Verfahrensinformation

Einziehung eines Grundstücks im Rahmen eines Vereinsverbots


Die Klägerin wendet sich gegen die Einziehung ihres Grundstücks in O. im Rahmen eines Vereinsverbots.


In einem vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen das "Freie Netz Süd“ (FNS) wurden im Juli 2013 u.a. die Räume im Anwesen O. durchsucht. Mit Bescheid vom 2. Juli 2014 stellte das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr fest, dass das FNS eine Ersatzorganisation der verbotenen Vereinigung "Fränkische Aktionsfront“ sei, verbot die FNS und löste sie auf. Des Weiteren beschlagnahmte die Behörde das dem FNS von der Klägerin überlassene Grundstück in O. samt Wohn- und Wirtschaftsgebäude und ordnete die Einziehung zugunsten des Freistaates Bayern an. Die Anordnungen sind auf § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 10 Abs. 2, § 12 Abs. 2 Alt. 1 des Vereinsgesetzes gestützt. Danach werden mit dem Vereinsverbot Sachen Dritter beschlagnahmt und eingezogen, wenn der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat.


Das Verwaltungsgericht hat die gegen die Beschlagnahme und Einziehung des Grundstücks gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Anordnungen aufgehoben, da nicht erwiesen sei, dass der Sohn der Klägerin die Immobilie im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung zumindest gelegentlich dem FNS und nicht ausschließlich anderen Nutzern zur Verfügung gestellt habe. Dieser Frage sei aber nicht weiter nachzugehen, da jedenfalls der Nachweis fehle, dass die Klägerin die verfassungswidrigen Bestrebungen des verbotenen Vereins durch die Überlassung von Räumen "vorsätzlich“ gefördert habe. Das sei nur dann der Fall, wenn der Eigentümer zum einen die verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins zumindest billigend in Kauf genommen und zum anderen zumindest eine laienhafte Vorstellung davon entwickelt habe, dass die verfassungswidrigen Aktivitäten in organisierter Form erfolgten und damit einem Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG zuzurechnen seien. Die zuletzt genannte Voraussetzung hat das Berufungsgericht nach Einvernahme der Klägerin nicht festgestellt.


Mit der dagegen gerichteten Revision macht der Freistaat Bayern geltend, dass der erforderliche Vorsatz des Eigentümers nicht auch die Nutzung der Sache durch den verbotenen Verein umfassen müsse.


Pressemitteilung Nr. 39/2023 vom 17.05.2023

Beschlagnahme und Einziehung des Grundstücks eines Dritten im Rahmen eines Vereinsverbots

Eine mit einer vereinsrechtlichen Verbotsverfügung verbundene Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung in Bezug auf die Sache eines Dritten, der durch ihre Überlassung an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen gefördert hat, setzt voraus, dass der Dritte vorsätzlich gehandelt hat. Der Vorsatz muss sich auf alle objektiven Merkmale, also auch auf die Überlassung an einen Verein beziehen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die Klägerin wandte sich gegen die Beschlagnahme und Einziehung ihres mit einem Wohn- und Wirtschaftsgebäude bebauten Grundstücks im Rahmen eines Vereinsverbots. Mit Bescheid vom 2. Juli 2014 stellte das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr fest, dass das "Freie Netz Süd“ eine Ersatzorganisation der verbotenen Vereinigung "Fränkische Aktionsfront“ sei, verbot die Vereinigung und löste sie auf. Die Behörde beschlagnahmte hierbei zugleich das dem Verein von der Klägerin überlassene Grundstück und ordnete dessen Einziehung zugunsten des Freistaats Bayern an. Das Verwaltungsgericht hat die gegen die Beschlagnahme und Einziehung des Grundstücks gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof beide Anordnungen aufgehoben, da jedenfalls der Nachweis fehle, dass der Vorsatz der Klägerin auch die Vereinseigenschaft des "Freien Netzes Süd" umfasst habe. Die hiergegen eingelegte Revision des Freistaats Bayern ist vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolglos geblieben.


Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Satz 2 VereinsG ist mit einem Vereinsverbot in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung von Sachen Dritter zu verbinden, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat. Diese Rechtsgrundlage ist hier anzuwenden, da das betroffene Grundstück im Eigentum der Klägerin als Dritte steht und nicht als Vereinsvermögen i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VereinsG anzusehen ist. Zwar ist das Vereinsvermögen nicht zivilrechtlich, sondern wirtschaftlich und damit weit zu verstehen. Maßgeblich ist das tatsächliche Herrschaftsverhältnis im Sinne eines Vereinsgewahrsams. Ausgenommen vom Begriff des Vereinsvermögens sind jedoch Sachen im Eigentum Dritter.       


Zu Recht hat das Berufungsgericht sämtliche Merkmale des objektiven Tatbestandes als Bezugspunkt des Vorsatzes angesehen. Insbesondere muss sich der Vorsatz des Dritten auch darauf beziehen, dass die Überlassung seiner Sache an den Verein dessen verbotswürdige Tätigkeit gefördert hat. Dies erfordert, dass er bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre um die Existenz dieser Vereinigung und ihrer verfassungswidrigen Bestrebungen weiß und deren Förderung zumindest billigend in Kauf nimmt.


Ausgehend von diesem zutreffend erkannten Maßstab hat das Berufungsgericht nach Anhörung der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, ihr fehle das Wissen, dass sie das Grundstück an das "Freie Netz Süd" als Verein überlassen habe. Denn sie habe keine zumindest laienhafte Vorstellung davon entwickelt, dass die verfassungswidrigen Aktivitäten in organisierter Form von einem Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG vorgenommen worden seien. An diese Tatsachenfeststellung ist das Bundesverwaltungsgericht mangels von dem Beklagten erhobener Verfahrensrügen gebunden.


BVerwG 6 C 5.21 - Urteil vom 17. Mai 2023

Vorinstanzen:

VGH München, VGH 4 B 20.124 - Urteil vom 30. Juni 2020 -

VG Bayreuth, VG B 1 K 16.23 - Urteil vom 07. Juni 2018 -


Beschluss vom 13.04.2021 -
BVerwG 6 B 52.20ECLI:DE:BVerwG:2021:130421B6B52.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.04.2021 - 6 B 52.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:130421B6B52.20.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 52.20

  • VG Bayreuth - 07.06.2018 - AZ: VG B 1 K 16.23
  • VGH München - 30.06.2020 - AZ: VGH 4 B 20.124

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. April 2021
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und Dr. Tegethoff
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 30. Juni 2020 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und - insoweit vorläufig - für das Revisionsverfahren auf jeweils 12 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Revision des Beklagten ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat. In dem Revisionsverfahren kann geklärt werden, ob der Vorsatz des Berechtigten, der für die Einziehung von Sachen Dritter aus Anlass eines Vereinsverbots nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 12 Abs. 2 VereinsG erforderlich ist, nicht nur die Überlassung der Sache für verfassungswidrige Bestrebungen, sondern auch ihre Nutzung durch den verbotenen Verein umfassen muss.

2 Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG; die vorläufige Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 1 GKG.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 6 C 5.21 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (§ 55a Abs. 1 bis 6 VwGO sowie Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach vom 24. November 2017, BGBl. I S. 3803) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RDGEG vertreten lassen.

Urteil vom 17.05.2023 -
BVerwG 6 C 5.21ECLI:DE:BVerwG:2023:170523U6C5.21.0

Vereinsrechtliche Beschlagnahme und Einziehung eines Grundstücks eines Dritten

Leitsätze:

1. Das Vereinsvermögen ist grundsätzlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bestimmen. Ausgenommen vom Vereinsvermögen sind jedoch - abgesehen von Treuhandkonstellationen - Sachen, die erkennbar im Eigentum Dritter stehen.

2. Der vereinsrechtliche Zugriff auf Sachen Dritter, die dem Verein zur Förderung dessen verfassungswidriger Bestrebungen überlassen worden sind, erfordert den Gewahrsam des Vereins an diesen Sachen noch im Verbotszeitpunkt.

3. Für den Förderungsvorsatz des Dritten reicht Eventualvorsatz aus. Er muss sich auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale beziehen einschließlich der Überlassung der Sache an einen Verein.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 9 Abs. 2, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und 2
    VwGO § 42 Abs. 2, § 44
    VereinsG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 Alt. 1, § 8 Abs. 1 und 2 Satz 1 und 2, § 10 Abs. 2, § 11 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1 und § 12 Abs. 2 Alt. 1

  • VG Bayreuth - 07.06.2018 - AZ: B 1 K 16.23
    VGH München - 30.06.2020 - AZ: 4 B 20.124

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 17.05.2023 - 6 C 5.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:170523U6C5.21.0]

Urteil

BVerwG 6 C 5.21

  • VG Bayreuth - 07.06.2018 - AZ: B 1 K 16.23
  • VGH München - 30.06.2020 - AZ: 4 B 20.124

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller, Hahn und Dr. Tegethoff sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gamp
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Juni 2020 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen eine ihr Grundstück betreffende Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung in einer vereinsrechtlichen Verbotsverfügung.

2 Die Klägerin erwarb im Mai 2010 das mit einem Wohn- und Wirtschaftsgebäude bebaute Grundstück in ..., Ortsteil O. Sie überließ es ihrem Sohn T., der dort - bis auf den Zeitraum seiner Haft von April 2011 bis zum Mai 2013 - zusammen mit zwei Freunden wohnte. Die Bewohner waren für die Vereinigung "Freies Netz Süd" (FNS) tätig, die Veranstaltungen auf dem Anwesen durchführte und von dort aus ihre Aktivitäten koordinierte. Mit notariellem Vertrag vom 10. Februar 2014 veräußerte die Klägerin das Grundstück an ihren Sohn. Der Vertrag sieht einen sofortigen Besitzübergang an den Sohn vor. In der Folgezeit kam der Sohn der Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Raten nicht nach. Im Grundbuch ist unverändert die Klägerin als Eigentümerin eingetragen.

3 Mit Verfügung vom 2. Juli 2014 - gegen Empfangsbekenntnisse zugestellt und mit dem verfügenden Teil im Bundesanzeiger veröffentlicht am 23. Juli 2014 - stellte das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr unter Ziffer 1 fest, dass die Vereinigung FNS eine Ersatzorganisation der durch seine Verfügung vom 19. Dezember 2003 verbotenen Vereinigung "Fränkische Aktionsfront" (F.A.F.) ist. In Ziffer 2 der Verbotsverfügung verbot es die Vereinigung und löste sie auf. Unter Ziffer 7 verfügte die Behörde die Beschlagnahme von Sachen Dritter und ihre Einziehung zugunsten des Freistaates Bayern, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an das FNS dessen verfassungswidrige Bestrebungen gefördert habe oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt gewesen seien. In Ziffer 7.1 der Verfügung wird insbesondere das dem FNS von der Klägerin überlassene, im Einzelnen näher bezeichnete Grundstück samt Wohn- und Wirtschaftsgebäude in O. beschlagnahmt und zugunsten des Freistaates Bayern eingezogen. Die gegen das unter Ziffer 1 und 2 verfügte Vereinsverbot des FNS erhobenen Klagen der Klägerin und weiterer 40 Kläger wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit rechtskräftig gewordenem Urteil vom 20. Oktober 2015 - 4 A 14.17 87 - ab.

4 Die gegen die Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung in Ziffer 7.1 der Verbotsverfügung gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 30. Juni 2020 die angefochtene Verfügung in Ziffer 7.1 aufgehoben. Die Anfechtungsklage sei zulässig und begründet. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 10 Abs. 2, § 12 Abs. 2 Alt. 1, § 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 VereinsG sähen in der Regel mit dem Vereinsverbot die Beschlagnahme und Einziehung von Sachen Dritter vor, wenn der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert habe. Diese Voraussetzungen müssten zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verbotsverfügung vorliegen. Daran fehle es hier.

5 Ob die objektiven Anforderungen der Befugnisnormen zu diesem Zeitpunkt vorgelegen hätten, sei zweifelhaft. Zu den der Beschlagnahme und Einziehung unterliegenden Sachen Dritter gehörten auch neutrale Gegenstände wie etwa Grundstücke, wenn diese für die Aktivitäten des Vereins zur Verfügung gestellt worden seien. Die Überlassung erfordere eine bewusste und rechtserhebliche Übertragung des Gewahrsams an den Verein. Dies sei auch dann gegeben, wenn der Eigentümer nur über eine Zwischenperson mit dem Verein in Kontakt trete. Deswegen dürfte die Anwendung der Vorschriften nicht schon daran scheitern, dass die Klägerin ihr Grundstück lediglich ihrem Sohn und zwei seiner Freunde überlassen habe, nicht aber unmittelbar dem FNS. Es sei aber nicht erwiesen, dass der Sohn die Immobilie auch noch im maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage zumindest gelegentlich dem FNS und nicht ausschließlich anderen Nutzern - der inzwischen gegründeten Partei "Der Dritte Weg" – zur Verfügung gestellt habe. Gesichert sei allein die Überlassung an das FNS bis zum Herbst 2013. Die Historie sowie Sinn und Zweck der § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG sowie verfassungsrechtliche Erwägungen sprächen dafür, dass es für die Anwendbarkeit der Normen auf den Fortbestand des Gewahrsams bis zum Verbotszeitpunkt ankomme. Dies könne allerdings ebenso offenbleiben wie die Frage, wer zuletzt Gewahrsam an dem Anwesen innegehabt habe.

6 Denn jedenfalls lasse sich der erforderliche Vorsatz der Klägerin nicht feststellen. Eine vorsätzliche Förderung setze voraus, dass der Eigentümer die verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins gekannt und gewollt oder - im Sinne eines bedingten Vorsatzes - zumindest billigend in Kauf genommen habe, dass diesen Bestrebungen durch die Überlassung der Sache Vorschub geleistet werde. Nicht erforderlich sei, dass der Überlassende die ihm bekannten Aktivitäten des Vereins in verfassungs- und vereinsrechtlicher Hinsicht exakt bestimme. Es reiche aus, dass er aufgrund einer sogenannten Parallelwertung in der Laiensphäre auf der Grundlage seines Wissens über die tatsächlichen Vereinsaktivitäten den sozialen Sinngehalt der Verbotsgründe des Art. 9 Abs. 2 GG und damit den Begriff der "verfassungswidrigen Bestrebungen" zutreffend erfasst habe. Er müsse zudem eine zumindest laienhafte Vorstellung davon entwickelt haben, dass die verfassungswidrigen Aktivitäten nicht von (wechselnden) Einzelpersonen ausgingen, sondern in organisierter Form erfolgten und damit einem Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG zuzurechnen seien, der den Gewahrsam an der Sache ausübe. Die Befragung der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung habe zwar ihre Kenntnis davon ergeben, dass ihr Sohn die Räumlichkeiten nicht nur zum Wohnen, sondern auch für verfassungswidrige Aktivitäten genutzt und zur Verfügung gestellt habe. Ihr sei bekannt gewesen, dass sich ihr Sohn dort mit Gesinnungsgenossen getroffen habe. Es habe sich aber nicht belegen lassen, dass sie um die Nutzung durch eine Personenvereinigung gewusst habe.

7 Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision. Er ist der Ansicht, das Berufungsgericht verlange zu Unrecht die Kenntnis konkreter Vereinsstrukturen. Der Wortlaut von § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 VereinsG fordere nicht zwingend, dass der Förderungsvorsatz die Vereinsstruktur umfassen müsse. Nach dem Normzweck solle der Zugriff auf dem Vereinsvermögen vergleichbar "bemakelte" Sachen ermöglicht werden. Nach den Gesetzgebungsmaterialien handele es sich bei einer Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung um eine Sicherungsmaßnahme. Zudem komme der Einziehung eine strafähnliche Wirkung zu, weshalb sie eine Parallelvorschrift zu § 74a Nr. 1 StGB darstelle. Im Übrigen sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unerheblich, ob das FNS zum Zeitpunkt der Verbotsverfügung noch Gewahrsam an dem Grundstück gehabt habe. Es genüge, dass die Sache der Vereinigung in der Vergangenheit zur Verfügung gestanden habe. Dies folge aus dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Normen.

8 Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

II

9 Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet und deshalb nach § 144 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat der Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts ohne Verletzung von Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO stattgegeben. Er hat die Klage zutreffend als zulässig (1.) und begründet (2.) erachtet.

10 1. Die Klägerin begehrt in gemäß § 44 VwGO zulässiger objektiver Klagehäufung die Aufhebung der Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung. Es handelt sich dabei um zwei Nebenentscheidungen zu einem Vereinsverbot, die jeweils Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG bzw. der entsprechenden landesrechtlichen Regelung des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG darstellen und selbständig anfechtbar sind. Die Anfechtungsklage ist somit statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist die Klägerin klagebefugt, § 42 Abs. 2 VwGO. Es besteht die Möglichkeit, dass die im Tenor und in der Begründung der Verbotsverfügung konkret auf ihr Grundstück in O. bezogene Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung sie in ihrem durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Eigentum verletzt (vgl. zur Verneinung der Klagebefugnis in Fallgestaltungen, in denen es an einer solchen Konkretisierung in der Verbotsverfügung mangelt: BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2020 - 6 A 1.19 - BVerwGE 167, 293 Rn. 29). Die Klägerin ist unverändert Eigentümerin des bebauten Grundstücks und als solche im Grundbuch eingetragen. Obschon sie das Grundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 10. Februar 2014 an ihren Sohn verkauft hat, hat ein dinglicher Rechtsübergang bis zum Erlass der Verbotsverfügung nicht stattgefunden.

11 2. Die Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der Verbotsverfügung. Dabei können - wie auch sonst im Gefahrenabwehrrecht - zurückliegende Umstände herangezogen werden, soweit sie im maßgeblichen Zeitpunkt noch aussagekräftig sind (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Januar 2016 - 1 A 3.15 - BVerwGE 154, 22 Rn. 17 m. w. N.). Anzuwenden ist deshalb das Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593) in der durch Art. 5 des Sechzigsten Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 30. November 2020 (BGBl. I S. 2600) geänderten Fassung.

12 Die Befugnis für den Erlass einer Beschlagnahmeanordnung folgt aus § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Satz 2 VereinsG. Ermächtigungsgrundlage für die Einziehungsanordnung ist § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Satz 2 VereinsG. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 VereinsG ist das gegenüber einem Verein ergehende Verbot in der Regel mit der Beschlagnahme und der Einziehung von Sachen Dritter zu verbinden, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat. Nach dem im Kern wortgleichen § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG werden Sachen Dritter eingezogen, wenn der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat. Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 VereinsG gelten die §§ 3 bis 7 sowie §§ 10 bis 13 VereinsG für Ersatzorganisationen entsprechend.

13 Trotz des missverständlichen Wortlauts in § 3 Abs. 1 Satz 2 VereinsG ("Beschlagnahme" und "Einziehung") sind die Beschlagnahme sowie die Einziehung als solche nicht Prüfgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Vielmehr geht es allein um die akzessorische Anordnung dieser Vollzugsmaßnahmen in der Verbotsverfügung (vgl. Schnorr, Öffentliches Vereinsrecht, 1965, § 3 Rn. 2). Akzessorisch bedeutet, dass es sich um Anordnungen handelt, die nur im Zusammenhang mit einem Vereinsverbot als Nebenentscheidungen ausgesprochen werden können und von dessen Bestand abhängig sind (vgl. BT-Drs. IV/430 S. 12, 20). Insofern ist die vereinsrechtliche Feststellung, dass eine bestimmte Vereinigung als Verein verboten ist, ein nach materiellem Recht vorgreifliches Rechtsverhältnis im Sinne des § 94 VwGO (vgl. VGH München, Beschluss vom 14. Juli 2015 - 4 C 15.10 90 - juris Rn. 8 ff.). Im vorliegenden Fall sind die Ziffern 1 und 2 der Verbotsverfügung des Beklagten vom 2. Juli 2014, zu denen die im Streit stehende Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung akzessorisch ist, nach Abweisung der hiergegen gerichteten Klagen bestandskräftig. Damit steht fest, dass das FNS als Ersatzorganisation der F.A.F. verboten und aufgelöst ist.

14 Zu recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die materiellen Voraussetzungen der Befugnisnormen für den Erlass einer Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung im maßgeblichen Zeitpunkt nicht vorgelegen haben. Die § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Satz 2 VereinsG sehen sowohl objektive als auch subjektive Anforderungen für den Erlass einer Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung vor. In objektiver Hinsicht ist erforderlich, dass es sich um Sachen Dritter handelt, die von den - einer Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung gleichermaßen unterliegenden - Forderungen Dritter (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VereinsG) sowie dem Vereinsvermögen in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VereinsG abgegrenzt werden müssen. Der Berechtigte muss durch die Überlassung an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen gefördert haben. In subjektiver Hinsicht verlangen die Vorschriften vorsätzliches Handeln im Sinne eines Förderungsvorsatzes, dessen Reichweite sich nur anhand des objektiven Tatbestands (dazu a.) ermitteln lässt. Ausgehend vom objektiven Tatbestand der § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG ist der vom Berufungsgericht aufgestellte rechtliche Maßstab für die Anforderungen an den Förderungsvorsatz mit Bundesrecht vereinbar (b.). Auch gegen die Anwendung dieser Rechtssätze im Fall der Klägerin bestehen keine revisionsgerichtlichen Bedenken (c.). Mangels durchgreifender Verfahrensrügen des Beklagten ist der Senat als Revisionsgericht an die Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichts gebunden, § 137 Abs. 2 VwGO. Die tatrichterliche Würdigung im angefochtenen Urteil, der Klägerin lasse sich kein Vorsatz nachweisen, hat der Senat deshalb seiner Entscheidung zugrunde zu legen (d.).

15 a. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und § 12 Abs. 2 VereinsG ermöglichen den staatlichen Zugriff auf Sachen Dritter. Hiervon zu unterscheiden sind nicht nur die in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VereinsG genannten Forderungen Dritter, sondern auch das Vereinsvermögen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VereinsG).

16 aa. Das Vereinsvermögen ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Interesse der Effektivität der Gefahrenabwehr und insbesondere der Bekämpfung der Vermögenstarnung nicht im eigentumsrechtlichen, sondern im wirtschaftlichen Sinne und damit weit zu verstehen. Zum Vereinsvermögen gehören danach die Forderungen und Rechte, deren Inhaber der Verein ist, sowie die beweglichen und unbeweglichen Sachen, die im Eigentum des Vereins stehen oder die der Verein einem Dritten zu treuen Händen übertragen bzw. die ein Dritter als Treuhänder für den Verein erworben hat (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 und § 11 Abs. 1 Satz 2 VereinsG). Darüber hinaus zählt die Gesamtheit der Vermögenswerte dazu, derer sich der Verein im wirtschaftlichen Sinne während seines Bestehens zur Erreichung seiner Zwecke tatsächlich bedient hat oder bedienen wollte und deren Einsatz im Wesentlichen von seinem Willen oder dem Willen der Vereinsführung abhing; insoweit sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Bei Sachen kommt es in der Regel nicht auf das rechtliche Verhältnis, sondern auf das tatsächliche Herrschaftsverhältnis im Sinne eines Vereinsgewahrsams an (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 - 1 A 14.16 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 75 Rn. 26 m. w. N.).

17 An diesem wirtschaftlichen Vereinsvermögensbegriff ist ungeachtet der Differenzierung der Beschlagnahme- und Einziehungsobjekte in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 VereinsG seit den Änderungen durch das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, der Strafprozessordnung und anderer Gesetze vom 28. Oktober 1994 (BGBl. I 3186 - Verbrechensbekämpfungsgesetz) im Grundsatz festzuhalten. Die neue Systematik des Vereinsgesetzes gibt insbesondere keinen Anlass, die Abgrenzung, ob es sich um Sachen des Vereins oder eines Dritten handelt, nunmehr nur noch anhand der zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse vorzunehmen (so aber OVG Bautzen, Beschluss vom 19. Februar 2018 - 3 A 580/16 - juris Rn. 10; Albrecht, JöR (Bd. 68) 2020, 271 <288 f.>; kritisch zum weiten Vereinsvermögensbegriff auch Peter, ThürVBl. 2018, 156 <157 f.>). Hiergegen spricht, dass das öffentliche Vereinsrecht zum Zwecke der Gefahrenabwehr in § 2 Abs. 1 VereinsG von einem eigenständigen, insbesondere von den zivilrechtlichen Rechtsformen unabhängigen Begriff eines Vereins ausgeht, der deutlich über den zivilrechtlichen Vereinsbegriff hinausgeht. Dahinter steht der Gedanke, dass es auf die tatsächlichen Verhältnisse einer Personengruppe ankommt (vgl. BT-Drs. IV/430 S. 10). Tatsachenfeststellungen zu einer im Einzelfall schwierigen Klärung der Rechtsform oder Rechtsfähigkeit der Vereinigung sind deswegen entbehrlich. Dies dient der effektiven Abwehr der von der Vereinigung ausgehenden Gefahren. Demgegenüber drohen bei einer ausschließlich anhand zivilrechtlicher Kriterien vorgenommenen Bestimmung des Vereinsvermögens Schutzlücken, etwa dann, wenn sich der Personenzusammenschluss wegen §§ 134, 138 BGB nicht wirksam konstituiert hat und Gesamthandsvermögen deshalb möglicherweise nicht entstanden ist (zu den Grenzen der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 310/03 - NJW 2005, 1784 <1785> m. w. N.; kritisch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 6 III 3; Schäfer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 705 Rn. 345 m. w. N.).

18 Mit Blick auf die nunmehr in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VereinsG eigenständig geregelte Beschlagnahme und Einziehung von Sachen Dritter hat der Gesetzgeber allerdings zum Ausdruck gebracht, dass auf diese - von den gesondert geregelten Treuhandfällen nach § 10 Abs. 1 Satz 3 VereinsG abgesehen - nur unter gegenüber dem Zugriff auf Sachen im Vereinsvermögen nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VereinsG erschwerten Voraussetzungen zugegriffen werden kann. Bis zur Änderung durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz bestimmte § 3 Abs. 1 Satz 2 VereinsG a. F. lediglich, dass in der Verbotsverfügung in der Regel die Beschlagnahme und Einziehung "des Vereinsvermögens" anzuordnen war. Zwar sah schon § 12 Abs. 2 VereinsG a. F. vor, dass auch Sachen Dritter eingezogen werden konnten, wenn der Berechtigte durch die Überlassung die verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins vorsätzlich gefördert hat. Allerdings galt das nach dem klaren Wortlaut der Norm nur dann, wenn die Sachen Dritter "im Gewahrsam des Vereins" standen. Aufgrund der Beschlagnahme konnten Sachen im Gewahrsam des Vereins und auf der Grundlage einer besonderen Anordnung Sachen "des Vereinsvermögens" im Gewahrsam Dritter sichergestellt werden (§ 10 Abs. 2 VereinsG a. F.). Mit der Zielsetzung, künftig auch auf Sachen Dritter im Gewahrsam Dritter zugreifen zu können, hat der Gesetzgeber sodann die Änderungen in § 3 Abs. 1 Satz 2 VereinsG sowie redaktionelle Anpassungen in § 10 Abs. 2 und § 12 Abs. 2 VereinsG vorgenommen (BT-Drs. 12/6853 S. 45 f.). Seitdem gibt es für die Anordnung der Beschlagnahme und der Einziehung von Sachen Dritter - ebenso wie schon zuvor (nur) für die Einziehung von Sachen Dritter in § 12 Abs. 2 VereinsG a. F. – in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VereinsG eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage. Diese nimmt einerseits die zuvor in § 12 Abs. 2 VereinsG a. F. normierten Fallgestaltungen auf (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 VereinsG) und ermöglicht andererseits erstmalig den Zugriff auf Sachen Dritter, die zur Förderung verfassungswidriger Bestrebungen der Vereinigung bestimmt sind (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 2 VereinsG). Bei § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VereinsG handelt es sich somit ersichtlich um eine lex specialis gegenüber der das Vereinsvermögen betreffenden Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1‌ VereinsG.

19 Infolgedessen ist die Zuordnung von Sachen zum Vereinsvermögen zwar unverändert nicht zivilrechtlich, sondern grundsätzlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzunehmen. Das Vereinsvermögen erfasst deswegen nicht nur Sachen, die im Eigentum der Vereinigung stehen oder die der Verein einem Dritten zu treuen Händen übertragen bzw. die ein Dritter als Treuhänder für den Verein erworben hat (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 und § 11 Abs. 1 Satz 2 VereinsG). Es schließt darüber hinaus auch Sachen ein, hinsichtlich derer die Eigentumsverhältnisse nicht ohne Weiteres erkennbar sind, an denen aber nach den konkreten Umständen des Einzelfalls ein Vereinsgewahrsam festgestellt werden kann. Gerade in der Einbeziehung dieses "Graubereichs" in das Vereinsvermögen liegt der gefahrenabwehrrechtliche Mehrwert gegenüber einer rein zivilrechtlich orientierten Betrachtungsweise. Hingegen sind Sachen, die - von den Konstellationen des § 10 Abs. 1 Satz 3 VereinsG abgesehen - ersichtlich im Eigentum Dritter stehen, aufgrund der Spezialregelung in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VereinsG vom Begriff des Vereinsvermögens ausgenommen.

20 Welcher Art die "Sachen" Dritter nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG sind, ist unerheblich. Es kann sich um solche Sachen handeln, durch die der Verein erst in die Lage versetzt wird, seine verbotswürdigen Bestrebungen zu verfolgen (etwa Waffen, Fahrzeuge oder Propagandamaterial, vgl. BT-Drs. IV/430 S. 21) oder auch um scheinbar "neutrale" Sachen ohne objektiven Bezug zum Vereinszweck und Verbotsgrund wie beispielsweise Räumlichkeiten oder Grundstücke.

21 bb. Der Begriff des "Dritten" im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 12 Abs. 2 VereinsG ist vom Verein abzugrenzen und umfasst sowohl Mitglieder als auch Nichtmitglieder der Vereinigung (ebenso Seidl, in: Albrecht/​Roggenkamp, Vereinsgesetz, 1. Aufl. 2014, § 12 Rn. 22; Groh, VereinsG, 1. Aufl. 2012, § 12 Rn. 7; Wache, in: Erbs/​Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand April 2023, VereinsG § 12 Rn. 9). Dieses Begriffsverständnis lag bereits § 12 Abs. 2 VereinsG a. F. zugrunde (Schnorr, Öffentliches Vereinsrecht, 1965, § 12 Rn. 11). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber im Zuge des Verbrechensbekämpfungsgesetzes hieran etwas ändern wollte, lassen sich der Begründung zum Gesetzentwurf nicht entnehmen (vgl. BT-Drs. 12/6853 S. 45 f.). Aus ihr wird im Gegenteil deutlich, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der zweiten Alternative des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VereinsG vor allem an den Zugriff auf Sachen von Vereinsmitgliedern gedacht hat und die "Dritten" gerade nicht auf außenstehende Personen begrenzen wollte (BT-Drs. 12/6853 S. 46 zu § 12 Abs. 2 VereinsG).

22 cc. Die Normen fordern eine "Überlassung" der Sache des Dritten "an den Verein". Dies setzt ein bewusstes und rechtserhebliches Übertragen des Gewahrsams an der Sache voraus (Schnorr, Öffentliches Vereinsrecht, 1965, § 12 Rn. 12; Roth, in: Schenke/​Graulich/​Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, VereinsG § 12 Rn. 25; Groh, VereinsG, 1. Aufl. 2012, § 12 Rn. 7; Seidl, in:‌ Albrecht/​Roggenkamp, Vereinsgesetz, 1. Aufl. 2014, § 12 Rn. 22). Der Empfänger der tatsächlichen Sachherrschaft an der Sache muss die Vereinigung sein, womit inhaltlich auf § 2 Abs. 1 VereinsG Bezug genommen und verdeutlicht wird, dass es sich um vereinsrechtliche Nebenentscheidungen handelt, die akzessorisch an ein Vereinsverbot anknüpfen. Die Art der Überlassung ist ohne Bedeutung. Erfasst werden sowohl rechtsgeschäftliche als auch rein tatsächliche Gebrauchsüberlassungen (ebenso Schnorr, Öffentliches Vereinsrecht, 1965, § 12 Rn. 12; enger offenbar Roth, in: Schenke/​Graulich/​Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, VereinsG § 12 Rn. 25 sowie Wache, in: Erbs/​Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand April 2023, VereinsG § 12 Rn. 9: "Vertragsverhältnis"). Die Gewahrsamsübertragung an die Vereinigung kann unmittelbar durch den Berechtigten selbst oder mittelbar durch einen dazwischengeschalteten Dritten erfolgen, solange diese Weitergabe dem Berechtigten noch objektiv zurechenbar ist. Die Überlassung muss "dessen" verfassungswidrige Bestrebungen gefördert haben, also nicht irgendwelche verfassungsfeindlichen Aktivitäten, sondern diejenigen des Vereins, an den die Sache überlassen worden ist.

23 dd. In der Verwendung des Tatbestandsmerkmals der "verfassungswidrigen Bestrebungen" liegt im Übrigen keine Beschränkung des Gesetzgebers auf den Verbotsgrund der Unvereinbarkeit mit der verfassungsmäßigen Ordnung (vgl. OVG Bautzen, Urteil vom 29. März 2018 - 3 A 214/17 - DVBl 2018, 1024 = juris Rn. 25; Albrecht, JöR (Bd. 68) 2020, 271 <314>; Schnorr, Öffentliches Vereinsrecht, 1965, § 12 Rn. 2 a. E.). Denn die "verfassungswidrigen Bestrebungen" im Sinne des Vereinsgesetzes werden seit seinem Inkrafttreten durch einen Klammerzusatz in § 8 Abs. 1 VereinsG definiert, in welchem auf Art. 9 Abs. 2 GG Bezug genommen wird. In der Begründung zu dem Entwurf des Vereinsgesetzes ist hervorgehoben worden, dass unter "verfassungswidrigen" Bestrebungen alle nach Art. 9 Abs. 2 GG verbotenen Bestrebungen gemeint seien; dies ergebe sich - da in dem Entwurf der Klammerzusatz noch nicht enthalten war – "aus dem Zusammenhang" (BT-Drs. IV/430 S. 18). In Art. 9 Abs. 2 GG werden die drei Verbotsgründe genannt, eine Beschränkung auf nur einen Verbotsgrund beabsichtigt die Formulierung "verfassungswidrige Bestrebungen" somit ganz offenkundig nicht (vgl. bereits BVerwG, Urteil vom 7. Januar 2016 - 1 A 3.15 - ‌BVerwGE 154, 22 Rn. 3 und 18; dazu auch BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 2019 ‌- 1 BvR 1099/16 - juris Rn. 9 ff.). Die Überlassung der Sache des Dritten "fördert" jene Bestrebungen, wenn sie objektiv geeignet ist, die verfassungswidrigen Aktivitäten des Vereins zu ermöglichen, zu verstärken oder ihre Durchführung zu erleichtern (vgl. Groh, VereinsG, 1. Aufl. 2012, § 12 Rn. 7; Albrecht, JöR (Bd. 68) 2020, 271 <311, 315>). Auf einen feststellbaren Förderungserfolg kann es hierbei mit Blick auf den gefahrenabwehrrechtlichen Sinn und Zweck der Normen nicht ankommen, obschon der von der zweiten Alternative des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VereinsG abweichende Wortlaut der ersten Alternative ("gefördert hat") zunächst darauf hinzudeuten scheint (so aber wohl Albrecht, JöR (Bd. 68) 2020, 271 <315>).

24 ee. Die Vereinigung muss ferner im Verbotszeitpunkt noch Gewahrsam an der überlassenen Sache innehaben. Der Wortlaut der § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG ist zwar offen und ließe auch ein abweichendes Verständnis zu. Allerdings führen die historische Auslegung (1) sowie der Sinn und Zweck der Vorschriften (2) zu diesem Ergebnis. Vor allem fordert Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ein solches Normverständnis (3).

25 (1) Wie ausgeführt, nimmt § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 VereinsG seit 1994 die frühere Regelung in § 12 Abs. 2 VereinsG a. F. auf, die sich ausdrücklich auf "Sachen Dritter im Gewahrsam des Vereins" bezog. Im Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 VereinsG a. F. bestand kein Zweifel, dass die Sache des Dritten im Verbotszeitpunkt im Gewahrsam des Vereins stehen, die Überlassung mithin noch andauern musste (vgl. Schnorr, Öffentliches Vereinsrecht, 1965, § 12 Rn. 11). Anhaltspunkte dafür, dass hieran im Zuge der gesetzgeberischen Änderungen des Verbrechensbekämpfungsgesetzes etwas inhaltlich geändert werden sollte, lassen sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen. Vielmehr hat der Gesetzgeber im Vereinsrecht vordringlich das Ziel verfolgt, den staatlichen Zugriff künftig auch auf die Sachen Dritter im Gewahrsam Dritter zu erweitern (siehe BT-Drs. 12/6853 S. 45 f.). Hierfür hat er die Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 2, § 12 Abs. 2 Alt. 2 VereinsG geschaffen. Um ihren Anwendungsbereich nicht zu konterkarieren, ist das bisher in § 12 Abs. 2 VereinsG a. F. enthaltene Gewahrsamserfordernis des Vereins für § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG gestrichen worden. Die Streichung ist ausdrücklich als bloße notwendige "Folgeänderung" bezeichnet worden (BT-Drs. 12/6853 S. 46), ebenso wie die sprachliche Anpassung des § 10 Abs. 2 Satz 1 an den neuen § 3 Abs. 1 Satz 2 VereinsG durch die Streichung der Wörter "des Vereinsvermögens". Es ginge am Willen des Gesetzgebers vorbei, diesen redaktionellen Anpassungen eine inhaltliche Bedeutung beizumessen. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass in dem Anwendungsbereich der § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG künftig auch längst beendete Überlassungen in der Vergangenheit einbezogen werden sollten.

26 (2) Hinzu kommen teleologische Gründe, die den Gewahrsam des Vereins an den ihm überlassenen Sachen auch noch im Verbotszeitpunkt erfordern. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 12 Abs. 2 VereinsG erlauben den staatlichen Zugriff auf vereinsfremdes Vermögen zum Zwecke der Gefahrenabwehr. Die Normen erfassen in den beiden Alternativen auf unterschiedliche Weise "bemakelte" Sachen Dritter, weil der Dritte mit ihrer Überlassung die verfassungswidrigen Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat (Alt. 1) oder seine Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt waren (Alt. 2). In beiden Konstellationen geht es um die Abwehr künftiger Gefahren, die mit diesen Sachen verbunden sind. Denn nach dem Verbot eines Vereins ist damit zu rechnen, dass die in ihm organisierten verfassungsfeindlichen Kräfte versuchen, entweder den Verein illegal fortzusetzen oder sich neu zu gruppieren, um ihre Ziele in anderen Organisationsformen und auf anderem Wege zu erreichen. Deswegen kommt dem Entzug der materiellen Mittel des Vereins als Sicherungsmaßnahme eine große Bedeutung zu (BT-Drs. IV/430 S. 18 f.). Dies bestätigt auch § 11 Abs. 4 Satz 1 Alt. 1‌ VereinsG, wonach von der Einziehung im Ermessenswege nur abgesehen werden kann, wenn im Einzelfall keine Gefahr besteht, dass Vermögenswerte des Vereins erneut zur Förderung von Handlungen oder Bestrebungen der in Art. 9 Abs. 2 GG genannten Art verwendet werden.

27 Resultiert aber die abzuwendende Gefahr bei den Sachen Dritter im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG aus der vorsätzlichen Überlassung an den Verein zur Förderung dessen verfassungswidriger Bestrebungen, muss diese Gefahr im Verbotszeitpunkt auch tatsächlich noch bestehen. Der vereinsrechtliche Zugriff auf die Sache ist nur gerechtfertigt, wenn sie von dem Verein weiter zur Verwirklichung der Verbotstatbestände benutzt wird oder benutzt werden könnte. Dies ist lediglich dann der Fall, wenn der Verein weiterhin Gewahrsam an der Sache hat, weil er dann jederzeit über sie verfügen und mit ihr die verfassungswidrigen Bestrebungen fortführen kann. Hat der Verein die tatsächliche Sachherrschaft an der Sache - aus welchen Gründen auch immer - zwischenzeitlich verloren, besteht die den Zugriff auf die Sache des Dritten rechtfertigende Gefahr hingegen nicht mehr fort.

28 (3) Überdies gebieten verfassungsrechtliche Erwägungen ein solches Normverständnis. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG stellen Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (OVG Münster, Beschluss vom 31. Mai 2006 - 5 A 4410/04 - juris Rn. 13 ff.; VGH München, Urteil vom 26. November 2007 - 4 B 07.10 4 - juris Rn. 19 ff.; zu § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VereinsG: BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2004 - 6 A 10.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 41 S. 87 sowie Beschluss vom 29. Januar 2013 - 6 B 40.12 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 60 Rn. 28). Diese bedürfen einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung und dürfen weder weiter gehen, als es ihr Grund, der Schutz des Gemeinwohls, erfordert, noch - gemessen am sozialen Bezug und an der sozialen Bedeutung des Eigentumsobjekts sowie im Hinblick auf den Regelungszweck - zu einer übermäßigen Belastung führen und den Eigentümer im vermögensrechtlichen Bereich unzumutbar treffen (BVerfG, Beschlüsse vom 12. Dezember 1967 - 2 BvL 14/62 u. a. - BVerfGE 22, 387 <422 f.> und vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95 - BVerfGE 110, 1 <28> m. w. N.).

29 Das Vereinsverbot bezweckt die Abwehr von Gefahren, die von der Vereinigung als solcher ausgehen; die besondere Gefährdung folgt somit gerade aus dem Zusammenschluss in kollektiver Form (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2012 - 6 A 6.11 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 59 Rn. 51 und vom 7. Januar 2016 - 1 A 3.15 - BVerwGE 154, 22 Rn. 38). Auch die hier in Rede stehenden vereinsrechtlichen Nebenentscheidungen sind diesem Zweck verpflichtet. Mit ihnen werden Gefahren für Rechtsgüter der Gemeinschaft abgewendet, die mit den verbotswürdigen Aktivitäten des kollektiven Personenzusammenschlusses in einem Zusammenhang stehen und von der Sache des Dritten ausgehen (vgl. in diesem Zusammenhang BVerfG, Beschluss vom 17. November 1966 ‌- 1 BvL 10/61 - BVerfGE 20, 351 <359>). Die Maßnahmen dienen der Verhütung weiteren Rechtsmissbrauchs (BT-Drs. IV/430 S. 19). Fehlt es an dem Zusammenhang der Sache mit der spezifischen Gefahrenlage, ließe sich der entschädigungslose Rechtsverlust für den Dritten nicht legitimieren, sondern überstiege die Beschränkung des Eigentums die Zumutbarkeitsgrenze im vermögensrechtlichen Bereich. Kann aber eine Vereinigung nur dann verboten werden, sofern ihre Aktivitäten im Verbotszeitpunkt einen Verbotsgrund verwirklichen, erfordert auch der Zugriff auf die Sache des Dritten, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch im Gewahrsam der Vereinigung steht. Lediglich dann birgt sie das gesteigerte Gefahrenpotential, das zum Schutze des Gemeinwohls abzuwenden ist. Für die Zeit vor Erlass der Verbotsverfügung kann das Agieren der Vereinigung noch nicht als rechtswidrig oder illegal angesehen werden. Erst das Verbot durch die Verbotsbehörde wirkt konstitutiv, vorher dürfen die Vereinigung nicht als verboten behandelt und die allgemein erlaubte Betätigung für die Vereinigung nicht als Unrecht bewertet werden (BVerwG, Urteile vom 6. Februar 1975 - 2 C 68.73 - BVerwGE 47, 330 <351> und vom 21. Oktober 1986 - 1 C 44.84 - BVerwGE 75, 86 <97 f.>). Auf die Sache eines Dritten, die der Vereinigung im Zeitpunkt des Verbots nicht mehr zur freien Verfügung steht, darf deshalb mit vereinsrechtlichen Mitteln nicht zugegriffen werden.

30 b. Ausgehend von diesem Verständnis des objektiven Tatbestands ist der im angefochtenen Urteil aufgestellte rechtliche Maßstab zum Förderungsvorsatz mit revisiblem Recht vereinbar. Das Berufungsgericht geht zu recht davon aus, dass für § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG bedingter Vorsatz ausreicht (aa.). Es nimmt weiter an - ohne dies ausdrücklich auszusprechen –, dass sich der Vorsatz auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale beziehen muss. Auch hiergegen ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts einzuwenden (bb.).

31 aa. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG verlangen ein vorsätzliches Fördern. Hierfür genügt Eventualvorsatz (ebenso Seidl, in: Albrecht/​Roggenkamp, VereinsG, 1. Aufl. 2014, § 12 Rn. 22; Roth, in: Schenke/​Graulich/​Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, VereinsG § 12 Rn. 26). Denn nach dem Wortlaut ist "Absicht" oder ein "absichtliches" Fördern nicht erforderlich, so dass alle Arten von Vorsatz und damit auch dessen schwächste Form, dolus eventualis, erfasst werden. Zudem sprechen der Sinn und Zweck von § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG dafür, bedingten Vorsatz ausreichen zu lassen. Ihrem gefahrenabwehrrechtlichen Zweck ist es dienlich, schon bei bedingtem Vorsatz des Überlassenden auszuschließen, dass er weiter Gelegenheit erhält, die Sache anderen Vereinigungen zur Förderung verfassungswidriger Bestrebungen zu überlassen. Dies unterbindet im Sinne einer effektiven Verbotsdurchsetzung zuverlässig weiteren Rechtsmissbrauch.

32 Bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den tatbestandlichen Erfolg als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles Willen zumindest mit dem Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement). Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und er ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten. Beide Elemente müssen tatsachenfundiert getrennt voneinander geprüft werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Januar 1980 - 1 D 56.79 -‌ juris Rn. 13, vom 20. Oktober 1981 - 5 C 16.80 - Buchholz 436.0 § 120 BSHG Nr. 3 S. 4 sowie vom 18. September 2003 - 2 WD 3.03 - juris Rn. 6; BGH, Urteile vom 29. Dezember 2017 - VI ZR 128/16 - NJW 2018, 1751 <1752> sowie vom 24. Juni 2021 - 4 StR 79/20 - SVR 2021, 471 <473 f.>).

33 bb. Das Berufungsgericht geht ferner ersichtlich davon aus, dass sich der Vorsatz auf alle Merkmale des objektiven Tatbestands beziehen muss. Denn es verhält sich näher zu den Anforderungen an den Vorsatz hinsichtlich der "Förderung" der "verfassungswidrigen Bestrebungen" durch die "Überlassung" der Sache des Dritten. Darüber hinaus bezieht es das Vorsatzerfordernis der Sache nach auch auf die Überlassung "an den Verein" sowie auf "dessen" verfassungswidrige Bestrebungen. Auch dies ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Dass Bezugspunkt des Vorsatzes sämtliche Merkmale des objektiven Tatbestands sind, entspricht nicht nur im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht allgemeiner Auffassung (vgl. Kudlich, in: BeckOK StGB, Stand 1. Mai 2023, § 15 Rn. 4 f.; Heger, in: Lackner/​Kühl/​Heger, StGB, 30. Aufl. 2023, § 15 Rn. 4; Rengier, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 5. Aufl. 2018, § 10 Rn. 3). Auch im Bereich des Zivilrechts gilt, dass sich der Vorsatz auf den gesamten Haftungstatbestand erstrecken muss (vgl. Stadler, in: Jauernig, BGB, 18. Aufl. 2021, § 276 Rn. 19 m. w. N.). Anhaltspunkte dafür, dass für § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG Abweichendes gelten soll, sind nicht ersichtlich.

34 (1) Somit muss der Vorsatz zum einen darauf bezogen sein, dass die Überlassung der Sache verfassungswidrige Bestrebungen fördert. Da es sich bei den verfassungswidrigen Bestrebungen um ein normatives Tatbestandsmerkmal handelt, ist es sachgerecht, mit dem Verwaltungsgerichtshof auf das Wissen des Eigentümers über die tatsächlichen Aktivitäten des Vereins und eine Parallelwertung in der Laiensphäre abzustellen. Denn bei Tatbestandsmerkmalen, die Wertungen und juristische Subsumtionen erfordern, gehört die rechtlich richtige Beurteilung nicht zum Tatvorsatz, sondern genügt eine laienhafte Vorstellung, die eine ausreichende Bedeutungskenntnis beinhaltet (vgl. für das Zivilrecht BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 - VI ZR 266/16 - WM 2017, 1400 <1402> und für das Strafrecht BGH, Beschluss vom 26. März 2018 - 4 StR 408/17 - WM 2018, 787 <791> jeweils m. w. N.).

35 (2) Zum anderen muss sich der Vorsatz auch darauf beziehen, dass die Sache "an den Verein" überlassen wird und dadurch "dessen" verfassungswidrige Bestrebungen gefördert werden. Obwohl der Verwaltungsgerichtshof nur das Wissenselement des Vorsatzes anspricht ("zumindest laienhafte Vorstellung davon entwickelt haben..."), ergibt sich aus dessen vorangegangenen Sätzen im Berufungsurteil hinreichend deutlich, dass das Gericht Vorsatz als Wissen und Wollen der objektiven Tatbestandsmerkmale versteht. Mit diesem zutreffenden Verständnis ist die Auffassung des Beklagten unvereinbar, es genüge, dass dem Dritten die Nutzung der Sache egal gewesen sei und er jede beliebige Verwendung - auch durch (irgend-)eine Vereinigung - billigend in Kauf genommen habe.

36 Bereits der Wortlaut von § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG lässt erkennen, dass sich das vorsätzliche Fördern auf "dessen" verfassungswidrige Bestrebungen bezieht, womit nur der konkret verbotene Verein gemeint sein kann, "an den" die Sachen überlassen worden sind. Auch die Entstehungsgeschichte der Normen stützt dieses Verständnis. Denn die sprachlichen Änderungen bei der Übernahme des § 12 Abs. 2 VereinsG a. F. in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 VereinsG (von "die verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins" zu "dessen verfassungswidrige Bestrebungen") waren - wie angeführt - lediglich redaktioneller Natur. Insofern bezieht sich "dessen" weiterhin auf den Verein und nicht, wie der Beklagte meint, auf die verfassungswidrigen Bestrebungen und muss der Vorsatz - was in § 12 Abs. 2 VereinsG a. F. deutlicher wurde - auf die verfassungswidrigen Bestrebungen des Vereins bezogen sein.

37 Hinzu kommt, dass ein Vereinsverbot der Abwehr der von der konkreten Vereinigung als solcher ausgehenden Gefahren dient, weil gerade aus dem Zusammenschluss in kollektiver Form eine besondere Gefährdung folgt. Deswegen muss der Dritte dieses gesteigerte Gefahrenpotential bewusst und gewollt fördern. Das auf die Vereinigung bezogene Vorsatzerfordernis hat darüber hinaus eine den staatlichen Zugriff begrenzende Funktion, auf die mit Blick auf den grundrechtlichen Eigentumsschutz durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht verzichtet werden kann. Die Inhalts- und Schrankenbestimmung durch § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 VereinsG rechtfertigt sich nicht nur aus dem gefahrenabwehrrechtlichen Sicherungsgedanken, das Vereinsverbot prospektiv effektiv umzusetzen, sondern auch aus der infolge seines Vorsatzes herabgesetzten Schutzwürdigkeit des Dritten (vgl. Roth, in: Schenke/​Graulich/​Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2019, VereinsG § 3 Rn. 144).

38 Aus dem vom Beklagten angeführten § 74a StGB lässt sich im vorliegenden Zusammenhang nichts herleiten, weil diese Norm an eine Tat als Strafsanktion anknüpft. Anders als der vereinsrechtliche Zugriff auf Sachen Dritter verfolgt die Norm eine repressive Zielsetzung.

39 Auch die Frage, ob eine Vereinigung im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG vorliegt, ist mit Wertungen und Subsumtionen verbunden, so dass eine Parallelwertung in der Laiensphäre genügt. Ausreichend, aber auch notwendig für das Wissenselement ist die laienhafte Erkenntnis, dass es sich um einen freiwilligen Zusammenschluss einer Mehrheit von Personen zu einem gemeinsamen Zweck handelt, die sich einer organisierten Willensbildung unterworfen haben. Dies muss sich im konkreten Fall aufgrund von Tatsachen ebenso wie das Wollenselement feststellen lassen, um Vorsatz bejahen zu können. Praktische Schwierigkeiten bei der Ermittlung der tatsächlichen Anhaltspunkte für beide Elemente des Vorsatzes dürfen nicht dazu führen, Abstriche bei den gesetzlichen Anforderungen an den Förderungsvorsatz vorzunehmen. Die Kenntnis konkreter Vereinsstrukturen, einzelner Abläufe oder von Details der internen Willensbildung ist allerdings nicht vonnöten. Ein solches Erfordernis ist im objektiven Tatbestand nicht angelegt und würde Schutzlücken bei Vereinigungen nach sich ziehen, die ihre Strukturen bewusst verheimlichen.

40 c. Die Anwendung des bundesrechtlichen Maßstabs lässt gleichfalls keinen Verstoß gegen revisibles Recht erkennen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in rechtlicher Hinsicht keine abweichenden Anforderungen an den Vorsatz der Klägerin gestellt. Entgegen der Einschätzung des Beklagten bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass er seinen Maßstab zum kognitiven Element des Vorsatzes überzogen hat. Soweit in dem Berufungsurteil etwa von einer Personenvereinigung mit "festen Strukturen und einer organisierten Willensbildung" die Rede ist, werden lediglich die tatbestandlichen Voraussetzungen des Vereins im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG umschrieben. Ebenso liegt es bei dem "Einblick in die internen Strukturen", die das angefochtene Urteil nicht fordert, um Vorsatz bejahen zu können. Vielmehr sieht es den fehlenden Einblick als ein Indiz an, dass die Klägerin um die Überlassung an das FNS nicht wusste. So verhält es sich auch, wenn bezüglich der Klägerin "nähere Kenntnis von den Organisationsstrukturen" verneint wird.

41 Auch sonst rückt der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf das Wissenselement des Vorsatzes nicht davon ab, dass eine Parallelwertung in der Laienspähre über das Bestehen einer vereinsmäßigen Organisation ausreichend, aber auch erforderlich ist. Es genügt hierfür in der Tat nicht, dass die Klägerin die Nutzung des Anwesens für die Zusammenkünfte von Gesinnungsgenossen ihres Sohns kannte. Daraus allein lässt sich noch nicht auf das Vorliegen einer Vereinigung gemäß § 2 Abs. 1 VereinsG schließen. Es hätte ihr zumindest auch bekannt sein müssen, dass es sich - jedenfalls im Kern - immer wieder um denselben Personenkreis handelt, was auf einen Zusammenschluss dieser Personen im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG hingedeutet hätte. Darüber hinaus lässt das Nutzen des Anwesens durch Gesinnungsgenossen des Sohns auch nicht unmittelbar auf eine organisierte Willensbildung schließen, die § 2 Abs. 1 VereinsG ebenfalls fordert. Auch hierfür hätte es weiterer Anhaltspunkte bedurft.

42 d. An die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Klägerin das Wissenselement des Vorsatzes nicht nachgewiesen werden könne, ist der Senat als Revisionsgericht gebunden und hat sie seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§ 137 Abs. 2 VwGO).

43 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es in der prozessrechtlich zwischen Tatsachengericht und Revisionsinstanz vorgesehenen Kompetenzverteilung Sache des Tatsachengerichts, sich im Wege der freien Beweiswürdigung die Überzeugung von dem entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Der in § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO niedergelegte Grundsatz der freien Beweiswürdigung eröffnet dem Tatrichter dafür einen Wertungsrahmen. Die tatrichterliche Beweiswürdigung ist von dem Bundesverwaltungsgericht nicht daraufhin nachzuprüfen, ob die Gewichtung einzelner Umstände und deren Gesamtwürdigung überzeugend erscheinen. Sie wird dementsprechend nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass ein Beteiligter aus dem vorliegenden Tatsachenmaterial andere Schlüsse ziehen will als das Tatsachengericht. Der Überzeugungsgrundsatz setzt geradezu voraus, dass auch eine andere Überzeugung hätte gewonnen werden können. Ein nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO beachtlicher Mangel bei der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn der gerügte Fehler sich hinreichend deutlich von der materiell-rechtlichen Subsumtion, das heißt der korrekten Anwendung des sachlichen Rechts abgrenzen lässt und der Tatrichter den ihm bei der Tatsachenfeststellung durch den Grundsatz freier Beweiswürdigung eröffneten Wertungsrahmen verlassen hat. Eine Überschreitung dieses Wertungsrahmens kann etwa in einer Nichtbeachtung der Denkgesetze, gesetzlicher Beweisregeln oder allgemeiner Erfahrungssätze oder auch in einer objektiv willkürlichen oder aktenwidrigen Sachverhaltswürdigung bestehen (BVerwG, Urteile vom 21. Juli 2010 - 6 C 22.09 - BVerwGE 137, 275 Rn. 36, vom 14. Dezember 2020 - 6 C 11.18 - BVerwGE 171, 59 Rn. 40 und vom 2. März 2022 - 6 C 7.20 - BVerwGE 175, 76 Rn. 40 sowie Beschlüsse vom 5. Oktober 2018 - 6 B 148.18 - juris Rn. 9 f., vom 9. Juli 2019 - 6 B 2.18 - ‌Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 31 Rn. 22 und vom 31. März 2021 ‌- 6 B 55.20 - juris Rn. 4 f.).

44 Bei einer solchen Überschreitung des durch § 108 Abs. 1 VwGO gesetzten Rahmens handelt es sich nach der Rechtsprechung des Senats um einen Verfahrensmangel, der nur auf Rüge des Revisionsklägers zu prüfen ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2022 - 6 C 7.20 - BVerwGE 175, 76 Rn. 41 m. w. N.). Eine Verfahrensrüge hat der Beklagte jedoch nicht erhoben.

45 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.