Urteil
In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 29. Mai 2019
durch
den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hoock,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rublack und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller
für Recht erkannt:
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Das am 23. Juli 2018 verkündete Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 18. Juli 2018 wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
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Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Gründe
I
1
Die klagende Gemeinde wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Kreisumlage für das Jahr 2013 durch die beklagte Landrätin in Höhe von 95 594,02 €.
2
Am 21. Februar 2013 erließ der Landkreis seine Haushaltssatzung für das Jahr 2013. In deren § 5 legte er den Kreisumlagesatz auf 43,67 % der Umlagegrundlagen fest. Im Rahmen der Vorbereitung der Beschlussfassung hatte die Kreisverwaltung zahlreiche Unterlagen zur Finanzlage der kreisangehörigen Gemeinden und des Kreises zusammengestellt. Eine förmliche Anhörung der Gemeinden zur Höhe der Kreisumlage war dagegen nicht erfolgt.
3
Mit Bescheid vom 9. September 2013 erhob die Beklagte von der Klägerin eine Kreisumlage für das Jahr 2013 von 95 594,02 €. Diesen Betrag behielt sie im Wege der Verrechnung mit den der Klägerin zustehenden Schlüsselzuweisungen ein. Den Widerspruch der Klägerin gegen den Kreisumlagebescheid wies sie zurück.
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Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid und den Widerspruchsbescheid aufgehoben und den Landkreis zur Zahlung von 95 594,02 € zuzüglich Zinsen an die Klägerin verurteilt. Während des Berufungsverfahrens hat der Landkreis nach förmlicher Anhörung der kreisangehörigen Gemeinden am 22. Februar 2018 § 5 seiner Haushaltssatzung für das Jahr 2013 rückwirkend zum 1. Januar 2013 neu gefasst und den Kreisumlagesatz erneut auf 43,67 % der Umlagegrundlagen festgesetzt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Der angegriffene Kreisumlagebescheid sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten, weil er nicht auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage beruhe. § 5 der Haushaltssatzung des Landkreises sei sowohl in seiner Fassung vom 22. Februar 2018 als auch in seiner Fassung vom 21. Februar 2013 nichtig. Die Änderungssatzung vom 22. Februar 2018 verstoße gegen § 48 Abs. 1 KV M-V i.V.m. § 120 KV M-V, wonach eine Änderung der Haushaltssatzung nur durch eine Nachtragshaushaltssatzung und nur während des betreffenden Haushaltsjahres möglich sei. § 5 der Haushaltssatzung vom 21. Februar 2013 sei ebenfalls nichtig, weil die Beklagte nicht zuvor alle Gemeinden förmlich angehört habe. Die Pflicht zur vorherigen Anhörung der Gemeinden folge aus Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 72 LVerf M-V. Die Vorschriften sicherten die finanzielle Handlungsfähigkeit der Gemeinden. Der Landkreis müsse daher bei der Festlegung der Höhe der Kreisumlage auch den Finanzbedarf der Gemeinden ermitteln und diesen in einen sachgerechten Ausgleich mit seinem Bedarf bringen. Allerdings könne eine Verletzung dieser Verpflichtung des Landkreises zum sachgerechten Interessenausgleich wegen der bestehenden vielfältigen Interdependenzen zwischen den Gemeinden und dem Landkreis und der Komplexität der erforderlichen Einschätzungen sowie wegen des Fehlens allgemeingültiger Maßstäbe gerichtlich nur schwer festgestellt werden. Aus Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 72 Abs. 1 LVerf M-V folge daher kompensierend eine Pflicht des Kreises, die Gemeinden vor Festsetzung einer Kreisumlage förmlich anzuhören. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob aus Art. 28 Abs. 2 GG ein Anhörungsrecht in dem von ihm angenommenen Umfang abzuleiten sei.
5
Zur Begründung ihrer Revision macht die Beklagte geltend, eine Verpflichtung der Landkreise, ihre kreisangehörigen Gemeinden vor der Festlegung des Kreisumlagesatzes förmlich anzuhören, lasse sich aus Art. 28 Abs. 2 GG nicht ableiten. Die Annahme einer solchen Verpflichtung schränke das kommunale Selbstverwaltungsrecht ein. Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG weise dem Gesetzgeber die Aufgabe zu, über solche Einschränkungen zu entscheiden. Dies gelte umso mehr, als es eine Vielzahl unterschiedlicher und jeweils tauglicher Möglichkeiten gebe, die Verpflichtung der Landkreise zur Ermittlung des gemeindlichen Finanzbedarfs vor der Festlegung eines Kreisumlagesatzes auszugestalten. Das Berufungsurteil sei auch rechtsfehlerhaft, soweit es dem Landkreis die Möglichkeit verwehre, den Verstoß gegen eine - unterstellte - Anhörungspflicht zu heilen. Seine Auslegung von § 48 Abs. 1 KV M-V i.V.m. § 120 KV M-V schränke die Finanz- und Haushaltsautonomie der Gemeindeverbände verfassungswidrig ein.
6
Der Beklagte beantragt,
das am 23. Juli 2018 verkündete Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 18. Juli 2018 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 20. Juli 2016 zu ändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
8
Sie verteidigt das Urteil des Oberverwaltungsgerichts. Die Verpflichtung der Landkreise, ihre kreisangehörigen Gemeinden vor der Festlegung der Höhe der Kreisumlage zu hören, folge nicht nur aus Art. 28 Abs. 2 GG, sondern auch aus Art. 20 Abs. 3 GG. Die Anhörungspflicht sei notwendig, um die finanziellen Interessen der Gemeinden bei der Festlegung der Kreisumlage zu wahren. Die Berechnung der Kreisumlage knüpfe an die Höhe der gemeindlichen Einnahmen an. Die gemeindliche Ausgabenseite spiele dagegen bei der Berechnung der Höhe der Kreisumlage keine Rolle. Ihre Berücksichtigung stelle das Anhörungsverfahren sicher. Die Anhörung der Gemeinden vor der Festlegung der Höhe der Kreisumlage sei umso mehr notwendig, wenn die Kreisumlage, wie hier, zu einem Entzug wesentlicher Finanzmittel der betroffenen Gemeinden führe. Die Anhörung müsse auch schon vor der Festlegung des Kreisumlagesatzes und nicht erst vor Erlass des Umlagebescheides erfolgen, bei dem kein Entscheidungsspielraum mehr bestehe.
9
Der Vertreter des Bundesinteresses ist der Auffassung, dass sich aus Art. 28 Abs. 2 GG keine Verpflichtung der Landkreise zu einer förmlichen Anhörung der kreisangehörigen Gemeinden vor Festlegung des Kreisumlagesatzes ableiten lässt. Es sei keineswegs zwingend, dass eine förmliche Anhörung die einzige Möglichkeit sei, die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinden bei der Festlegung des Kreisumlagesatzes sachgerecht zu ermitteln und damit die Grundlage für den geforderten Ausgleich der Finanzbedarfe von Kreis und Gemeinden zu schaffen.
II
10
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht.
11
Die unbeschränkt eingelegte Revision ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Revision uneingeschränkt zugelassen. Das ergibt sich aus dem Tenor des Berufungsurteils, der keine Einschränkungen hinsichtlich des Umfangs der Revisionszulassung formuliert, sowie der Rechtsmittelbelehrung, die sich lediglich auf das Rechtsmittel der Revision bezieht. Im Übrigen kann aus dem Umstand, dass die Begründung der Zulassungsentscheidung lediglich auf die Frage Bezug nimmt, ob ein Anhörungsrecht in dem vom Oberverwaltungsgericht angenommenen Umfang aus Art. 28 Abs. 2 GG abzuleiten ist, nicht auf einen Willen des Oberverwaltungsgerichts geschlossen werden, die Revision nur teilweise zuzulassen. Dies gilt umso mehr, als eine Beschränkung der Revisionszulassung auf bestimmte Rechtsfragen oder Normen auch unzulässig wäre (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 132 Rn. 62).
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Die Revision ist begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die Landkreise seien vor dem Beschluss des Kreisumlagesatzes zu einer förmlichen Anhörung ihrer kreisangehörigen Gemeinden verpflichtet. Eine solche Verpflichtung lässt sich aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 3 GG jedoch nicht ableiten (1.). Das Berufungsurteil beruht auf diesem Bundesrechtsverstoß (2.). Da es sich nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, muss die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen werden (3.).
13
1. a) Das Oberverwaltungsgericht geht im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass das Selbstverwaltungsrecht der Klägerin nicht nur verletzt wird, wenn die Erhebung einer Kreisumlage dazu führt, dass deren finanzielle Mindestausstattung unterschritten wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - 8 C 1.12 - BVerwGE 145, 378 Rn. 18 ff.), sondern auch dann, wenn der Landkreis bei der Erhebung der Kreisumlage seine eigenen finanziellen Belange gegenüber den finanziellen Belangen seiner kreisangehörigen Gemeinden einseitig und rücksichtslos bevorzugt und damit den Grundsatz des Gleichrangs der finanziellen Interessen der kommunalen Gebietskörperschaften Gemeinden und Landkreis auf eine aufgabenangemessene Finanzausstattung verletzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - 8 C 1.12 - BVerwGE 145, 378 Rn. 13 ff.). Es hat weiterhin zutreffend angenommen, dass die Wahrung des Grundsatzes des Gleichrangs der finanziellen Interessen der kommunalen Gebietskörperschaften den Landkreis bei der Erhebung einer Kreisumlage verpflichtet, nicht nur seinen eigenen Finanzbedarf, sondern auch denjenigen der umlagepflichtigen Gemeinden zu ermitteln und seine Entscheidungen in geeigneter Form - etwa im Wege einer Begründung der Ansätze seiner Haushaltssatzung - offenzulegen, um den Gemeinden und gegebenenfalls den Gerichten eine Überprüfung zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - 8 C 1.12 - BVerwGE 145, 378 Rn. 14).
14
Entgegen seiner Auffassung ist Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und 3 GG allerdings nicht zu entnehmen, in welcher Art und Weise die Landkreise den Finanzbedarf ihrer Gemeinden zu ermitteln und offenzulegen haben und ob solchen Verfahrenspflichten entsprechende Verfahrensrechte der betroffenen Gemeinden korrespondieren. Die Verpflichtung des Landkreises zur Ermittlung und Offenlegung des finanziellen Bedarfs seiner kreisangehörigen Gemeinden hat der Senat aus der Institutsgarantie der kommunalen Selbstverwaltung abgeleitet, die der gesetzlichen Ausgestaltung und Formung bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - 8 C 1.12 - BVerwGE 145, 378 Rn. 13). Es obliegt daher dem jeweiligen Landesgesetzgeber, das Verfahren der Erhebung von Kreisumlagen zu regeln. Soweit derartige Regelungen fehlen, haben die Landkreise die Befugnis zur Gestaltung ihrer Verfahrensweise. Sie tragen damit die Verantwortung dafür, hierbei ein Verfahren zu beobachten, welches sicherstellt, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen gewahrt werden.
15
b) Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in bestimmten Fällen aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ein verfassungsunmittelbares Recht einer Gemeinde auf Anhörung entnommen. Diese Rechtsprechung lässt sich aber auf die Festsetzung des Kreisumlagesatzes durch einen Landkreis nicht übertragen.
16
So sind gesetzliche Bestands- und Gebietsänderungen von Gemeinden ebenso wie staatlich angeordnete Änderungen des Namens von Gemeinden nur nach vorheriger Anhörung der betroffenen Gebietskörperschaften zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. November 2002 - 2 BvR 329/97 - BVerfGE 107, 1 <24> m.w.N.). Ferner sind Eingriffe in die gemeindliche Planungshoheit mit Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nur vereinbar, wenn eine Güterabwägung ergibt, dass schutzwürdige überörtliche Interessen die Einschränkung der gemeindlichen Planungshoheit erfordern, was wiederum eine Anhörung der betroffenen Gemeinden voraussetzt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. Oktober 1980 - 2 BvR 584/76 u.a. - BVerfGE 56, 298 <314, 320> und vom 23. Juni 1987 - 2 BvR 826/83 - BVerfGE 76, 107 <122>). Schließlich kann bei der Verlagerung von Aufgaben mit relevanter kommunaler Bedeutung auf eine andere staatliche Ebene (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. November 2014 - 2 BvL 2/13 - BVerfGE 138, 1 Rn. 60) und bei der staatlichen Entscheidung über die Verteilung knapper Mittel oder Güter zwischen konkurrierenden Kommunen (vgl. BVerfG, Urteil vom 7. Oktober 2014 - 2 BvR 1641/11 - BVerfGE 137, 108 Rn. 110 f.) der Gedanke des Rechtsgüterschutzes durch Verfahren auf ein Anhörungsrecht der betroffenen Kommunen führen.
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Mit all diesen Fallkonstellationen ist die vorliegende nicht vergleichbar. Hier geht es nicht um einen rechtfertigungsbedürftigen staatlichen Eingriff in die Selbstverwaltungshoheit einzelner Gemeinden, sondern um die Entscheidung einer kommunalen Gebietskörperschaft über die Verteilung der finanziellen Mittel innerhalb des kommunalen Raums zwischen Gemeinden und Landkreis. Bei dieser Entscheidung können sich sowohl der Landkreis, der über die Mittelverteilung entscheidet, als auch die Gemeinden, denen Finanzmittel entzogen werden, auf die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und ihren daraus abgeleiteten Anspruch auf aufgabenadäquate Finanzierung aus Art. 28 Abs. 2 GG berufen. Die Festsetzung des Kreisumlagesatzes dient nicht dazu, dem kommunalen Raum Finanzmittel zu entziehen, sondern dem Ausgleich der im kommunalen Raum konkurrierenden finanziellen Interessen. Eine gewachsene Anhörungstradition ist zudem bei der Festlegung von Kreisumlagesätzen nicht erkennbar. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Einhaltung der in der Rechtsprechung des Senats anerkannten rechtlichen Grenzen für die Festsetzung von Kreisumlagesätzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - 8 C 1.12 - BVerwGE 145, 378 Rn. 14, 16, 19 ff.) im gerichtlichen Verfahren nicht oder nur eingeschränkt überprüft werden könnte.
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2. Das Berufungsurteil beruht auf dem festgestellten Bundesrechtsverstoß. Es leitet die Verpflichtung der Landkreise, ihre kreisangehörigen Gemeinden vor der Festlegung des Kreisumlagesatzes anzuhören, aus Art. 28 Abs. 2 GG und nicht auch selbständig tragend aus Art. 72 Abs. 1 der Landesverfassung Mecklenburg-Vorpommern (LVerf M-V) ab. Die parallele Nennung beider Vorschriften ist nicht dahin zu verstehen, dass die Anhörungspflicht jeweils selbständig und unabhängig voneinander aus beiden Vorschriften abgeleitet werden sollte. Dagegen spricht insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen hat, ob die von ihm angenommene Anhörungspflicht aus Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG folgt. Das setzt voraus, dass es auf die von ihm formulierte Frage auch entscheidungserheblich ankam. Das wäre nicht der Fall, wenn es die Anhörungspflicht selbständig tragend aus Art. 72 Abs. 1 LVerf M-V abgeleitet hätte.
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3. Das Berufungsurteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Namentlich hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass die Kreisumlage für das Jahr 2013 den kreisangehörigen Gemeinden gegenüber einseitig und rücksichtslos festgesetzt worden wäre. Nach seinen Feststellungen hat der Landkreis vielmehr die ursprünglich erwogene Erhöhung des Umlagesatzes um 3 % aus Rücksicht auf die finanziellen Belange der umlagepflichtigen Gemeinden auf 1,5 % verringert.
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Erweist sich danach die Revision als begründet, bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob das Berufungsurteil im Übrigen mit Bundesrecht im Einklang steht. Das gilt namentlich für die Annahme des Berufungsgerichts, nach § 48 KV M-V i.V.m. § 120 KV M-V dürften Haushaltssatzungen nach Ablauf des Haushaltsjahres - abgesehen von Formfehlern und Berichtigungen - nicht mehr geändert werden, sowie die darauf gestützte Feststellung der Nichtigkeit der Satzung vom 22. Februar 2018.
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Der Senat kann die Sache nicht abschließend entscheiden. Hierzu muss noch auf das Vorbringen der Klägerin eingegangen werden, die Höhe der Kreisumlage führe dazu, dass ihre eigene finanzielle Ausstattung strukturell und auf Dauer unterhalb des verfassungsgebotenen Minimums verblieben sei. Das hat das Oberverwaltungsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent, bislang ungeprüft gelassen. Dies wird es nachzuholen haben. Sollte das Berufungsgericht zu der Überzeugung gelangen, dass der Anspruch der Klägerin auf Belassung der verfassungsgebotenen finanziellen Mindestausstattung verletzt wurde, wird es weiter zu erwägen haben, ob dies unmittelbar zur Unwirksamkeit des festgesetzten Umlagesatzes führt oder ob die Unwirksamkeit des Umlagesatzes erst angenommen werden kann, wenn es für die Klägerin keine erfolgversprechende Möglichkeit gibt, zusätzliche Finanzmittel (z.B. Liquiditätsbeihilfen, Sanierungsbeihilfen) oder eine Befreiung von der Umlageerhebung zu erlangen.