, dass er über das notwendige Wissen über die Wirkungsweise, die Wirkdauer und die damit verbundenen Gefahren von Cannabis verfüge. Aus einem einmaligen Verstoß könne für die Prognose weder die Überzeugung der Nichteignung im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV noch ein sittlich-charakterlicher Mangel hergeleitet werden. Es gebe keinen Grund, gelegentliche Cannabiskonsumenten bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot von der Gefährlichkeit her auf dieselbe Stufe zu stellen wie Personen, die schweren Drogenmissbrauch betrieben oder drogenabhängig seien.

II

10 Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die angegriffene Fahrerlaubnisentziehung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger ist gelegentlicher Konsument von Cannabis und hat bei der Fahrt am 28. April 2014 den Konsum nicht in der nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gebotenen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt (1.). Doch steht damit nicht fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Fahrerlaubnisbehörde könne bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach dem als Ordnungswidrigkeit geahndeten erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV von fehlender Fahreignung ausgehen, vielmehr sehe § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV für solche Fälle die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor, steht im Einklang mit Bundesrecht. An der gegenteiligen Auffassung, die der erkennende Senat im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2014:​231014U3C3.13.0] - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) zur Anwendbarkeit von § 11 Abs. 7 FeV vertreten hat, wird nicht festgehalten (2.).

11 1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 13 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 11 jeweils m.w.N.); abzustellen ist hier daher auf den Erlass des Widerspruchsbescheids am 18. März 2015.

12 Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Die Bewertungen der Anlage 4 gelten nach Nummer 3 ihrer Vorbemerkung für den Regelfall. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden.

13 Der Kläger war, wie das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht annimmt, zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gelegentlicher Konsument von Cannabis (a) und hat bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs am 28. April 2014 gegen das Gebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen, den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen (b).

14 a) Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 19 ff. m.w.N.).
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lag beim Kläger ein solches Konsummuster vor; er hat zugestanden, in zeitlichem Zusammenhang mit der Fahrt unter Cannabiseinfluss ein weiteres Mal Cannabis eingenommen zu haben (UA Rn. 17).

15 b) Der Kläger hat bei der Fahrt am 28. April 2014 den Konsum von Cannabis nicht in der erforderlichen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt; darin liegt ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4, der Zweifel an seiner Fahreignung begründet (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

16 aa) Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 genügt gelegentlicher Konsum von Cannabis anders als regelmäßiger Konsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) für sich genommen noch nicht, um von fehlender Fahreignung des Betroffenen auszugehen. Hinzutreten müssen zusätzliche tatsächliche Umstände. Eine dieser "Zusatztatsachen" ist neben dem Mischkonsum von Cannabis und Alkohol, dass der Betroffene nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 29). Allerdings rechtfertigt nicht jeder bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte THC-Wert die Annahme fehlender Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 a.a.O. Rn. 31).

17 bb) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Betroffene für eine Bejahung seiner Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 Konsum und Fahren in einer Weise trennen, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Gefahren, die von in ihrer Fahrsicherheit beeinträchtigten Kraftfahrzeugführern für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen können, ist es auch vor dem Hintergrund der staatlichen Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, geboten, solche Risiken soweit wie möglich auszuschließen. Dementsprechend wird das Trennungsgebot nicht erst dann verletzt, wenn mit Sicherheit eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit anzunehmen ist oder es - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zeitweise angenommen hatte - zu einer signifikanten Erhöhung des Unfallrisikos kommt (so noch VGH München, Beschluss vom 4. Juni 2007 - 11 CS 06.28 06 - juris Rn. 20 m.w.N.), sondern bereits dann, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht oder - negativ formuliert - eine solche Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33; ebenso u.a. OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; VGH Mannheim, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 - VRS 130, 272 <273>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 f.).

18 Diesen Gefährdungsmaßstab legt auch das Bundesverfassungsgericht zugrunde. Es lässt für die Annahme fehlender Trennungsbereitschaft und damit eines charakterlich-sittlichen Eignungsmangels genügen, dass eine drogenkonsumbedingte Fahruntüchtigkeit jedenfalls nicht auszuschließen ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2380>). Damit gemäß § 24a Abs. 2 StVG ein als Ordnungswidrigkeit zu ahndendes Führen eines Kraftfahrzeugs "unter der Wirkung" von Cannabis tatbestandlich angenommen werden kann, hält es das Bundesverfassungsgericht in verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift für erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine THC-Konzentration im Blut festgestellt wird, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeugführers als möglich erscheinen lässt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <351>). Diese Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zum abstrakten Gefährdungsdelikt des § 24a Abs. 2 StVG sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 34) auf das auf Prävention und Gefahrenabwehr zielende Vorgehen auf Grundlage der Fahrerlaubnis-Verordnung ohne Weiteres übertragbar (ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>).

19 cc) Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn ein gelegentlicher Cannabiskonsument den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Ergebnis nicht in der gebotenen Weise voneinander trennt. Unerheblich ist, ob die unterbliebene Trennung darauf zurückzuführen ist, dass der Betroffene nicht in der Lage war zu trennen ("Trennen-Können" oder "Trennungsvermögen") oder dass ihm die Bereitschaft zum Trennen von Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs fehlte ("Trennungsbereitschaft").

20 Dass auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots abzustellen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4. In dieser Bestimmung wird keiner der Begriffe Trennungsvermögen, Trennen-Können oder Trennungsbereitschaft verwendet. Diese Begriffe bezeichnen einzelne Anforderungen, deren Nichterfüllung der Grund für den Verstoß gegen das Trennungsgebot sein kann; sie sind nicht mit dem Begriff "Trennung" identisch, der das von einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis einzuhaltende Verhalten definiert. Der Verordnungsgeber bejaht in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Fahreignung nur dann, "wenn Trennung von Konsum und Fahren und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit, kein Kontrollverlust". Er lehnt sich damit zwar in Bezug auf die dort aufgeführten "Zusatztatsachen" an die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung an, die nach der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung (Grundsätze für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten) die Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind. Dort heißt es unter 3.14.1 (Sucht <Abhängigkeit> und Intoxikationszustände) seit dem 1. Februar 2000, dass, wer gelegentlich Cannabis konsumiert, in der Lage ist, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden, wenn er Konsum und Fahren trennen kann, wenn kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Doch hat der Verordnungsgeber zur inhaltlichen Umschreibung des Trennungsgebots eine andere Formulierung gewählt. Hinweise darauf, weshalb er hierbei mit der Verwendung des Begriffs "Trennung" von den Begutachtungsleitlinien abgewichen ist, lassen sich der Verordnungsbegründung nicht entnehmen. Das ändert indes nichts am eindeutigen Wortlaut der Bestimmung; es wird dort - positiv - Trennung verlangt, um die Fahreignung eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten bejahen zu können.

21 Diese "Ergebnisorientierung" trägt zugleich der Funktion des Mängelkatalogs der Anlage 4 am besten Rechnung. Er soll Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs und eine damit verbundene Gefährdung von Leib, Gesundheit und Sachwerten soweit wie möglich ausschließen, die - im Anwendungsbereich von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 - durch gelegentlichen Cannabiskonsum und dessen unzureichende Trennung vom Führen eines Kraftfahrzeugs entstehen können. Solche Gefährdungen sind beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer THC-bedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit unabhängig davon möglich, ob der Verstoß gegen das Trennungsgebot auf fehlende Erkenntnisfähigkeit/-möglichkeit des Betroffenen oder aber auf dessen mangelnde Bereitschaft zur Trennung zurückzuführen ist. Dieses Verständnis des Trennungsgebots deckt sich schließlich auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es lässt für die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde nicht den Besitz von Cannabis genügen, sondern verlangt darüber hinaus, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür ermittelt wurden, dass der Betroffene den Konsum von Cannabis und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig zu trennen vermag oder zu trennen bereit ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Juli 2002 - 1 BvR 2428/95 - NJW 2002, 2381). Auch das Bundesverfassungsgericht stellt somit die möglichen Ursachen für die Verletzung des Trennungsgebots gleichberechtigt nebeneinander.

22 Dass es gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 für die Bejahung der Fahreignung auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots ankommt, beantwortet für sich genommen allerdings noch nicht die Frage, was aus einem in der Vergangenheit begangenen Verstoß gegen das Trennungsgebot fahrerlaubnisrechtlich folgt (dazu unter 2.).

23 dd) Der Kläger hat bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs am 28. April 2014 gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen. Die Untersuchung der beim Kläger nach der Fahrt entnommenen Blutprobe durch das Institut für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Ulm hat im Blutserum eine THC-Konzentration von 3,7 ng/ml Blutserum ergeben. Bei dieser Konzentration des psychoaktiven Cannabiswirkstoffs ist - wie das Berufungsgericht festgestellt hat (UA Rn. 18) - eine durch den vorangegangenen Cannabiskonsum bedingte Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht ausgeschlossen; damit ist - wie gezeigt - das Trennungsgebot verletzt. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. dazu das Urteil des erkennenden Senats vom gleichen Tage im Verfahren BVerwG 3 C 14.17 ).

24 2. Entgegen der Auffassung des Beklagten steht die Annahme des Berufungsgerichts, die Fahrerlaubnisbehörde dürfe bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach dem als Ordnungswidrigkeit geahndeten erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen, sondern habe gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege über die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden, im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). An seiner im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - (Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) geäußerten gegenteiligen Auffassung hält der erkennende Senat nach nochmaliger Prüfung nicht fest. Voraussetzung für die Verneinung der Fahreignung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV) ist nach dem erstmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot die Prognose, dass er auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine tragfähige tatsächliche Grundlage gestützt werden kann, ist in der Regel die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

25 a) Das Fahrerlaubnisrecht ist Gefahrenabwehrrecht (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 21). Bei der in diesem Rahmen vorzunehmenden Beurteilung der Fahreignung durch die Fahrerlaubnisbehörde geht es daher - anders als bei der Ahndung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - nicht um die Sanktionierung eines zurückliegenden Fehlverhaltens im Straßenverkehr. Ausgerichtet ist das Fahrerlaubnisrecht vielmehr darauf, künftige Risiken für die Verkehrssicherheit soweit wie möglich auszuschalten. Zur Beantwortung der Frage, ob durchgreifende und damit zur Entziehung der Fahrerlaubnis führende Zweifel an der Fahreignung bestehen, ist daher anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betroffenen und sonstiger fahreignungsrelevanter Umstände eine Prognose anzustellen, ob Wiederholungsgefahr besteht, ob also - mit anderen Worten - künftig mit weiteren für die Beurteilung der Fahreignung relevanten Zuwiderhandlungen zu rechnen ist (vgl. zum Mischkonsum von Alkohol und Cannabis: BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 16). Davon geht zutreffend auch das Berufungsgericht aus.

26 Dass es bei der Beurteilung der Fahreignung in solchen Fällen auf eine prognostische Betrachtung ankommt, ist zudem aus Nr. 1 Buchst. f der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu entnehmen. Danach ist in den Fällen der §§ 13 und 14 FeV Gegenstand der Untersuchung auch das voraussichtliche Verhalten des Betroffenen, insbesondere ob zu erwarten ist, dass er nicht oder nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln führen wird. Zwar befinden sich diese Regelungen im Abschnitt 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung, der die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat. Doch sind diese Bestimmungen gemäß § 46 Abs. 3 FeV entsprechend anwendbar, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, also auch für den Fall, dass die Behörde über die Entziehung einer Fahrerlaubnis oder einer solchen Fahrerlaubnisentziehung vorgelagerte Maßnahmen wie die Einholung eines Fahreignungsgutachtens zu entscheiden hat.

27 b) Ein gelegentlicher Cannabiskonsument hat sich nicht durch einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ist die Fahreignung bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen, wenn keine der anderen Zusatztatsachen vorliegt. Dass die Fahreignung bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot zwingend zu verneinen ist, folgt daraus nicht. Ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot ist vielmehr eine Tatsache, die Bedenken gegen die Fahreignung begründet und nach § 46 Abs. 3 FeV zur Anwendung der §§ 11 bis 14 FeV führt. Die durch den Verstoß gegen das Trennungsgebot aufgeworfenen Zweifel an der Fahreignung hat die Fahrerlaubnisbehörde zu klären. Damit sie über eine hinreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage für die Prognose verfügt, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird, bedarf es in solchen Fällen in der Regel einer medizinisch-psychologischen Begutachtung (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

28 aa) Dafür, dass in Fällen dieser Art § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und nicht § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommt, spricht die Begründung des Verordnungsgebers bei der Neufassung der Fahrerlaubnis-Verordnung, die mit Wirkung zum 1. Januar 1999 zur Umsetzung der Zweiten EU-Führerscheinrichtlinie erfolgt ist (Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. August 1998, BGBl. I S. 2214). Zu § 14 Abs. 1 FeV heißt es in der Begründung (BR-Drs. 443/98 S. 262 f.): "Bei Cannabis ist zu unterscheiden zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme. Die Eignung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn regelmäßige Einnahme vorliegt. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist in der Regel die Eignung gegeben. Eine zusätzliche medizinisch-psychologische Untersuchung ist erforderlich, wenn weitere Umstände Zweifel an der Eignung begründen. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, wenn Kontrollverlust oder Störungen der Persönlichkeit vorliegen oder wenn zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt. Aus diesem Grund enthält Satz 3 die Ermächtigung für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, wenn gelegentliche Einnahme festgestellt wurde." Daraus ist zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten in dem Umstand, dass der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, zwar eine Zweifel an der Eignung begründende weitere Tatsache im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gesehen hat. Nach dieser Regelung führt diese "Zusatztatsache" jedoch nicht zur Feststellung der Nichteignung und damit auch nicht zur Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV; vorgesehen ist in § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV vielmehr, dass die Fahrerlaubnisbehörde in solchen Fällen eine Ermessensentscheidung über die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu treffen hat. Dass dies die Regelungsabsicht des Verordnungsgebers war, bestätigt die vom Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem für den Erlass der Fahrerlaubnis-Verordnung zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur abgegebene Stellungnahme, in der ausgeführt wird, dass bei gelegentlichem Cannabiskonsum der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot nicht ausreiche, um den Betroffenen als erwiesen ungeeignet anzusehen; vielmehr folge hieraus lediglich die Annahme von Tatsachen, die Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen begründeten.

29 bb) Für die Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sprechen darüber hinaus systematische Erwägungen.

30 § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV sieht vor, dass die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. Darunter können zwar auch zeitlich nacheinander liegende Fahrten unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Einfluss von Alkohol bei der ersten und von Cannabis bei der/den nächsten Fahrt(en) fallen ("Mischfälle"); der Wortlaut der Regelung erfasst aber ebenso auch mehrere Fahrten unter einer die Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis. Mit Blick darauf ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, weshalb es über eine Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV nach einer einmaligen Fahrt unter einem fahrsicherheitsrelevanten Cannabispegel unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis kommen soll, wenn nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV bei mehrfachen Zuwiderhandlungen lediglich zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern ist.

31 Hinzu kommt: § 11 Abs. 7 FeV, wonach die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht, setzt voraus, dass die Behörde aus den ihr bekannten Umständen die mangelnde Fahrungeeignetheit ohne Weiteres selbst feststellen kann. Das ist etwa bei der Einnahme harter Drogen der Fall; ein solcher Drogenkonsum führt nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zwingend zur Verneinung der Fahreignung. Dagegen kommt es bei dem in der Vergangenheit liegenden Führen eines Kraftfahrzeugs durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei der maßgeblichen Gefahrenprognose auf die Beantwortung der Frage an, ob hinreichend sicher ist, dass er künftig - also etwa auch unter dem Eindruck einer Ahndung seiner Zuwiderhandlung als Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - das Trennungsgebot beachten wird. Um das beurteilen zu können, bedarf es regelmäßig besonderen psychologischen Sachverstands und einer entsprechenden fachlichen Beurteilung und damit - wie die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und die dort zum Ausdruck kommende Bewertung dieser Ausgangslage durch den Verordnungsgeber bestätigen - einer medizinisch-psychologischen Untersuchung. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der einmal gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen hat, das künftig erneut tun wird, gibt es nicht. Freilich können besondere Umstände des Einzelfalls, wie etwa ein mit Blick auf die Verkehrssicherheit besonders verantwortungsloser Umgang mit dem Cannabiskonsum, die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahelegen. In solchen Fällen einer hinreichend abgesicherten negativen Prognose kann dann auch § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommen.

32 Vom Erfordernis einer medizinisch-psychologischen Begutachtung bei gelegentlichem Cannabiskonsum und dem erstmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 geht auch die von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie verantwortete Kommentierung der Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung aus (Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung - Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 192 ff.). Danach kann die Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten im Rahmen der medizinisch-psychologischen Begutachtung dann bejaht werden, wenn ausschließlich ein gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt und eine Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss auch bei gegebenenfalls fortbestehendem Konsum zuverlässig vermieden werden kann (Hypothese D 4). Als Prüfkriterien hierfür werden genannt: Der Klient hat in der Vergangenheit und wird, falls er den Konsum nicht gänzlich eingestellt hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig ausschließlich gelegentlich Cannabisprodukte mit geringer Wirkstoffmenge konsumieren (Kriterium D 4.1 N). Der Klient verfügt über eine realistische Einschätzung der Wirkungsweise und Wirkungsdauer der konsumierten Cannabisprodukte, so dass eine zuverlässige Trennung von Konsum und Fahren gewährleistet ist. Er ist sich der besonderen Risiken von Cannabiskonsum für die Verkehrsteilnahme (mittlerweile) bewusst (Kriterium D 4.2 N). Der Klient hat plausible Vorsätze zu einer Verkehrsteilnahme ohne THC-Einfluss gefasst und verfügt über eine so gute Selbstkontrolle und Selbstbehauptung, dass er sie auch umsetzen kann (Kriterium D 4.3 N). Diesen (Haupt-)Kriterien folgen dann jeweils noch entsprechende Unterkriterien. Dieser Kriterienkatalog verdeutlicht zugleich, was bei Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV Gegenstand der medizinisch-psychologischen Untersuchung sein wird.

33 cc) Die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV lässt sich entgegen dem Berufungsgericht (UA Rn. 37) nicht zusätzlich auch daraus herleiten, dass der Verordnungsgeber angestrebt habe, eine Gleichbehandlung von Alkohol- und Drogenkonsum herbeizuführen.

34 Zwar hat der Verordnungsgeber einen solchen Gleichlauf bei der 2008 in Kraft getretenen Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl. I S. 1338) durchaus im Blick gehabt; diese Regelungsintention bezog sich jedoch nur auf konkrete Einzelfragen. So wollte der Verordnungsgeber durch eine Änderung von § 13 FeV die unterschiedliche Beurteilung von früherer Alkoholabhängigkeit und früherer Drogenabhängigkeit beseitigen (Art. 1 Nr. 7 der Änderungsverordnung, vgl. dazu die Begründung in BR-Drs. 302/08 S. 62) und im Rahmen des § 14 FeV die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung und die Fahrerlaubnisentziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde gleichbehandeln (Art. 1 Nr. 8 der Änderungsverordnung, vgl. dazu Begründung BR-Drs. 302/08 S. 62 f.). Daraus ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber insgesamt einen Gleichlauf der §§ 13 und 14 FeV angestrebt hat. Das war und ist auch nicht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG geboten. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <350>) und des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 51) ist anerkannt, dass wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotenzials für die Verkehrssicherheit und der unterschiedlichen Wirkungsweise eine Ungleichbehandlung von Alkohol- und Cannabiskonsum im Fahrerlaubnisrecht nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Auch nach der vom Verordnungsgeber vorgenommenen Angleichung unterscheiden sich die Regelungen des § 13 FeV zum Alkohol- und die des § 14 FeV zum Konsum von Betäubungsmitteln nicht unerheblich. So führt fahrerlaubnisrechtlich auch ein erheblicher Alkoholkonsum, solange er nicht wegen eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot als Alkoholmissbrauch im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 einzustufen ist, noch nicht zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wogegen der Konsum harter Drogen (Nr. 9.1 der Anlage 4) oder auch regelmäßiger Cannabiskonsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) bereits unmittelbar die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge haben.

35 c) Kommt die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu der Entscheidung, dass der Betroffene zur Klärung der bestehenden Eignungszweifel ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen hat, setzt sie ihm gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV zugleich eine Frist für dessen Vorlage. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie nach § 11 Abs. 8 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Dieses Instrument ermöglicht es der Fahrerlaubnisbehörde, eine rasche Klärung der aufgrund des zurückliegenden Verstoßes gegen das Trennungsgebot bestehenden Eignungszweifel herbeizuführen und dann entweder gestützt auf das Fahreignungsgutachten oder aber im Fall einer nicht fristgerechten Beibringung auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV zeitnah auch ihre Entscheidung über eine Fahrerlaubnisentziehung zu treffen.

36 d) Der Beklagte hat hier die gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gebotene Ermessensentscheidung über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht getroffen. Damit erweist sich die angefochtene Fahrerlaubnisentziehung als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

37 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Urteil vom 11.04.2019 -
BVerwG 3 C 14.17ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C14.17.0

Entziehung der Fahrerlaubnis nach Verletzung des Trennungsgebots durch einen gelegentlichen Konsumenten von Cannabis

Leitsätze:

1. Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen. In solchen Fällen hat sie gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden.

2. Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis trennt den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung, wenn wegen des Cannabiskonsums die Möglichkeit einer Beeinträchtigung seiner Fahrsicherheit besteht. Von einer solchen Möglichkeit kann auch unter Berücksichtigung der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 nach wie vor ausgegangen werden, wenn eine Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) von 1 ng/ml oder mehr im Blutserum des Betroffenen festgestellt wird.

  • Rechtsquellen
    StVG § 3 Abs. 1 Satz 1
    FeV § 11 Abs. 7 und 8, §§ 13, 14 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 3,
    § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und Anlage 4 Nr. 9.2.2
    GG Art. 3 Abs. 1

  • VG Gelsenkirchen - 20.01.2016 - AZ: VG 9 K 1253/15
    OVG Münster - 15.03.2017 - AZ: OVG 16 A 551/16

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 11.04.2019 - 3 C 14.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C14.17.0]

Urteil

BVerwG 3 C 14.17

  • VG Gelsenkirchen - 20.01.2016 - AZ: VG 9 K 1253/15
  • OVG Münster - 15.03.2017 - AZ: OVG 16 A 551/16

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. März 2019
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner
am 11. April 2019 für Recht erkannt:

  1. Die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. März 2017 und des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 20. Januar 2016 werden geändert.
  2. Der Bescheid der Beklagten vom 3. März 2015 wird aufgehoben.
  3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

2 Er wurde am 28. September 2014 gegen 1:20 Uhr einer Verkehrskontrolle unterzogen. Dabei gab er laut Polizeibericht an, zwei Tage zuvor einen Joint geraucht zu haben und das öfters zu tun, da er unter Schlafstörungen leide. In der bei ihm um 2:25 Uhr entnommenen Blutprobe wurden 1,1 ng/ml des psychoaktiven Cannabiswirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC), ca. 0,4 ng/ml 11-Hydroxy-THC (11-OH-THC) und 25 ng/ml Carbonsäure (THC-COOH) im Blutserum festgestellt.

3 Das auf Anordnung der Beklagten vom Kläger vorgelegte toxikologische Gutachten vom 11. Februar 2015 ergab in einer am 26. Januar 2015 entnommenen Blutprobe ca. 0,9 ng/ml THC-COOH; sonstige Cannabisinhaltsstoffe wurden nicht nachgewiesen.

4 Mit Bescheid vom 3. März 2015 entzog die Beklagte dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds zur sofortigen Abgabe seines Führerscheins auf; hierfür setzte sie Gebühren und Kosten in Höhe von 104,45 € fest. Der Kläger sei gelegentlicher Konsument von Cannabis. Das Gutachten vom 11. Februar 2015 zeige, dass er zumindest ein zweites Mal Cannabis konsumiert habe. Der dort festgestellte THC-COOH-Wert könne nicht durch einen (einmaligen) Konsum am 28. September 2014 hervorgerufen worden sein. Die Fahrt unter Cannabiseinfluss an diesem Tag belege, dass der Kläger nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen könne. Die Fahrerlaubnis müsse ihm daher wegen Fehlens der Fahreignung entzogen werden.

5 Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen; es hat ein mündliches Sachverständigengutachten des seinerzeitigen Vorsitzenden der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Daldrup (Institut für Rechtsmedizin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf), eingeholt. Zur Begründung wird ausgeführt: Die fehlende Fahreignung des Klägers ergebe sich aus Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (im Folgenden: Anlage 4). Er sei, wie der in der zweiten Blutprobe festgestellte THC-COOH-Wert zeige, gelegentlicher Cannabiskonsument und habe nicht zwischen dem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Habe der Betroffene - wie hier - ein Kraftfahrzeug unter einem THC-Pegel geführt, bei dem eine Beeinträchtigung seiner Fahrsicherheit möglich sei, rechtfertige das zugleich Zweifel daran, dass er künftig stets die gebotene Trennung von Cannabiskonsum und Fahren beachten werde. Das führe zur Verneinung seiner Fahreignung. Für den THC-Grenzwert sei maßgeblich, ab wann eine cannabisbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit möglich - oder negativ formuliert - nicht mehr ausgeschlossen werden könne. Die Rechtsprechung habe das gestützt auf die Beschlüsse der Grenzwertkommission vom 20. November 2002 und vom 22. Mai 2007 bislang bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml Blutserum angenommen. An diesem Risikogrenzwert sei in Auswertung des vom Vorsitzenden der Grenzwertkommission in der mündlichen Verhandlung erstatteten Gutachtens auch mit Blick auf die Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 festzuhalten. Nach Äußerungen in der Literatur könne bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten die Möglichkeit einer Beeinträchtigung ihrer Fahrtüchtigkeit schon oberhalb eines THC-Werts von 1 ng/ml Blutserum nicht ausgeschlossen werden. In dieselbe Richtung gingen die Äußerungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung.

6 Die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen; dazu hatte es Prof. Dr. Daldrup sowie Prof. Dr. Tönnes, Institut für Rechtsmedizin der Goethe-Universität - Universitätsklinikum - Frankfurt a/M, den derzeitigen Vorsitzenden der Grenzwertkommission, in der mündlichen Verhandlung als Sachverständige gehört. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Fahrerlaubnisentziehung sei rechtmäßig. Beim Kläger sei von (zumindest) gelegentlichem Cannabiskonsum auszugehen; das habe er in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich eingestanden. Bei seiner Fahrt am 28. September 2014 habe er nicht wie erforderlich zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Dabei komme es nicht auf die subjektive Wahrnehmung des Betroffenen, sondern darauf an, ob er unter einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen habe, bei der nach wissenschaftlicher Erkenntnis eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht ausgeschlossen werden könne. Eine solche Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bislang praktisch einhellig bei einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum angenommen worden. Ausschlaggebend dafür sei der am 22. Mai 2007 aktualisierte Beschluss der Grenzwertkommission vom 20. November 2002, mit der sie den THC-Grenzwert für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) bei 1 ng/ml Serum angesetzt habe. Eine solche Konzentration könne - wie dort ausgeführt werde - zuverlässig nachgewiesen und quantitativ präzise bestimmt werden; bei deren Erreichen erscheine eine Einschränkung der Fahrtauglichkeit möglich. Weder die neuere Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015, für das Trennungserfordernis nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 einen THC-Grenzwert von 3 ng/ml Serum zugrunde zu legen, noch die Darlegungen von Mitgliedern der Grenzwertkommission in einer Veröffentlichung und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gäben Anlass, von dem bisherigen Grenzwert abzugehen. Es bestehe der Eindruck, dass damit die höchstrichterlich abgesicherten Vorgaben verlassen würden, nach denen der Gefahrenmaßstab im Fahrerlaubnisrecht mit dem des § 24a Abs. 2 StVG übereinstimme und bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten bereits die nicht auszuschließende Möglichkeit einer durch diesen Konsum bedingten Leistungsbeeinträchtigung zum Ausschluss der Fahreignung führe. Soweit die Sachverständigen von der Rechtsfolge her argumentierten und für Fälle mangelnder Trennung bei gelegentlichem Cannabiskonsum eine sofortige Fahrerlaubnisentziehung als zu weitgehend empfänden, wende sich das gegen die Vorgaben in Nr. 9.2.2 der Anlage 4; solche Vorgaben oblägen aber dem Normgeber oder ersatzweise der Rechtsprechung und nicht der Grenzwertkommission. Die Grenzwertkommission und die angehörten Sachverständigen hätten dem Senat auch nicht die Überzeugung vermitteln können, naturwissenschaftliche Gründe müssten zur unterschiedlichen Behandlung einer Verletzung des Trennungsgebots im Ordnungswidrigkeiten- und im Fahrerlaubnisrecht führen. Für die Anwendung von § 24a StVG hielten sie den bisherigen Grenzwert ausdrücklich nach wie vor für richtig. Schließlich hätten die Gutachter nicht zur Überzeugung des Senats darlegen können, dass aufgrund neuerer Erkenntnisse der THC-Grenzwert mit 1 ng/ml Serum für sich genommen zu niedrig angesetzt sei. Ihre Aussagen zu einer möglichen Abgabe von THC aus Depots im Körpergewebe und deren fehlender Auswirkung auf die Fahrtüchtigkeit seien wissenschaftlich nicht hinreichend abgesichert. Abgesehen davon gäben solche - derzeit noch fehlenden - wissenschaftlichen Erkenntnisse keinen Anlass zu einer Heraufsetzung des derzeitigen Grenzwerts; bei einer Abweichung vom Regelfall könne nach Nummer 3 der Vorbemerkung zur Anlage 4 eine medizinisch-psychologische Untersuchung angezeigt sein. Ein Sicherheitszuschlag zum Ausgleich etwaiger Messungenauigkeiten sei nicht erforderlich. Nie ganz auszuschließende Schwankungsbreiten seien bereits bei der Festlegung des Grenzwerts berücksichtigt worden. Außerdem habe sich der THC-Wert in der Zeit zwischen der Beendigung der Fahrt durch eine Polizeikontrolle und der Blutentnahme ohnehin bereits verringert. Der Senat teile nicht die Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten könne nicht bereits ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot zur Verneinung der Fahreignung und zur Anwendung von § 11 Abs. 7 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) führen. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 könne die Fahreignung nur bejaht werden, wenn die gebotene Trennung eingehalten sei. Ein rechtssystematischer Vergleich mit den Regelungen in § 13 FeV zu Eignungszweifeln wegen Alkoholmissbrauchs sei wenig zielführend, da das Instrumentarium der §§ 13 und 14 FeV insgesamt recht unterschiedlich ausgestaltet sei. Eine Aufweichung der fahrerlaubnisrechtlichen Reaktion könne auch nicht mit etwaigen Wertungswidersprüchen gerechtfertigt werden. Intensität, Verlauf und Dauer einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit seien bei Konsum von Cannabis deutlich schwieriger zu bestimmen als bei Alkohol.

7 Zur Begründung seiner Revision trägt der Kläger vor: Zu folgen sei der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, wonach eine unmittelbare Entziehung der Fahrerlaubnis nicht gerechtfertigt sei, wenn ein gelegentlicher Cannabiskonsument erstmalig gegen das Trennungsgebot verstoßen habe. Entsprechend der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 sei für die Trennung von Cannabiskonsum und Fahren ein THC-Grenzwert von 3 ng/ml Blutserum zugrunde zu legen.

8 Die Beklagte tritt der Revision entgegen und verteidigt das Berufungsurteil.

9 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Auffassung, der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot genüge nicht, um gemäß § 11 Abs. 7 FeV fehlende Fahreignung anzunehmen. Ein solcher Verstoß begründe nur Zweifel an der Fahreignung, aufgrund derer die Fahrerlaubnisbehörde nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen könne. "Trennen-Können" im Sinne der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sei im Unterschied zur "Trennung" nach Anlage 4 die Fähigkeit, dauerhaft Konsum und Fahren zu trennen. Das setze eine Prognose voraus. Damit sie zugunsten des Betroffenen ausfalle, müsse er darlegen, dass er ein angemessenes Problembewusstsein hinsichtlich seines Cannabiskonsums habe, und nachweisen, dass er über das notwendige Wissen über die Wirkungsweise, die Wirkdauer und die damit verbundenen Gefahren von Cannabis verfüge. Aus einem einmaligen Verstoß könne für die Prognose weder die Überzeugung der Nichteignung im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV noch ein sittlich-charakterlicher Mangel hergeleitet werden. Es gebe keinen Grund, gelegentliche Cannabiskonsumenten bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot von der Gefährlichkeit her auf dieselbe Stufe zu stellen wie Personen, die schweren Drogenmissbrauch betrieben oder drogenabhängig seien.

II

10 Die Revision des Klägers ist begründet. Ohne Bundesrechtsverstoß geht das Berufungsgericht davon aus, dass ein gelegentlicher Konsument von Cannabis bereits dann das Gebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verletzt, diesen Konsum vom Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen, wenn er ein solches Fahrzeug führt, obwohl es möglich ist, dass seine Fahrsicherheit infolge des vorangegangenen Cannabiskonsums beeinträchtigt ist. Ein solcher Verstoß gegen das Trennungsgebot begründet zugleich gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV klärungsbedürftige Zweifel an seiner Fahreignung. Ebenso wenig ist revisionsrechtlich etwas dagegen zu erinnern, dass das Berufungsgericht den Grenzwert für den psychoaktiven Cannabiswirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) nach wie vor bei 1 ng/ml Blutserum ansetzt (1.). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe dem Kläger seine Fahrerlaubnis wegen der Fahrt unter der Wirkung von Cannabis am 28. September 2014 unmittelbar entziehen dürfen, steht hingegen nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Sachaufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen. Erforderlich für die Fahrerlaubnisentziehung ist in solchen Fällen die Prognose, dass der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine hinreichend abgesicherte Grundlage gestützt werden kann, bedarf es in der Regel eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, über dessen Einholung die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat (2.). Eine solche Ermessensentscheidung hat die Beklagte hier nicht getroffen.

11 1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2014:​231014U3C3.13.0] - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 13 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 11 jeweils m.w.N.); abzustellen ist hier daher auf den Erlass des Bescheids am 3. März 2015.

12 Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Die Bewertungen der Anlage 4 gelten nach Nummer 3 ihrer Vorbemerkung für den Regelfall. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden.

13 Der Kläger war, wie das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht annimmt, zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gelegentlicher Konsument von Cannabis (a) und hat bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs am 28. September 2014 gegen das Gebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen, den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen (b).

14 a) Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 19 ff. m.w.N.). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lag beim Kläger ein solches Konsummuster vor; er hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gelegentlichen Cannabiskonsum, der die genannten Anforderungen erfüllte, ausdrücklich eingestanden (UA S. 9).

15 b) Der Kläger hat bei der Fahrt am 28. September 2014 den Konsum von Cannabis nicht in der erforderlichen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt; darin liegt ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4, der Zweifel an seiner Fahreignung begründet (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

16 aa) Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 genügt gelegentlicher Konsum von Cannabis anders als regelmäßiger Konsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) für sich genommen noch nicht, um von fehlender Fahreignung des Betroffenen auszugehen. Hinzutreten müssen zusätzliche tatsächliche Umstände. Eine dieser "Zusatztatsachen" ist neben dem Mischkonsum von Cannabis und Alkohol, dass der Betroffene nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 29). Allerdings rechtfertigt nicht jeder bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte THC-Wert die Annahme fehlender Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 a.a.O. Rn. 31).

17 bb) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Betroffene für eine Bejahung seiner Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 Konsum und Fahren in einer Weise trennen, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Gefahren, die von in ihrer Fahrsicherheit beeinträchtigten Kraftfahrzeugführern für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen können, ist es auch vor dem Hintergrund der staatlichen Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, geboten, solche Risiken soweit wie möglich auszuschließen. Dementsprechend wird das Trennungsgebot nicht erst dann verletzt, wenn mit Sicherheit eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit anzunehmen ist oder es - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zeitweise angenommen hatte - zu einer signifikanten Erhöhung des Unfallrisikos kommt (so noch VGH München, Beschluss vom 4. Juni 2007 - 11 CS 06.28 06 - juris Rn. 20 m.w.N.), sondern bereits dann, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht oder - negativ formuliert - eine solche Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33; ebenso u.a. OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; VGH Mannheim, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 - VRS 130, 272 <273>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 f.).

18 Diesen Gefährdungsmaßstab legt auch das Bundesverfassungsgericht zugrunde. Es lässt für die Annahme fehlender Trennungsbereitschaft und damit eines charakterlich-sittlichen Eignungsmangels genügen, dass eine drogenkonsumbedingte Fahruntüchtigkeit jedenfalls nicht auszuschließen ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2380>). Damit gemäß § 24a Abs. 2 StVG ein als Ordnungswidrigkeit zu ahndendes Führen eines Kraftfahrzeugs "unter der Wirkung" von Cannabis tatbestandlich angenommen werden kann, hält es das Bundesverfassungsgericht in verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift für erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine THC-Konzentration im Blut festgestellt wird, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeugführers als möglich erscheinen lässt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <351>). Diese Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zum abstrakten Gefährdungsdelikt des § 24a Abs. 2 StVG sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 34), der sich das Berufungsgericht (UA S. 15) angeschlossen hat, auf das auf Prävention und Gefahrenabwehr zielende Vorgehen auf Grundlage der Fahrerlaubnis-Verordnung ohne Weiteres übertragbar (ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>).

19 cc) Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn ein gelegentlicher Cannabiskonsument den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Ergebnis nicht in der gebotenen Weise voneinander trennt. Unerheblich ist, ob die unterbliebene Trennung darauf zurückzuführen ist, dass der Betroffene nicht in der Lage war zu trennen ("Trennen-Können" oder "Trennungsvermögen") oder dass ihm die Bereitschaft zum Trennen von Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs fehlte ("Trennungsbereitschaft"). Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus (UA S. 22).

20 Dass auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots abzustellen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4. In dieser Bestimmung wird keiner der Begriffe Trennungsvermögen, Trennen-Können oder Trennungsbereitschaft verwendet. Diese Begriffe bezeichnen einzelne Anforderungen, deren Nichterfüllung der Grund für den Verstoß gegen das Trennungsgebot sein kann; sie sind nicht mit dem Begriff "Trennung" identisch, der das von einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis einzuhaltende Verhalten definiert. Der Verordnungsgeber bejaht in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Fahreignung nur dann, "wenn Trennung von Konsum und Fahren und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit, kein Kontrollverlust". Er lehnt sich damit zwar in Bezug auf die dort aufgeführten "Zusatztatsachen" an die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung an, die nach der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung (Grundsätze für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten) die Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind. Dort heißt es unter 3.14.1 (Sucht <Abhängigkeit> und Intoxikationszustände) seit dem 1. Februar 2000, dass, wer gelegentlich Cannabis konsumiert, in der Lage ist, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden, wenn er Konsum und Fahren trennen kann, wenn kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Doch hat der Verordnungsgeber zur inhaltlichen Umschreibung des Trennungsgebots eine andere Formulierung gewählt. Hinweise darauf, weshalb er hierbei mit der Verwendung des Begriffs "Trennung" von den Begutachtungsleitlinien abgewichen ist, lassen sich der Verordnungsbegründung nicht entnehmen. Das ändert indes nichts am eindeutigen Wortlaut der Bestimmung; es wird dort - positiv - Trennung verlangt, um die Fahreignung eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten bejahen zu können.

21 Diese "Ergebnisorientierung" trägt zugleich der Funktion des Mängelkatalogs der Anlage 4 am besten Rechnung. Er soll Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs und eine damit verbundene Gefährdung von Leib, Gesundheit und Sachwerten soweit wie möglich ausschließen, die - im Anwendungsbereich von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 - durch gelegentlichen Cannabiskonsum und dessen unzureichende Trennung vom Führen eines Kraftfahrzeugs entstehen können. Solche Gefährdungen sind beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer THC-bedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit unabhängig davon möglich, ob der Verstoß gegen das Trennungsgebot auf fehlende Erkenntnisfähigkeit/-möglichkeit des Betroffenen oder aber auf dessen mangelnde Bereitschaft zur Trennung zurückzuführen ist. Dieses Verständnis des Trennungsgebots deckt sich schließlich auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es lässt für die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde nicht den Besitz von Cannabis genügen, sondern verlangt darüber hinaus, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür ermittelt wurden, dass der Betroffene den Konsum von Cannabis und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig zu trennen vermag oder zu trennen bereit ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Juli 2002 - 1 BvR 2428/95 - NJW 2002, 2381). Auch das Bundesverfassungsgericht stellt somit beide möglichen Ursachen für die Verletzung des Trennungsgebots gleichberechtigt nebeneinander.

22 Dass es gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 für die Bejahung der Fahreignung auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots ankommt, beantwortet für sich genommen allerdings noch nicht die Frage, was aus einem in der Vergangenheit begangenen Verstoß gegen das Trennungsgebot fahrerlaubnisrechtlich folgt (dazu unter 2.).

23 dd) Dass bereits die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit des Betroffenen einen Verstoß gegen das Trennungsgebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 begründet, hat Rückwirkungen auf die Höhe des dabei heranzuziehenden THC-Grenzwerts. Abzustellen ist darauf, ab welcher Konzentration von THC im Blutserum eine verkehrssicherheitsrelevante Beeinträchtigung der Fahrsicherheit möglich oder - anknüpfend an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2380>) - nicht ausgeschlossen ist; insoweit handelt es sich um einen "Risikogrenzwert" (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 37; ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145 f.>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 f.).

24 Ab welchem THC-Wert eine solche Beeinträchtigung möglich ist, ist im Wesentlichen eine Frage tatsächlicher, nämlich medizinisch-toxikologischer Natur (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 31). Dementsprechend sind der revisionsgerichtlichen Überprüfung die von der Vorinstanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen zugrunde zu legen, soweit hiergegen - wie im vorliegenden Fall - keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben wurden (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO). Ergänzend können in der Revision allgemeinkundige wissenschaftliche Erkenntnisse herangezogen werden (BVerwG, Urteil vom 3. März 1987 - 1 C 39.84 - Buchholz 436.52 § 1 GjS Nr. 12 S. 6 f.).

25 (1) Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ging bislang ganz überwiegend davon aus, dass bei gelegentlichen Konsumenten von Cannabis eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit möglich ist, wenn eine THC-Konzentration von 1 ng/ml Blutserum erreicht oder überschritten wird (vgl. u.a. VGH Mannheim, Urteil vom 22. November 2012 - 10 S 3174/11 - VRS 124, 168 <174>; OVG Weimar, Beschluss vom 6. September 2012 - 2 EO 37/11 - NZV 2013, 413 <414>; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 - 2 B 341/11 - NJW 2012, 3526 <3527>; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 1 S 17/09 - NZV 2010, 531 <532>; OVG Schleswig, Urteil vom 17. Februar 2009 - 4 LB 61/08 - juris Rn. 35). Diese Annahme hat der erkennende Senat aus revisionsrechtlicher Sicht gebilligt (vgl. zum Urteil des VGH Mannheim: BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 37 ff.). Dass der Bayerische Verwaltungsrichthof abweichend hiervon vorübergehend einen THC-Grenzwert von 2 ng/ml Blutserum zugrunde gelegt hatte, war im Wesentlichen durch seine Annahme bedingt, es sei auf eine signifikante Erhöhung des Risikos einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit abzustellen (so noch VGH München, Beschluss vom 25. Januar 2006 - 11 CS 05.17 11 - VRS 110, 310 <318 f.>). Hiervon ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mittlerweile aber wieder abgegangen (vgl. u.a. VGH München, Beschluss vom 10. März 2015 - 11 CS 14.22 00 - juris Rn. 12 ff.); auch er legt nun wieder einen THC-Grenzwert in Höhe von 1 ng/ml Blutserum zugrunde (vgl. VGH München, Urteil vom 13. Dezember 2017 - 11 BV 17.18 76 - juris Rn. 21 und Beschluss vom 23. Mai 2016 - 11 CS 16.690 - NJW 2016, 2601 Rn. 15 ff.).

26 Der genannte THC-Grenzwert von 1 ng/ml Blutserum geht auf den Beschluss der Grenzwertkommission vom 20. November 2002 zurück. Sie hat diesen Wert dort für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - hier das Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung von Cannabis - empfohlen; ihre Empfehlung hat sie in einem weiteren Beschluss vom 22. Mai 2007 (Blutalk 44, 311) aktualisiert und bestätigt. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist - wie gezeigt - geklärt, dass die Übertragung dieses für das Ordnungswidrigkeitenrecht entwickelten Grenzwertes in das Fahrerlaubnisrecht gerechtfertigt ist, weil § 24a Abs. 2 StVG und Nr. 9.2.2 der Anlage 4 derselbe Gefährdungsmaßstab zugrunde liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 34).

27 (2) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, an diesem THC-Grenzwert in Höhe von 1 ng/ml Blutserum für die Feststellung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 sei auch unter Berücksichtigung der neueren Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 festzuhalten, ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern (für eine Beibehaltung dieses Grenzwertes auch: OVG Schleswig, Beschluss vom 27. Juni 2018 - 4 MB 45/18 - juris Rn. 6 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145 f.>; OVG Magdeburg, Beschluss vom 6. September 2017 - 3 M 171/17 - juris Rn. 6 ff.; VGH Kassel, Beschluss vom 17. August 2017 - 2 B 1213/17 - Blutalk 54, 390 <391 f.>; OVG Lüneburg, Beschluss vom 28. November 2016 - 12 ME 180/16 - juris Rn. 10; VGH Mannheim, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 - Blutalk 53, 399 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <396>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 <276>).

28 In der im September 2015 veröffentlichten "Empfehlung der Grenzwertkommission für die Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum zur Feststellung des Trennungsvermögens von Cannabiskonsum und Fahren" (Blutalk 52, 322) wird unter Hinweis auf verschiedene Studien empfohlen, bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne der Anlage 4 bei Feststellung einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum zu verneinen. Liege der letzte Konsum bei einer Konzentration in dieser Höhe sicher länger zurück, sei von einer Anreicherung von THC infolge regelmäßigen Konsums auszugehen, womit die Fahreignung nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 ausgeschlossen sei. Zur Begründung heißt es, dass sich eine Leistungseinbuße in experimentellen Studien frühestens ab 2 ng THC/ml Serum nachweisen lasse, ein erhöhtes Unfallrisiko ab einer THC-Konzentration von 4 ng/ml Blutserum. Darüber hinaus sei, um bei einer konkreten Einzelmessung eine Benachteiligung zu vermeiden, eine Messwertschwankung von maximal 30 % zu berücksichtigen (a.a.O. S. 322). Hiervon ausgehend empfiehlt die Grenzwertkommission, die Trennung von Konsum und Fahren ab dem Erreichen eines THC-Grenzwertes von 3,0 ng/ml Blutserum zu verneinen (a.a.O. S. 323). Eine Neubewertung des analytischen Grenzwerts von THC (1 ng/ml) gemäß der Empfehlung der Grenzwertkommission zur Anlage des § 24a StVG hält die Grenzwertkommission dagegen ausdrücklich nicht für veranlasst (a.a.O. S. 323).

29 Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass die Grenzwertkommission bei dieser Empfehlung von einem anderen als dem aus den dargestellten Rechtsgründen für das Fahrerlaubnisrecht zugrunde zu legenden Gefährdungsmaßstab ausgegangen ist. Das zeigt insbesondere der Umstand, dass die Grenzwertkommission bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen zwar einerseits empfiehlt, eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 erst bei einer THC-Konzentration von 3 ng/ml oder mehr im Blutserum zu verneinen, zugleich aber ausdrücklich feststellt, dass eine Neubewertung des analytischen THC-Grenzwerts von 1 ng/ml Blutserum gemäß ihrer Empfehlung zur Anlage des § 24a StVG nicht veranlasst sei. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist indes aus den bereits aufgezeigten rechtlichen Gründen anerkannt, dass sich der im Fahrerlaubnisrecht für die Beurteilung der Fahreignung heranzuziehende Gefährdungsmaßstab mit dem des § 24a Abs. 2 StVG deckt. Aus der neueren Empfehlung der Grenzwertkommission ergibt sich - wie das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zugleich beanstandungsfrei feststellt - auch nicht, dass und gegebenenfalls aus welchen medizinisch-toxikologischen Gründen eine Differenzierung beim Gefährdungsmaßstab zwischen dem Fahrerlaubnis- und dem Ordnungswidrigkeitenrecht angezeigt wäre. Vielmehr hatte der damalige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Daldrup, in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu dem von der Grenzwertkommission zu § 24a Abs. 2 StVG festgelegten Grenzwert von 1 ng/ml ausgeführt, dass bei dieser Menge die Möglichkeit einer Beeinträchtigung bestehe, wie sie das Bundesverfassungsgericht zur verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes für erforderlich halte (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Januar 2016 - 9 K 1253/15 - Blutalk 53, 278 <282>, Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 6).

30 Gegen die Notwendigkeit einer Abkehr vom bisher herangezogenen THC-Grenzwert spricht aber vor allem, dass nach den für das Revisionsverfahren bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen und allgemein zugänglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen die medizinisch-toxikologische Annahme nach wie vor zutrifft, es könne bereits ab einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum zu fahrsicherheitsrelevanten Beeinträchtigungen beim Führen eines Kraftfahrzeugs kommen. Das Berufungsgericht hat das den Ausführungen der dort zur Frage des THC-Grenzwerts angehörten Sachverständigen Prof. Dr. Daldrup und Prof. Dr. Tönnes - des damaligen und des derzeitigen Vorsitzenden der Grenzwertkommission - entnommen. Beide zögen im Ergebnis nicht in Zweifel, dass bei einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht auszuschließen sei (UA S. 27); sie hätten dies vielmehr ausdrücklich bestätigt. Im Berufungsverfahren hat der Berichterstatter ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Obersätze des Bundesverwaltungsgerichts zu Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Frage an die Sachverständigen gerichtet, ob bei Cannabiskonsumenten mit einem THC-Wert von 1 ng/ml Serum eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit auszuschließen sei. Die Sachverständigen haben dies verneint, ein THC-Wert von 1 ng/ml Serum könne eine äußerlich messbare Wirkung haben (Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 10). In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der damalige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Daldrup, dahingehend Stellung genommen, dass auch bereits bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml Blutserum eine cannabisbedingte verkehrssicherheitsrelevante Leistungseinbuße nicht ausgeschlossen sei (UA S. 13; Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 8). Zulässige und begründete Verfahrensrügen gegen die auf diese Äußerungen gestützte Feststellung der Vorinstanzen, eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit sei bereits bei einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum möglich, sind nicht erhoben worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der derzeitige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Tönnes, nochmals ausdrücklich bestätigt, es bestehe ab einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum nicht nur eine theoretische, sondern eine realistische Möglichkeit, dass es bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis zu einer Beeinträchtigung seiner fahrsicherheitsrelevanten Eigenschaften kommt. Das Bundesverfassungsgericht und die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung stimmen - wie gezeigt - aber darin überein, dass bereits die nicht nur theoretische Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit durch vorangegangenen gelegentlichen Cannabiskonsum genügt, um einen Verstoß gegen die im Ordnungswidrigkeiten- und im Fahrerlaubnisrecht geltenden Anforderungen des Trennungsgebots zu bejahen ("Risikogrenzwert").

31 Soweit sowohl in der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 (Blutalk 52, 322), den schriftlichen Erläuterungen einzelner Mitglieder der Grenzwertkommission hierzu (Blutalk 53, 409) als auch in den mündlichen Stellungnahmen der beiden Sachverständigen im vorliegenden Verfahren darauf hingewiesen wird, dass es bei chronischem Konsum von Cannabis zu einer Depotbildung im Gewebe kommen könne, aus dem THC ins Blut abgegeben werde, ohne dass das von Einfluss auf die fahrsicherheitsrelevanten Eigenschaften des Betroffenen sei, hat das Berufungsgericht die tatsächliche Feststellung getroffen, dass darin noch keine Verlautbarung einer wissenschaftlichen Evidenz liege, aufgrund derer der vorgegebene fahrerlaubnisrechtliche Maßstab eines sicheren Gefahrenausschlusses als erfüllt betrachtet werden könne (UA S. 24). Unabhängig davon muss der Grenzwert die realistische Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht nur bei chronischem, sondern auch bei seltenerem Konsum von Cannabis ausschließen. Nr. 9.2 der Anlage 4 differenziert nur zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme von Cannabis. Chronische Einnahme ist kein eigenständig geregeltes Konsummuster; die Abgrenzung zum regelmäßigen Konsum ist nicht trennscharf. Schließlich hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt angegeben, chronischer Konsument von Cannabis zu sein. Er hatte zunächst geltend gemacht, vor der Fahrt am 28. September 2014 lediglich einmal Cannabis konsumiert zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hatte er dann aber vor dem Hintergrund seiner Angaben bei der Verkehrskontrolle und den Ergebnissen der Blutproben zwar einen gelegentlichen Cannabiskonsum eingestanden, nicht jedoch einen in der Konsumfrequenz darüber hinausgehenden chronischen Konsum.

32 In Bezug auf die Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 ist schließlich zu berücksichtigen, dass der dort vorgeschlagene höhere THC-Grenzwert, wie der Äußerung von Mitgliedern der Grenzwertkommission zum "Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Feststellung einer mangelhaften Trennung von Cannabiskonsum und Fahren anhand der Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum" (Blutalk 53, 409 ff.) zu entnehmen ist, auf der Annahme beruhte, dass es bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten, die ein Kraftfahrzeug unter Erreichen des THC-Grenzwertes geführt hätten, unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis komme. Deshalb hielten es die Verfasser für geboten, an den Nachweis der Fahrungeeignetheit infolge Cannabiskonsums alleine auf der Grundlage einer THC-Blutserumkonzentration den Anspruch zu stellen, dass ein Grenzwert die Fahrungeeignetheit jenseits vernünftiger Zweifel beweise (a.a.O. S. 412). Es kann offen bleiben, ob auch insoweit - wie das Berufungsgericht annimmt - der nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung maßgebliche Gefährdungsmaßstab verfehlt wird. Jedenfalls wird dieser Ansatzpunkt der Grenzwertkommission für einen höheren Grenzwert dadurch hinfällig, dass - wie noch im Einzelnen zu zeigen sein wird - das Erreichen dieses Grenzwertes durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei einer erstmaligen Fahrt unter der Wirkung von Cannabis in der Regel nur dazu führt, dass der Betroffene gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgefordert werden kann.

33 Den aus den dargestellten Gründen nach wie vor maßgeblichen THC-Grenzwert von 1 ng/ml Blutserum hat der Kläger beim Führen eines Kraftfahrzeugs am 28. September 2014 überschritten. In der bei ihm etwa eine Stunde nach Beendigung der Fahrt entnommenen Blutprobe wurde ein THC-Wert von 1,1 ng/ml Blutserum festgestellt. Eines "Sicherheitsabschlags", um möglichen Messungenauigkeiten Rechnung zu tragen, bedarf es nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 43 ff.). Der Kläger hat danach nicht in der nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gebotenen Weise seinen (gelegentlichen) Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt.

34 2. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts rechtfertigt der erstmalige Verstoß eines gelegentlichen Konsumenten von Cannabis gegen das Gebot der Trennung von Konsum und Fahren im Sinne der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 in der Regel noch nicht den Schluss, dass er sich damit gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist (wie das Berufungsgericht u.a. OVG Schleswig, Beschluss vom 27. Juni 2018 - 4 MB 45/18 - juris Rn. 5 ff.; OVG Magdeburg, Beschluss vom 6. September 2017 - 3 M 171/17 - juris Rn. 6 ff.; VGH Mannheim, Urteil vom 22. November 2012 - 10 S 3174/11 - VBlBW 2013, 391 <392 f.>). Daher darf ihm die Fahrerlaubnisbehörde in solchen Fällen nicht unmittelbar, also ohne weitere Sachaufklärung, die Fahrerlaubnis entziehen. An seiner im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - (Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) geäußerten gegenteiligen Auffassung hält der erkennende Senat nach nochmaliger Prüfung nicht fest. Voraussetzung für die Verneinung der Fahreignung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV) ist nach dem erstmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot die Prognose, dass er auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine tragfähige tatsächliche Grundlage gestützt werden kann, ist in der Regel die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

35 a) Das Fahrerlaubnisrecht ist Gefahrenabwehrrecht (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 21). Bei der in diesem Rahmen vorzunehmenden Beurteilung der Fahreignung durch die Fahrerlaubnisbehörde geht es daher - anders als bei der Ahndung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - nicht um die Sanktionierung eines zurückliegenden Fehlverhaltens im Straßenverkehr. Ausgerichtet ist das Fahrerlaubnisrecht vielmehr darauf, künftige Risiken für die Verkehrssicherheit soweit wie möglich auszuschalten. Zur Beantwortung der Frage, ob durchgreifende und damit zur Entziehung der Fahrerlaubnis führende Zweifel an der Fahreignung bestehen, ist daher anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betroffenen und sonstiger fahreignungsrelevanter Umstände eine Prognose anzustellen, ob Wiederholungsgefahr besteht, ob also - mit anderen Worten - künftig mit weiteren für die Beurteilung der Fahreignung relevanten Zuwiderhandlungen zu rechnen ist (vgl. zum Mischkonsum von Alkohol und Cannabis: BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 16; zu § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV: VGH München, Urteil vom 25. April 2017 - 11 BV 17.33 - Blutalk 54, 268 <271>).

36 Dass es bei der Beurteilung der Fahreignung in solchen Fällen auf eine prognostische Betrachtung ankommt, ist zudem aus Nr. 1 Buchst. f der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu entnehmen. Danach ist in den Fällen der §§ 13 und 14 FeV Gegenstand der Untersuchung auch das voraussichtliche Verhalten des Betroffenen, insbesondere ob zu erwarten ist, dass er nicht oder nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln führen wird. Zwar befinden sich diese Regelungen im Abschnitt 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung, der die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat. Doch sind diese Bestimmungen gemäß § 46 Abs. 3 FeV entsprechend anwendbar, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, also auch für den Fall, dass die Behörde über die Entziehung einer Fahrerlaubnis oder einer solchen Fahrerlaubnisentziehung vorgelagerte Maßnahmen wie die Einholung eines Fahreignungsgutachtens zu entscheiden hat.

37 b) Ein gelegentlicher Cannabiskonsument hat sich nicht durch einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ist die Fahreignung bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen, wenn keine der anderen Zusatztatsachen vorliegt. Dass die Fahreignung bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot zwingend zu verneinen ist, folgt daraus nicht. Ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot ist vielmehr eine Tatsache, die Bedenken gegen die Fahreignung begründet und nach § 46 Abs. 3 FeV zur Anwendung der §§ 11 bis 14 FeV führt. Die durch den Verstoß gegen das Trennungsgebot aufgeworfenen Zweifel an der Fahreignung hat die Fahrerlaubnisbehörde zu klären. Damit sie über eine hinreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage für die Prognose verfügt, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird, bedarf es in solchen Fällen in der Regel einer medizinisch-psychologischen Begutachtung (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

38 aa) Dafür, dass in Fällen dieser Art § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und nicht - wie das Berufungsgericht meint - § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommt, spricht die Begründung des Verordnungsgebers bei der Neufassung der Fahrerlaubnis-Verordnung, die mit Wirkung zum 1. Januar 1999 zur Umsetzung der Zweiten EU-Führerscheinrichtlinie erfolgt ist (Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. August 1998, BGBl. I S. 2214). Zu § 14 Abs. 1 FeV heißt es in der Begründung (BR-Drs. 443/98 S. 262 f.): "Bei Cannabis ist zu unterscheiden zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme. Die Eignung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn regelmäßige Einnahme vorliegt. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist in der Regel die Eignung gegeben. Eine zusätzliche medizinisch-psychologische Untersuchung ist erforderlich, wenn weitere Umstände Zweifel an der Eignung begründen. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, wenn Kontrollverlust oder Störungen der Persönlichkeit vorliegen oder wenn zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt. Aus diesem Grund enthält Satz 3 die Ermächtigung für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, wenn gelegentliche Einnahme festgestellt wurde." Daraus ist zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten in dem Umstand, dass der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, zwar eine Zweifel an der Eignung begründende weitere Tatsache im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gesehen hat. Nach dieser Regelung führt diese "Zusatztatsache" jedoch nicht zur Feststellung der Nichteignung und damit auch nicht zur Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV; vorgesehen ist in § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV vielmehr, dass die Fahrerlaubnisbehörde in solchen Fällen eine Ermessensentscheidung über die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu treffen hat. Dass dies die Regelungsabsicht des Verordnungsgebers war, bestätigt die vom Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem für den Erlass der Fahrerlaubnis-Verordnung zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur abgegebene Stellungnahme, in der ausgeführt wird, dass bei gelegentlichem Cannabiskonsum der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot nicht ausreiche, um den Betroffenen als erwiesen ungeeignet anzusehen; vielmehr folge hieraus lediglich die Annahme von Tatsachen, die Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen begründeten.

39 bb) Für die Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sprechen darüber hinaus systematische Erwägungen.

40 § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV sieht vor, dass die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. Darunter können zwar auch zeitlich nacheinander liegende Fahrten unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Einfluss von Alkohol bei der ersten und von Cannabis bei der/den nächsten Fahrt(en) fallen ("Mischfälle"); der Wortlaut der Regelung erfasst aber ebenso auch mehrere Fahrten unter einer die Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis. Mit Blick darauf ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, weshalb es über eine Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV nach einer einmaligen Fahrt unter einem fahrsicherheitsrelevanten Cannabispegel unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis kommen soll, wenn nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV bei mehrfachen Zuwiderhandlungen lediglich zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern ist.

41 Hinzu kommt: § 11 Abs. 7 FeV, wonach die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht, setzt voraus, dass die Behörde aus den ihr bekannten Umständen die mangelnde Fahrungeeignetheit ohne Weiteres selbst feststellen kann. Das ist etwa bei der Einnahme harter Drogen der Fall; ein solcher Drogenkonsum führt nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zwingend zur Verneinung der Fahreignung. Dagegen kommt es bei dem in der Vergangenheit liegenden Führen eines Kraftfahrzeugs durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei der maßgeblichen Gefahrenprognose auf die Beantwortung der Frage an, ob hinreichend sicher ist, dass er künftig - also etwa auch unter dem Eindruck einer Ahndung seiner Zuwiderhandlung als Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - das Trennungsgebot beachten wird. Um das beurteilen zu können, bedarf es regelmäßig besonderen psychologischen Sachverstands und einer entsprechenden fachlichen Beurteilung und damit - wie die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und die dort zum Ausdruck kommende Bewertung dieser Ausgangslage durch den Verordnungsgeber bestätigen - einer medizinisch-psychologischen Untersuchung. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der einmal gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen hat, das künftig erneut tun wird, gibt es nicht. Freilich können besondere Umstände des Einzelfalls, wie etwa ein mit Blick auf die Verkehrssicherheit besonders verantwortungsloser Umgang mit dem Cannabiskonsum, die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahelegen. In solchen Fällen einer hinreichend abgesicherten negativen Prognose kann dann auch § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommen.

42 Vom Erfordernis einer medizinisch-psychologischen Begutachtung bei gelegentlichem Cannabiskonsum und dem erstmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 geht auch die von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie verantwortete Kommentierung der Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung aus (Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung - Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 192 ff.). Danach kann die Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten im Rahmen der medizinisch-psychologischen Begutachtung dann bejaht werden, wenn ausschließlich ein gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt und eine Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss auch bei gegebenenfalls fortbestehendem Konsum zuverlässig vermieden werden kann (Hypothese D 4). Als Prüfkriterien hierfür werden genannt: Der Klient hat in der Vergangenheit und wird, falls er den Konsum nicht gänzlich eingestellt hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig ausschließlich gelegentlich Cannabisprodukte mit geringer Wirkstoffmenge konsumieren (Kriterium D 4.1 N). Der Klient verfügt über eine realistische Einschätzung der Wirkungsweise und Wirkungsdauer der konsumierten Cannabisprodukte, so dass eine zuverlässige Trennung von Konsum und Fahren gewährleistet ist. Er ist sich der besonderen Risiken von Cannabiskonsum für die Verkehrsteilnahme (mittlerweile) bewusst (Kriterium D 4.2 N). Der Klient hat plausible Vorsätze zu einer Verkehrsteilnahme ohne THC-Einfluss gefasst und verfügt über eine so gute Selbstkontrolle und Selbstbehauptung, dass er sie auch umsetzen kann (Kriterium D 4.3 N). Diesen (Haupt-)Kriterien folgen dann jeweils noch entsprechende Unterkriterien. Dieser Kriterienkatalog verdeutlicht zugleich, was bei Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV Gegenstand der medizinisch-psychologischen Untersuchung sein wird.

43 cc) Die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV lässt sich - wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt (UA S. 32 f.) - nicht aus einem anzustrebenden Gleichlauf von § 13 FeV (Klärung von Eignungszweifeln bei Alkohol) und § 14 FeV (Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel) herleiten (so aber VGH München, Urteil vom 25. April 2017 - 11 BV 17.33 - Blutalk 54, 268 <272>).

44 Zwar hat der Verordnungsgeber einen solchen Gleichlauf bei der 2008 in Kraft getretenen Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl. I S. 1338) durchaus im Blick gehabt; diese Regelungsintention bezog sich jedoch nur auf konkrete Einzelfragen. So wollte der Verordnungsgeber durch eine Änderung von § 13 FeV die unterschiedliche Beurteilung von früherer Alkoholabhängigkeit und früherer Drogenabhängigkeit beseitigen (Art. 1 Nr. 7 der Änderungsverordnung, vgl. dazu die Begründung in BR-Drs. 302/08 S. 62) und im Rahmen des § 14 FeV die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung und die Fahrerlaubnisentziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde gleichbehandeln (Art. 1 Nr. 8 der Änderungsverordnung, vgl. dazu Begründung BR-Drs. 302/08 S. 62 f.). Daraus ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber insgesamt einen Gleichlauf der §§ 13 und 14 FeV angestrebt hat. Das war und ist auch nicht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG geboten. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <350>) und des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 51) ist anerkannt, dass wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotenzials für die Verkehrssicherheit und der unterschiedlichen Wirkungsweise eine Ungleichbehandlung von Alkohol- und Cannabiskonsum im Fahrerlaubnisrecht nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Auch nach der vom Verordnungsgeber vorgenommenen Angleichung unterscheiden sich die Regelungen des § 13 FeV zum Alkohol- und die des § 14 FeV zum Konsum von Betäubungsmitteln nicht unerheblich. So führt fahrerlaubnisrechtlich auch ein erheblicher Alkoholkonsum, solange er nicht wegen eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot als Alkoholmissbrauch im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 einzustufen ist, noch nicht zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wogegen der Konsum harter Drogen (Nr. 9.1 der Anlage 4) oder auch regelmäßiger Cannabiskonsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) bereits unmittelbar die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge haben.

45 c) Kommt die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu der Entscheidung, dass der Betroffene zur Klärung der bestehenden Eignungszweifel ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen hat, setzt sie ihm gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV zugleich eine Frist für dessen Vorlage. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie nach § 11 Abs. 8 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Dieses Instrument ermöglicht es der Fahrerlaubnisbehörde, eine rasche Klärung der aufgrund des zurückliegenden Verstoßes gegen das Trennungsgebot bestehenden Eignungszweifel herbeizuführen und dann entweder gestützt auf das Fahreignungsgutachten oder aber im Fall einer nicht fristgerechten Beibringung auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV zeitnah auch ihre Entscheidung über eine Fahrerlaubnisentziehung zu treffen.

46 d) Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gebotene Ermessensentscheidung über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht getroffen. Damit erweist sich die angefochtene Fahrerlaubnisentziehung als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; der Bescheid der Beklagten ist daher unter Änderung der vorinstanzlichen Entscheidungen aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

47 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Urteil vom 11.04.2019 -
BVerwG 3 C 2.18ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C2.18.0

Entziehung der Fahrerlaubnis nach Verletzung des Trennungsgebots durch einen gelegentlichen Konsumenten von Cannabis

Leitsätze:

1. Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen. In solchen Fällen hat sie gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden.

2. Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis trennt den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung, wenn wegen des Cannabiskonsums die Möglichkeit einer Beeinträchtigung seiner Fahrsicherheit besteht. Von einer solchen Möglichkeit kann auch unter Berücksichtigung der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 nach wie vor ausgegangen werden, wenn eine Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) von 1 ng/ml oder mehr im Blutserum des Betroffenen festgestellt wird.

  • Rechtsquellen
    StVG § 3 Abs. 1 Satz 1
    FeV § 11 Abs. 7 und 8, §§ 13, 14 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 3,
    § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und Anlage 4 Nr. 9.2.2
    GG Art. 3 Abs. 1

  • VG München - 07.08.2017 - AZ: VG M 26 K 16.5301
    VGH München - 13.12.2017 - AZ: VGH 11 BV 17.1876

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 11.04.2019 - 3 C 2.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C2.18.0]

Urteil

BVerwG 3 C 2.18

  • VG München - 07.08.2017 - AZ: VG M 26 K 16.5301
  • VGH München - 13.12.2017 - AZ: VGH 11 BV 17.1876

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. April 2019
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen die Entziehung ihrer Fahrerlaubnis.

2 Die Klägerin wurde am 12. Mai 2016 um 10:30 Uhr einer Verkehrskontrolle unterzogen. In der bei ihr um 10:55 Uhr entnommenen Blutprobe stellte das Institut für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München eine Konzentration des psychoaktiven Cannabiswirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) von 1,0 ng/ml, ca. 0,62 ng/ml 11-Hydroxy-THC (11-OH-THC) und ca. 7,6 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH) im Blutserum fest.

3 Mit rechtskräftigem Bußgeldbescheid vom 12. September 2016 wurden gegen die Klägerin wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 StVG eine Geldbuße in Höhe von 500 € und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

4 Mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 entzog das Landratsamt Berchtesgadener Land der Klägerin unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis und forderte sie auf, ihren Führerschein unverzüglich abzugeben. Sie sei nach § 11 Abs. 7 FeV ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da sie gelegentliche Konsumentin von Cannabis sei und, wie die Fahrt vom 12. Mai 2016 gezeigt habe, nicht nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (im Folgenden: Anlage 4) zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen könne.

5 Auf ihre Klage hat das Verwaltungsgericht den Bescheid aufgehoben. Ein gelegentlicher Cannabiskonsument könne nach der ersten Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen als fahrungeeignet angesehen werden. Zur Begründung werde auf die neuere Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verwiesen. Deshalb könne dahinstehen, ob die Klägerin gelegentliche Cannabiskonsumentin sei.

6 Die Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin sei gelegentliche Cannabiskonsumentin. Aufgrund des rechtsmedizinischen Gutachtens stehe fest, dass sie vor der Polizeikontrolle am 12. Mai 2016 Cannabis konsumiert habe. Ohne gegenteilige substanziierte Darlegung könne nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden. Die Klägerin habe einmal gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen. Bei den vom Institut für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität bei ihr festgestellten Werten sei eine durch Drogeneinfluss bedingte Beeinträchtigung ihrer Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen. Die Feststellungen im rechtskräftig abgeschlossenen Bußgeldverfahren müsse die Klägerin gegen sich gelten lassen. Damit stehe jedoch nicht im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV fest, dass sie ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Das Landratsamt sei nicht berechtigt gewesen, der Klägerin ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen die Fahrerlaubnis zu entziehen. Es hätte im Ermessenswege darüber entscheiden müssen, ob es nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV eine medizinisch-psychologische Untersuchung anordne. Für die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV spreche neben dem Wortlaut der Regelung und der amtlichen Überschrift die Entstehungsgeschichte von § 14 FeV. Nach der Verordnungsbegründung seien die §§ 13 und 14 FeV Spezialvorschriften zu § 11 FeV und dienten der Klärung von Eignungszweifeln bei einer Alkoholproblematik und im Hinblick auf den Konsum von Betäubungs- und Arzneimitteln. Der Verordnungsgeber habe damit verbindlich festlegen wollen, welche Aufklärungsmaßnahmen in welchen Fällen zu ergreifen seien. Nach der Begründung zu § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV könnten weitere Umstände im Sinne dieser Regelung u.a. dann gegeben sein, wenn der gelegentliche Cannabiskonsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolge. Die Begründung gebe keinen Anhalt dafür, dass der Verordnungsgeber § 11 Abs. 7 FeV bereits bei der ersten Verkehrsordnungswidrigkeit unter Cannabiseinfluss für anwendbar gehalten habe. Für die Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV spreche auch die Systematik der §§ 11, 13 und 14 FeV i.V.m. der Anlage 4. Bei der Klärung der Eignungszweifel nach § 13 Satz 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 FeV sei anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betroffenen prognostisch zu untersuchen, ob Wiederholungsgefahr bestehe. Aus der Anlage 4 ergebe sich nichts anderes. Deren Nr. 9.2.2 und 8.1 legten keine Grenzwerte fest, bei denen automatisch von Ungeeignetheit wegen fehlenden Trennungsvermögens auszugehen sei. Es bedürfe stets einer psychologischen Beurteilung, ob nach dem bekannt gewordenen Verhalten die Prognose zu stellen sei, dass auch in Zukunft keine Trennungsbereitschaft bestehe. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 bestimme nicht, dass bereits ein einmaliger Verstoß zur Ungeeignetheit führe; das ergebe sich auch nicht aus der gegenüber der Nr. 8.1 der Anlage 4 unterschiedlichen Formulierung. Auch bei diesem Normverständnis verbleibe für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ein sinnvoller Anwendungsbereich, etwa wenn zwei Ordnungswidrigkeiten nach § 24a Abs. 2 StVG unter Cannabiseinfluss oder je eine unter Alkohol- und Cannabiseinfluss begangen worden seien. Der Verordnungsgeber habe mit § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV eine Gleichbehandlung von Alkohol- und Drogenkonsumenten erreichen wollen. Bei fehlendem Trennungsvermögen habe er sie durch die Vorgabe hergestellt, beim zweiten Verstoß zwingend eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen. Auch der Sinn und Zweck von § 14 FeV, Eignungszweifel zu klären und die Sicherheit des Straßenverkehrs zu wahren, lege die dargestellte Auslegung nahe. Es sei nicht ersichtlich, dass gelegentliche Cannabiskonsumenten, die erstmals das Trennungsgebot verletzt hätten, eine größere Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellten als Alkoholkonsumenten, die das Trennungsgebot gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis d FeV nicht beachtet hätten und sich danach "nur" einer medizinisch-psychologischen Begutachtung unterziehen müssten. Außerdem sehe die Fahrerlaubnis-Verordnung bei einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt nach § 24a Abs. 1, Abs. 3 StVG anders als § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV bei gelegentlichem Cannabiskonsum nicht die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung vor. Ein solches Verständnis von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV füge sich außerdem sinnvoll in das ordnungs- und sicherheitsrechtliche Maßnahmensystem ein. Der Normgeber nehme hin, dass Verkehrsteilnehmer in gewissem Umfang Verkehrsordnungswidrigkeiten begingen, ohne dass ihnen sofort die Fahrerlaubnis entzogen werde. Gemäß § 25 StVG komme bei Ordnungswidrigkeiten nach §§ 24, 24a StVG nur die Verhängung eines Fahrverbots in Betracht. Nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem des § 4 StVG sei regelmäßig erst bei Erreichen von acht Punkten zwingend von mangelnder Fahreignung auszugehen und die Fahrerlaubnis zu entziehen. Die erstmalige, gegebenenfalls nur fahrlässige Übertretung ordnungsrechtlicher Vorschriften trage nicht zwingend eine Wiederholungsgefahr in sich, die ohne weitere Aufklärung die Annahme der Ungeeignetheit nach § 11 Abs. 7 FeV rechtfertige. Der Bußgeldkatalog sehe für den ersten Verstoß gegen § 24a Abs. 1 oder 2 StVG ein Bußgeld in Höhe von 500 € und ein einmonatiges Fahrverbot vor. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das zur Warnung reiche und eine Verhaltensänderung hervorrufe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass Fahrten unmittelbar nach dem Konsum von Cannabis mit einer sehr hohen THC-Konzentration ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine Straftat nach den §§ 315c, 316 StGB seien und deshalb eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 69 StGB nicht in Betracht komme. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grenzwerte für relative und absolute Fahrunsicherheit bei Alkoholkonsum fänden keine Entsprechung für Fahrten unter Cannabiseinfluss. Das könne nicht dazu führen, dass entgegen der abschließenden Festlegung der Anlässe für eine medizinisch-psychologische Untersuchung in § 14 FeV Grenzwerte definiert würden, die bei einem ordnungswidrigen Verhalten zur Fahrerlaubnisentziehung führten.

7 Zur Begründung seiner Revision macht der Beklagte geltend: Die angegriffene Fahrerlaubnisentziehung sei rechtmäßig. Aufgrund der Fahrt der Klägerin am 12. Mai 2016 stehe gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest, dass sie ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Sie habe gelegentlich Cannabis konsumiert und den Konsum nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Die Argumentation des Berufungsgerichts mit dem Wortlaut von § 14 FeV beruhe auf einem Zirkelschluss. Der Überschrift "Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel" lasse sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten solche Eignungszweifel bestünden. Auch der Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sage nichts darüber aus, ob die Fahrt eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten unter dem Einfluss einer fahrsicherheitsrelevanten THC-Konzentration lediglich Zweifel an seiner Fahreignung begründe oder sie zwingend ausschließe. Mit der Entstehungsgeschichte von § 14 FeV könne das Berufungsgericht seine Auffassung ebenfalls nicht begründen. Die Erwägungen des Verordnungsgebers ließen nicht den Schluss zu, die Regelungen zum Alkohol- und zum Cannabiskonsum hätten einander pauschal und vollständig angeglichen werden sollen. Ebenso wenig ergäben sich aus der Systematik der §§ 11, 13 und 14 FeV i.V.m. der Anlage 4 Anhaltspunkte für eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV. Der Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4, wonach die Fahreignung nur bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen sei, stehe der Auslegung des Berufungsgerichts entgegen.

8 Die Klägerin tritt der Revision entgegen und verteidigt das Urteil des Berufungsgerichts.

9 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Auffassung, der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot genüge nicht, um gemäß § 11 Abs. 7 FeV fehlende Fahreignung anzunehmen. Ein solcher Verstoß begründe nur Zweifel an der Fahreignung, aufgrund derer die Fahrerlaubnisbehörde nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen könne. "Trennen-Können" im Sinne der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sei im Unterschied zur "Trennung" nach Anlage 4 die Fähigkeit, dauerhaft Konsum und Fahren zu trennen. Das setze eine Prognose voraus. Damit sie zugunsten des Betroffenen ausfalle, müsse er darlegen, dass er ein angemessenes Problembewusstsein hinsichtlich seines Cannabiskonsums habe, und nachweisen, dass er über das notwendige Wissen über die Wirkungsweise, die Wirkdauer und die damit verbundenen Gefahren von Cannabis verfüge. Aus einem einmaligen Verstoß könne für die Prognose weder die Überzeugung der Nichteignung im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV noch ein sittlich-charakterlicher Mangel hergeleitet werden. Es gebe keinen Grund, gelegentliche Cannabiskonsumenten bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot von der Gefährlichkeit her auf dieselbe Stufe zu stellen wie Personen, die schweren Drogenmissbrauch betrieben oder drogenabhängig seien.

II

10 Die Revision des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 und § 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die angegriffene Fahrerlaubnisentziehung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin ist gelegentliche Konsumentin von Cannabis und hat bei der Fahrt am 12. Mai 2016 den Konsum nicht in der nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gebotenen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt (1.). Doch steht damit nicht fest, dass sie ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Fahrerlaubnisbehörde könne bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach dem als Ordnungswidrigkeit geahndeten erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV von fehlender Fahreignung ausgehen, vielmehr sehe § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV für solche Fälle die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor, steht im Einklang mit Bundesrecht. An der gegenteiligen Auffassung, die der erkennende Senat im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2014:​231014U3C3.13.0] - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) zur Anwendbarkeit von § 11 Abs. 7 FeV vertreten hat, wird nicht festgehalten (2.).

11 1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 13 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 11 jeweils m.w.N.); abzustellen ist hier daher auf den Erlass des Bescheids vom 20. Oktober 2016.

12 Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Die Bewertungen der Anlage 4 gelten nach Nummer 3 ihrer Vorbemerkung für den Regelfall. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden.

13 Die Klägerin war, wie das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht annimmt, zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gelegentliche Konsumentin von Cannabis (a) und hat bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs am 12. Mai 2016 gegen das Gebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen, den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen (b).

14 a) Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 19 ff. m.w.N.). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lag bei der Klägerin ein solches Konsummuster vor (UA Rn. 19 f.). Zulässige und begründete Verfahrensrügen hiergegen hat sie nicht erhoben.

15 b) Die Klägerin hat bei der Fahrt am 12. Mai 2016 den Konsum von Cannabis nicht in der erforderlichen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt; darin liegt ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4, der Zweifel an ihrer Fahreignung begründet (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

16 aa) Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 genügt gelegentlicher Konsum von Cannabis anders als regelmäßiger Konsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) für sich genommen noch nicht, um von fehlender Fahreignung des Betroffenen auszugehen. Hinzutreten müssen zusätzliche tatsächliche Umstände. Eine dieser "Zusatztatsachen" ist neben dem Mischkonsum von Cannabis und Alkohol, dass der Betroffene nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 29). Allerdings rechtfertigt nicht jeder bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte THC-Wert die Annahme fehlender Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 a.a.O. Rn. 31).

17 bb) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Betroffene für eine Bejahung seiner Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 Konsum und Fahren in einer Weise trennen, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Gefahren, die von in ihrer Fahrsicherheit beeinträchtigten Kraftfahrzeugführern für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen können, ist es auch vor dem Hintergrund der staatlichen Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, geboten, solche Risiken soweit wie möglich auszuschließen. Dementsprechend wird das Trennungsgebot nicht erst dann verletzt, wenn mit Sicherheit eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit anzunehmen ist oder es - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zeitweise angenommen hatte - zu einer signifikanten Erhöhung des Unfallrisikos kommt (so noch VGH München, Beschluss vom 4. Juni 2007 - 11 CS 06.28 06 - juris Rn. 20 m.w.N.), sondern bereits dann, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht oder - negativ formuliert - eine solche Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33; ebenso u.a. OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; VGH Mannheim, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 - VRS 130, 272 <273>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 f.).

18 Diesen Gefährdungsmaßstab legt auch das Bundesverfassungsgericht zugrunde. Es lässt für die Annahme fehlender Trennungsbereitschaft und damit eines charakterlich-sittlichen Eignungsmangels genügen, dass eine drogenkonsumbedingte Fahruntüchtigkeit jedenfalls nicht auszuschließen ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2380>). Damit gemäß § 24a Abs. 2 StVG ein als Ordnungswidrigkeit zu ahndendes Führen eines Kraftfahrzeugs "unter der Wirkung" von Cannabis tatbestandlich angenommen werden kann, hält es das Bundesverfassungsgericht in verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift für erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine THC-Konzentration im Blut festgestellt wird, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeugführers als möglich erscheinen lässt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <351>). Diese Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zum abstrakten Gefährdungsdelikt des § 24a Abs. 2 StVG sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 34) auf das auf Prävention und Gefahrenabwehr zielende Vorgehen auf Grundlage der Fahrerlaubnis-Verordnung ohne Weiteres übertragbar (ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>).

19 cc) Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn ein gelegentlicher Cannabiskonsument den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Ergebnis nicht in der gebotenen Weise voneinander trennt. Unerheblich ist, ob die unterbliebene Trennung darauf zurückzuführen ist, dass der Betroffene nicht in der Lage war zu trennen ("Trennen-Können" oder "Trennungsvermögen") oder dass ihm die Bereitschaft zum Trennen von Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs fehlte ("Trennungsbereitschaft").

20 Dass auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots abzustellen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4. In dieser Bestimmung wird keiner der Begriffe Trennungsvermögen, Trennen-Können oder Trennungsbereitschaft verwendet. Diese Begriffe bezeichnen einzelne Anforderungen, deren Nichterfüllung der Grund für den Verstoß gegen das Trennungsgebot sein kann; sie sind nicht mit dem Begriff "Trennung" identisch, der das von einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis einzuhaltende Verhalten definiert. Der Verordnungsgeber bejaht in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Fahreignung nur dann, "wenn Trennung von Konsum und Fahren und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit, kein Kontrollverlust". Er lehnt sich damit zwar in Bezug auf die dort aufgeführten "Zusatztatsachen" an die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung an, die nach der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung (Grundsätze für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten) die Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind. Dort heißt es unter 3.14.1 (Sucht <Abhängigkeit> und Intoxikationszustände) seit dem 1. Februar 2000, dass, wer gelegentlich Cannabis konsumiert, in der Lage ist, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden, wenn er Konsum und Fahren trennen kann, wenn kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Doch hat der Verordnungsgeber zur inhaltlichen Umschreibung des Trennungsgebots eine andere Formulierung gewählt. Hinweise darauf, weshalb er hierbei mit der Verwendung des Begriffs "Trennung" von den Begutachtungsleitlinien abgewichen ist, lassen sich der Verordnungsbegründung nicht entnehmen. Das ändert indes nichts am eindeutigen Wortlaut der Bestimmung; es wird dort - positiv - Trennung verlangt, um die Fahreignung eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten bejahen zu können.

21 Diese "Ergebnisorientierung" trägt zugleich der Funktion des Mängelkatalogs der Anlage 4 am besten Rechnung. Er soll Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs und eine damit verbundene Gefährdung von Leib, Gesundheit und Sachwerten soweit wie möglich ausschließen, die - im Anwendungsbereich von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 - durch gelegentlichen Cannabiskonsum und dessen unzureichende Trennung vom Führen eines Kraftfahrzeugs entstehen können. Solche Gefährdungen sind beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer THC-bedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit unabhängig davon möglich, ob der Verstoß gegen das Trennungsgebot auf fehlende Erkenntnisfähigkeit/-möglichkeit des Betroffenen oder aber auf dessen mangelnde Bereitschaft zur Trennung zurückzuführen ist. Dieses Verständnis des Trennungsgebots deckt sich schließlich auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es lässt für die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde nicht den Besitz von Cannabis genügen, sondern verlangt darüber hinaus, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür ermittelt wurden, dass der Betroffene den Konsum von Cannabis und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig zu trennen vermag oder zu trennen bereit ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Juli 2002 - 1 BvR 2428/95 - NJW 2002, 2381). Auch das Bundesverfassungsgericht stellt somit beide möglichen Ursachen für die Verletzung des Trennungsgebots gleichberechtigt nebeneinander.

22 Dass es gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 für die Bejahung der Fahreignung auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots ankommt, beantwortet für sich genommen allerdings noch nicht die Frage, was aus einem in der Vergangenheit begangenen Verstoß gegen das Trennungsgebot fahrerlaubnisrechtlich folgt (dazu unter 2.).

23 dd) Dass bereits die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit des Betroffenen einen Verstoß gegen das Trennungsgebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 begründet, hat Rückwirkungen auf die Höhe des dabei heranzuziehenden THC-Grenzwerts. Abzustellen ist darauf, ab welcher Konzentration von THC im Blutserum eine verkehrssicherheitsrelevante Beeinträchtigung der Fahrsicherheit möglich oder - anknüpfend an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2380>) - nicht ausgeschlossen ist; insoweit handelt es sich um einen "Risikogrenzwert" (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 37; ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145 f.>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 f.).

24 Ab welchem THC-Wert eine solche Beeinträchtigung möglich ist, ist im Wesentlichen eine Frage tatsächlicher, nämlich medizinisch-toxikologischer Natur (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 31). Dementsprechend sind der revisionsgerichtlichen Überprüfung die von der Vorinstanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen zugrunde zu legen, soweit hiergegen - wie im vorliegenden Fall - keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erhoben wurden (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO). Ergänzend können in der Revision allgemeinkundige wissenschaftliche Erkenntnisse herangezogen werden (BVerwG, Urteil vom 3. März 1987 - 1 C 39.84 - Buchholz 436.52 § 1 GjS Nr. 12 S. 6 f.).

25 (1) Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ging bislang ganz überwiegend davon aus, dass bei gelegentlichen Konsumenten von Cannabis eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit möglich ist, wenn eine THC-Konzentration von 1 ng/ml Blutserum erreicht oder überschritten wird (vgl. u.a. VGH Mannheim, Urteil vom 22. November 2012 - 10 S 3174/11 - VRS 124, 168 <174>; OVG Weimar, Beschluss vom 6. September 2012 - 2 EO 37/11 - NZV 2013, 413 <414>; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 - 2 B 341/11 - NJW 2012, 3526 <3527>; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 1 S 17/09 - NZV 2010, 531 <532>; OVG Schleswig, Urteil vom 17. Februar 2009 - 4 LB 61/08 - juris Rn. 35). Diese Annahme hat der erkennende Senat aus revisionsrechtlicher Sicht gebilligt (vgl. zum Urteil des VGH Mannheim: BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 37 ff.). Dass der Bayerische Verwaltungsrichthof abweichend hiervon vorübergehend einen THC-Grenzwert von 2 ng/ml Blutserum zugrunde gelegt hatte, war im Wesentlichen durch seine Annahme bedingt, es sei auf eine signifikante Erhöhung des Risikos einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit abzustellen (so noch VGH München, Beschluss vom 25. Januar 2006 - 11 CS 05.17 11 - VRS 110, 310 <318 f.>). Hiervon ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mittlerweile aber wieder abgegangen (vgl. u.a. VGH München, Beschluss vom 10. März 2015 - 11 CS 14.22 00 - juris Rn. 12 ff.); auch er legt nun wieder einen THC-Grenzwert in Höhe von 1 ng/ml Blutserum zugrunde (vgl. VGH München, Urteil vom 13. Dezember 2017 - 11 BV 17.18 76 - juris Rn. 21 und Beschluss vom 23. Mai 2016 - 11 CS 16.690 - NJW 2016, 2601 Rn. 15 ff.).

26 Der genannte THC-Grenzwert von 1 ng/ml Blutserum geht auf den Beschluss der Grenzwertkommission vom 20. November 2002 zurück. Sie hat diesen Wert dort für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - hier das Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung von Cannabis - empfohlen; ihre Empfehlung hat sie in einem weiteren Beschluss vom 22. Mai 2007 (Blutalk 44, 311) aktualisiert und bestätigt. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist - wie gezeigt - geklärt, dass die Übertragung dieses für das Ordnungswidrigkeitenrecht entwickelten Grenzwertes in das Fahrerlaubnisrecht gerechtfertigt ist, weil § 24a Abs. 2 StVG und Nr. 9.2.2 der Anlage 4 derselbe Gefährdungsmaßstab zugrunde liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 34).

27 (2) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, an diesem THC-Grenzwert in Höhe von 1 ng/ml Blutserum für die Feststellung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 sei auch unter Berücksichtigung der neueren Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 festzuhalten, ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern (für eine Beibehaltung dieses Grenzwertes auch: OVG Schleswig, Beschluss vom 27. Juni 2018 - 4 MB 45/18 - juris Rn. 6 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145 f.>; OVG Magdeburg, Beschluss vom 6. September 2017 - 3 M 171/17 - juris Rn. 6 ff.; VGH Kassel, Beschluss vom 17. August 2017 - 2 B 1213/17 - Blutalk 54, 390 <391 f.>; OVG Lüneburg, Beschluss vom 28. November 2016 - 12 ME 180/16 - juris Rn. 10; VGH Mannheim, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 - Blutalk 53, 399 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <396>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 <276>).

28 In seinem Urteil vom 11. April 2019 - BVerwG 3 C 14.17 - hat der Senat hierzu ausgeführt:
"In der im September 2015 veröffentlichten 'Empfehlung der Grenzwertkommission für die Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum zur Feststellung des Trennungsvermögens von Cannabiskonsum und Fahren' (Blutalk 52, 322) wird unter Hinweis auf verschiedene Studien empfohlen, bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne der Anlage 4 bei Feststellung einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum zu verneinen. Liege der letzte Konsum bei einer Konzentration in dieser Höhe sicher länger zurück, sei von einer Anreicherung von THC infolge regelmäßigen Konsums auszugehen, womit die Fahreignung nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 ausgeschlossen sei. Zur Begründung heißt es, dass sich eine Leistungseinbuße in experimentellen Studien frühestens ab 2 ng THC/ml Serum nachweisen lasse, ein erhöhtes Unfallrisiko ab einer THC-Konzentration von 4 ng/ml Blutserum. Darüber hinaus sei, um bei einer konkreten Einzelmessung eine Benachteiligung zu vermeiden, eine Messwertschwankung von maximal 30 % zu berücksichtigen (a.a.O. S. 322). Hiervon ausgehend empfiehlt die Grenzwertkommission, die Trennung von Konsum und Fahren ab dem Erreichen eines THC-Grenzwertes von 3,0 ng/ml Blutserum zu verneinen (a.a.O. S. 323). Eine Neubewertung des analytischen Grenzwerts von THC (1 ng/ml) gemäß der Empfehlung der Grenzwertkommission zur Anlage des § 24a StVG hält die Grenzwertkommission dagegen ausdrücklich nicht für veranlasst (a.a.O. S. 323).
Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass die Grenzwertkommission bei dieser Empfehlung von einem anderen als dem aus den dargestellten Rechtsgründen für das Fahrerlaubnisrecht zugrunde zu legenden Gefährdungsmaßstab ausgegangen ist. Das zeigt insbesondere der Umstand, dass die Grenzwertkommission bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen zwar einerseits empfiehlt, eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 erst bei einer THC-Konzentration von 3 ng/ml oder mehr im Blutserum zu verneinen, zugleich aber ausdrücklich feststellt, dass eine Neubewertung des analytischen THC-Grenzwerts von 1 ng/ml Blutserum gemäß ihrer Empfehlung zur Anlage des § 24a StVG nicht veranlasst sei. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist indes aus den bereits aufgezeigten rechtlichen Gründen anerkannt, dass sich der im Fahrerlaubnisrecht für die Beurteilung der Fahreignung heranzuziehende Gefährdungsmaßstab mit dem des § 24a Abs. 2 StVG deckt. Aus der neueren Empfehlung der Grenzwertkommission ergibt sich - wie das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zugleich beanstandungsfrei feststellt - auch nicht, dass und gegebenenfalls aus welchen medizinisch-toxikologischen Gründen eine Differenzierung beim Gefährdungsmaßstab zwischen dem Fahrerlaubnis- und dem Ordnungswidrigkeitenrecht angezeigt wäre. Vielmehr hatte der damalige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Daldrup, in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu dem von der Grenzwertkommission zu § 24a Abs. 2 StVG festgelegten Grenzwert von 1 ng/ml ausgeführt, dass bei dieser Menge die Möglichkeit einer Beeinträchtigung bestehe, wie sie das Bundesverfassungsgericht zur verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes für erforderlich halte (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Januar 2016 - 9 K 1253/15 - Blutalk 53, 278 <282>, Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 6).
Gegen die Notwendigkeit einer Abkehr vom bisher herangezogenen THC-Grenzwert spricht aber vor allem, dass nach den für das Revisionsverfahren bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen und allgemein zugänglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen die medizinisch-toxikologische Annahme nach wie vor zutrifft, es könne bereits ab einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum zu fahrsicherheitsrelevanten Beeinträchtigungen beim Führen eines Kraftfahrzeugs kommen. Das Berufungsgericht hat das den Ausführungen der dort zur Frage des THC-Grenzwerts angehörten Sachverständigen Prof. Dr. Daldrup und Prof. Dr. Tönnes - des damaligen und des derzeitigen Vorsitzenden der Grenzwertkommission - entnommen. Beide zögen im Ergebnis nicht in Zweifel, dass bei einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht auszuschließen sei (UA S. 27); sie hätten dies vielmehr ausdrücklich bestätigt. Im Berufungsverfahren hat der Berichterstatter ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Obersätze des Bundesverwaltungsgerichts zu Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Frage an die Sachverständigen gerichtet, ob bei Cannabiskonsumenten mit einem THC-Wert von 1 ng/ml Serum eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit auszuschließen sei. Die Sachverständigen haben dies verneint, ein THC-Wert von 1 ng/ml Serum könne eine äußerlich messbare Wirkung haben (Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 10). In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der damalige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Daldrup, dahingehend Stellung genommen, dass auch bereits bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml Blutserum eine cannabisbedingte verkehrssicherheitsrelevante Leistungseinbuße nicht ausgeschlossen sei (UA S. 13; Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 8). Zulässige und begründete Verfahrensrügen gegen die auf diese Äußerungen gestützte Feststellung der Vorinstanzen, eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit sei bereits bei einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum möglich, sind nicht erhoben worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der derzeitige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Tönnes, nochmals ausdrücklich bestätigt, es bestehe ab einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum nicht nur eine theoretische, sondern eine realistische Möglichkeit, dass es bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis zu einer Beeinträchtigung seiner fahrsicherheitsrelevanten Eigenschaften kommt. Das Bundesverfassungsgericht und die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung stimmen - wie gezeigt - aber darin überein, dass bereits die nicht nur theoretische Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit durch vorangegangenen gelegentlichen Cannabiskonsum genügt, um einen Verstoß gegen die im Ordnungswidrigkeiten- und im Fahrerlaubnisrecht geltenden Anforderungen des Trennungsgebots zu bejahen ('Risikogrenzwert').
Soweit sowohl in der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 (Blutalk 52, 322), den schriftlichen Erläuterungen einzelner Mitglieder der Grenzwertkommission hierzu (Blutalk 53, 409) als auch in den mündlichen Stellungnahmen der beiden Sachverständigen im vorliegenden Verfahren darauf hingewiesen wird, dass es bei chronischem Konsum von Cannabis zu einer Depotbildung im Gewebe kommen könne, aus dem THC ins Blut abgegeben werde, ohne dass das von Einfluss auf die fahrsicherheitsrelevanten Eigenschaften des Betroffenen sei, hat das Berufungsgericht die tatsächliche Feststellung getroffen, dass darin noch keine Verlautbarung einer wissenschaftlichen Evidenz liege, aufgrund derer der vorgegebene fahrerlaubnisrechtliche Maßstab eines sicheren Gefahrenausschlusses als erfüllt betrachtet werden könne (UA S. 24). Unabhängig davon muss der Grenzwert die realistische Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht nur bei chronischem, sondern auch bei seltenerem Konsum von Cannabis ausschließen. Nr. 9.2 der Anlage 4 differenziert nur zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme von Cannabis. Chronische Einnahme ist kein eigenständig geregeltes Konsummuster; die Abgrenzung zum regelmäßigen Konsum ist nicht trennscharf. Schließlich hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt angegeben, chronischer Konsument von Cannabis zu sein. Er hatte zunächst geltend gemacht, vor der Fahrt am 28. September 2014 lediglich einmal Cannabis konsumiert zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hatte er dann aber vor dem Hintergrund seiner Angaben bei der Verkehrskontrolle und den Ergebnissen der Blutproben zwar einen gelegentlichen Cannabiskonsum eingestanden, nicht jedoch einen in der Konsumfrequenz darüber hinausgehenden chronischen Konsum.
In Bezug auf die Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 ist schließlich zu berücksichtigen, dass der dort vorgeschlagene höhere THC-Grenzwert, wie der Äußerung von Mitgliedern der Grenzwertkommission zum 'Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Feststellung einer mangelhaften Trennung von Cannabiskonsum und Fahren anhand der Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum' (Blutalk 53, 409 ff.) zu entnehmen ist, auf der Annahme beruhte, dass es bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten, die ein Kraftfahrzeug unter Erreichen des THC-Grenzwertes geführt hätten, unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis komme. Deshalb hielten es die Verfasser für geboten, an den Nachweis der Fahrungeeignetheit infolge Cannabiskonsums alleine auf der Grundlage einer THC-Blutserumkonzentration den Anspruch zu stellen, dass ein Grenzwert die Fahrungeeignetheit jenseits vernünftiger Zweifel beweise (a.a.O. S. 412). Es kann offen bleiben, ob auch insoweit - wie das Berufungsgericht annimmt - der nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung maßgebliche Gefährdungsmaßstab verfehlt wird. Jedenfalls wird dieser Ansatzpunkt der Grenzwertkommission für einen höheren Grenzwert dadurch hinfällig, dass - wie noch im Einzelnen zu zeigen sein wird - das Erreichen dieses Grenzwertes durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei einer erstmaligen Fahrt unter der Wirkung von Cannabis in der Regel nur dazu führt, dass der Betroffene gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgefordert werden kann."

29 Den aus den dargestellten Gründen nach wie vor maßgeblichen THC-Grenzwert von 1 ng/ml Blutserum hat die Klägerin beim Führen eines Kraftfahrzeugs am 12. Mai 2016 erreicht. In der bei ihr entnommenen Blutprobe wurde ein THC-Wert von 1,0 ng/ml Blutserum festgestellt. Eines "Sicherheitsabschlags", um möglichen Messungenauigkeiten Rechnung zu tragen, bedarf es nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 43 ff.). Die Klägerin hat danach nicht in der nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gebotenen Weise den (gelegentlichen) Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt.

30 2. Entgegen der Auffassung des Beklagten steht die Annahme des Berufungsgerichts, die Fahrerlaubnisbehörde dürfe bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach dem als Ordnungswidrigkeit geahndeten erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen, sondern habe gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege über die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden, im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). An seiner im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - (Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) geäußerten gegenteiligen Auffassung hält der erkennende Senat nach nochmaliger Prüfung nicht fest. Voraussetzung für die Verneinung der Fahreignung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV) ist nach dem erstmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot die Prognose, dass er auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine tragfähige tatsächliche Grundlage gestützt werden kann, ist in der Regel die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

31 a) Das Fahrerlaubnisrecht ist Gefahrenabwehrrecht (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 21). Bei der in diesem Rahmen vorzunehmenden Beurteilung der Fahreignung durch die Fahrerlaubnisbehörde geht es daher - anders als bei der Ahndung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - nicht um die Sanktionierung eines zurückliegenden Fehlverhaltens im Straßenverkehr. Ausgerichtet ist das Fahrerlaubnisrecht vielmehr darauf, künftige Risiken für die Verkehrssicherheit soweit wie möglich auszuschalten. Zur Beantwortung der Frage, ob durchgreifende und damit zur Entziehung der Fahrerlaubnis führende Zweifel an der Fahreignung bestehen, ist daher anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betroffenen und sonstiger fahreignungsrelevanter Umstände eine Prognose anzustellen, ob Wiederholungsgefahr besteht, ob also - mit anderen Worten - künftig mit weiteren für die Beurteilung der Fahreignung relevanten Zuwiderhandlungen zu rechnen ist (vgl. zum Mischkonsum von Alkohol und Cannabis: BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 16).

32 Dass es bei der Beurteilung der Fahreignung in solchen Fällen auf eine prognostische Betrachtung ankommt, ist zudem aus Nr. 1 Buchst. f der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu entnehmen. Danach ist in den Fällen der §§ 13 und 14 FeV Gegenstand der Untersuchung auch das voraussichtliche Verhalten des Betroffenen, insbesondere ob zu erwarten ist, dass er nicht oder nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln führen wird. Zwar befinden sich diese Regelungen im Abschnitt 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung, der die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat. Doch sind diese Bestimmungen gemäß § 46 Abs. 3 FeV entsprechend anwendbar, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, also auch für den Fall, dass die Behörde über die Entziehung einer Fahrerlaubnis oder einer solchen Fahrerlaubnisentziehung vorgelagerte Maßnahmen wie die Einholung eines Fahreignungsgutachtens zu entscheiden hat.

33 b) Ein gelegentlicher Cannabiskonsument hat sich nicht durch einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ist die Fahreignung bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen, wenn keine der anderen Zusatztatsachen vorliegt. Dass die Fahreignung bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot zwingend zu verneinen ist, folgt daraus nicht. Ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot ist vielmehr eine Tatsache, die Bedenken gegen die Fahreignung begründet und nach § 46 Abs. 3 FeV zur Anwendung der §§ 11 bis 14 FeV führt. Die durch den Verstoß gegen das Trennungsgebot aufgeworfenen Zweifel an der Fahreignung hat die Fahrerlaubnisbehörde zu klären. Damit sie über eine hinreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage für die Prognose verfügt, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird, bedarf es in solchen Fällen in der Regel einer medizinisch-psychologischen Begutachtung (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

34 aa) Dafür, dass in Fällen dieser Art § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und nicht § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommt, spricht die Begründung des Verordnungsgebers bei der Neufassung der Fahrerlaubnis-Verordnung, die mit Wirkung zum 1. Januar 1999 zur Umsetzung der Zweiten EU-Führerscheinrichtlinie erfolgt ist (Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. August 1998, BGBl. I S. 2214). Zu § 14 Abs. 1 FeV heißt es in der Begründung (BR-Drs. 443/98 S. 262 f.): "Bei Cannabis ist zu unterscheiden zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme. Die Eignung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn regelmäßige Einnahme vorliegt. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist in der Regel die Eignung gegeben. Eine zusätzliche medizinisch-psychologische Untersuchung ist erforderlich, wenn weitere Umstände Zweifel an der Eignung begründen. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, wenn Kontrollverlust oder Störungen der Persönlichkeit vorliegen oder wenn zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt. Aus diesem Grund enthält Satz 3 die Ermächtigung für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, wenn gelegentliche Einnahme festgestellt wurde." Daraus ist zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten in dem Umstand, dass der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, zwar eine Zweifel an der Eignung begründende weitere Tatsache im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gesehen hat. Nach dieser Regelung führt diese "Zusatztatsache" jedoch nicht zur Feststellung der Nichteignung und damit auch nicht zur Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV; vorgesehen ist in § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV vielmehr, dass die Fahrerlaubnisbehörde in solchen Fällen eine Ermessensentscheidung über die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu treffen hat. Dass dies die Regelungsabsicht des Verordnungsgebers war, bestätigt die vom Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem für den Erlass der Fahrerlaubnis-Verordnung zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur abgegebene Stellungnahme, in der ausgeführt wird, dass bei gelegentlichem Cannabiskonsum der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot nicht ausreiche, um den Betroffenen als erwiesen ungeeignet anzusehen; vielmehr folge hieraus lediglich die Annahme von Tatsachen, die Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen begründeten.

35 bb) Für die Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sprechen darüber hinaus systematische Erwägungen.

36 § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV sieht vor, dass die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. Darunter können zwar auch zeitlich nacheinander liegende Fahrten unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Einfluss von Alkohol bei der ersten und von Cannabis bei der/den nächsten Fahrt(en) fallen ("Mischfälle"); der Wortlaut der Regelung erfasst aber ebenso auch mehrere Fahrten unter einer die Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis. Mit Blick darauf ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, weshalb es über eine Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV nach einer einmaligen Fahrt unter einem fahrsicherheitsrelevanten Cannabispegel unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis kommen soll, wenn nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV bei mehrfachen Zuwiderhandlungen lediglich zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern ist.

37 Hinzu kommt: § 11 Abs. 7 FeV, wonach die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht, setzt voraus, dass die Behörde aus den ihr bekannten Umständen die mangelnde Fahrungeeignetheit ohne Weiteres selbst feststellen kann. Das ist etwa bei der Einnahme harter Drogen der Fall; ein solcher Drogenkonsum führt nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zwingend zur Verneinung der Fahreignung. Dagegen kommt es bei dem in der Vergangenheit liegenden Führen eines Kraftfahrzeugs durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei der maßgeblichen Gefahrenprognose auf die Beantwortung der Frage an, ob hinreichend sicher ist, dass er künftig - also etwa auch unter dem Eindruck einer Ahndung seiner Zuwiderhandlung als Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - das Trennungsgebot beachten wird. Um das beurteilen zu können, bedarf es regelmäßig besonderen psychologischen Sachverstands und einer entsprechenden fachlichen Beurteilung und damit - wie die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und die dort zum Ausdruck kommende Bewertung dieser Ausgangslage durch den Verordnungsgeber bestätigen - einer medizinisch-psychologischen Untersuchung. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der einmal gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen hat, das künftig erneut tun wird, gibt es nicht. Freilich können besondere Umstände des Einzelfalls, wie etwa ein mit Blick auf die Verkehrssicherheit besonders verantwortungsloser Umgang mit dem Cannabiskonsum, die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahelegen. In solchen Fällen einer hinreichend abgesicherten negativen Prognose kann dann auch § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommen.

38 Vom Erfordernis einer medizinisch-psychologischen Begutachtung bei gelegentlichem Cannabiskonsum und dem erstmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 geht auch die von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie verantwortete Kommentierung der Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung aus (Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung - Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 192 ff.). Danach kann die Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten im Rahmen der medizinisch-psychologischen Begutachtung dann bejaht werden, wenn ausschließlich ein gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt und eine Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss auch bei gegebenenfalls fortbestehendem Konsum zuverlässig vermieden werden kann (Hypothese D 4). Als Prüfkriterien hierfür werden genannt: Der Klient hat in der Vergangenheit und wird, falls er den Konsum nicht gänzlich eingestellt hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig ausschließlich gelegentlich Cannabisprodukte mit geringer Wirkstoffmenge konsumieren (Kriterium D 4.1 N). Der Klient verfügt über eine realistische Einschätzung der Wirkungsweise und Wirkungsdauer der konsumierten Cannabisprodukte, so dass eine zuverlässige Trennung von Konsum und Fahren gewährleistet ist. Er ist sich der besonderen Risiken von Cannabiskonsum für die Verkehrsteilnahme (mittlerweile) bewusst (Kriterium D 4.2 N). Der Klient hat plausible Vorsätze zu einer Verkehrsteilnahme ohne THC-Einfluss gefasst und verfügt über eine so gute Selbstkontrolle und Selbstbehauptung, dass er sie auch umsetzen kann (Kriterium D 4.3 N). Diesen (Haupt-)Kriterien folgen dann jeweils noch entsprechende Unterkriterien. Dieser Kriterienkatalog verdeutlicht zugleich, was bei Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV Gegenstand der medizinisch-psychologischen Untersuchung sein wird.

39 cc) Die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV lässt sich - wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt (UA S. 32 f.) - nicht aus einem anzustrebenden Gleichlauf von § 13 FeV (Klärung von Eignungszweifeln bei Alkohol) und § 14 FeV (Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel) herleiten (so aber VGH München, Urteil vom 25. April 2017 - 11 BV 17.33 - Blutalk 54, 268 <272>).

40 Zwar hat der Verordnungsgeber einen solchen Gleichlauf bei der 2008 in Kraft getretenen Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl. I S. 1338) durchaus im Blick gehabt; diese Regelungsintention bezog sich jedoch nur auf konkrete Einzelfragen. So wollte der Verordnungsgeber durch eine Änderung von § 13 FeV die unterschiedliche Beurteilung von früherer Alkoholabhängigkeit und früherer Drogenabhängigkeit beseitigen (Art. 1 Nr. 7 der Änderungsverordnung, vgl. dazu die Begründung in BR-Drs. 302/08 S. 62) und im Rahmen des § 14 FeV die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung und die Fahrerlaubnisentziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde gleichbehandeln (Art. 1 Nr. 8 der Änderungsverordnung, vgl. dazu Begründung BR-Drs. 302/08 S. 62 f.). Daraus ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber insgesamt einen Gleichlauf der §§ 13 und 14 FeV angestrebt hat. Das war und ist auch nicht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG geboten. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <350>) und des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 51) ist anerkannt, dass wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotenzials für die Verkehrssicherheit und der unterschiedlichen Wirkungsweise eine Ungleichbehandlung von Alkohol- und Cannabiskonsum im Fahrerlaubnisrecht nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Auch nach der vom Verordnungsgeber vorgenommenen Angleichung unterscheiden sich die Regelungen des § 13 FeV zum Alkohol- und die des § 14 FeV zum Konsum von Betäubungsmitteln nicht unerheblich. So führt fahrerlaubnisrechtlich auch ein erheblicher Alkoholkonsum, solange er nicht wegen eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot als Alkoholmissbrauch im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 einzustufen ist, noch nicht zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wogegen der Konsum harter Drogen (Nr. 9.1 der Anlage 4) oder auch regelmäßiger Cannabiskonsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) bereits unmittelbar die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge haben.

41 c) Kommt die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu der Entscheidung, dass der Betroffene zur Klärung der bestehenden Eignungszweifel ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen hat, setzt sie ihm gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV zugleich eine Frist für dessen Vorlage. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie nach § 11 Abs. 8 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Dieses Instrument ermöglicht es der Fahrerlaubnisbehörde, eine rasche Klärung der aufgrund des zurückliegenden Verstoßes gegen das Trennungsgebot bestehenden Eignungszweifel herbeizuführen und dann entweder gestützt auf das Fahreignungsgutachten oder aber im Fall einer nicht fristgerechten Beibringung auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV zeitnah auch ihre Entscheidung über eine Fahrerlaubnisentziehung zu treffen.

42 d) Im vorliegenden Fall hat die Fahrerlaubnisbehörde die gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gebotene Ermessensentscheidung über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht getroffen. Damit erweist sich die angefochtene Fahrerlaubnisentziehung als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

43 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Urteil vom 11.04.2019 -
BVerwG 3 C 25.17ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C25.17.0

Entziehung der Fahrerlaubnis nach Verletzung des Trennungsgebots durch einen gelegentlichen Konsumenten von Cannabis

Leitsatz:

Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen. In solchen Fällen hat sie gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden.

  • Rechtsquellen
    StVG § 3 Abs. 1 Satz 1
    FeV § 11 Abs. 7 und 8, §§ 13, 14 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 3,
    § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und Anlage 4 Nr. 9.2.2
    GG Art. 3 Abs. 1

  • VG Augsburg - 17.02.2017 - AZ: VG Au 7 K 16.556
    VGH München - 21.09.2017 - AZ: VGH 11 BV 17.685

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 11.04.2019 - 3 C 25.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C25.17.0]

Urteil

BVerwG 3 C 25.17

  • VG Augsburg - 17.02.2017 - AZ: VG Au 7 K 16.556
  • VGH München - 21.09.2017 - AZ: VGH 11 BV 17.685

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. April 2019
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. September 2017 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klasse B.

2 Der 1992 geborene Kläger wurde am 10. August 2015 gegen 16:48 Uhr als Führer eines Kraftfahrzeugs einer Verkehrskontrolle unterzogen. In der bei ihm um 18:01 Uhr entnommenen Blutprobe wurden 3,4 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), des psychoaktiven Wirkstoffs von Cannabis, 37,4 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH) und 0,8 ng/ml 11-Hydroxy-THC (11-OH-THC) im Blutserum festgestellt.

3 Mit rechtskräftigem Bußgeldbescheid vom 3. September 2015 wurden gegen den Kläger wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 und 3 StVG eine Geldbuße in Höhe von 500 € und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.

4 In dem vom Kläger auf Anforderung des Landratsamts Ostallgäu vorgelegten verkehrsmedizinischen Gutachten vom 25. November 2015 wurden die von der Fahrerlaubnisbehörde gestellten Fragen wie folgt beantwortet: a) das Konsummuster des Klägers ist nach seinen eigenen Angaben als gelegentliche Einnahme von Cannabis zu bezeichnen; b) es besteht bei ihm kein Hinweis auf Abhängigkeit; c) nach den Befunden ist kein fortgesetzter und/oder aktueller oder regelmäßiger bzw. gewohnheitsmäßiger Drogenkonsum gegeben; d) es liegen bei festgestellter früherer Einnahme von Betäubungsmitteln zwei Urinbefunde als Abstinenznachweis vor; e) es liegen keine Hinweise auf die Einnahme weiterer illegaler Drogen oder der Missbrauch legaler Drogen (Alkohol, Medikamente) vor.

5 Mit Bescheid vom 18. Dezember 2015 entzog das Landratsamt Ostallgäu dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis "sämtlicher Klassen" und verpflichtete ihn zur Ablieferung seines Führerscheins. Er habe gelegentlich Cannabis konsumiert. Durch die Fahrt vom 10. August 2015 sei das fehlende Trennungsvermögen zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen von Kraftfahrzeugen belegt. Deshalb sei der Kläger als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.

6 Den Widerspruch des Klägers wies die Regierung von Schwaben mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2016 zurück. Seine Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Der Kläger sei nach § 11 Abs. 7 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (im Folgenden: Anlage 4) im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen, weil er gelegentlich Cannabis konsumiert und mit einer THC-Konzentration von 3,4 ng/ml Blutserum ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt habe. Stehe die Nichteignung aufgrund gelegentlichen Cannabiskonsums und fehlenden Trennungsvermögens fest, sei für eine Gutachtensanforderung kein Raum. Der Normgeber verfolge mit Nr. 9.2.2 der Anlage 4 das Ziel, Risiken für die Sicherheit des Straßenverkehrs durch Cannabiskonsumenten unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes so weit wie möglich auszuschließen. Angesichts der unterschiedlichen Wirkungsweise von Alkohol und Cannabis, des unterschiedlichen Wissens über die Auswirkungen der Drogen auf die Fahreignung und der unterschiedlichen sozialen Kontrolle des Konsums sei eine Ungleichbehandlung von Alkohol und Cannabis in Bezug auf das Trennungsvermögen gerechtfertigt.

7 Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Der Kläger sei zwar gelegentlicher Cannabiskonsument und habe einmal gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen. Bei den in der Blutprobe festgestellten Werten von THC u.a. sei eine durch den Drogeneinfluss bedingte Beeinträchtigung seiner Fahreignung nicht auszuschließen. Damit stehe aber noch nicht im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Die Fahrt begründe Zweifel an seiner Fahreignung, die nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV mit einer medizinisch-psychologischen Untersuchung aufgeklärt werden könnten. Für die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV spreche neben dem Wortlaut der Regelung und der amtlichen Überschrift die Entstehungsgeschichte von § 14 FeV. Nach der Verordnungsbegründung seien die §§ 13 und 14 FeV Spezialvorschriften zu § 11 FeV und dienten der Klärung von Eignungszweifeln bei einer Alkoholproblematik und im Hinblick auf den Konsum von Betäubungs- und Arzneimitteln. Der Verordnungsgeber habe damit verbindlich festlegen wollen, welche Aufklärungsmaßnahmen in welchen Fällen zu ergreifen seien. Nach der Begründung zu § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV könnten weitere Umstände im Sinne dieser Regelung u.a. dann gegeben sein, wenn der gelegentliche Cannabiskonsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolge. Die Begründung gebe keinen Anhalt dafür, dass der Verordnungsgeber § 11 Abs. 7 FeV bereits bei der ersten Verkehrsordnungswidrigkeit unter Cannabiseinfluss für anwendbar gehalten habe. Für die Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV streite auch die Systematik der §§ 11, 13 und 14 FeV i.V.m. der Anlage 4. Bei der Klärung der Eignungszweifel nach § 13 Satz 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 FeV sei anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betroffenen prognostisch zu untersuchen, ob Wiederholungsgefahr bestehe. Aus der Anlage 4 ergebe sich nichts anderes. Deren Nr. 9.2.2 und 8.1 legten keine Grenzwerte fest, bei denen automatisch von Ungeeignetheit wegen fehlenden Trennungsvermögens auszugehen sei. Es bedürfe stets einer psychologischen Beurteilung, ob nach dem bekannt gewordenen Verhalten die Prognose zu stellen sei, dass auch in Zukunft keine Trennungsbereitschaft bestehe. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 bestimme nicht, dass bereits ein einmaliger Verstoß zur Ungeeignetheit führe; das ergebe sich auch nicht aus der gegenüber der Nr. 8.1 der Anlage 4 unterschiedlichen Formulierung. Auch bei diesem Normverständnis verbleibe für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ein sinnvoller Anwendungsbereich, etwa wenn zwei Ordnungswidrigkeiten nach § 24a Abs. 2 StVG unter Cannabiseinfluss oder je eine unter Alkohol- und Cannabiseinfluss begangen worden seien. Der Verordnungsgeber habe mit § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV eine Gleichbehandlung von Alkohol- und Drogenkonsumenten erreichen wollen. Bei fehlendem Trennungsvermögen habe er sie durch die Vorgabe hergestellt, beim zweiten Verstoß zwingend eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen. Auch der Sinn und Zweck von § 14 FeV, Eignungszweifel zu klären und die Sicherheit des Straßenverkehrs zu wahren, lege die dargestellte Auslegung nahe. Es sei nicht ersichtlich, dass gelegentliche Cannabiskonsumenten, die erstmals das Trennungsgebot verletzt hätten, eine größere Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellten als Alkoholkonsumenten, die das Trennungsgebot gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis d FeV nicht beachtet hätten und sich danach "nur" einer medizinisch-psychologischen Begutachtung unterziehen müssten. Außerdem sehe die Fahrerlaubnis-Verordnung bei einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt nach § 24a Abs. 1, Abs. 3 StVG anders als § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV bei gelegentlichem Cannabiskonsum nicht die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung vor. Ein solches Verständnis von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV füge sich außerdem sinnvoll in das ordnungs- und sicherheitsrechtliche Maßnahmensystem ein. Der Normgeber nehme hin, dass Verkehrsteilnehmer in gewissem Umfang Verkehrsordnungswidrigkeiten begingen, ohne dass ihnen sofort die Fahrerlaubnis entzogen werde. Gemäß § 25 StVG komme bei Ordnungswidrigkeiten nach §§ 24, 24a StVG nur die Verhängung eines Fahrverbots in Betracht. Nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem des § 4 StVG sei regelmäßig erst bei Erreichen von acht Punkten zwingend von mangelnder Fahreignung auszugehen und die Fahrerlaubnis zu entziehen. Die erstmalige, gegebenenfalls nur fahrlässige Übertretung ordnungsrechtlicher Vorschriften trage nicht zwingend eine Wiederholungsgefahr in sich, die ohne weitere Aufklärung die Annahme der Ungeeignetheit nach § 11 Abs. 7 FeV rechtfertige. Der Bußgeldkatalog sehe für den ersten Verstoß gegen § 24a Abs. 1 oder 2 StVG ein Bußgeld in Höhe von 500 € und ein einmonatiges Fahrverbot vor. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das zur Warnung reiche und eine Verhaltensänderung hervorrufe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass Fahrten unmittelbar nach dem Konsum von Cannabis mit einer sehr hohen THC-Konzentration ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine Straftat nach den §§ 315c, 316 StGB seien und deshalb eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 69 StGB nicht in Betracht komme. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grenzwerte für relative und absolute Fahrunsicherheit bei Alkoholkonsum fänden keine Entsprechung für Fahrten unter Cannabiseinfluss. Das könne nicht dazu führen, dass entgegen der abschließenden Festlegung der Anlässe für eine medizinisch-psychologische Untersuchung in § 14 FeV Grenzwerte definiert würden, die bei einem ordnungswidrigen Verhalten zur Fahrerlaubnisentziehung führten.

8 Zur Begründung seiner Revision macht der Beklagte geltend: Die angegriffene Fahrerlaubnisentziehung sei rechtmäßig. Aufgrund der Fahrt des Klägers am 10. August 2015 stehe gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Er habe gelegentlich Cannabis konsumiert und den Konsum nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Die Argumentation des Berufungsgerichts mit dem Wortlaut von § 14 FeV beruhe auf einem Zirkelschluss. Der Überschrift "Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel" lasse sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten solche Eignungszweifel bestünden. Auch der Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sage nichts darüber aus, ob die Fahrt eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten unter dem Einfluss einer fahrsicherheitsrelevanten THC-Konzentration lediglich Zweifel an seiner Fahreignung begründe oder sie zwingend ausschließe. Mit der Entstehungsgeschichte von § 14 FeV könne das Berufungsgericht seine Auffassung ebenfalls nicht begründen. Die Erwägungen des Verordnungsgebers ließen nicht den Schluss zu, die Regelungen zum Alkohol- und zum Cannabiskonsum hätten einander pauschal und vollständig angeglichen werden sollen. Ebenso wenig ergäben sich aus der Systematik der §§ 11, 13 und 14 FeV i.V.m. der Anlage 4 Anhaltspunkte für eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV. Der Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4, wonach die Fahreignung nur bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen sei, stehe der Auslegung des Berufungsgerichts entgegen.

9 Der Kläger tritt der Revision entgegen und verteidigt das Berufungsurteil.

10 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Auffassung, der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot genüge nicht, um gemäß § 11 Abs. 7 FeV fehlende Fahreignung anzunehmen. Ein solcher Verstoß begründe nur Zweifel an der Fahreignung, aufgrund derer die Fahrerlaubnisbehörde nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen könne. "Trennen-Können" im Sinne der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sei im Unterschied zur "Trennung" nach Anlage 4 die Fähigkeit, dauerhaft Konsum und Fahren zu trennen. Das setze eine Prognose voraus. Damit sie zugunsten des Betroffenen ausfalle, müsse er darlegen, dass er ein angemessenes Problembewusstsein hinsichtlich seines Cannabiskonsums habe, und nachweisen, dass er über das notwendige Wissen über die Wirkungsweise, die Wirkdauer und die damit verbundenen Gefahren von Cannabis verfüge. Aus einem einmaligen Verstoß könne für die Prognose weder die Überzeugung der Nichteignung im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV noch ein sittlich-charakterlicher Mangel hergeleitet werden. Es gebe keinen Grund, gelegentliche Cannabiskonsumenten bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot von der Gefährlichkeit her auf dieselbe Stufe zu stellen wie Personen, die schweren Drogenmissbrauch betrieben oder drogenabhängig seien.

II

11 Die Revision des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 und § 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die angegriffene Fahrerlaubnisentziehung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger ist gelegentlicher Konsument von Cannabis und hat bei der Fahrt am 10. August 2015 den Konsum nicht in der nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gebotenen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt (1.). Doch steht damit nicht fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Fahrerlaubnisbehörde könne bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach dem als Ordnungswidrigkeit geahndeten erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV von fehlender Fahreignung ausgehen, vielmehr sehe § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV für solche Fälle die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor, steht im Einklang mit Bundesrecht. An der gegenteiligen Auffassung, die der erkennende Senat im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2014:​231014U3C3.13.0] - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) zur Anwendbarkeit von § 11 Abs. 7 FeV vertreten hat, wird nicht festgehalten (2.).

12 1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 13 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 11 jeweils m.w.N.); abzustellen ist hier daher auf den Erlass des Widerspruchsbescheids am 1. März 2016.

13 Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Die Bewertungen der Anlage 4 gelten nach Nummer 3 ihrer Vorbemerkung für den Regelfall. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden.

14 Der Kläger war, wie das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht annimmt, zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gelegentlicher Konsument von Cannabis (a) und hat bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs am 10. August 2015 gegen das Gebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen, den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen (b).

15 a) Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 19 ff. m.w.N.). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lag beim Kläger ein solches Konsummuster vor; er hat drei Konsumvorgänge innerhalb weniger Tage im August 2015 zugestanden (UA Rn. 20).

16 b) Der Kläger hat bei der Fahrt am 10. August 2015 den Konsum von Cannabis nicht in der erforderlichen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt; darin liegt ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4, der Zweifel an seiner Fahreignung begründet (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

17 aa) Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 genügt gelegentlicher Konsum von Cannabis anders als regelmäßiger Konsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) für sich genommen noch nicht, um von fehlender Fahreignung des Betroffenen auszugehen. Hinzutreten müssen zusätzliche tatsächliche Umstände. Eine dieser "Zusatztatsachen" ist neben dem Mischkonsum von Cannabis und Alkohol, dass der Betroffene nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 29). Allerdings rechtfertigt nicht jeder bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte THC-Wert die Annahme fehlender Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 a.a.O. Rn. 31).

18 bb) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Betroffene für eine Bejahung seiner Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 Konsum und Fahren in einer Weise trennen, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Gefahren, die von in ihrer Fahrsicherheit beeinträchtigten Kraftfahrzeugführern für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen können, ist es auch vor dem Hintergrund der staatlichen Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, geboten, solche Risiken soweit wie möglich auszuschließen. Dementsprechend wird das Trennungsgebot nicht erst dann verletzt, wenn mit Sicherheit eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit anzunehmen ist oder es - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zeitweise angenommen hatte - zu einer signifikanten Erhöhung des Unfallrisikos kommt (so noch VGH München, Beschluss vom 4. Juni 2007 - 11 CS 06.28 06 - juris Rn. 20 m.w.N.), sondern bereits dann, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht oder - negativ formuliert - eine solche Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33; ebenso u.a. OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; VGH Mannheim, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 - VRS 130, 272 <273>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 f.).

19 Diesen Gefährdungsmaßstab legt auch das Bundesverfassungsgericht zugrunde. Es lässt für die Annahme fehlender Trennungsbereitschaft und damit eines charakterlich-sittlichen Eignungsmangels genügen, dass eine drogenkonsumbedingte Fahruntüchtigkeit jedenfalls nicht auszuschließen ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2380>). Damit gemäß § 24a Abs. 2 StVG ein als Ordnungswidrigkeit zu ahndendes Führen eines Kraftfahrzeugs "unter der Wirkung" von Cannabis tatbestandlich angenommen werden kann, hält es das Bundesverfassungsgericht in verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift für erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine THC-Konzentration im Blut festgestellt wird, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeugführers als möglich erscheinen lässt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <351>). Diese Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zum abstrakten Gefährdungsdelikt des § 24a Abs. 2 StVG sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 34) auf das auf Prävention und Gefahrenabwehr zielende Vorgehen auf Grundlage der Fahrerlaubnis-Verordnung ohne Weiteres übertragbar (ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>).

20 cc) Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn ein gelegentlicher Cannabiskonsument den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Ergebnis nicht in der gebotenen Weise voneinander trennt. Unerheblich ist, ob die unterbliebene Trennung darauf zurückzuführen ist, dass der Betroffene nicht in der Lage war zu trennen ("Trennen-Können" oder "Trennungsvermögen") oder dass ihm die Bereitschaft zum Trennen von Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs fehlte ("Trennungsbereitschaft").

21 Dass auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots abzustellen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4. In dieser Bestimmung wird keiner der Begriffe Trennungsvermögen, Trennen-Können oder Trennungsbereitschaft verwendet. Diese Begriffe bezeichnen einzelne Anforderungen, deren Nichterfüllung der Grund für den Verstoß gegen das Trennungsgebot sein kann; sie sind nicht mit dem Begriff "Trennung" identisch, der das von einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis einzuhaltende Verhalten definiert. Der Verordnungsgeber bejaht in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Fahreignung nur dann, "wenn Trennung von Konsum und Fahren und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit, kein Kontrollverlust". Er lehnt sich damit zwar in Bezug auf die dort aufgeführten "Zusatztatsachen" an die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung an, die nach der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung (Grundsätze für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten) die Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind. Dort heißt es unter 3.14.1 (Sucht <Abhängigkeit> und Intoxikationszustände) seit dem 1. Februar 2000, dass, wer gelegentlich Cannabis konsumiert, in der Lage ist, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden, wenn er Konsum und Fahren trennen kann, wenn kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Doch hat der Verordnungsgeber zur inhaltlichen Umschreibung des Trennungsgebots eine andere Formulierung gewählt. Hinweise darauf, weshalb er hierbei mit der Verwendung des Begriffs "Trennung" von den Begutachtungsleitlinien abgewichen ist, lassen sich der Verordnungsbegründung nicht entnehmen. Das ändert indes nichts am eindeutigen Wortlaut der Bestimmung; es wird dort - positiv - Trennung verlangt, um die Fahreignung eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten bejahen zu können.

22 Diese "Ergebnisorientierung" trägt zugleich der Funktion des Mängelkatalogs der Anlage 4 am besten Rechnung. Er soll Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs und eine damit verbundene Gefährdung von Leib, Gesundheit und Sachwerten soweit wie möglich ausschließen, die - im Anwendungsbereich von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 - durch gelegentlichen Cannabiskonsum und dessen unzureichende Trennung vom Führen eines Kraftfahrzeugs entstehen können. Solche Gefährdungen sind beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer THC-bedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit unabhängig davon möglich, ob der Verstoß gegen das Trennungsgebot auf fehlende Erkenntnisfähigkeit/-möglichkeit des Betroffenen oder aber auf dessen mangelnde Bereitschaft zur Trennung zurückzuführen ist. Dieses Verständnis des Trennungsgebots deckt sich schließlich auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es lässt für die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde nicht den Besitz von Cannabis genügen, sondern verlangt darüber hinaus, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür ermittelt wurden, dass der Betroffene den Konsum von Cannabis und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig zu trennen vermag oder zu trennen bereit ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Juli 2002 - 1 BvR 2428/95 - NJW 2002, 2381). Auch das Bundesverfassungsgericht stellt somit beide möglichen Ursachen für die Verletzung des Trennungsgebots gleichberechtigt nebeneinander.

23 Dass es gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 für die Bejahung der Fahreignung auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots ankommt, beantwortet für sich genommen allerdings noch nicht die Frage, was aus einem in der Vergangenheit begangenen Verstoß gegen das Trennungsgebot fahrerlaubnisrechtlich folgt (dazu unter 2.).

24 dd) Der Kläger hat bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs am 10. August 2015 gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen. Die Untersuchung der beim Kläger nach der Fahrt entnommenen Blutprobe durch das Institut für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Ulm hat im Blutserum eine THC-Konzentration von 3,4 ng/ml Blutserum ergeben. Bei dieser Konzentration des psychoaktiven Cannabiswirkstoffs ist - wie das Berufungsgericht festgestellt hat (UA Rn. 21) - eine durch den vorangegangenen Cannabiskonsum bedingte Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht ausgeschlossen; damit ist - wie gezeigt - das Trennungsgebot verletzt. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. dazu das Urteil des erkennenden Senats vom gleichen Tage im Verfahren BVerwG 3 C 14.17 ).

25 2. Entgegen der Auffassung des Beklagten steht die Annahme des Berufungsgerichts, die Fahrerlaubnisbehörde dürfe bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach dem als Ordnungswidrigkeit geahndeten erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen, sondern habe gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege über die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden, im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). An seiner im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - (Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) geäußerten gegenteiligen Auffassung hält der erkennende Senat nach nochmaliger Prüfung nicht fest. Voraussetzung für die Verneinung der Fahreignung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV) ist nach dem erstmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot die Prognose, dass er auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine tragfähige tatsächliche Grundlage gestützt werden kann, ist in der Regel die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

26 a) Das Fahrerlaubnisrecht ist Gefahrenabwehrrecht (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 21). Bei der in diesem Rahmen vorzunehmenden Beurteilung der Fahreignung durch die Fahrerlaubnisbehörde geht es daher - anders als bei der Ahndung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - nicht um die Sanktionierung eines zurückliegenden Fehlverhaltens im Straßenverkehr. Ausgerichtet ist das Fahrerlaubnisrecht vielmehr darauf, künftige Risiken für die Verkehrssicherheit soweit wie möglich auszuschalten. Zur Beantwortung der Frage, ob durchgreifende und damit zur Entziehung der Fahrerlaubnis führende Zweifel an der Fahreignung bestehen, ist daher anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betroffenen und sonstiger fahreignungsrelevanter Umstände eine Prognose anzustellen, ob Wiederholungsgefahr besteht, ob also - mit anderen Worten - künftig mit weiteren für die Beurteilung der Fahreignung relevanten Zuwiderhandlungen zu rechnen ist (vgl. zum Mischkonsum von Alkohol und Cannabis: BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 16). Davon geht zutreffend auch das Berufungsgericht aus.

27 Dass es bei der Beurteilung der Fahreignung in solchen Fällen auf eine prognostische Betrachtung ankommt, ist zudem aus Nr. 1 Buchst. f der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu entnehmen. Danach ist in den Fällen der §§ 13 und 14 FeV Gegenstand der Untersuchung auch das voraussichtliche Verhalten des Betroffenen, insbesondere ob zu erwarten ist, dass er nicht oder nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln führen wird. Zwar befinden sich diese Regelungen im Abschnitt 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung, der die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat. Doch sind diese Bestimmungen gemäß § 46 Abs. 3 FeV entsprechend anwendbar, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, also auch für den Fall, dass die Behörde über die Entziehung einer Fahrerlaubnis oder einer solchen Fahrerlaubnisentziehung vorgelagerte Maßnahmen wie die Einholung eines Fahreignungsgutachtens zu entscheiden hat.

28 b) Ein gelegentlicher Cannabiskonsument hat sich nicht durch einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ist die Fahreignung bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen, wenn keine der anderen Zusatztatsachen vorliegt. Dass die Fahreignung bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot zwingend zu verneinen ist, folgt daraus nicht. Ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot ist vielmehr eine Tatsache, die Bedenken gegen die Fahreignung begründet und nach § 46 Abs. 3 FeV zur Anwendung der §§ 11 bis 14 FeV führt. Die durch den Verstoß gegen das Trennungsgebot aufgeworfenen Zweifel an der Fahreignung hat die Fahrerlaubnisbehörde zu klären. Damit sie über eine hinreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage für die Prognose verfügt, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird, bedarf es in solchen Fällen in der Regel einer medizinisch-psychologischen Begutachtung (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

29 aa) Dafür, dass in Fällen dieser Art § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und nicht § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommt, spricht die Begründung des Verordnungsgebers bei der Neufassung der Fahrerlaubnis-Verordnung, die mit Wirkung zum 1. Januar 1999 zur Umsetzung der Zweiten EU-Führerscheinrichtlinie erfolgt ist (Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. August 1998, BGBl. I S. 2214). Zu § 14 Abs. 1 FeV heißt es in der Begründung (BR-Drs. 443/98 S. 262 f.): "Bei Cannabis ist zu unterscheiden zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme. Die Eignung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn regelmäßige Einnahme vorliegt. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist in der Regel die Eignung gegeben. Eine zusätzliche medizinisch-psychologische Untersuchung ist erforderlich, wenn weitere Umstände Zweifel an der Eignung begründen. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, wenn Kontrollverlust oder Störungen der Persönlichkeit vorliegen oder wenn zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt. Aus diesem Grund enthält Satz 3 die Ermächtigung für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, wenn gelegentliche Einnahme festgestellt wurde." Daraus ist zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten in dem Umstand, dass der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, zwar eine Zweifel an der Eignung begründende weitere Tatsache im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gesehen hat. Nach dieser Regelung führt diese "Zusatztatsache" jedoch nicht zur Feststellung der Nichteignung und damit auch nicht zur Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV; vorgesehen ist in § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV vielmehr, dass die Fahrerlaubnisbehörde in solchen Fällen eine Ermessensentscheidung über die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu treffen hat. Dass dies die Regelungsabsicht des Verordnungsgebers war, bestätigt die vom Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem für den Erlass der Fahrerlaubnis-Verordnung zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur abgegebene Stellungnahme, in der ausgeführt wird, dass bei gelegentlichem Cannabiskonsum der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot nicht ausreiche, um den Betroffenen als erwiesen ungeeignet anzusehen; vielmehr folge hieraus lediglich die Annahme von Tatsachen, die Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen begründeten.

30 bb) Für die Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sprechen darüber hinaus systematische Erwägungen.

31 § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV sieht vor, dass die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. Darunter können zwar auch zeitlich nacheinander liegende Fahrten unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Einfluss von Alkohol bei der ersten und von Cannabis bei der/den nächsten Fahrt(en) fallen ("Mischfälle"); der Wortlaut der Regelung erfasst aber ebenso auch mehrere Fahrten unter einer die Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis. Mit Blick darauf ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, weshalb es über eine Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV nach einer einmaligen Fahrt unter einem fahrsicherheitsrelevanten Cannabispegel unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis kommen soll, wenn nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV bei mehrfachen Zuwiderhandlungen lediglich zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern ist.

32 Hinzu kommt: § 11 Abs. 7 FeV, wonach die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht, setzt voraus, dass die Behörde aus den ihr bekannten Umständen die mangelnde Fahrungeeignetheit ohne Weiteres selbst feststellen kann. Das ist etwa bei der Einnahme harter Drogen der Fall; ein solcher Drogenkonsum führt nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zwingend zur Verneinung der Fahreignung. Dagegen kommt es bei dem in der Vergangenheit liegenden Führen eines Kraftfahrzeugs durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei der maßgeblichen Gefahrenprognose auf die Beantwortung der Frage an, ob hinreichend sicher ist, dass er künftig - also etwa auch unter dem Eindruck einer Ahndung seiner Zuwiderhandlung als Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - das Trennungsgebot beachten wird. Um das beurteilen zu können, bedarf es regelmäßig besonderen psychologischen Sachverstands und einer entsprechenden fachlichen Beurteilung und damit - wie die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und die dort zum Ausdruck kommende Bewertung dieser Ausgangslage durch den Verordnungsgeber bestätigen - einer medizinisch-psychologischen Untersuchung. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der einmal gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen hat, das künftig erneut tun wird, gibt es nicht. Freilich können besondere Umstände des Einzelfalls, wie etwa ein mit Blick auf die Verkehrssicherheit besonders verantwortungsloser Umgang mit dem Cannabiskonsum, die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahelegen. In solchen Fällen einer hinreichend abgesicherten negativen Prognose kann dann auch § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommen.

33 Vom Erfordernis einer medizinisch-psychologischen Begutachtung bei gelegentlichem Cannabiskonsum und dem erstmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 geht auch die von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie verantwortete Kommentierung der Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung aus (Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung - Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 192 ff.). Danach kann die Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten im Rahmen der medizinisch-psychologischen Begutachtung dann bejaht werden, wenn ausschließlich ein gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt und eine Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss auch bei gegebenenfalls fortbestehendem Konsum zuverlässig vermieden werden kann (Hypothese D 4). Als Prüfkriterien hierfür werden genannt: Der Klient hat in der Vergangenheit und wird, falls er den Konsum nicht gänzlich eingestellt hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig ausschließlich gelegentlich Cannabisprodukte mit geringer Wirkstoffmenge konsumieren (Kriterium D 4.1 N). Der Klient verfügt über eine realistische Einschätzung der Wirkungsweise und Wirkungsdauer der konsumierten Cannabisprodukte, so dass eine zuverlässige Trennung von Konsum und Fahren gewährleistet ist. Er ist sich der besonderen Risiken von Cannabiskonsum für die Verkehrsteilnahme (mittlerweile) bewusst (Kriterium D 4.2 N). Der Klient hat plausible Vorsätze zu einer Verkehrsteilnahme ohne THC-Einfluss gefasst und verfügt über eine so gute Selbstkontrolle und Selbstbehauptung, dass er sie auch umsetzen kann (Kriterium D 4.3 N). Diesen (Haupt-)Kriterien folgen dann jeweils noch entsprechende Unterkriterien. Dieser Kriterienkatalog verdeutlicht zugleich, was bei Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV Gegenstand der medizinisch-psychologischen Untersuchung sein wird.

34 cc) Die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV lässt sich entgegen dem Berufungsgericht (UA Rn. 40) nicht zusätzlich auch daraus herleiten, dass der Verordnungsgeber angestrebt habe, eine Gleichbehandlung von Alkohol- und Drogenkonsum herbeizuführen.

35 Zwar hat der Verordnungsgeber einen solchen Gleichlauf bei der 2008 in Kraft getretenen Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl. I S. 1338) durchaus im Blick gehabt; diese Regelungsintention bezog sich jedoch nur auf konkrete Einzelfragen. So wollte der Verordnungsgeber durch eine Änderung von § 13 FeV die unterschiedliche Beurteilung von früherer Alkoholabhängigkeit und früherer Drogenabhängigkeit beseitigen (Art. 1 Nr. 7 der Änderungsverordnung, vgl. dazu die Begründung in BR-Drs. 302/08 S. 62) und im Rahmen des § 14 FeV die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung und die Fahrerlaubnisentziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde gleichbehandeln (Art. 1 Nr. 8 der Änderungsverordnung, vgl. dazu Begründung BR-Drs. 302/08 S. 62 f.). Daraus ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber insgesamt einen Gleichlauf der §§ 13 und 14 FeV angestrebt hat. Das war und ist auch nicht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG geboten. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <350>) und des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 51) ist anerkannt, dass wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotenzials für die Verkehrssicherheit und der unterschiedlichen Wirkungsweise eine Ungleichbehandlung von Alkohol- und Cannabiskonsum im Fahrerlaubnisrecht nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Auch nach der vom Verordnungsgeber vorgenommenen Angleichung unterscheiden sich die Regelungen des § 13 FeV zum Alkohol- und die des § 14 FeV zum Konsum von Betäubungsmitteln nicht unerheblich. So führt fahrerlaubnisrechtlich auch ein erheblicher Alkoholkonsum, solange er nicht wegen eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot als Alkoholmissbrauch im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 einzustufen ist, noch nicht zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wogegen der Konsum harter Drogen (Nr. 9.1 der Anlage 4) oder auch regelmäßiger Cannabiskonsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) bereits unmittelbar die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge haben.

36 c) Kommt die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu der Entscheidung, dass der Betroffene zur Klärung der bestehenden Eignungszweifel ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen hat, setzt sie ihm gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV zugleich eine Frist für dessen Vorlage. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie nach § 11 Abs. 8 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Dieses Instrument ermöglicht es der Fahrerlaubnisbehörde, eine rasche Klärung der aufgrund des zurückliegenden Verstoßes gegen das Trennungsgebot bestehenden Eignungszweifel herbeizuführen und dann entweder gestützt auf das Fahreignungsgutachten oder aber im Fall einer nicht fristgerechten Beibringung auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV zeitnah auch ihre Entscheidung über eine Fahrerlaubnisentziehung zu treffen.

37 d) Im vorliegenden Fall hat der Beklagte die gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gebotene Ermessensentscheidung über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht getroffen. Damit erweist sich die angefochtene Fahrerlaubnisentziehung als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

38 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Urteil vom 11.04.2019 -
BVerwG 3 C 7.18ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C7.18.0

Entziehung der Fahrerlaubnis nach Verletzung des Trennungsgebots durch einen gelegentlichen Konsumenten von Cannabis

Leitsatz:

Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen. In solchen Fällen hat sie gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden.

  • Rechtsquellen
    StVG § 3 Abs. 1 Satz 1
    FeV § 11 Abs. 7 und 8, §§ 13, 14 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 3,
    § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und Anlage 4 Nr. 9.2.2
    GG Art. 3 Abs. 1

  • VG München - 05.04.2017 - AZ: VG M 6 K 17.762
    VGH München - 28.02.2018 - AZ: VGH 11 BV 17.1036

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 11.04.2019 - 3 C 7.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C7.18.0]

Urteil

BVerwG 3 C 7.18

  • VG München - 05.04.2017 - AZ: VG M 6 K 17.762
  • VGH München - 28.02.2018 - AZ: VGH 11 BV 17.1036

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. März 2019
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner
am 11. April 2019 für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

2 Er wurde am 30. November 2016 als Führer eines Kraftfahrzeugs einer Verkehrskontrolle unterzogen. In der bei ihm anschließend entnommenen Blutprobe stellte das Institut für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Ulm 4,0 ng/ml des psychoaktiven Cannabiswirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC), 20,6 ng/ml THC Carbonsäure (THC-COOH) und 1,5 ng/ml 11-Hydroxy-Tetrahydrocannabinol (11-OH-THC) im Blutserum fest; es sei danach von einer Cannabisaufnahme auszugehen.

3 Mit rechtskräftigem Bußgeldbescheid vom 19. Dezember 2016 wurden gegen den Kläger wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG eine Geldbuße in Höhe von 500 € und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt.

4 Mit Bescheid vom 6. Februar 2017 entzog das Landratsamt Pfaffenhofen dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs seine Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L und ordnete die Ablieferung des Führerscheins innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids an. Er sei nach seinen eigenen Angaben gelegentlicher Cannabiskonsument und habe, wie die Fahrt vom 30. November 2016 belege, nicht zwischen dem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Ihm fehle deshalb die Fahreignung.

5 Seine Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Der Kläger habe sich als fahrungeeignet nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (im Folgenden: Anlage 4) erwiesen, weil er als gelegentlicher Konsument von Cannabis den Konsum vom Fahren nicht getrennt habe. Einer vorherigen Begutachtung habe es nicht bedurft; die Fahrerlaubnisbehörde habe gemäß § 11 Abs. 7 FeV zur Überzeugung kommen dürfen, dass dem Kläger die Fahreignung fehle.

6 Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil und den angegriffenen Bescheid aufgehoben. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Entziehung der Fahrerlaubnis und die angegriffenen Nebenverfügungen seien rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Er sei zwar nach eigenem Bekunden zumindest bis zum 30. November 2016 gelegentlicher Cannabiskonsument gewesen und habe den Konsum einmal nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Damit stehe aber nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Nach der Rechtsprechung des Senats könne die Fahrerlaubnisbehörde bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach einer erstmaligen als Ordnungswidrigkeit geahndeten Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen. Vielmehr sehe § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV für solche Fälle die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor. Eine solche Anordnung erscheine im Hinblick auf den festgestellten hohen THC-Gehalt im Blut, der auf eine deutlich zu kurze Zeitspanne zwischen dem Konsum von Cannabis und der Teilnahme am Straßenverkehr und daher auf mangelnde Trennungsfähigkeit bzw. -bereitschaft hindeute, auch als angemessen.

7 Zur Begründung seiner Revision macht der Beklagte geltend: Die angegriffene Fahrerlaubnisentziehung sei rechtmäßig. Aufgrund der Fahrt des Klägers am 30. November 2016 stehe gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Er habe gelegentlich Cannabis konsumiert und den Konsum nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Die Argumentation des Berufungsgerichts mit dem Wortlaut von § 14 FeV beruhe auf einem Zirkelschluss. Der Überschrift "Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel" lasse sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten solche Eignungszweifel bestünden. Auch der Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sage nichts darüber aus, ob die Fahrt eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten unter dem Einfluss einer fahrsicherheitsrelevanten THC-Konzentration lediglich Zweifel an seiner Fahreignung begründe oder sie zwingend ausschließe. Mit der Entstehungsgeschichte von § 14 FeV könne das Berufungsgericht seine Auffassung ebenfalls nicht begründen. Die Erwägungen des Verordnungsgebers ließen nicht den Schluss zu, die Regelungen zum Alkohol- und zum Cannabiskonsum hätten einander pauschal und vollständig angeglichen werden sollen. Ebenso wenig ergäben sich aus der Systematik der §§ 11, 13 und 14 FeV i.V.m. der Anlage 4 Anhaltspunkte für eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV. Der Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4, wonach die Fahreignung nur bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen sei, stehe der Auslegung des Berufungsgerichts entgegen.

8 Der Kläger tritt der Revision entgegen und verteidigt das Urteil des Berufungsgerichts.

9 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Auffassung, der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot genüge nicht, um gemäß § 11 Abs. 7 FeV fehlende Fahreignung anzunehmen. Ein solcher Verstoß begründe nur Zweifel an der Fahreignung, aufgrund derer die Fahrerlaubnisbehörde nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen könne. "Trennen-Können" im Sinne der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sei im Unterschied zur "Trennung" nach Anlage 4 die Fähigkeit, dauerhaft Konsum und Fahren zu trennen. Das setze eine Prognose voraus. Damit sie zugunsten des Betroffenen ausfalle, müsse er darlegen, dass er ein angemessenes Problembewusstsein hinsichtlich seines Cannabiskonsums habe, und nachweisen, dass er über das notwendige Wissen über die Wirkungsweise, die Wirkdauer und die damit verbundenen Gefahren von Cannabis verfüge. Aus einem einmaligen Verstoß könne für die Prognose weder die Überzeugung der Nichteignung im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV noch ein sittlich-charakterlicher Mangel hergeleitet werden. Es gebe keinen Grund, gelegentliche Cannabiskonsumenten bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot von der Gefährlichkeit her auf dieselbe Stufe zu stellen wie Personen, die schweren Drogenmissbrauch betrieben oder drogenabhängig seien.

II

10 Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die angegriffene Fahrerlaubnisentziehung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger ist gelegentlicher Konsument von Cannabis und hat bei der Fahrt am 30. November 2016 den Konsum nicht in der nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gebotenen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt (1.). Doch steht damit nicht fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Fahrerlaubnisbehörde könne bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach dem als Ordnungswidrigkeit geahndeten erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV von fehlender Fahreignung ausgehen, vielmehr sehe § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV für solche Fälle die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor, steht im Einklang mit Bundesrecht. An der gegenteiligen Auffassung, die der erkennende Senat im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2014:​231014U3C3.13.0] - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) zur Anwendbarkeit von § 11 Abs. 7 FeV vertreten hat, wird nicht festgehalten (2.).

11 1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 13 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 11 jeweils m.w.N.); abzustellen ist hier daher auf den Erlass des Bescheids am 6. Februar 2017.

12 Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Die Bewertungen der Anlage 4 gelten nach Nummer 3 ihrer Vorbemerkung für den Regelfall. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden.

13 Der Kläger war, wie das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht annimmt, zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gelegentlicher Konsument von Cannabis (a) und hat bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs am 30. November 2016 gegen das Gebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen, den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen (b).

14 a) Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 19 ff. m.w.N.). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lag beim Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt ein solches Konsummuster vor (UA Rn. 16).

15 b) Der Kläger hat bei der Fahrt am 30. November 2016 den Konsum von Cannabis nicht in der erforderlichen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt; darin liegt ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4, der Zweifel an seiner Fahreignung begründet (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

16 aa) Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 genügt gelegentlicher Konsum von Cannabis anders als regelmäßiger Konsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) für sich genommen noch nicht, um von fehlender Fahreignung des Betroffenen auszugehen. Hinzutreten müssen zusätzliche tatsächliche Umstände. Eine dieser "Zusatztatsachen" ist neben dem Mischkonsum von Cannabis und Alkohol, dass der Betroffene nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 29). Allerdings rechtfertigt nicht jeder bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte THC-Wert die Annahme fehlender Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 a.a.O. Rn. 31).

17 bb) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Betroffene für eine Bejahung seiner Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 Konsum und Fahren in einer Weise trennen, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Gefahren, die von in ihrer Fahrsicherheit beeinträchtigten Kraftfahrzeugführern für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen können, ist es auch vor dem Hintergrund der staatlichen Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, geboten, solche Risiken soweit wie möglich auszuschließen. Dementsprechend wird das Trennungsgebot nicht erst dann verletzt, wenn mit Sicherheit eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit anzunehmen ist oder es - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zeitweise angenommen hatte - zu einer signifikanten Erhöhung des Unfallrisikos kommt (so noch VGH München, Beschluss vom 4. Juni 2007 - 11 CS 06.28 06 - juris Rn. 20 m.w.N.), sondern bereits dann, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht oder - negativ formuliert - eine solche Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33; ebenso u.a. OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; VGH Mannheim, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 - VRS 130, 272 <273>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 f.).

18 Diesen Gefährdungsmaßstab legt auch das Bundesverfassungsgericht zugrunde. Es lässt für die Annahme fehlender Trennungsbereitschaft und damit eines charakterlich-sittlichen Eignungsmangels genügen, dass eine drogenkonsumbedingte Fahruntüchtigkeit jedenfalls nicht auszuschließen ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2380>). Damit gemäß § 24a Abs. 2 StVG ein als Ordnungswidrigkeit zu ahndendes Führen eines Kraftfahrzeugs "unter der Wirkung" von Cannabis tatbestandlich angenommen werden kann, hält es das Bundesverfassungsgericht in verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift für erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine THC-Konzentration im Blut festgestellt wird, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeugführers als möglich erscheinen lässt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <351>). Diese Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zum abstrakten Gefährdungsdelikt des § 24a Abs. 2 StVG sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 34) auf das auf Prävention und Gefahrenabwehr zielende Vorgehen auf Grundlage der Fahrerlaubnis-Verordnung ohne Weiteres übertragbar (ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>).

19 cc) Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn ein gelegentlicher Cannabiskonsument den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Ergebnis nicht in der gebotenen Weise voneinander trennt. Unerheblich ist, ob die unterbliebene Trennung darauf zurückzuführen ist, dass der Betroffene nicht in der Lage war zu trennen ("Trennen-Können" oder "Trennungsvermögen") oder dass ihm die Bereitschaft zum Trennen von Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs fehlte ("Trennungsbereitschaft").

20 Dass auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots abzustellen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4. In dieser Bestimmung wird keiner der Begriffe Trennungsvermögen, Trennen-Können oder Trennungsbereitschaft verwendet. Diese Begriffe bezeichnen einzelne Anforderungen, deren Nichterfüllung der Grund für den Verstoß gegen das Trennungsgebot sein kann; sie sind nicht mit dem Begriff "Trennung" identisch, der das von einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis einzuhaltende Verhalten definiert. Der Verordnungsgeber bejaht in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Fahreignung nur dann, "wenn Trennung von Konsum und Fahren und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit, kein Kontrollverlust". Er lehnt sich damit zwar in Bezug auf die dort aufgeführten "Zusatztatsachen" an die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung an, die nach der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung (Grundsätze für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten) die Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind. Dort heißt es unter 3.14.1 (Sucht <Abhängigkeit> und Intoxikationszustände) seit dem 1. Februar 2000, dass, wer gelegentlich Cannabis konsumiert, in der Lage ist, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden, wenn er Konsum und Fahren trennen kann, wenn kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Doch hat der Verordnungsgeber zur inhaltlichen Umschreibung des Trennungsgebots eine andere Formulierung gewählt. Hinweise darauf, weshalb er hierbei mit der Verwendung des Begriffs "Trennung" von den Begutachtungsleitlinien abgewichen ist, lassen sich der Verordnungsbegründung nicht entnehmen. Das ändert indes nichts am eindeutigen Wortlaut der Bestimmung; es wird dort - positiv - Trennung verlangt, um die Fahreignung eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten bejahen zu können.

21 Diese "Ergebnisorientierung" trägt zugleich der Funktion des Mängelkatalogs der Anlage 4 am besten Rechnung. Er soll Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs und eine damit verbundene Gefährdung von Leib, Gesundheit und Sachwerten soweit wie möglich ausschließen, die - im Anwendungsbereich von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 - durch gelegentlichen Cannabiskonsum und dessen unzureichende Trennung vom Führen eines Kraftfahrzeugs entstehen können. Solche Gefährdungen sind beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer THC-bedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit unabhängig davon möglich, ob der Verstoß gegen das Trennungsgebot auf fehlende Erkenntnisfähigkeit/-möglichkeit des Betroffenen oder aber auf dessen mangelnde Bereitschaft zur Trennung zurückzuführen ist. Dieses Verständnis des Trennungsgebots deckt sich schließlich auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es lässt für die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde nicht den Besitz von Cannabis genügen, sondern verlangt darüber hinaus, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür ermittelt wurden, dass der Betroffene den Konsum von Cannabis und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig zu trennen vermag oder zu trennen bereit ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Juli 2002 - 1 BvR 2428/95 - NJW 2002, 2381). Auch das Bundesverfassungsgericht stellt somit beide möglichen Ursachen für die Verletzung des Trennungsgebots gleichberechtigt nebeneinander.

22 Dass es gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 für die Bejahung der Fahreignung auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots ankommt, beantwortet für sich genommen allerdings noch nicht die Frage, was aus einem in der Vergangenheit begangenen Verstoß gegen das Trennungsgebot fahrerlaubnisrechtlich folgt (dazu unter 2.).

23 dd) Der Kläger hat bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs am 30. November 2016 gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen. Die Untersuchung der beim Kläger nach der Fahrt entnommenen Blutprobe durch das Institut für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum Ulm hat eine THC-Konzentration von 4 ng/ml Blutserum ergeben. Bei dieser Konzentration des psychoaktiven Cannabiswirkstoffs ist eine durch den vorangegangenen Cannabiskonsum bedingte Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht ausgeschlossen; damit ist - wie gezeigt - das Trennungsgebot verletzt. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. dazu das Urteil des erkennenden Senats vom gleichen Tage im Verfahren BVerwG 3 C 14.17 ).

24 2. Entgegen der Auffassung des Beklagten steht die Annahme des Berufungsgerichts, die Fahrerlaubnisbehörde dürfe bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach dem als Ordnungswidrigkeit geahndeten erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen, sondern habe gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege über die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden, im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). An seiner im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - (Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) geäußerten gegenteiligen Auffassung hält der erkennende Senat nach nochmaliger Prüfung nicht fest. Voraussetzung für die Verneinung der Fahreignung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV) ist nach dem erstmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot die Prognose, dass er auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine tragfähige tatsächliche Grundlage gestützt werden kann, ist in der Regel die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

25 a) Das Fahrerlaubnisrecht ist Gefahrenabwehrrecht (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 21). Bei der in diesem Rahmen vorzunehmenden Beurteilung der Fahreignung durch die Fahrerlaubnisbehörde geht es daher - anders als bei der Ahndung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - nicht um die Sanktionierung eines zurückliegenden Fehlverhaltens im Straßenverkehr. Ausgerichtet ist das Fahrerlaubnisrecht vielmehr darauf, künftige Risiken für die Verkehrssicherheit soweit wie möglich auszuschalten. Zur Beantwortung der Frage, ob durchgreifende und damit zur Entziehung der Fahrerlaubnis führende Zweifel an der Fahreignung bestehen, ist daher anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betroffenen und sonstiger fahreignungsrelevanter Umstände eine Prognose anzustellen, ob Wiederholungsgefahr besteht, ob also - mit anderen Worten - künftig mit weiteren für die Beurteilung der Fahreignung relevanten Zuwiderhandlungen zu rechnen ist (vgl. zum Mischkonsum von Alkohol und Cannabis: BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 16). Davon geht zutreffend auch das Berufungsgericht aus.

26 Dass es bei der Beurteilung der Fahreignung in solchen Fällen auf eine prognostische Betrachtung ankommt, ist zudem aus Nr. 1 Buchst. f der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu entnehmen. Danach ist in den Fällen der §§ 13 und 14 FeV Gegenstand der Untersuchung auch das voraussichtliche Verhalten des Betroffenen, insbesondere ob zu erwarten ist, dass er nicht oder nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln führen wird. Zwar befinden sich diese Regelungen im Abschnitt 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung, der die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat. Doch sind diese Bestimmungen gemäß § 46 Abs. 3 FeV entsprechend anwendbar, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, also auch für den Fall, dass die Behörde über die Entziehung einer Fahrerlaubnis oder einer solchen Fahrerlaubnisentziehung vorgelagerte Maßnahmen wie die Einholung eines Fahreignungsgutachtens zu entscheiden hat.

27 b) Ein gelegentlicher Cannabiskonsument hat sich nicht durch einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ist die Fahreignung bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen, wenn keine der anderen Zusatztatsachen vorliegt. Dass die Fahreignung bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot zwingend zu verneinen ist, folgt daraus nicht. Ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot ist vielmehr eine Tatsache, die Bedenken gegen die Fahreignung begründet und nach § 46 Abs. 3 FeV zur Anwendung der §§ 11 bis 14 FeV führt. Die durch den Verstoß gegen das Trennungsgebot aufgeworfenen Zweifel an der Fahreignung hat die Fahrerlaubnisbehörde zu klären. Damit sie über eine hinreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage für die Prognose verfügt, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird, bedarf es in solchen Fällen in der Regel einer medizinisch-psychologischen Begutachtung (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

28 aa) Dafür, dass in Fällen dieser Art § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und nicht § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommt, spricht die Begründung des Verordnungsgebers bei der Neufassung der Fahrerlaubnis-Verordnung, die mit Wirkung zum 1. Januar 1999 zur Umsetzung der Zweiten EU-Führerscheinrichtlinie erfolgt ist (Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. August 1998, BGBl. I S. 2214). Zu § 14 Abs. 1 FeV heißt es in der Begründung (BR-Drs. 443/98 S. 262 f.): "Bei Cannabis ist zu unterscheiden zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme. Die Eignung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn regelmäßige Einnahme vorliegt. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist in der Regel die Eignung gegeben. Eine zusätzliche medizinisch-psychologische Untersuchung ist erforderlich, wenn weitere Umstände Zweifel an der Eignung begründen. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, wenn Kontrollverlust oder Störungen der Persönlichkeit vorliegen oder wenn zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt. Aus diesem Grund enthält Satz 3 die Ermächtigung für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, wenn gelegentliche Einnahme festgestellt wurde." Daraus ist zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten in dem Umstand, dass der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, zwar eine Zweifel an der Eignung begründende weitere Tatsache im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gesehen hat. Nach dieser Regelung führt diese "Zusatztatsache" jedoch nicht zur Feststellung der Nichteignung und damit auch nicht zur Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV; vorgesehen ist in § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV vielmehr, dass die Fahrerlaubnisbehörde in solchen Fällen eine Ermessensentscheidung über die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu treffen hat. Dass dies die Regelungsabsicht des Verordnungsgebers war, bestätigt die vom Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem für den Erlass der Fahrerlaubnis-Verordnung zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur abgegebene Stellungnahme, in der ausgeführt wird, dass bei gelegentlichem Cannabiskonsum der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot nicht ausreiche, um den Betroffenen als erwiesen ungeeignet anzusehen; vielmehr folge hieraus lediglich die Annahme von Tatsachen, die Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen begründeten.

29 bb) Für die Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sprechen darüber hinaus systematische Erwägungen.

30 § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV sieht vor, dass die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. Darunter können zwar auch zeitlich nacheinander liegende Fahrten unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Einfluss von Alkohol bei der ersten und von Cannabis bei der/den nächsten Fahrt(en) fallen ("Mischfälle"); der Wortlaut der Regelung erfasst aber ebenso auch mehrere Fahrten unter einer die Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis. Mit Blick darauf ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, weshalb es über eine Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV nach einer einmaligen Fahrt unter einem fahrsicherheitsrelevanten Cannabispegel unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis kommen soll, wenn nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV bei mehrfachen Zuwiderhandlungen lediglich zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern ist.

31 Hinzu kommt: § 11 Abs. 7 FeV, wonach die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht, setzt voraus, dass die Behörde aus den ihr bekannten Umständen die mangelnde Fahrungeeignetheit ohne Weiteres selbst feststellen kann. Das ist etwa bei der Einnahme harter Drogen der Fall; ein solcher Drogenkonsum führt nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zwingend zur Verneinung der Fahreignung. Dagegen kommt es bei dem in der Vergangenheit liegenden Führen eines Kraftfahrzeugs durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei der maßgeblichen Gefahrenprognose auf die Beantwortung der Frage an, ob hinreichend sicher ist, dass er künftig - also etwa auch unter dem Eindruck einer Ahndung seiner Zuwiderhandlung als Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - das Trennungsgebot beachten wird. Um das beurteilen zu können, bedarf es regelmäßig besonderen psychologischen Sachverstands und einer entsprechenden fachlichen Beurteilung und damit - wie die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und die dort zum Ausdruck kommende Bewertung dieser Ausgangslage durch den Verordnungsgeber bestätigen - einer medizinisch-psychologischen Untersuchung. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der einmal gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen hat, das künftig erneut tun wird, gibt es nicht. Freilich können besondere Umstände des Einzelfalls, wie etwa ein mit Blick auf die Verkehrssicherheit besonders verantwortungsloser Umgang mit dem Cannabiskonsum, die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahelegen. In solchen Fällen einer hinreichend abgesicherten negativen Prognose kann dann auch § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommen.

32 Vom Erfordernis einer medizinisch-psychologischen Begutachtung bei gelegentlichem Cannabiskonsum und dem erstmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 geht auch die von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie verantwortete Kommentierung der Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung aus (Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung - Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 192 ff.). Danach kann die Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten im Rahmen der medizinisch-psychologischen Begutachtung dann bejaht werden, wenn ausschließlich ein gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt und eine Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss auch bei gegebenenfalls fortbestehendem Konsum zuverlässig vermieden werden kann (Hypothese D 4). Als Prüfkriterien hierfür werden genannt: Der Klient hat in der Vergangenheit und wird, falls er den Konsum nicht gänzlich eingestellt hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig ausschließlich gelegentlich Cannabisprodukte mit geringer Wirkstoffmenge konsumieren (Kriterium D 4.1 N). Der Klient verfügt über eine realistische Einschätzung der Wirkungsweise und Wirkungsdauer der konsumierten Cannabisprodukte, so dass eine zuverlässige Trennung von Konsum und Fahren gewährleistet ist. Er ist sich der besonderen Risiken von Cannabiskonsum für die Verkehrsteilnahme (mittlerweile) bewusst (Kriterium D 4.2 N). Der Klient hat plausible Vorsätze zu einer Verkehrsteilnahme ohne THC-Einfluss gefasst und verfügt über eine so gute Selbstkontrolle und Selbstbehauptung, dass er sie auch umsetzen kann (Kriterium D 4.3 N). Diesen (Haupt-)Kriterien folgen dann jeweils noch entsprechende Unterkriterien. Dieser Kriterienkatalog verdeutlicht zugleich, was bei Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV Gegenstand der medizinisch-psychologischen Untersuchung sein wird.

33 cc) Die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV lässt sich nicht aus einem anzustrebenden Gleichlauf von § 13 FeV (Klärung von Eignungszweifeln bei Alkohol) und § 14 FeV (Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel) herleiten (so aber VGH München, Urteil vom 25. April 2017 - 11 BV 17.33 - Blutalk 54, 268 <272>).

34 Zwar hat der Verordnungsgeber einen solchen Gleichlauf bei der 2008 in Kraft getretenen Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl. I S. 1338) durchaus im Blick gehabt; diese Regelungsintention bezog sich jedoch nur auf konkrete Einzelfragen. So wollte der Verordnungsgeber durch eine Änderung von § 13 FeV die unterschiedliche Beurteilung von früherer Alkoholabhängigkeit und früherer Drogenabhängigkeit beseitigen (Art. 1 Nr. 7 der Änderungsverordnung, vgl. dazu die Begründung in BR-Drs. 302/08 S. 62) und im Rahmen des § 14 FeV die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung und die Fahrerlaubnisentziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde gleichbehandeln (Art. 1 Nr. 8 der Änderungsverordnung, vgl. dazu Begründung BR-Drs. 302/08 S. 62 f.). Daraus ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber insgesamt einen Gleichlauf der §§ 13 und 14 FeV angestrebt hat. Das war und ist auch nicht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG geboten. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <350>) und des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 51) ist anerkannt, dass wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotenzials für die Verkehrssicherheit und der unterschiedlichen Wirkungsweise eine Ungleichbehandlung von Alkohol- und Cannabiskonsum im Fahrerlaubnisrecht nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Auch nach der vom Verordnungsgeber vorgenommenen Angleichung unterscheiden sich die Regelungen des § 13 FeV zum Alkohol- und die des § 14 FeV zum Konsum von Betäubungsmitteln nicht unerheblich. So führt fahrerlaubnisrechtlich auch ein erheblicher Alkoholkonsum, solange er nicht wegen eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot als Alkoholmissbrauch im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 einzustufen ist, noch nicht zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wogegen der Konsum harter Drogen (Nr. 9.1 der Anlage 4) oder auch regelmäßiger Cannabiskonsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) bereits unmittelbar die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge haben.

35 c) Kommt die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu der Entscheidung, dass der Betroffene zur Klärung der bestehenden Eignungszweifel ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen hat, setzt sie ihm gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV zugleich eine Frist für dessen Vorlage. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie nach § 11 Abs. 8 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Dieses Instrument ermöglicht es der Fahrerlaubnisbehörde, eine rasche Klärung der aufgrund des zurückliegenden Verstoßes gegen das Trennungsgebot bestehenden Eignungszweifel herbeizuführen und dann entweder gestützt auf das Fahreignungsgutachten oder aber im Fall einer nicht fristgerechten Beibringung auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV zeitnah auch ihre Entscheidung über eine Fahrerlaubnisentziehung zu treffen.

36 d) Der Beklagte hat hier die gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gebotene Ermessensentscheidung über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht getroffen. Damit erweist sich die angefochtene Fahrerlaubnisentziehung als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

37 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Urteil vom 11.04.2019 -
BVerwG 3 C 8.18ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C8.18.0

Entziehung der Fahrerlaubnis nach Verletzung des Trennungsgebots durch einen gelegentlichen Konsumenten von Cannabis

Leitsätze:

1. Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen. In solchen Fällen hat sie gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden.

2. Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis trennt den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs nicht gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung, wenn wegen des Cannabiskonsums die Möglichkeit einer Beeinträchtigung seiner Fahrsicherheit besteht. Von einer solchen Möglichkeit kann auch unter Berücksichtigung der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 nach wie vor ausgegangen werden, wenn eine Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) von 1 ng/ml oder mehr im Blutserum des Betroffenen festgestellt wird.

  • Rechtsquellen
    StVG § 3 Abs. 1 Satz 1
    FeV § 11 Abs. 7 und 8, §§ 13, 14 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 3,
    § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und Anlage 4 Nr. 9.2.2
    GG Art. 3 Abs. 1

  • VG München - 11.04.2018 - AZ: VG M 6 K 17.1389

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 11.04.2019 - 3 C 8.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C8.18.0]

Urteil

BVerwG 3 C 8.18

  • VG München - 11.04.2018 - AZ: VG M 6 K 17.1389

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. April 2019
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 11. April 2018 wird geändert. Der Bescheid des Landratsamts München vom 2. November 2016 und der Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 1. März 2017 werden aufgehoben.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis.

2 Am 21. Juli 2016 wurde der 1966 geborene Kläger als Führer eines Kraftfahrzeugs gegen 17:40 Uhr einer Verkehrskontrolle unterzogen. In der bei ihm um 19:15 Uhr entnommenen Blutprobe stellte das Institut für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München 1,5 ng/ml des psychoaktiven Cannabiswirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC), 0,95 ng/ml 11-Hydroxy-THC (11-OH-THC) sowie 21 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH) im Blutserum fest.

3 Mit Bescheid vom 2. November 2016 entzog das Landratsamt München dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis und forderte ihn unter Androhung eines Zwangsgelds auf, den Führerschein binnen sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids beim Landratsamt abzugeben. Durch die Fahrt unter der Einwirkung von Cannabis habe er die Fahreignung verloren. Er habe gelegentlichen Cannabiskonsum und die Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig getrennt (§ 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung <im Folgenden: Anlage 4>). Gründe dafür, dass er die Fahreignung zwischenzeitlich wiedererlangt habe, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterbleibe gemäß § 46 Abs. 3 FeV i.V.m. § 11 Abs. 7 FeV.

4 Den Einspruch des Klägers gegen den Bußgeldbescheid wies das Amtsgericht München mit rechtskräftigem Urteil vom 23. Januar 2017 zurück und verurteilte den Kläger wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG.

5 Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 2. November 2016 wies die Regierung von Oberbayern mit Bescheid vom 1. März 2017 zurück; zur Begründung nahm sie auf den Ausgangsbescheid Bezug.

6 Seine Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Der Kläger sei gelegentlicher Cannabiskonsument. Er müsse sich an seiner Aussage festhalten lassen, am Wochenende vor der am darauf folgenden Donnerstag festgestellten Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss "möglicherweise" Cannabis konsumiert zu haben. Mit dieser Aussage sei das Auffinden von Cannabis im Blut des Klägers mehr als 72 Stunden nach dem letzten eingeräumten Cannabiskonsum nicht zu erklären. Durch seine Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss habe er sich nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Ihm habe daher nach § 11 Abs. 7 FeV die Fahrerlaubnis entzogen werden müssen. Insoweit folge die Kammer nicht der neueren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, nach der in solchen Fällen nur ein medizinisch-psychologisches Gutachten angefordert werden könne (§ 14 Abs. 1 Satz 3 FeV) oder müsse (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV). Darin sehe sie sich durch die Rechtsprechung anderer Obergerichte und durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2014 - BVerwG 3 C 3.13 - bestätigt.

7 Das Urteil des Verwaltungsgerichts wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 16. April 2018 zugestellt. Seine Sprungrevision vom 16. Mai 2018 ist am 17. Mai 2018 per Fax beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat unter dem 17. Mai 2018 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung seiner - vom Verwaltungsgericht zugelassenen - (Sprung-)Revision macht er geltend: In seiner Blutprobe seien nur 1,5 ng THC/ml Blutserum festgestellt worden; die Grenzwertkommission habe jedoch zur Feststellung des Trennungsvermögens einen THC-Grenzwert von 3 ng/ml Blutserum vorgeschlagen. Bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 könne nicht auf der Grundlage von § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von fehlender Fahreignung ausgegangen werden, da sonst für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV kein Anwendungsbereich verbleibe. Wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zu Recht annehme, wäre in seinem Fall stattdessen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege über die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden gewesen.

8 Der Beklagte tritt der Revision entgegen und trägt vor: Das Verwaltungsgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Aufgrund der Fahrt des Klägers am 21. Juli 2016 stehe gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Er habe gelegentlich Cannabis konsumiert und den Konsum nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Zu Unrecht berufe sich der Kläger demgegenüber auf die neuere Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Dessen Argumentation mit dem Wortlaut von § 14 FeV beruhe auf einem Zirkelschluss. Der Überschrift "Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel" lasse sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten solche Eignungszweifel bestünden. Auch der Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sage nichts darüber aus, ob die Fahrt eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten unter dem Einfluss einer fahrsicherheitsrelevanten THC-Konzentration lediglich Zweifel an seiner Fahreignung begründe oder sie zwingend ausschließe. Mit der Entstehungsgeschichte von § 14 FeV lasse sich die Auffassung ebenfalls nicht begründen. Die Erwägungen des Verordnungsgebers ließen nicht den Schluss zu, die Regelungen zum Alkohol- und zum Cannabiskonsum hätten einander pauschal und vollständig angeglichen werden sollen. Ebenso wenig ergäben sich aus der Systematik der §§ 11, 13 und 14 FeV i.V.m. der Anlage 4 Anhaltspunkte für eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV. Der Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4, wonach die Fahreignung nur bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen sei, stehe der Auslegung des Bayerischen Verwaltungsgerichts entgegen.

9 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Auffassung, der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot genüge nicht, um gemäß § 11 Abs. 7 FeV fehlende Fahreignung anzunehmen. Ein solcher Verstoß begründe nur Zweifel an der Fahreignung, aufgrund derer die Fahrerlaubnisbehörde nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen könne. "Trennen-Können" im Sinne der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sei im Unterschied zur "Trennung" nach Anlage 4 die Fähigkeit, dauerhaft Konsum und Fahren zu trennen. Das setze eine Prognose voraus. Damit sie zugunsten des Betroffenen ausfalle, müsse er darlegen, dass er ein angemessenes Problembewusstsein hinsichtlich seines Cannabiskonsums habe, und nachweisen, dass er über das notwendige Wissen über die Wirkungsweise, die Wirkdauer und die damit verbundenen Gefahren von Cannabis verfüge. Aus einem einmaligen Verstoß könne für die Prognose weder die Überzeugung der Nichteignung im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV noch ein sittlich-charakterlicher Mangel hergeleitet werden. Es gebe keinen Grund, gelegentliche Cannabiskonsumenten bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot von der Gefährlichkeit her auf dieselbe Stufe zu stellen wie Personen, die schweren Drogenmissbrauch betrieben oder drogenabhängig seien.

II

10 Die (Sprung-)Revision des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 und § 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet. Dem Kläger ist Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionsfrist zu gewähren (1.). Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe dem Kläger seine Fahrerlaubnis wegen der Fahrt unter der Wirkung von Cannabis am 21. Juli 2016 unmittelbar entziehen dürfen, steht nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Sachaufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen. Erforderlich für die Fahrerlaubnisentziehung ist in solchen Fällen die Prognose, dass der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine hinreichend abgesicherte Grundlage gestützt werden kann, bedarf es in der Regel eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, über dessen Einholung die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat (3.). Eine solche Ermessensentscheidung hat der Beklagte hier nicht getroffen. Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis verletzt bereits dann das Gebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4, diesen Konsum vom Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen, wenn er ein solches Fahrzeug führt, obwohl es möglich ist, dass seine Fahrsicherheit infolge des vorangegangenen Cannabiskonsums beeinträchtigt ist. Ein solcher Verstoß gegen das Trennungsgebot begründet zugleich gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV klärungsbedürftige Zweifel an seiner Fahreignung. Revisionsrechtlich ist nichts dagegen zu erinnern, dass das Verwaltungsgericht den Grenzwert für den psychoaktiven Cannabiswirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC), ab dem ein Verstoß gegen das Trennungsgebot angenommen werden kann, nach wie vor bei 1 ng/ml Blutserum ansetzt (2.).

11 1. Dem Kläger ist die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionseinlegungsfrist zu gewähren (§ 60 Abs. 1 VwGO). Seine (Sprung-)Revision gegen das am 16. April 2018 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts ist erst am 17. Mai 2018 und damit nach Ablauf der Monatsfrist des § 139 Abs. 1 VwGO beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen. Zur Fristversäumnis hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers unter Vorlage einer eigenen und einer eidesstattlichen Versicherung der in der Kanzlei angestellten Frau S. vorgetragen, sie habe das Fax am 16. Mai 2018 wegen eines Zahlendrehers nicht an das Bundesverwaltungsgericht versandt, das aber nicht bemerkt, da sie den Faxbericht verwechselt habe. Das negative Sendejournal für die Übermittlung an das Bundesverwaltungsgericht sei ihr erst am nächsten Tag aufgefallen. Es handele sich bei Frau S. um eine verlässliche Rechtsanwaltsfachangestellte, die bisher die Versendung von Schriftsätzen per Fax und die Fristenkontrolle stets beanstandungsfrei durchgeführt habe. Sie sei sorgfältig eingewiesen und überwacht worden. Auf der Grundlage dieses glaubhaften Vortrags kann kein dem Kläger zurechenbares Verschulden seines Prozessbevollmächtigten für die Fristversäumnis angenommen werden (§ 60 Abs. 2 VwGO).

12 2. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2014:​231014U3C3.13.0] - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 13 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 11 jeweils m.w.N.); abzustellen ist hier daher auf den Erlass des Widerspruchsbescheids am 1. März 2017.

13 Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Die Bewertungen der Anlage 4 gelten nach Nummer 3 ihrer Vorbemerkung für den Regelfall. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden.

14 Der Kläger war, wie das Verwaltungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht annimmt, zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gelegentlicher Konsument von Cannabis (a) und hat bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs am 21. Juli 2016 gegen das Gebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen, den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen (b).

15 a) Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 19 ff. m.w.N.). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts lag beim Kläger ein solches Konsummuster vor; es hat einen mindestens zweimaligen Cannabiskonsum im zeitlichen Zusammenhang mit der Fahrt am 21. Juli 2016 angenommen (UA S. 6).

16 b) Der Kläger hat bei der Fahrt am 21. Juli 2016 den Konsum von Cannabis nicht in der erforderlichen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt; darin liegt ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4, der Zweifel an seiner Fahreignung begründet (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

17 aa) Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 genügt gelegentlicher Konsum von Cannabis anders als regelmäßiger Konsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) für sich genommen noch nicht, um von fehlender Fahreignung des Betroffenen auszugehen. Hinzutreten müssen zusätzliche tatsächliche Umstände. Eine dieser "Zusatztatsachen" ist neben dem Mischkonsum von Cannabis und Alkohol, dass der Betroffene nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 29). Allerdings rechtfertigt nicht jeder bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte THC-Wert die Annahme fehlender Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 a.a.O. Rn. 31).

18 bb) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Betroffene für eine Bejahung seiner Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 Konsum und Fahren in einer Weise trennen, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Gefahren, die von in ihrer Fahrsicherheit beeinträchtigten Kraftfahrzeugführern für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen können, ist es auch vor dem Hintergrund der staatlichen Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, geboten, solche Risiken soweit wie möglich auszuschließen. Dementsprechend wird das Trennungsgebot nicht erst dann verletzt, wenn mit Sicherheit eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit anzunehmen ist oder es - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zeitweise angenommen hatte - zu einer signifikanten Erhöhung des Unfallrisikos kommt (so noch VGH München, Beschluss vom 4. Juni 2007 - 11 CS 06.28 06 - juris Rn. 20 m.w.N.), sondern bereits dann, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht oder - negativ formuliert - eine solche Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33; ebenso u.a. OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; VGH Mannheim, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 - VRS 130, 272 <273>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 f.).

19 Diesen Gefährdungsmaßstab legt auch das Bundesverfassungsgericht zugrunde. Es lässt für die Annahme fehlender Trennungsbereitschaft und damit eines charakterlich-sittlichen Eignungsmangels genügen, dass eine drogenkonsumbedingte Fahruntüchtigkeit jedenfalls nicht auszuschließen ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2380>). Damit gemäß § 24a Abs. 2 StVG ein als Ordnungswidrigkeit zu ahndendes Führen eines Kraftfahrzeugs "unter der Wirkung" von Cannabis tatbestandlich angenommen werden kann, hält es das Bundesverfassungsgericht in verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift für erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine THC-Konzentration im Blut festgestellt wird, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeugführers als möglich erscheinen lässt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <351>). Diese Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zum abstrakten Gefährdungsdelikt des § 24a Abs. 2 StVG sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 34) auf das auf Prävention und Gefahrenabwehr zielende Vorgehen auf Grundlage der Fahrerlaubnis-Verordnung ohne Weiteres übertragbar (ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>).

20 cc) Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn ein gelegentlicher Cannabiskonsument den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Ergebnis nicht in der gebotenen Weise voneinander trennt. Unerheblich ist, ob die unterbliebene Trennung darauf zurückzuführen ist, dass der Betroffene nicht in der Lage war zu trennen ("Trennen-Können" oder "Trennungsvermögen") oder dass ihm die Bereitschaft zum Trennen von Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs fehlte ("Trennungsbereitschaft").

21 Dass auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots abzustellen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4. In dieser Bestimmung wird keiner der Begriffe Trennungsvermögen, Trennen-Können oder Trennungsbereitschaft verwendet. Diese Begriffe bezeichnen einzelne Anforderungen, deren Nichterfüllung der Grund für den Verstoß gegen das Trennungsgebot sein kann; sie sind nicht mit dem Begriff "Trennung" identisch, der das von einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis einzuhaltende Verhalten definiert. Der Verordnungsgeber bejaht in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Fahreignung nur dann, "wenn Trennung von Konsum und Fahren und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit, kein Kontrollverlust". Er lehnt sich damit zwar in Bezug auf die dort aufgeführten "Zusatztatsachen" an die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung an, die nach der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung (Grundsätze für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten) die Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind. Dort heißt es unter 3.14.1 (Sucht <Abhängigkeit> und Intoxikationszustände) seit dem 1. Februar 2000, dass, wer gelegentlich Cannabis konsumiert, in der Lage ist, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden, wenn er Konsum und Fahren trennen kann, wenn kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Doch hat der Verordnungsgeber zur inhaltlichen Umschreibung des Trennungsgebots eine andere Formulierung gewählt. Hinweise darauf, weshalb er hierbei mit der Verwendung des Begriffs "Trennung" von den Begutachtungsleitlinien abgewichen ist, lassen sich der Verordnungsbegründung nicht entnehmen. Das ändert indes nichts am eindeutigen Wortlaut der Bestimmung; es wird dort - positiv - Trennung verlangt, um die Fahreignung eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten bejahen zu können.

22 Diese "Ergebnisorientierung" trägt zugleich der Funktion des Mängelkatalogs der Anlage 4 am besten Rechnung. Er soll Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs und eine damit verbundene Gefährdung von Leib, Gesundheit und Sachwerten soweit wie möglich ausschließen, die - im Anwendungsbereich von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 - durch gelegentlichen Cannabiskonsum und dessen unzureichende Trennung vom Führen eines Kraftfahrzeugs entstehen können. Solche Gefährdungen sind beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer THC-bedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit unabhängig davon möglich, ob der Verstoß gegen das Trennungsgebot auf fehlende Erkenntnisfähigkeit/-möglichkeit des Betroffenen oder aber auf dessen mangelnde Bereitschaft zur Trennung zurückzuführen ist. Dieses Verständnis des Trennungsgebots deckt sich schließlich auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es lässt für die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde nicht den Besitz von Cannabis genügen, sondern verlangt darüber hinaus, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür ermittelt wurden, dass der Betroffene den Konsum von Cannabis und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig zu trennen vermag oder zu trennen bereit ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Juli 2002 - 1 BvR 2428/95 - NJW 2002, 2381). Auch das Bundesverfassungsgericht stellt somit beide möglichen Ursachen für die Verletzung des Trennungsgebots gleichberechtigt nebeneinander.

23 Dass es gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 für die Bejahung der Fahreignung auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots ankommt, beantwortet für sich genommen allerdings noch nicht die Frage, was aus einem in der Vergangenheit begangenen Verstoß gegen das Trennungsgebot fahrerlaubnisrechtlich folgt (dazu unter 3.).

24 dd) Dass bereits die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit des Betroffenen einen Verstoß gegen das Trennungsgebot der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 begründet, hat Rückwirkungen auf die Höhe des dabei heranzuziehenden THC-Grenzwerts. Abzustellen ist darauf, ab welcher Konzentration von THC im Blutserum eine verkehrssicherheitsrelevante Beeinträchtigung der Fahrsicherheit möglich oder - anknüpfend an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2380>) - nicht ausgeschlossen ist; insoweit handelt es sich um einen "Risikogrenzwert" (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 37; ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145 f.>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 f.).

25 Ab welchem THC-Wert eine solche Beeinträchtigung möglich ist, ist im Wesentlichen eine Frage tatsächlicher, nämlich medizinisch-toxikologischer Natur (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 31). Dementsprechend sind der revisionsgerichtlichen Überprüfung die von der Vorinstanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen zugrunde zu legen (vgl. § 137 Abs. 2, § 134 Abs. 4 VwGO). Ergänzend können in der Revision allgemeinkundige wissenschaftliche Erkenntnisse herangezogen werden (BVerwG, Urteil vom 3. März 1987 - 1 C 39.84 - Buchholz 436.52 § 1 GjS Nr. 12 S. 6 f.).

26 (1) Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung ging bislang ganz überwiegend davon aus, dass bei gelegentlichen Konsumenten von Cannabis eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit möglich ist, wenn eine THC-Konzentration von 1 ng/ml Blutserum erreicht oder überschritten wird (vgl. u.a. VGH Mannheim, Urteil vom 22. November 2012 - 10 S 3174/11 - VRS 124, 168 <174>; OVG Weimar, Beschluss vom 6. September 2012 - 2 EO 37/11 - NZV 2013, 413 <414>; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 - 2 B 341/11 - NJW 2012, 3526 <3527>; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juni 2009 - 1 S 17/09 - NZV 2010, 531 <532>; OVG Schleswig, Urteil vom 17. Februar 2009 - 4 LB 61/08 - juris Rn. 35). Diese Annahme hat der erkennende Senat aus revisionsrechtlicher Sicht gebilligt (vgl. zum Urteil des VGH Mannheim: BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 37 ff.). Dass der Bayerische Verwaltungsrichthof abweichend hiervon vorübergehend einen THC-Grenzwert von 2 ng/ml Blutserum zugrunde gelegt hatte, war im Wesentlichen durch seine Annahme bedingt, es sei auf eine signifikante Erhöhung des Risikos einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit abzustellen (so noch VGH München, Beschluss vom 25. Januar 2006 - 11 CS 05.17 11 - VRS 110, 310 <318 f.>). Hiervon ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mittlerweile aber wieder abgegangen (vgl. u.a. VGH München, Beschluss vom 10. März 2015 - 11 CS 14.22 00 - juris Rn. 12 ff.); auch er legt nun wieder einen THC-Grenzwert in Höhe von 1 ng/ml Blutserum zugrunde (vgl. VGH München, Urteil vom 13. Dezember 2017 - 11 BV 17.18 76 - juris Rn. 21 und Beschluss vom 23. Mai 2016 - 11 CS 16.690 - NJW 2016, 2601 Rn. 15 ff.).

27 Der genannte THC-Grenzwert von 1 ng/ml Blutserum geht auf den Beschluss der Grenzwertkommission vom 20. November 2002 zurück. Sie hat diesen Wert dort für die Annahme einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - hier das Führen eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung von Cannabis - empfohlen; ihre Empfehlung hat sie in einem weiteren Beschluss vom 22. Mai 2007 (Blutalk 44, 311) aktualisiert und bestätigt. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist - wie gezeigt - geklärt, dass die Übertragung dieses für das Ordnungswidrigkeitenrecht entwickelten Grenzwertes in das Fahrerlaubnisrecht gerechtfertigt ist, weil § 24a Abs. 2 StVG und Nr. 9.2.2 der Anlage 4 derselbe Gefährdungsmaßstab zugrunde liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 34).

28 (2) Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, an diesem THC-Grenzwert in Höhe von 1 ng/ml Blutserum für die Feststellung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 festzuhalten, ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern (für eine Beibehaltung dieses Grenzwertes auch: OVG Schleswig, Beschluss vom 27. Juni 2018 - 4 MB 45/18 - juris Rn. 6 m.w.N.; OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145 f.>; OVG Magdeburg, Beschluss vom 6. September 2017 - 3 M 171/17 - juris Rn. 6 ff.; VGH Kassel, Beschluss vom 17. August 2017 - 2 B 1213/17 - Blutalk 54, 390 <391 f.>; OVG Lüneburg, Beschluss vom 28. November 2016 - 12 ME 180/16 - juris Rn. 10; VGH Mannheim, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 - Blutalk 53, 399 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <396>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 <276>).

29 In seinem Urteil vom 11. April 2019 - BVerwG 3 C 14.17 - hat der Senat hierzu ausgeführt:
"In der im September 2015 veröffentlichten 'Empfehlung der Grenzwertkommission für die Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum zur Feststellung des Trennungsvermögens von Cannabiskonsum und Fahren' (Blutalk 52, 322) wird unter Hinweis auf verschiedene Studien empfohlen, bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne der Anlage 4 bei Feststellung einer THC-Konzentration von 3,0 ng/ml oder mehr im Blutserum zu verneinen. Liege der letzte Konsum bei einer Konzentration in dieser Höhe sicher länger zurück, sei von einer Anreicherung von THC infolge regelmäßigen Konsums auszugehen, womit die Fahreignung nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 ausgeschlossen sei. Zur Begründung heißt es, dass sich eine Leistungseinbuße in experimentellen Studien frühestens ab 2 ng THC/ml Serum nachweisen lasse, ein erhöhtes Unfallrisiko ab einer THC-Konzentration von 4 ng/ml Blutserum. Darüber hinaus sei, um bei einer konkreten Einzelmessung eine Benachteiligung zu vermeiden, eine Messwertschwankung von maximal 30 % zu berücksichtigen (a.a.O. S. 322). Hiervon ausgehend empfiehlt die Grenzwertkommission, die Trennung von Konsum und Fahren ab dem Erreichen eines THC-Grenzwertes von 3,0 ng/ml Blutserum zu verneinen (a.a.O. S. 323). Eine Neubewertung des analytischen Grenzwerts von THC (1 ng/ml) gemäß der Empfehlung der Grenzwertkommission zur Anlage des § 24a StVG hält die Grenzwertkommission dagegen ausdrücklich nicht für veranlasst (a.a.O. S. 323).
Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass die Grenzwertkommission bei dieser Empfehlung von einem anderen als dem aus den dargestellten Rechtsgründen für das Fahrerlaubnisrecht zugrunde zu legenden Gefährdungsmaßstab ausgegangen ist. Das zeigt insbesondere der Umstand, dass die Grenzwertkommission bei gelegentlich Cannabis konsumierenden Personen zwar einerseits empfiehlt, eine Trennung von Konsum und Fahren im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 erst bei einer THC-Konzentration von 3 ng/ml oder mehr im Blutserum zu verneinen, zugleich aber ausdrücklich feststellt, dass eine Neubewertung des analytischen THC-Grenzwerts von 1 ng/ml Blutserum gemäß ihrer Empfehlung zur Anlage des § 24a StVG nicht veranlasst sei. In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist indes aus den bereits aufgezeigten rechtlichen Gründen anerkannt, dass sich der im Fahrerlaubnisrecht für die Beurteilung der Fahreignung heranzuziehende Gefährdungsmaßstab mit dem des § 24a Abs. 2 StVG deckt. Aus der neueren Empfehlung der Grenzwertkommission ergibt sich - wie das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zugleich beanstandungsfrei feststellt - auch nicht, dass und gegebenenfalls aus welchen medizinisch-toxikologischen Gründen eine Differenzierung beim Gefährdungsmaßstab zwischen dem Fahrerlaubnis- und dem Ordnungswidrigkeitenrecht angezeigt wäre. Vielmehr hatte der damalige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Daldrup, in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu dem von der Grenzwertkommission zu § 24a Abs. 2 StVG festgelegten Grenzwert von 1 ng/ml ausgeführt, dass bei dieser Menge die Möglichkeit einer Beeinträchtigung bestehe, wie sie das Bundesverfassungsgericht zur verfassungskonformen Auslegung des Gesetzes für erforderlich halte (vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 20. Januar 2016 - 9 K 1253/15 - Blutalk 53, 278 <282>, Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 6).
Gegen die Notwendigkeit einer Abkehr vom bisher herangezogenen THC-Grenzwert spricht aber vor allem, dass nach den für das Revisionsverfahren bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen und allgemein zugänglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen die medizinisch-toxikologische Annahme nach wie vor zutrifft, es könne bereits ab einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum zu fahrsicherheitsrelevanten Beeinträchtigungen beim Führen eines Kraftfahrzeugs kommen. Das Berufungsgericht hat das den Ausführungen der dort zur Frage des THC-Grenzwerts angehörten Sachverständigen Prof. Dr. Daldrup und Prof. Dr. Tönnes - des damaligen und des derzeitigen Vorsitzenden der Grenzwertkommission - entnommen. Beide zögen im Ergebnis nicht in Zweifel, dass bei einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht auszuschließen sei (UA S. 27); sie hätten dies vielmehr ausdrücklich bestätigt. Im Berufungsverfahren hat der Berichterstatter ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Obersätze des Bundesverwaltungsgerichts zu Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Frage an die Sachverständigen gerichtet, ob bei Cannabiskonsumenten mit einem THC-Wert von 1 ng/ml Serum eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit auszuschließen sei. Die Sachverständigen haben dies verneint, ein THC-Wert von 1 ng/ml Serum könne eine äußerlich messbare Wirkung haben (Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 10). In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der damalige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Daldrup, dahingehend Stellung genommen, dass auch bereits bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml Blutserum eine cannabisbedingte verkehrssicherheitsrelevante Leistungseinbuße nicht ausgeschlossen sei (UA S. 13; Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 8). Zulässige und begründete Verfahrensrügen gegen die auf diese Äußerungen gestützte Feststellung der Vorinstanzen, eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit sei bereits bei einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum möglich, sind nicht erhoben worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der derzeitige Vorsitzende der Grenzwertkommission, Prof. Dr. Tönnes, nochmals ausdrücklich bestätigt, es bestehe ab einem THC-Wert von 1 ng/ml Blutserum nicht nur eine theoretische, sondern eine realistische Möglichkeit, dass es bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis zu einer Beeinträchtigung seiner fahrsicherheitsrelevanten Eigenschaften kommt. Das Bundesverfassungsgericht und die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung stimmen - wie gezeigt - aber darin überein, dass bereits die nicht nur theoretische Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit durch vorangegangenen gelegentlichen Cannabiskonsum genügt, um einen Verstoß gegen die im Ordnungswidrigkeiten- und im Fahrerlaubnisrecht geltenden Anforderungen des Trennungsgebots zu bejahen ('Risikogrenzwert').
Soweit sowohl in der Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 (Blutalk 52, 322), den schriftlichen Erläuterungen einzelner Mitglieder der Grenzwertkommission hierzu (Blutalk 53, 409) als auch in den mündlichen Stellungnahmen der beiden Sachverständigen im vorliegenden Verfahren darauf hingewiesen wird, dass es bei chronischem Konsum von Cannabis zu einer Depotbildung im Gewebe kommen könne, aus dem THC ins Blut abgegeben werde, ohne dass das von Einfluss auf die fahrsicherheitsrelevanten Eigenschaften des Betroffenen sei, hat das Berufungsgericht die tatsächliche Feststellung getroffen, dass darin noch keine Verlautbarung einer wissenschaftlichen Evidenz liege, aufgrund derer der vorgegebene fahrerlaubnisrechtliche Maßstab eines sicheren Gefahrenausschlusses als erfüllt betrachtet werden könne (UA S. 24). Unabhängig davon muss der Grenzwert die realistische Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht nur bei chronischem, sondern auch bei seltenerem Konsum von Cannabis ausschließen. Nr. 9.2 der Anlage 4 differenziert nur zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme von Cannabis. Chronische Einnahme ist kein eigenständig geregeltes Konsummuster; die Abgrenzung zum regelmäßigen Konsum ist nicht trennscharf. Schließlich hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt angegeben, chronischer Konsument von Cannabis zu sein. Er hatte zunächst geltend gemacht, vor der Fahrt am 28. September 2014 lediglich einmal Cannabis konsumiert zu haben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hatte er dann aber vor dem Hintergrund seiner Angaben bei der Verkehrskontrolle und den Ergebnissen der Blutproben zwar einen gelegentlichen Cannabiskonsum eingestanden, nicht jedoch einen in der Konsumfrequenz darüber hinausgehenden chronischen Konsum.
In Bezug auf die Empfehlung der Grenzwertkommission vom September 2015 ist schließlich zu berücksichtigen, dass der dort vorgeschlagene höhere THC-Grenzwert, wie der Äußerung von Mitgliedern der Grenzwertkommission zum 'Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Feststellung einer mangelhaften Trennung von Cannabiskonsum und Fahren anhand der Konzentration von Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum' (Blutalk 53, 409 ff.) zu entnehmen ist, auf der Annahme beruhte, dass es bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten, die ein Kraftfahrzeug unter Erreichen des THC-Grenzwertes geführt hätten, unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis komme. Deshalb hielten es die Verfasser für geboten, an den Nachweis der Fahrungeeignetheit infolge Cannabiskonsums alleine auf der Grundlage einer THC-Blutserumkonzentration den Anspruch zu stellen, dass ein Grenzwert die Fahrungeeignetheit jenseits vernünftiger Zweifel beweise (a.a.O. S. 412). Es kann offen bleiben, ob auch insoweit - wie das Berufungsgericht annimmt - der nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung maßgebliche Gefährdungsmaßstab verfehlt wird. Jedenfalls wird dieser Ansatzpunkt der Grenzwertkommission für einen höheren Grenzwert dadurch hinfällig, dass - wie noch im Einzelnen zu zeigen sein wird - das Erreichen dieses Grenzwertes durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei einer erstmaligen Fahrt unter der Wirkung von Cannabis in der Regel nur dazu führt, dass der Betroffene gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgefordert werden kann."

30 Den aus den dargestellten Gründen nach wie vor maßgeblichen THC-Grenzwert von 1 ng/ml Blutserum hat der Kläger beim Führen eines Kraftfahrzeugs am 21. Juli 2016 überschritten. In der bei ihm entnommenen Blutprobe wurde durch das Institut für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität ein THC-Wert von 1,5 ng/ml Blutserum festgestellt. Eines "Sicherheitsabschlags", um möglichen Messungenauigkeiten Rechnung zu tragen, bedarf es nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 43 ff.). Der Kläger hat danach nicht in der nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gebotenen Weise seinen (gelegentlichen) Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt.

31 3. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Fahrerlaubnisbehörde könne bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach dem als Ordnungswidrigkeit geahndeten erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen (so auch OVG Schleswig, Beschluss vom 27. Juni 2018 - 4 MB 45/18 - juris Rn. 5 ff.; OVG Magdeburg, Beschluss vom 6. September 2017 - 3 M 171/17 - juris Rn. 6 ff.; OVG Münster, Urteil vom 15. März 2017 - 16 A 432/16 - Blutalk 54, 328 <329>; VGH Mannheim, Urteil vom 22. November 2012 - 10 S 3174/11 - VBlBW 2013, 391 <392 f.>), verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). An seiner im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - (Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) geäußerten gegenteiligen Auffassung hält der erkennende Senat nach nochmaliger Prüfung nicht fest. Voraussetzung für die Verneinung der Fahreignung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV) ist nach dem erstmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot die Prognose, dass er auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine tragfähige tatsächliche Grundlage gestützt werden kann, ist in der Regel die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

32 a) Das Fahrerlaubnisrecht ist Gefahrenabwehrrecht (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 21). Bei der in diesem Rahmen vorzunehmenden Beurteilung der Fahreignung durch die Fahrerlaubnisbehörde geht es daher - anders als bei der Ahndung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - nicht um die Sanktionierung eines zurückliegenden Fehlverhaltens im Straßenverkehr. Ausgerichtet ist das Fahrerlaubnisrecht vielmehr darauf, künftige Risiken für die Verkehrssicherheit soweit wie möglich auszuschalten. Zur Beantwortung der Frage, ob durchgreifende und damit zur Entziehung der Fahrerlaubnis führende Zweifel an der Fahreignung bestehen, ist daher anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betroffenen und sonstiger fahreignungsrelevanter Umstände eine Prognose anzustellen, ob Wiederholungsgefahr besteht, ob also - mit anderen Worten - künftig mit weiteren für die Beurteilung der Fahreignung relevanten Zuwiderhandlungen zu rechnen ist (vgl. zum Mischkonsum von Alkohol und Cannabis: BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 16).

33 Dass es bei der Beurteilung der Fahreignung in solchen Fällen auf eine prognostische Betrachtung ankommt, ist zudem aus Nr. 1 Buchst. f der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu entnehmen. Danach ist in den Fällen der §§ 13 und 14 FeV Gegenstand der Untersuchung auch das voraussichtliche Verhalten des Betroffenen, insbesondere ob zu erwarten ist, dass er nicht oder nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln führen wird. Zwar befinden sich diese Regelungen im Abschnitt 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung, der die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat. Doch sind diese Bestimmungen gemäß § 46 Abs. 3 FeV entsprechend anwendbar, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, also auch für den Fall, dass die Behörde über die Entziehung einer Fahrerlaubnis oder einer solchen Fahrerlaubnisentziehung vorgelagerte Maßnahmen wie die Einholung eines Fahreignungsgutachtens zu entscheiden hat.

34 b) Ein gelegentlicher Cannabiskonsument hat sich nicht durch einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ist die Fahreignung bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen, wenn keine der anderen Zusatztatsachen vorliegt. Dass die Fahreignung bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot zwingend zu verneinen ist, folgt daraus nicht. Ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot ist vielmehr eine Tatsache, die Bedenken gegen die Fahreignung begründet und nach § 46 Abs. 3 FeV zur Anwendung der §§ 11 bis 14 FeV führt. Die durch den Verstoß gegen das Trennungsgebot aufgeworfenen Zweifel an der Fahreignung hat die Fahrerlaubnisbehörde zu klären. Damit sie über eine hinreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage für die Prognose verfügt, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird, bedarf es in solchen Fällen in der Regel einer medizinisch-psychologischen Begutachtung (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

35 aa) Dafür, dass in Fällen dieser Art § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und nicht § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommt, spricht die Begründung des Verordnungsgebers bei der Neufassung der Fahrerlaubnis-Verordnung, die mit Wirkung zum 1. Januar 1999 zur Umsetzung der Zweiten EU-Führerscheinrichtlinie erfolgt ist (Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. August 1998, BGBl. I S. 2214). Zu § 14 Abs. 1 FeV heißt es in der Begründung (BR-Drs. 443/98 S. 262 f.): "Bei Cannabis ist zu unterscheiden zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme. Die Eignung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn regelmäßige Einnahme vorliegt. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist in der Regel die Eignung gegeben. Eine zusätzliche medizinisch-psychologische Untersuchung ist erforderlich, wenn weitere Umstände Zweifel an der Eignung begründen. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, wenn Kontrollverlust oder Störungen der Persönlichkeit vorliegen oder wenn zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt. Aus diesem Grund enthält Satz 3 die Ermächtigung für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, wenn gelegentliche Einnahme festgestellt wurde." Daraus ist zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten in dem Umstand, dass der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, zwar eine Zweifel an der Eignung begründende weitere Tatsache im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gesehen hat. Nach dieser Regelung führt diese "Zusatztatsache" jedoch nicht zur Feststellung der Nichteignung und damit auch nicht zur Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV; vorgesehen ist in § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV vielmehr, dass die Fahrerlaubnisbehörde in solchen Fällen eine Ermessensentscheidung über die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu treffen hat. Dass dies die Regelungsabsicht des Verordnungsgebers war, bestätigt die vom Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem für den Erlass der Fahrerlaubnis-Verordnung zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur abgegebene Stellungnahme, in der ausgeführt wird, dass bei gelegentlichem Cannabiskonsum der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot nicht ausreiche, um den Betroffenen als erwiesen ungeeignet anzusehen; vielmehr folge hieraus lediglich die Annahme von Tatsachen, die Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen begründeten.

36 bb) Für die Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sprechen darüber hinaus systematische Erwägungen.

37 § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV sieht vor, dass die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. Darunter können zwar auch zeitlich nacheinander liegende Fahrten unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Einfluss von Alkohol bei der ersten und von Cannabis bei der/den nächsten Fahrt(en) fallen ("Mischfälle"); der Wortlaut der Regelung erfasst aber ebenso auch mehrere Fahrten unter einer die Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis. Mit Blick darauf ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, weshalb es über eine Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV nach einer einmaligen Fahrt unter einem fahrsicherheitsrelevanten Cannabispegel unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis kommen soll, wenn nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV bei mehrfachen Zuwiderhandlungen lediglich zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern ist.

38 Hinzu kommt: § 11 Abs. 7 FeV, wonach die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht, setzt voraus, dass die Behörde aus den ihr bekannten Umständen die mangelnde Fahrungeeignetheit ohne Weiteres selbst feststellen kann. Das ist etwa bei der Einnahme harter Drogen der Fall; ein solcher Drogenkonsum führt nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zwingend zur Verneinung der Fahreignung. Dagegen kommt es bei dem in der Vergangenheit liegenden Führen eines Kraftfahrzeugs durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei der maßgeblichen Gefahrenprognose auf die Beantwortung der Frage an, ob hinreichend sicher ist, dass er künftig - also etwa auch unter dem Eindruck einer Ahndung seiner Zuwiderhandlung als Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - das Trennungsgebot beachten wird. Um das beurteilen zu können, bedarf es regelmäßig besonderen psychologischen Sachverstands und einer entsprechenden fachlichen Beurteilung und damit - wie die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und die dort zum Ausdruck kommende Bewertung dieser Ausgangslage durch den Verordnungsgeber bestätigen - einer medizinisch-psychologischen Untersuchung. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der einmal gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen hat, das künftig erneut tun wird, gibt es nicht. Freilich können besondere Umstände des Einzelfalls, wie etwa ein mit Blick auf die Verkehrssicherheit besonders verantwortungsloser Umgang mit dem Cannabiskonsum, die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahelegen. In solchen Fällen einer hinreichend abgesicherten negativen Prognose kann dann auch § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommen.

39 Vom Erfordernis einer medizinisch-psychologischen Begutachtung bei gelegentlichem Cannabiskonsum und dem erstmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 geht auch die von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie verantwortete Kommentierung der Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung aus (Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung - Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 192 ff.). Danach kann die Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten im Rahmen der medizinisch-psychologischen Begutachtung dann bejaht werden, wenn ausschließlich ein gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt und eine Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss auch bei gegebenenfalls fortbestehendem Konsum zuverlässig vermieden werden kann (Hypothese D 4). Als Prüfkriterien hierfür werden genannt: Der Klient hat in der Vergangenheit und wird, falls er den Konsum nicht gänzlich eingestellt hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig ausschließlich gelegentlich Cannabisprodukte mit geringer Wirkstoffmenge konsumieren (Kriterium D 4.1 N). Der Klient verfügt über eine realistische Einschätzung der Wirkungsweise und Wirkungsdauer der konsumierten Cannabisprodukte, so dass eine zuverlässige Trennung von Konsum und Fahren gewährleistet ist. Er ist sich der besonderen Risiken von Cannabiskonsum für die Verkehrsteilnahme (mittlerweile) bewusst (Kriterium D 4.2 N). Der Klient hat plausible Vorsätze zu einer Verkehrsteilnahme ohne THC-Einfluss gefasst und verfügt über eine so gute Selbstkontrolle und Selbstbehauptung, dass er sie auch umsetzen kann (Kriterium D 4.3 N). Diesen (Haupt-)Kriterien folgen dann jeweils noch entsprechende Unterkriterien. Dieser Kriterienkatalog verdeutlicht zugleich, was bei Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV Gegenstand der medizinisch-psychologischen Untersuchung sein wird.

40 cc) Die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV lässt sich nicht zusätzlich auch daraus herleiten, dass der Verordnungsgeber angestrebt habe, eine Gleichbehandlung von Alkohol- und Drogenkonsum herbeizuführen.

41 Zwar hat der Verordnungsgeber einen solchen Gleichlauf bei der 2008 in Kraft getretenen Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl. I S. 1338) durchaus im Blick gehabt; diese Regelungsintention bezog sich jedoch nur auf konkrete Einzelfragen. So wollte der Verordnungsgeber durch eine Änderung von § 13 FeV die unterschiedliche Beurteilung von früherer Alkoholabhängigkeit und früherer Drogenabhängigkeit beseitigen (Art. 1 Nr. 7 der Änderungsverordnung, vgl. dazu die Begründung in BR-Drs. 302/08 S. 62) und im Rahmen des § 14 FeV die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung und die Fahrerlaubnisentziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde gleichbehandeln (Art. 1 Nr. 8 der Änderungsverordnung, vgl. dazu Begründung BR-Drs. 302/08 S. 62 f.). Daraus ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber insgesamt einen Gleichlauf der §§ 13 und 14 FeV angestrebt hat. Das war und ist auch nicht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG geboten. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <350>) und des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 51) ist anerkannt, dass wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotenzials für die Verkehrssicherheit und der unterschiedlichen Wirkungsweise eine Ungleichbehandlung von Alkohol- und Cannabiskonsum im Fahrerlaubnisrecht nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Auch nach der vom Verordnungsgeber vorgenommenen Angleichung unterscheiden sich die Regelungen des § 13 FeV zum Alkohol- und die des § 14 FeV zum Konsum von Betäubungsmitteln nicht unerheblich. So führt fahrerlaubnisrechtlich auch ein erheblicher Alkoholkonsum, solange er nicht wegen eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot als Alkoholmissbrauch im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 einzustufen ist, noch nicht zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wogegen der Konsum harter Drogen (Nr. 9.1 der Anlage 4) oder auch regelmäßiger Cannabiskonsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) bereits unmittelbar die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge haben.

42 c) Kommt die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu der Entscheidung, dass der Betroffene zur Klärung der bestehenden Eignungszweifel ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen hat, setzt sie ihm gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV zugleich eine Frist für dessen Vorlage. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie nach § 11 Abs. 8 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Dieses Instrument ermöglicht es der Fahrerlaubnisbehörde, eine rasche Klärung der aufgrund des zurückliegenden Verstoßes gegen das Trennungsgebot bestehenden Eignungszweifel herbeizuführen und dann entweder gestützt auf das Fahreignungsgutachten oder aber im Fall einer nicht fristgerechten Beibringung auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV zeitnah auch ihre Entscheidung über eine Fahrerlaubnisentziehung zu treffen.

43 d) Der Beklagte hat beim Kläger die gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gebotene Ermessensentscheidung über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht getroffen. Damit erweist sich die angefochtene Fahrerlaubnisentziehung als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

44 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Urteil vom 11.04.2019 -
BVerwG 3 C 9.18ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C9.18.0

Entziehung der Fahrerlaubnis nach Verletzung des Trennungsgebots durch einen gelegentlichen Konsumenten von Cannabis

Leitsatz:

Bei einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis, der erstmals unter einer seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis ein Kraftfahrzeug geführt hat, darf die Fahrerlaubnisbehörde in der Regel nicht ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen und ihm unmittelbar die Fahrerlaubnis entziehen. In solchen Fällen hat sie gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden.

  • Rechtsquellen
    StVG § 3 Abs. 1 Satz 1
    FeV § 11 Abs. 7 und 8, §§ 13, 14 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Nr. 3,
    § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 48 Abs. 1, 4, 9 und 10 und Anlage 4 Nr. 9.2.2
    GG Art. 3 Abs. 1
    BO-Kraft § 8

  • VG München - 09.01.2018 - AZ: VG M 26 K 16.4642
    VGH München - 10.04.2018 - AZ: VGH 11 BV 18.259

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 11.04.2019 - 3 C 9.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:110419U3C9.18.0]

Urteil

BVerwG 3 C 9.18

  • VG München - 09.01.2018 - AZ: VG M 26 K 16.4642
  • VGH München - 10.04.2018 - AZ: VGH 11 BV 18.259

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. April 2019
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. April 2018 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L sowie seiner Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung.

2 Der Kläger wurde am 13. Dezember 2015 gegen 12:45 Uhr als Führer eines Kraftfahrzeugs einer Verkehrskontrolle unterzogen. Bei ihm wurden ein Päckchen künstlicher Urin, ein Grinder mit Marihuana-Resten und ein Päckchen Longpaper gefunden. In der um 14:26 Uhr entnommenen Blutprobe stellte die Gesellschaft für rechtsmedizinische Untersuchungen und Sachverständigentätigkeit Tübingen 4,3 ng/ml des psychoaktiven Cannabiswirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC), 2,9 ng/ml 11-Hydroxy-THC (11-OH-THC) und 37,8 ng/ml THC-Carbonsäure (THC-COOH) im Blutserum fest. Im Anhörungsverfahren ließ der Kläger mitteilen, es habe sich um einen erst- und einmaligen Cannabiskonsum auf einer Party gehandelt, die am selben Tag zwischen 3:00 Uhr und 7:00 Uhr morgens stattgefunden habe.

3 Mit Bescheid vom 29. Juni 2016 entzog das Landratsamt München dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L sowie die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung und verpflichtete ihn unter Androhung eines Zwangsgelds zur Ablieferung seines Führerscheins sowie seines Fahrgastbeförderungsscheins für Mietwagen innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids. Der Kläger habe gelegentlich Cannabis konsumiert und durch seine Teilnahme am Straßenverkehr unter der Wirkung von Cannabis dokumentiert, dass er nicht bereit oder in der Lage sei, zwischen Cannabiskonsum und Fahren zu trennen. Seine Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen stehe damit fest; weitere Aufklärungsmaßnahmen seien nicht erforderlich.

4 Den Widerspruch des Klägers wies die Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2016 zurück. Seiner Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben und die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Ob der Kläger gelegentlicher Cannabiskonsument sei, könne dahinstehen. Bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten könne die Fahrerlaubnisbehörde bei einer nur einmaligen Fahrt mit einem Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Cannabis grundsätzlich nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen von der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgehen.

5 Die Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger sei zwar gelegentlicher Cannabiskonsument und habe den Konsum einmal nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Damit stehe aber nicht fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Die Fahrt vom 13. Dezember 2015 begründe Zweifel an seiner Fahreignung, die nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV mit einer medizinisch-psychologischen Untersuchung aufgeklärt werden könnten. Für die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV spreche neben dem Wortlaut der Regelung und der amtlichen Überschrift die Entstehungsgeschichte von § 14 FeV. Nach der Verordnungsbegründung seien die §§ 13 und 14 FeV Spezialvorschriften zu § 11 FeV und dienten der Klärung von Eignungszweifeln bei einer Alkoholproblematik und im Hinblick auf den Konsum von Betäubungs- und Arzneimitteln. Der Verordnungsgeber habe damit verbindlich festlegen wollen, welche Aufklärungsmaßnahmen in welchen Fällen zu ergreifen seien. Nach der Begründung zu § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV könnten weitere Umstände im Sinne dieser Regelung u.a. dann gegeben sein, wenn der gelegentliche Cannabiskonsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolge. Die Begründung gebe keinen Anhalt dafür, dass der Verordnungsgeber § 11 Abs. 7 FeV bereits bei der ersten Verkehrsordnungswidrigkeit unter Cannabiseinfluss für anwendbar gehalten habe. Für die Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV spreche auch die Systematik der §§ 11, 13 und 14 FeV i.V.m. der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (im Folgenden: Anlage 4). Bei der Klärung der Eignungszweifel nach § 13 Satz 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 FeV sei anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betroffenen prognostisch zu untersuchen, ob Wiederholungsgefahr bestehe. Aus der Anlage 4 ergebe sich nichts anderes. Deren Nr. 9.2.2 und 8.1 legten keine Grenzwerte fest, bei denen automatisch von Ungeeignetheit wegen fehlenden Trennungsvermögens auszugehen sei. Es bedürfe stets einer psychologischen Beurteilung, ob nach dem bekannt gewordenen Verhalten die Prognose zu stellen sei, dass auch in Zukunft keine Trennungsbereitschaft bestehe. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 bestimme nicht, dass bereits ein einmaliger Verstoß zur Ungeeignetheit führe; das ergebe sich auch nicht aus der gegenüber der Nr. 8.1 der Anlage 4 unterschiedlichen Formulierung. Auch bei diesem Normverständnis verbleibe für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ein sinnvoller Anwendungsbereich, etwa wenn zwei Ordnungswidrigkeiten nach § 24a Abs. 2 StVG unter Cannabiseinfluss oder je eine unter Alkohol- und Cannabiseinfluss begangen worden seien. Der Verordnungsgeber habe mit § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV eine Gleichbehandlung von Alkohol- und Drogenkonsumenten erreichen wollen. Bei fehlendem Trennungsvermögen habe er sie durch die Vorgabe hergestellt, beim zweiten Verstoß zwingend eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen. Auch der Sinn und Zweck von § 14 FeV, Eignungszweifel zu klären und die Sicherheit des Straßenverkehrs zu wahren, lege die dargestellte Auslegung nahe. Es sei nicht ersichtlich, dass gelegentliche Cannabiskonsumenten, die erstmals das Trennungsgebot verletzt hätten, eine größere Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellten als Alkoholkonsumenten, die das Trennungsgebot gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis d FeV nicht beachtet hätten und sich danach "nur" einer medizinisch-psychologischen Begutachtung unterziehen müssten. Außerdem sehe die Fahrerlaubnis-Verordnung bei einer erstmaligen Trunkenheitsfahrt nach § 24a Abs. 1, Abs. 3 StVG anders als § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV bei gelegentlichem Cannabiskonsum nicht die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung vor. Ein solches Verständnis von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV füge sich außerdem sinnvoll in das ordnungs- und sicherheitsrechtliche Maßnahmensystem ein. Der Normgeber nehme hin, dass Verkehrsteilnehmer in gewissem Umfang Verkehrsordnungswidrigkeiten begingen, ohne dass ihnen sofort die Fahrerlaubnis entzogen werde. Gemäß § 25 StVG komme bei Ordnungswidrigkeiten nach §§ 24, 24a StVG nur die Verhängung eines Fahrverbots in Betracht. Nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem des § 4 StVG sei regelmäßig erst bei Erreichen von acht Punkten zwingend von mangelnder Fahreignung auszugehen und die Fahrerlaubnis zu entziehen. Die erstmalige, gegebenenfalls nur fahrlässige Übertretung ordnungsrechtlicher Vorschriften trage nicht zwingend eine Wiederholungsgefahr in sich, die ohne weitere Aufklärung die Annahme der Ungeeignetheit nach § 11 Abs. 7 FeV rechtfertige. Der Bußgeldkatalog sehe für den ersten Verstoß gegen § 24a Abs. 1 oder 2 StVG ein Bußgeld in Höhe von 500 € und ein einmonatiges Fahrverbot vor. Es sei nicht ausgeschlossen, dass das zur Warnung reiche und eine Verhaltensänderung hervorrufe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass Fahrten unmittelbar nach dem Konsum von Cannabis mit einer sehr hohen THC-Konzentration ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keine Straftat nach den §§ 315c, 316 StGB seien und deshalb eine Fahrerlaubnisentziehung nach § 69 StGB nicht in Betracht komme. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grenzwerte für relative und absolute Fahrunsicherheit bei Alkoholkonsum fänden keine Entsprechung für Fahrten unter Cannabiseinfluss. Das könne nicht dazu führen, dass entgegen der abschließenden Festlegung der Anlässe für eine medizinisch-psychologische Untersuchung in § 14 FeV Grenzwerte definiert würden, die bei einem ordnungswidrigen Verhalten zur Fahrerlaubnisentziehung führten. Dasselbe gelte für die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nach § 48 Abs. 1 FeV. Zwar müsse der Bewerber beziehungsweise Inhaber einer solchen Erlaubnis die Gewähr dafür bieten, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werde. Allerdings sei der Kläger, dem diese Fahrerlaubnis erst am 2. Mai 2016 und damit nach dem Vorfall vom 13. Dezember 2015 erteilt worden sei, nicht unter Drogeneinfluss mit einem zur Fahrgastaufnahme bereiten Fahrzeug gefahren. Vielmehr handele es sich um eine (erstmalige) Verfehlung im privaten Bereich, die auch hinsichtlich der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung allenfalls Anlass für weitere Aufklärungsmaßnahmen hinsichtlich der Trennungsbereitschaft hätte sein können.

6 Zur Begründung seiner Revision macht der Beklagte geltend: Die angegriffene Fahrerlaubnisentziehung sei rechtmäßig. Aufgrund der Fahrt des Klägers am 13. Dezember 2015 stehe gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei. Er habe gelegentlich Cannabis konsumiert und den Konsum nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Die Argumentation des Berufungsgerichts mit dem Wortlaut von § 14 FeV beruhe auf einem Zirkelschluss. Der Überschrift "Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel" lasse sich nicht entnehmen, unter welchen Voraussetzungen bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten solche Eignungszweifel bestünden. Auch der Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sage nichts darüber aus, ob die Fahrt eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten unter dem Einfluss einer fahrsicherheitsrelevanten THC-Konzentration lediglich Zweifel an seiner Fahreignung begründe oder sie zwingend ausschließe. Mit der Entstehungsgeschichte von § 14 FeV könne das Berufungsgericht seine Auffassung ebenfalls nicht begründen. Die Erwägungen des Verordnungsgebers ließen nicht den Schluss zu, die Regelungen zum Alkohol- und zum Cannabiskonsum hätten einander pauschal und vollständig angeglichen werden sollen. Ebenso wenig ergäben sich aus der Systematik der §§ 11, 13 und 14 FeV i.V.m. der Anlage 4 Anhaltspunkte für eine Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV. Der Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4, wonach die Fahreignung nur bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen sei, stehe der Auslegung des Berufungsgerichts entgegen.

7 Der Kläger tritt der Revision entgegen und verteidigt die angegriffenen Urteile.

8 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur der Auffassung, der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot genüge nicht, um gemäß § 11 Abs. 7 FeV fehlende Fahreignung anzunehmen. Ein solcher Verstoß begründe nur Zweifel an der Fahreignung, aufgrund derer die Fahrerlaubnisbehörde nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen könne. "Trennen-Können" im Sinne der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sei im Unterschied zur "Trennung" nach Anlage 4 die Fähigkeit, dauerhaft Konsum und Fahren zu trennen. Das setze eine Prognose voraus. Damit sie zugunsten des Betroffenen ausfalle, müsse er darlegen, dass er ein angemessenes Problembewusstsein hinsichtlich seines Cannabiskonsums habe, und nachweisen, dass er über das notwendige Wissen über die Wirkungsweise, die Wirkdauer und die damit verbundenen Gefahren von Cannabis verfüge. Aus einem einmaligen Verstoß könne für die Prognose weder die Überzeugung der Nichteignung im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV noch ein sittlich-charakterlicher Mangel hergeleitet werden. Es gebe keinen Grund, gelegentliche Cannabiskonsumenten bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot von der Gefährlichkeit her auf dieselbe Stufe zu stellen wie Personen, die schweren Drogenmissbrauch betrieben oder drogenabhängig seien.

II

9 Die Revision des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 und § 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Das Berufungsurteil steht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die angegriffene Fahrerlaubnisentziehung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er ist gelegentlicher Konsument von Cannabis und hat bei der Fahrt am 13. Dezember 2015 den Konsum nicht in der nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gebotenen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt (1.). Doch steht damit nicht fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV). Die Annahme der Vorinstanzen, die Fahrerlaubnisbehörde könne bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach dem als Ordnungswidrigkeit geahndeten erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV von fehlender Fahreignung ausgehen, vielmehr sehe § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV für solche Fälle die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung im Ermessenswege vor, steht im Einklang mit Bundesrecht. An der gegenteiligen Auffassung, die der erkennende Senat im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2014:​231014U3C3.13.0] - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) zur Anwendbarkeit von § 11 Abs. 7 FeV vertreten hat, wird nicht festgehalten (2.). Auch die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung durfte dem Kläger nicht ohne vorherige weitere Sachaufklärung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten entzogen werden (3.).

10 1. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Urteile vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 13 und vom 28. April 2010 - 3 C 2.10 - BVerwGE 137, 10 Rn. 11 jeweils m.w.N.); abzustellen ist hier daher auf den Erlass des Widerspruchsbescheids vom 8. September 2016.

11 Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach der Anlage 4 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 kann bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Fahreignung bejaht werden, wenn Konsum und Fahren getrennt werden, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen stattfindet und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Die Bewertungen der Anlage 4 gelten nach Nummer 3 ihrer Vorbemerkung für den Regelfall. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden.

12 Der Kläger war, wie das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen Bundesrecht annimmt, zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt gelegentlicher Konsument von Cannabis (a) und hat bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs am 13. Dezember 2015 gegen das Gebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen, den Konsum von Cannabis und das Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen (b).

13 a) Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 19 ff. m.w.N.). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lag beim Kläger ein solches Konsummuster vor (UA S. 7 f.). Zulässige und begründete Verfahrensrügen gegen diese Feststellungen hat der Kläger nicht erhoben.

14 b) Der Kläger hat bei der Fahrt am 13. Dezember 2015 den Konsum von Cannabis nicht in der erforderlichen Weise vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt; darin liegt ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4, der Zweifel an seiner Fahreignung begründet (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

15 aa) Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 genügt gelegentlicher Konsum von Cannabis anders als regelmäßiger Konsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) für sich genommen noch nicht, um von fehlender Fahreignung des Betroffenen auszugehen. Hinzutreten müssen zusätzliche tatsächliche Umstände. Eine dieser "Zusatztatsachen" ist neben dem Mischkonsum von Cannabis und Alkohol, dass der Betroffene nicht zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennt (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 29). Allerdings rechtfertigt nicht jeder bei einem Kraftfahrzeugführer festgestellte THC-Wert die Annahme fehlender Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 a.a.O. Rn. 31).

16 bb) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats muss der Betroffene für eine Bejahung seiner Fahreignung nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 Konsum und Fahren in einer Weise trennen, dass durch eine vorangegangene Einnahme von Cannabis eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften unter keinen Umständen eintreten kann. Im Hinblick auf die schwerwiegenden Gefahren, die von in ihrer Fahrsicherheit beeinträchtigten Kraftfahrzeugführern für Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer ausgehen können, ist es auch vor dem Hintergrund der staatlichen Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten, geboten, solche Risiken soweit wie möglich auszuschließen. Dementsprechend wird das Trennungsgebot nicht erst dann verletzt, wenn mit Sicherheit eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit anzunehmen ist oder es - wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zeitweise angenommen hatte - zu einer signifikanten Erhöhung des Unfallrisikos kommt (so noch VGH München, Beschluss vom 4. Juni 2007 - 11 CS 06.28 06 - juris Rn. 20 m.w.N.), sondern bereits dann, wenn die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit besteht oder - negativ formuliert - eine solche Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33; ebenso u.a. OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; VGH Mannheim, Beschluss vom 22. Juli 2016 - 10 S 738/16 - VRS 130, 272 <273>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>; OVG Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2016 - 1 B 9/16 - Blutalk 53, 275 f.).

17 Diesen Gefährdungsmaßstab legt auch das Bundesverfassungsgericht zugrunde. Es lässt für die Annahme fehlender Trennungsbereitschaft und damit eines charakterlich-sittlichen Eignungsmangels genügen, dass eine drogenkonsumbedingte Fahruntüchtigkeit jedenfalls nicht auszuschließen ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Juni 2002 - 1 BvR 2062/96 - NJW 2002, 2378 <2380>). Damit gemäß § 24a Abs. 2 StVG ein als Ordnungswidrigkeit zu ahndendes Führen eines Kraftfahrzeugs "unter der Wirkung" von Cannabis tatbestandlich angenommen werden kann, hält es das Bundesverfassungsgericht in verfassungskonformer Auslegung dieser Vorschrift für erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine THC-Konzentration im Blut festgestellt wird, die eine eingeschränkte Fahrtüchtigkeit des am Straßenverkehr teilnehmenden Kraftfahrzeugführers als möglich erscheinen lässt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <351>). Diese Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts zum abstrakten Gefährdungsdelikt des § 24a Abs. 2 StVG sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 34) auf das auf Prävention und Gefahrenabwehr zielende Vorgehen auf Grundlage der Fahrerlaubnis-Verordnung ohne Weiteres übertragbar (ebenso OVG Hamburg, Beschluss vom 15. November 2017 - 4 Bs 180/17 - VRS 132, 140 <145>; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16. Juni 2016 - OVG 1 B 37.14 - Blutalk 53, 393 <395>).

18 cc) Ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 liegt vor, wenn ein gelegentlicher Cannabiskonsument den Konsum und das Führen eines Kraftfahrzeugs im Ergebnis nicht in der gebotenen Weise voneinander trennt. Unerheblich ist, ob die unterbliebene Trennung darauf zurückzuführen ist, dass der Betroffene nicht in der Lage war zu trennen ("Trennen-Können" oder "Trennungsvermögen") oder dass ihm die Bereitschaft zum Trennen von Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs fehlte ("Trennungsbereitschaft").

19 Dass auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots abzustellen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut von Nr. 9.2.2 der Anlage 4. In dieser Bestimmung wird keiner der Begriffe Trennungsvermögen, Trennen-Können oder Trennungsbereitschaft verwendet. Diese Begriffe bezeichnen einzelne Anforderungen, deren Nichterfüllung der Grund für den Verstoß gegen das Trennungsgebot sein kann; sie sind nicht mit dem Begriff "Trennung" identisch, der das von einem gelegentlichen Konsumenten von Cannabis einzuhaltende Verhalten definiert. Der Verordnungsgeber bejaht in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 die Fahreignung nur dann, "wenn Trennung von Konsum und Fahren und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit, kein Kontrollverlust". Er lehnt sich damit zwar in Bezug auf die dort aufgeführten "Zusatztatsachen" an die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung an, die nach der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung (Grundsätze für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten) die Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind. Dort heißt es unter 3.14.1 (Sucht <Abhängigkeit> und Intoxikationszustände) seit dem 1. Februar 2000, dass, wer gelegentlich Cannabis konsumiert, in der Lage ist, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden, wenn er Konsum und Fahren trennen kann, wenn kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen und wenn keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen. Doch hat der Verordnungsgeber zur inhaltlichen Umschreibung des Trennungsgebots eine andere Formulierung gewählt. Hinweise darauf, weshalb er hierbei mit der Verwendung des Begriffs "Trennung" von den Begutachtungsleitlinien abgewichen ist, lassen sich der Verordnungsbegründung nicht entnehmen. Das ändert indes nichts am eindeutigen Wortlaut der Bestimmung; es wird dort - positiv - Trennung verlangt, um die Fahreignung eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten bejahen zu können.

20 Diese "Ergebnisorientierung" trägt zugleich der Funktion des Mängelkatalogs der Anlage 4 am besten Rechnung. Er soll Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs und eine damit verbundene Gefährdung von Leib, Gesundheit und Sachwerten soweit wie möglich ausschließen, die - im Anwendungsbereich von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 - durch gelegentlichen Cannabiskonsum und dessen unzureichende Trennung vom Führen eines Kraftfahrzeugs entstehen können. Solche Gefährdungen sind beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer THC-bedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit unabhängig davon möglich, ob der Verstoß gegen das Trennungsgebot auf fehlende Erkenntnisfähigkeit/-möglichkeit des Betroffenen oder aber auf dessen mangelnde Bereitschaft zur Trennung zurückzuführen ist. Dieses Verständnis des Trennungsgebots deckt sich schließlich auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Es lässt für die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens durch die Fahrerlaubnisbehörde nicht den Besitz von Cannabis genügen, sondern verlangt darüber hinaus, dass konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür ermittelt wurden, dass der Betroffene den Konsum von Cannabis und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht zuverlässig zu trennen vermag oder zu trennen bereit ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Juli 2002 - 1 BvR 2428/95 - NJW 2002, 2381). Auch das Bundesverfassungsgericht stellt somit beide möglichen Ursachen für die Verletzung des Trennungsgebots gleichberechtigt nebeneinander.

21 Dass es gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 für die Bejahung der Fahreignung auf die objektive Erfüllung des Trennungsgebots ankommt, beantwortet für sich genommen allerdings noch nicht die Frage, was aus einem in der Vergangenheit begangenen Verstoß gegen das Trennungsgebot fahrerlaubnisrechtlich folgt (dazu unter 2.).

22 dd) Der Kläger hat bei dem Führen eines Kraftfahrzeugs am 13. Dezember 2015 gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen. Die Untersuchung der beim Kläger nach der Fahrt entnommenen Blutprobe hat eine THC-Konzentration von 4,3 ng/ml Blutserum ergeben. Bei dieser Konzentration des psychoaktiven Cannabiswirkstoffs ist - wie das Berufungsgericht festgestellt hat (UA S. 8) - eine durch den vorangegangenen Cannabiskonsum bedingte Beeinträchtigung der Fahrsicherheit nicht ausgeschlossen; damit ist das Trennungsgebot verletzt. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. dazu das Urteil des erkennenden Senats vom gleichen Tage im Verfahren BVerwG 3 C 14.17 ).

23 2. Entgegen der Auffassung des Beklagten steht die Annahme der Vorinstanzen, die Fahrerlaubnisbehörde dürfe bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nach dem als Ordnungswidrigkeit geahndeten erstmaligen Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis nicht gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärung von fehlender Fahreignung ausgehen, sondern habe gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV im Ermessenswege über die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu entscheiden, im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). An seiner im Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - (Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 33, 36) geäußerten gegenteiligen Auffassung hält der erkennende Senat nach nochmaliger Prüfung nicht fest. Voraussetzung für die Verneinung der Fahreignung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV) ist nach dem erstmaligen Verstoß eines gelegentlichen Cannabiskonsumenten gegen das Trennungsgebot die Prognose, dass er auch künftig nicht zwischen einem seine Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird. Damit diese Prognose auf eine tragfähige tatsächliche Grundlage gestützt werden kann, ist in der Regel die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

24 a) Das Fahrerlaubnisrecht ist Gefahrenabwehrrecht (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 21). Bei der in diesem Rahmen vorzunehmenden Beurteilung der Fahreignung durch die Fahrerlaubnisbehörde geht es daher - anders als bei der Ahndung einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - nicht um die Sanktionierung eines zurückliegenden Fehlverhaltens im Straßenverkehr. Ausgerichtet ist das Fahrerlaubnisrecht vielmehr darauf, künftige Risiken für die Verkehrssicherheit soweit wie möglich auszuschalten. Zur Beantwortung der Frage, ob durchgreifende und damit zur Entziehung der Fahrerlaubnis führende Zweifel an der Fahreignung bestehen, ist daher anhand des bekannt gewordenen Verhaltens des Betroffenen und sonstiger fahreignungsrelevanter Umstände eine Prognose anzustellen, ob Wiederholungsgefahr besteht, ob also - mit anderen Worten - künftig mit weiteren für die Beurteilung der Fahreignung relevanten Zuwiderhandlungen zu rechnen ist (vgl. zum Mischkonsum von Alkohol und Cannabis: BVerwG, Urteil vom 14. November 2013 - 3 C 32.12 - BVerwGE 148, 230 Rn. 16).

25 Dass es bei der Beurteilung der Fahreignung in solchen Fällen auf eine prognostische Betrachtung ankommt, ist zudem aus Nr. 1 Buchst. f der Anlage 4a zur Fahrerlaubnis-Verordnung zu entnehmen. Danach ist in den Fällen der §§ 13 und 14 FeV Gegenstand der Untersuchung auch das voraussichtliche Verhalten des Betroffenen, insbesondere ob zu erwarten ist, dass er nicht oder nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln führen wird. Zwar befinden sich diese Regelungen im Abschnitt 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung, der die Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis zum Gegenstand hat. Doch sind diese Bestimmungen gemäß § 46 Abs. 3 FeV entsprechend anwendbar, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, also auch für den Fall, dass die Behörde über die Entziehung einer Fahrerlaubnis oder einer solchen Fahrerlaubnisentziehung vorgelagerte Maßnahmen wie die Einholung eines Fahreignungsgutachtens zu entscheiden hat.

26 b) Ein gelegentlicher Cannabiskonsument hat sich nicht durch einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ist die Fahreignung bei Trennung von Konsum und Fahren zu bejahen, wenn keine der anderen Zusatztatsachen vorliegt. Dass die Fahreignung bei einem einmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot zwingend zu verneinen ist, folgt daraus nicht. Ein einmaliger Verstoß gegen das Trennungsgebot ist vielmehr eine Tatsache, die Bedenken gegen die Fahreignung begründet und nach § 46 Abs. 3 FeV zur Anwendung der §§ 11 bis 14 FeV führt. Die durch den Verstoß gegen das Trennungsgebot aufgeworfenen Zweifel an der Fahreignung hat die Fahrerlaubnisbehörde zu klären. Damit sie über eine hinreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage für die Prognose verfügt, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen wird, bedarf es in solchen Fällen in der Regel einer medizinisch-psychologischen Begutachtung (§ 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

27 aa) Dafür, dass in Fällen dieser Art § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und nicht § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommt, spricht die Begründung des Verordnungsgebers bei der Neufassung der Fahrerlaubnis-Verordnung, die mit Wirkung zum 1. Januar 1999 zur Umsetzung der Zweiten EU-Führerscheinrichtlinie erfolgt ist (Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. August 1998, BGBl. I S. 2214). Zu § 14 Abs. 1 FeV heißt es in der Begründung (BR-Drs. 443/98 S. 262 f.): "Bei Cannabis ist zu unterscheiden zwischen regelmäßiger und gelegentlicher Einnahme. Die Eignung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn regelmäßige Einnahme vorliegt. Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis ist in der Regel die Eignung gegeben. Eine zusätzliche medizinisch-psychologische Untersuchung ist erforderlich, wenn weitere Umstände Zweifel an der Eignung begründen. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, wenn Kontrollverlust oder Störungen der Persönlichkeit vorliegen oder wenn zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt. Aus diesem Grund enthält Satz 3 die Ermächtigung für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung, wenn gelegentliche Einnahme festgestellt wurde." Daraus ist zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber bei gelegentlichen Cannabiskonsumenten in dem Umstand, dass der Konsum im Zusammenhang mit dem Fahren erfolgt, zwar eine Zweifel an der Eignung begründende weitere Tatsache im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gesehen hat. Nach dieser Regelung führt diese "Zusatztatsache" jedoch nicht zur Feststellung der Nichteignung und damit auch nicht zur Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV; vorgesehen ist in § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV vielmehr, dass die Fahrerlaubnisbehörde in solchen Fällen eine Ermessensentscheidung über die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu treffen hat. Dass dies die Regelungsabsicht des Verordnungsgebers war, bestätigt die vom Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem für den Erlass der Fahrerlaubnis-Verordnung zuständigen Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur abgegebene Stellungnahme, in der ausgeführt wird, dass bei gelegentlichem Cannabiskonsum der erstmalige Verstoß gegen das Trennungsgebot nicht ausreiche, um den Betroffenen als erwiesen ungeeignet anzusehen; vielmehr folge hieraus lediglich die Annahme von Tatsachen, die Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen begründeten.

28 bb) Für die Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV sprechen darüber hinaus systematische Erwägungen.

29 § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV sieht vor, dass die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. Darunter können zwar auch zeitlich nacheinander liegende Fahrten unter einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Einfluss von Alkohol bei der ersten und von Cannabis bei der/den nächsten Fahrt(en) fallen ("Mischfälle"); der Wortlaut der Regelung erfasst aber ebenso auch mehrere Fahrten unter einer die Fahrsicherheit möglicherweise beeinträchtigenden Wirkung von Cannabis. Mit Blick darauf ist kein überzeugender Grund dafür ersichtlich, weshalb es über eine Anwendung von § 11 Abs. 7 FeV nach einer einmaligen Fahrt unter einem fahrsicherheitsrelevanten Cannabispegel unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis kommen soll, wenn nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV bei mehrfachen Zuwiderhandlungen lediglich zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzufordern ist.

30 Hinzu kommt: § 11 Abs. 7 FeV, wonach die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht, setzt voraus, dass die Behörde aus den ihr bekannten Umständen die mangelnde Fahrungeeignetheit ohne Weiteres selbst feststellen kann. Das ist etwa bei der Einnahme harter Drogen der Fall; ein solcher Drogenkonsum führt nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zwingend zur Verneinung der Fahreignung. Dagegen kommt es bei dem in der Vergangenheit liegenden Führen eines Kraftfahrzeugs durch einen gelegentlichen Cannabiskonsumenten bei der maßgeblichen Gefahrenprognose auf die Beantwortung der Frage an, ob hinreichend sicher ist, dass er künftig - also etwa auch unter dem Eindruck einer Ahndung seiner Zuwiderhandlung als Ordnungswidrigkeit nach § 24a Abs. 2 StVG - das Trennungsgebot beachten wird. Um das beurteilen zu können, bedarf es regelmäßig besonderen psychologischen Sachverstands und einer entsprechenden fachlichen Beurteilung und damit - wie die Entstehungsgeschichte von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV und die dort zum Ausdruck kommende Bewertung dieser Ausgangslage durch den Verordnungsgeber bestätigen - einer medizinisch-psychologischen Untersuchung. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der einmal gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 verstoßen hat, das künftig erneut tun wird, gibt es nicht. Freilich können besondere Umstände des Einzelfalls, wie etwa ein mit Blick auf die Verkehrssicherheit besonders verantwortungsloser Umgang mit dem Cannabiskonsum, die Wiederholung eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot nahelegen. In solchen Fällen einer hinreichend abgesicherten negativen Prognose kann dann auch § 11 Abs. 7 FeV zur Anwendung kommen.

31 Vom Erfordernis einer medizinisch-psychologischen Begutachtung bei gelegentlichem Cannabiskonsum und dem erstmaligen Verstoß gegen das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 geht auch die von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie verantwortete Kommentierung der Begutachtungsleitlinien für Kraftfahreignung aus (Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung - Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 192 ff.). Danach kann die Fahreignung gelegentlicher Cannabiskonsumenten im Rahmen der medizinisch-psychologischen Begutachtung dann bejaht werden, wenn ausschließlich ein gelegentlicher Cannabiskonsum vorliegt und eine Verkehrsteilnahme unter Drogeneinfluss auch bei gegebenenfalls fortbestehendem Konsum zuverlässig vermieden werden kann (Hypothese D 4). Als Prüfkriterien hierfür werden genannt: Der Klient hat in der Vergangenheit und wird, falls er den Konsum nicht gänzlich eingestellt hat, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig ausschließlich gelegentlich Cannabisprodukte mit geringer Wirkstoffmenge konsumieren (Kriterium D 4.1 N). Der Klient verfügt über eine realistische Einschätzung der Wirkungsweise und Wirkungsdauer der konsumierten Cannabisprodukte, so dass eine zuverlässige Trennung von Konsum und Fahren gewährleistet ist. Er ist sich der besonderen Risiken von Cannabiskonsum für die Verkehrsteilnahme (mittlerweile) bewusst (Kriterium D 4.2 N). Der Klient hat plausible Vorsätze zu einer Verkehrsteilnahme ohne THC-Einfluss gefasst und verfügt über eine so gute Selbstkontrolle und Selbstbehauptung, dass er sie auch umsetzen kann (Kriterium D 4.3 N). Diesen (Haupt-)Kriterien folgen dann jeweils noch entsprechende Unterkriterien. Dieser Kriterienkatalog verdeutlicht zugleich, was bei Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV Gegenstand der medizinisch-psychologischen Untersuchung sein wird.

32 cc) Die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV lässt sich nicht zusätzlich auch daraus herleiten, dass der Verordnungsgeber angestrebt habe, eine Gleichbehandlung von Alkohol- und Drogenkonsum herbeizuführen.

33 Zwar hat der Verordnungsgeber einen solchen Gleichlauf bei der 2008 in Kraft getretenen Vierten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Juli 2008 (BGBl. I S. 1338) durchaus im Blick gehabt; diese Regelungsintention bezog sich jedoch nur auf konkrete Einzelfragen. So wollte der Verordnungsgeber durch eine Änderung von § 13 FeV die unterschiedliche Beurteilung von früherer Alkoholabhängigkeit und früherer Drogenabhängigkeit beseitigen (Art. 1 Nr. 7 der Änderungsverordnung, vgl. dazu die Begründung in BR-Drs. 302/08 S. 62) und im Rahmen des § 14 FeV die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung und die Fahrerlaubnisentziehung durch die Fahrerlaubnisbehörde gleichbehandeln (Art. 1 Nr. 8 der Änderungsverordnung, vgl. dazu Begründung BR-Drs. 302/08 S. 62 f.). Daraus ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber insgesamt einen Gleichlauf der §§ 13 und 14 FeV angestrebt hat. Das war und ist auch nicht durch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG geboten. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - NJW 2005, 349 <350>) und des erkennenden Senats (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2014 - 3 C 3.13 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 16 Rn. 51) ist anerkannt, dass wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotenzials für die Verkehrssicherheit und der unterschiedlichen Wirkungsweise eine Ungleichbehandlung von Alkohol- und Cannabiskonsum im Fahrerlaubnisrecht nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Auch nach der vom Verordnungsgeber vorgenommenen Angleichung unterscheiden sich die Regelungen des § 13 FeV zum Alkohol- und die des § 14 FeV zum Konsum von Betäubungsmitteln nicht unerheblich. So führt fahrerlaubnisrechtlich auch ein erheblicher Alkoholkonsum, solange er nicht wegen eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot als Alkoholmissbrauch im Sinne der Nr. 8.1 der Anlage 4 einzustufen ist, noch nicht zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens, wogegen der Konsum harter Drogen (Nr. 9.1 der Anlage 4) oder auch regelmäßiger Cannabiskonsum (Nr. 9.2.1 der Anlage 4) bereits unmittelbar die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge haben.

34 c) Kommt die Fahrerlaubnisbehörde gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu der Entscheidung, dass der Betroffene zur Klärung der bestehenden Eignungszweifel ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen hat, setzt sie ihm gemäß § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV zugleich eine Frist für dessen Vorlage. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie nach § 11 Abs. 8 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Dieses Instrument ermöglicht es der Fahrerlaubnisbehörde, eine rasche Klärung der aufgrund des zurückliegenden Verstoßes gegen das Trennungsgebot bestehenden Eignungszweifel herbeizuführen und dann entweder gestützt auf das Fahreignungsgutachten oder aber im Fall einer nicht fristgerechten Beibringung auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV zeitnah auch ihre Entscheidung über eine Fahrerlaubnisentziehung zu treffen.

35 3. Auch die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung durfte dem Kläger nicht ohne vorherige weitere Sachaufklärung (§ 48 Abs. 9 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV) unmittelbar entzogen werden.

36 Gemäß § 48 Abs. 1 FeV bedarf einer zusätzlichen Erlaubnis (Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung) u.a., wer ein Kraftfahrzeug führt, wenn in dem Fahrzeug Fahrgäste befördert werden und für diese Beförderung eine Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz erforderlich ist. Eine solche Fahrerlaubnis ist dem Kläger am 2. Mai 2016 und damit erst nach dem Führen eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis am 13. Dezember 2015 erteilt worden; diese Fahrt hatte er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht mit einem zur Fahrgastaufnahme bereiten Fahrzeug durchgeführt.

37 Gemäß § 48 Abs. 10 Satz 1 FeV ist die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zu entziehen, wenn eine der aus § 48 Abs. 4 FeV ersichtlichen Voraussetzungen fehlt. Nach diesen Voraussetzungen muss der Bewerber u.a. die Gewähr dafür bieten, dass er der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht wird (§ 48 Abs. 3 Nr. 2a FeV). Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Entziehung der in § 48 Abs. 4 Nr. 1 FeV genannten allgemeinen ("Basis"-)Fahrerlaubnis (§ 48 Abs. 10 Satz 2 FeV). Bestehen Zweifel an der körperlichen und geistigen Eignung des Fahrerlaubnisinhabers oder an der Gewähr der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechende Anwendung (§ 48 Abs. 9 Satz 1 FeV). Gemäß § 48 Abs. 9 Satz 3 FeV kann, wenn Bedenken an der Gewähr für die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen bestehen, von der Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung angeordnet werden. Auch in Bezug auf die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung wird also danach unterschieden, ob die mangelnde Eignung oder die fehlende Gewähr der besonderen Verantwortung bereits erwiesen ist oder ob insoweit lediglich Zweifel bestehen. Wegen des Führens eines Kraftfahrzeugs unter einer fahrsicherheitsrelevanten Wirkung von Cannabis darf die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung nur entzogen werden, wenn das Fehlen der Fahreignung oder der Gewähr der besonderen Verantwortung als erwiesen anzusehen ist. Erforderlich ist - nicht anders als für Fahrerlaubnisse zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne von § 2 Abs. 1 StVG und § 4 Abs. 1 FeV (vgl. dazu Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 48 FeV Rn. 16) - eine Gefahrenprognose. Maßgeblich ist, ob Wiederholungsgefahr besteht. Bei der Prognose ist die besondere Verantwortung des Fahrerlaubnisinhabers bei der Beförderung von Fahrgästen zu berücksichtigen. Diese Verantwortung spiegelt sich auch in § 8 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5 der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BO-Kraft) wider, wonach im Taxen- und Mietwagenverkehr strikte Verbote in Bezug auf alkoholische Getränke oder andere die dienstliche Tätigkeit beeinträchtigende Mittel bestehen. So ist es nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BO-Kraft, der nach Absatz 5 im Taxen- und Mietwagenverkehr entsprechend anwendbar ist, dem im Fahrdienst eingesetzten Betriebspersonal untersagt, während des Dienstes oder der Dienstbereitschaft alkoholische Getränke oder andere die dienstliche Tätigkeit beeinträchtigende Mittel einzunehmen oder die Fahrt anzutreten, obwohl es unter der Wirkung solcher Getränke oder Mittel steht. Das rechtfertigt es, in Bezug auf den Ausschluss einer Wiederholungsgefahr einen entsprechend strengen Maßstab anzulegen.

38 Der Kläger hat allerdings die Fahrt unter der Wirkung von Cannabis am 13. Dezember 2015 in seinem privaten Bereich und zu einem Zeitpunkt durchgeführt, als er noch nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung war. Unter diesen Umständen lässt sich - wie auch das Berufungsgericht angenommen hat - noch nicht mit der für die Verneinung der Fahreignung gebotenen Sicherheit der Schluss ziehen, dass eine Wiederholungsgefahr, und zwar auch gerade im Zusammenhang mit einer Personenbeförderung besteht (vgl. dazu auch VG Göttingen, Beschluss vom 12. September 2008 - 1 B 281/08 - juris Rn. 6). Ebenso nahe liegt, dass sich der Kläger nun - schon um sich die Möglichkeit einer Tätigkeit als Mietwagenfahrer offen zu halten - künftig strikt an das Trennungsgebot nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 halten wird.

39 Da durch die Fahrt am 13. Dezember 2015 jedenfalls Zweifel an der Fahreignung des Klägers entstanden sind, führt das auch in Bezug auf die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung dazu, dass die Fahrerlaubnisbehörde eine Ermessensentscheidung über die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu treffen hat (§ 48 Abs. 9 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV).

40 4. Der Beklagte hat die gemäß § 46 Abs. 3 und § 48 Abs. 9 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV gebotene Ermessensentscheidung nicht getroffen. Damit erweist sich die angefochtene Entziehung der Fahrerlaubnis und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

41 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.