Verfahrensinformation

Der Kläger begehrt Zugang zu einer Weisung des (damaligen) Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz an den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof zum Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Landesverrats gegen Mitarbeiter der Organisation "N.org", zu dem Schriftverkehr hierzu sowie zu den vom Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Generalbundesanwalt zu diesem Komplex gefertigten Gutachten.


Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) finde keine Anwendung. Die begehrten Unterlagen seien ein Abbild der Ermittlungsakte des Generalbundesanwalts und unterfielen den dem IFG vorrangigen Regelungen der Strafprozessordnung. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin blieb vor dem Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg. Der Bundesjustizminister handele in Ausübung seines Weisungsrechts aus §§ 146, 147 Nr. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) in einem konkreten Ermittlungsverfahren mangels materieller Verwaltungstätigkeit nicht als "Behörde" im Sinne des § 1 Abs. 1 IFG.  Auch ein Anspruch aus dem Grundrecht auf Informationsfreiheit sowie ein konventionsrechtlicher Anspruch aus Art. 10 EMRK schieden aus.


Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision des Klägers.


Pressemitteilung Nr. 28/2023 vom 29.03.2023

Kein Anspruch auf Informationszugang gegen Bundesjustizministerium in einem Ermittlungsverfahren

Das Bundesministerium der Justiz muss keinen Informationszugang zu Unterlagen gewähren, die ein beim Generalbundesanwalt geführtes strafrechtliches Ermittlungsverfahren betreffen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der Kläger, ein eingetragener Verein zur Förderung der Informationsfreiheit, beantragte beim früheren Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz den Informationszugang zu einer Weisung des Bundesministeriums an den Generalbundesanwalt, zu dem gesamten Schriftverkehr in diesem Ermittlungsverfahren sowie zu den vom Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Generalbundesanwalt hierzu gefertigten Gutachten. Das Bundesjustizministerium lehnte den Antrag unter Berufung auf vorrangige Regelungen der Strafprozessordnung über den Zugang zu amtlichen Informationen ab. Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ist nicht eröffnet, weil er sich allein auf die materielle Verwaltungstätigkeit der Behörden und sonstigen Stellen des Bundes bezieht. Demgegenüber gehören die begehrten Informationen zum Tätigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz als Aufsichtsbehörde hinsichtlich des Generalbundesanwalts als Organ der Rechtspflege. Das Bundesjustizministerium ist insoweit selbst als Organ der Rechtspflege tätig. Sämtliche begehrten Unterlagen zu den Ermittlungen und strafrechtlichen Bewertungen des zur Strafanzeige gebrachten Handelns bilden nach den Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts den Kern der strafrechtlichen Ermittlungen.


BVerwG 10 C 6.21 - Urteil vom 29. März 2023

Vorinstanzen:

OVG Berlin-Brandenburg, OVG 12 B 16.19 - Urteil vom 23. Juni 2021 -

VG Berlin, VG 2 K 124.18 - Urteil vom 24. Oktober 2019 -