Verfahrensinformation

Berücksichtigung des Gewichts von Wurstclips und Wursthüllen bei der Angabe der Nettofüllmenge von Würsten?


Die Klägerin stellt Fertigpackungen mit Wurstwaren her, welche mit nicht essbaren Wurstclipsen und Wursthüllen versehen sind. Die Würste werden nach der Herstellung auf eine Plastikschale gelegt und in Plastikfolie eingeschweißt. Der Beklagte untersagte der Klägerin Fertigpackungen mit Wurstwaren in Verkehr zu bringen, bei denen das Gewicht von Wurstclipsen und Wursthüllen nicht austariert, sondern der auf der Fertigpackung anzugebenden Nettofüllmenge hinzugerechnet werde. Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.


Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Klägerin stattgegeben und die Verbotsverfügung aufgehoben. Nach den allgemein für Fertigpackungen geltenden Vorschriften sei die in der Fertigpackung enthaltene Erzeugnismenge auf der Fertigpackung anzugeben. Bei Würsten bestehe das Erzeugnis nach dem in Deutschland bestehenden Handelsbrauch nicht nur aus dem Wurstbrät, sondern auch aus Wursthülle und Clips. Deren Gewicht müsse deshalb nicht austariert werden, selbst wenn sie nicht verzehrbar seien. Aus der Lebensmittelinformationsverordnung ergebe sich nichts Anderes. Diese schreibe vor, dass auf vorverpackten Lebensmitteln die Nettofüllmenge des Lebensmittels anzugeben sei. Es sei schon zweifelhaft, ob die hier streitigen Fertigpackungen vorverpackte Lebensmittel im Sinne der Lebensmittelinformationsverordnung seien. Jedenfalls greife eine Sonderregelung aus dem Anhang der Lebensmittelinformationsverordnung ein. Danach gelte die nach dem Fertigverpackungsrecht anzugebende Erzeugnismenge - die Hülle und Clips einschließe - als Angabe der Nettofüllmenge des Lebensmittels.


Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Oberverwaltungsgericht Münster zugelassenen Revision.


Pressemitteilung Nr. 35/2025 vom 06.05.2025

Nicht verzehrbare Wursthüllen und Wurstclips müssen austariert werden

Das Gewicht nicht verzehrbarer Wursthüllen und Wurstclips darf bei der Bestimmung der Füllmenge von vorverpackten Lebensmitteln nicht berücksichtigt werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die Klägerin stellt Fertigpackungen mit Würsten zur Abgabe an Endverbraucher her. Die Würste sind mit nicht essbaren Wursthüllen und Wurstclips umschlossen. Nach der Produktion werden sie auf eine Plastikschale gelegt und in Plastikfolie eingeschweißt. Bei zwei Kontrollen im Jahr 2019 beanstandete das Eichamt des Beklagten, dass die Klägerin das Gewicht nicht essbarer Wursthüllen und Wurstclips zur Füllmenge der von ihr hergestellten Fertigpackungen rechne. Die Klägerin berief sich auf die bisherige Praxis. Daraufhin untersagte der Beklagte ihr, Wurstfertigpackungen in den Verkehr zu bringen, bei denen nicht verzehrbare Wursthüllen und Wurstclips nicht austariert wurden.


Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Klägerin stattgegeben und die Verbotsverfügung aufgehoben. Die Revision des Beklagten hatte Erfolg. Er durfte der Klägerin das Inverkehrbringen der Wurstfertigpackungen untersagen, weil diese nicht den gesetzlichen Anforderungen genügten. Sie ergeben sich aus dem Mess- und Eichgesetz in Verbindung mit speziellen Vorschriften der Fertigpackungsverordnung, die für vorverpackte Lebensmittel auf die europäische Lebensmittelinformationsverordnung verweisen. Danach ist auf vorverpackten Lebensmitteln die Nettofüllmenge des Lebensmittels anzugeben. Bei Fertigpackungen mit gleicher Mengenangabe muss die Nettofüllmenge der enthaltenen Lebensmittel im Durchschnitt dieser Angabe entsprechen. Entgegen dem Berufungsurteil ergibt sich aus der Fertigpackungsrichtlinie keine Ausnahme. Die späteren Spezialregelungen gehen ihr vor. Zur Nettofüllmenge des Lebensmittels zählt bei den beanstandeten Wurstfertigpackungen nur das Wurstbrät. Nicht verzehrbare Wursthüllen und Wurstclips gehören zur Verpackung. Ihr Gewicht darf deshalb bei der Bestimmung der Füllmenge nicht berücksichtigt werden. Die gegenteilige Praxis der Klägerin führte zu einer Unterschreitung der erforderlichen Füllmenge.


BVerwG 8 C 4.24 - Urteil vom 06. Mai 2025

Vorinstanzen:

VG Münster, VG 9 K 2549/19 - Urteil vom 28. März 2023 -

OVG Münster, OVG 4 A 779/23 - Urteil vom 23. Mai 2024 -