Verfahrensinformation

Die Antragsteller sind pakistanische Staatsangehörige. Nach rechtskräftiger Ablehnung ihrer Asylanträge sind sie vollziehbar ausreisepflichtig. Ihre Abschiebung ist vorübergehend ausgesetzt. Sie engagieren sich ehrenamtlich in unterschiedlichen Vereinen u.a. mit dem Ziel einer Integration von Asylsuchenden im Landkreis Leipzig.


Mit Beschluss vom 12. September 2018 änderte der Kreistag des Landkreises Leipzig seine Ordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirates im Landkreis Leipzig. Bis zu der Änderung der Ordnung sollten dem Integrationsbeirat unter anderem zwei im Landkreis lebende Personen mit Migrationshintergrund angehören. Nach der Änderung sollten ihm unter anderem drei Einwohner des Landkreises mit Migrationshintergrund und deutscher Staatsangehörigkeit oder gesichertem Aufenthaltsrecht (ausländische Personen mit Aufenthalts-  oder Niederlassungserlaubnis, freizügigkeitsberechtigte EU-Bürger/innen und freizügigkeitsberechtigte ausländische Angehörige von EU-Bürger/innen) angehören.


Den von den Antragstellern gegen die Änderung der Integrationsordnung und die damit verbundene Beschränkung des Kreises der potentiellen Mitglieder des Integrationsbeirates erhobenen Normenkontrollantrag hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 13. Oktober 2020 abgelehnt. Dagegen richtet sich die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision der Antragsteller.


Pressemitteilung Nr. 73/2022 vom 29.11.2022

Wählbarkeit von Personen mit Migrationshintergrund zu einem Integrationbeirat darf nicht von gesichertem Aufenthaltsrecht abhängen

Das Ziel, eine kontinuierliche Mitwirkung im Integrationsbeirat zu gewährleisten, rechtfertigt es nicht, die Wählbarkeit von Personen mit Migrationshintergrund von einem gesicherten Aufenthaltsrecht abhängig zu machen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Im Oktober 2015 bildete der Landkreis Leipzig einen Integrationsbeirat. Nach der dazu erlassenen Vorschrift gehörten zu den zu wählenden Mitgliedern unter anderem zwei im Landkreis lebende Personen mit Migrationshintergrund. Im September 2018 wurde die Vorschrift dahin geändert, dass zum Integrationsbeirat drei Einwohner mit Migrationshintergrund zu wählen sind, die über die deutsche Staatsangehörigkeit oder ein gesichertes Aufenthaltsrecht verfügen, nämlich eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis oder eine unionsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung. Der Aufenthalt der im Landkreis wohnenden Antragsteller wird seit vielen Jahren geduldet. Das Oberverwaltungsgericht hat ihren Normenkontrollantrag gegen die Einschränkung der Wählbarkeit zum Integrationsbeirat abgelehnt. Die Benachteiligung von Personen ohne gesichertes Aufenthaltsrecht sei am Willkürverbot zu messen. Sie sei nicht zu beanstanden, weil bei Ausländern ohne gesichertes Aufenthaltsrecht grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden könne, dass sie mittel- oder längerfristige Vorhaben der Integrationsarbeit begleiten könnten.


Die Revision der Antragsteller hatte Erfolg. Die Beschränkung der Wählbarkeit zum Integrationsbeirat verletzt das Grundrecht auf Gleichbehandlung und ist deshalb unwirksam. Sie ist nicht nur am Willkürverbot, sondern am strengeren Maßstab des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu messen, weil sie an ein für die Betroffenen kaum zu beeinflussendes Merkmal - den rechtlichen Aufenthaltsstatus - anknüpft. Die angegriffene Regelung benachteiligt Personen mit Migrationshintergrund, die über kein gesichertes Aufenthaltsrecht verfügen. Sie dient zwar einem verfassungsrechtlich legitimen Zweck, weil sie darauf zielt, eine kontinuierliche Mitwirkung der Gewählten im Beirat zu sichern. Das Unterscheidungskriterium des gesicherten Aufenthaltsrechts ist aber nicht geeignet, dieses Ziel zu verwirklichen, weil es keine Rückschlüsse auf die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts im Landkreis erlaubt. Für die Aufenthaltsdauer wesentliche rechtliche Möglichkeiten zur Verlängerung und Verfestigung des Aufenthalts werden ausgeblendet. Gleiches gilt für die tatsächlichen Umstände des Aufenthalts. So kann sich bei einer Duldung zu Ausbildungszwecken oder wegen eines langjährigen Kriegs oder Bürgerkriegs im Herkunftsstaat ebenfalls eine voraussichtlich längere Aufenthaltsdauer ergeben.


BVerwG 8 CN 1.22 - Urteil vom 29. November 2022

Vorinstanz:

OVG Bautzen, OVG 4 C 20/19 - Urteil vom 13. Oktober 2020 -


Beschluss vom 28.01.2022 -
BVerwG 8 BN 1.21ECLI:DE:BVerwG:2022:280122B8BN1.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.01.2022 - 8 BN 1.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:280122B8BN1.21.0]

Beschluss

BVerwG 8 BN 1.21

  • OVG Bautzen - 13.10.2020 - AZ: OVG 4 C 20/19

In der Normenkontrollsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Januar 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hoock und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 13. Oktober 2020 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und für das Revisionsverfahren - insoweit vorläufig - auf jeweils 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auch nach der Umstellung des Normenkontrollantrags weiterhin zulässige Beschwerde ist begründet, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vorliegt. Das angegriffene Urteil weicht in der Bestimmung des Maßstabs zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juli 2004 - 1 BvL 4, 5, 6/97 - (BVerfGE 111, 160 <169 f.>) ab und beruht auf dieser Abweichung. Dem genannten Beschluss zufolge sind an Unterscheidungen, die an die Zugehörigkeit zu einer Personengruppe anknüpfen, strengere Anforderungen auch dann zu stellen, wenn der Einzelne das Vorliegen des Differenzierungsmerkmals nicht durch eigenes Verhalten beeinflussen kann. Das angegriffene Urteil geht jedoch in Randnummer 22 davon aus, dass dies nur für Unterscheidungen nach persönlichen Merkmalen und nicht für alle gruppenbezogenen Differenzierungsmerkmale gelte, und verneint deshalb die Anwendbarkeit eines strengen Prüfungsmaßstabs. Diese Verschiebung des Prüfungsmaßstabs findet auch in der nach der Divergenzentscheidung ergangenen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung keine Grundlage. Sie stellt - ohne Einschränkung auf persönliche Merkmale - auf die Unverfügbarkeit des jeweils vom Normgeber gewählten Differenzierungskriteriums ab (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136 Rn. 122 und Beschluss vom 26. März 2019 - 1 BvR 673/17 - BVerfGE 151, 101 Rn. 64).

2 Auf die weiter geltend gemachten Revisionszulassungsgründe kam es danach nicht mehr an.

3 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 und, hinsichtlich der vorläufigen Streitwertfestsetzung, auf § 63 Abs. 1 GKG.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 8 CN 1.22 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich bzw. in elektronischer Form (§ 55a Abs. 1 bis 6, § 55d VwGO sowie Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach vom 24. November 2017, BGBl. I S. 3803) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RDGEG vertreten lassen.

Urteil vom 29.11.2022 -
BVerwG 8 CN 1.22ECLI:DE:BVerwG:2022:291122U8CN1.22.0

Kein Ausschluss der Wählbarkeit zu einem Integrationsbeirat bei Fehlen eines gesicherten Aufenthaltsrechts

Leitsätze:

1. Eine Satzungsregelung, die die Wählbarkeit zu einem kommunalen Integrationsbeirat auf Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit oder einem gesicherten Aufenthaltsrecht im Sinne unionsrechtlicher Freizügigkeitsberechtigung oder einer Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz beschränkt, verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

2. Eine satzungsrechtliche Ungleichbehandlung nach der voraussichtlichen Bleibedauer im Inland darf – unabhängig von der Frage ihrer Zulässigkeit im Übrigen – nicht an den Aufenthaltsstatus als Differenzierungskriterium anknüpfen; dieser eignet sich nicht als Grundlage einer Prognose der tatsächlichen Dauer des Aufenthalts in Deutschland.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 3 Abs. 1 und 3
    SächsVerf Art. 18 Abs. 1
    AufenthG § 25 Abs. 5
    ZPO § 264 Nr. 3, § 560
    VwGO § 42 Abs. 2, § 47 Abs. 2 Satz 1, § 142 Abs. 1 Satz 1, § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
    SächsLKrO § 43 Abs. 1 Satz 1
    Ordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirates im Landkreis Leipzig § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Buchst. c
    Hauptsatzung Landkreis Leipzig § 16c Abs. 4 Buchst. c

  • OVG Bautzen - 13.10.2020 - AZ: 4 C 20/19

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 29.11.2022 - 8 CN 1.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:291122U8CN1.22.0]

Urteil

BVerwG 8 CN 1.22

  • OVG Bautzen - 13.10.2020 - AZ: 4 C 20/19

In der Normenkontrollsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab,
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Hoock und Dr. Rublack
sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller und Dr. Meister
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. Oktober 2020 wird geändert. Es wird festgestellt, dass § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung des Antragsgegners vom 21. Juli 2021 insoweit unwirksam ist, als über die darin genannte Voraussetzung eines Migrationshintergrundes hinaus die deutsche Staatsangehörigkeit oder ein gesichertes Aufenthaltsrecht gefordert wird.
  2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Gründe

I

1 Die Antragsteller wenden sich gegen eine Satzungsregelung des Antragsgegners, nach der Personen mit Migrationshintergrund zum Integrationsbeirat des Antragsgegners nur wählbar sind, wenn sie über die deutsche Staatsangehörigkeit oder ein - näher definiertes - gesichertes Aufenthaltsrecht verfügen.

2 Im Oktober 2015 richtete der Antragsgegner gestützt auf § 43 Abs. 1 Satz 1 der Sächsischen Landkreisordnung - SächsLKrO - einen Integrationsbeirat ein. Aufgaben und Ziele, Zusammensetzung und Geschäftsgang wurden in der Ordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirates im Landkreis Leipzig - IBO - vom 9. Dezember 2015 (ABl. Nr. 12/2015 S. 17) geregelt. § 1 Abs. 1 IBO sah vor, dass der Integrationsbeirat den Kreistag in Fragen berät, die die Menschen mit Migrationshintergrund in seinem Gebiet berühren, die Integration im Landkreis lebender Personen mit Migrationshintergrund aktiv fördert und sie ermuntert, Integrationsangebote zu nutzen. § 2 Abs. 1 Buchst. c IBO bestimmte, dass dem Integrationsbeirat auch zwei im Landkreis lebende Personen mit Migrationshintergrund angehören sollten.

3 Im September 2018 fasste der Antragsgegner § 2 Abs. 1 Buchst. c IBO neu. Dem Integrationsbeirat sollten zukünftig drei seiner Einwohner "mit Migrationshintergrund und deutscher Staatsangehörigkeit oder gesichertem Aufenthaltsrecht, d. h. ausländische Personen mit Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis, freizügigkeitsberechtigte EU-Bürger/innen und freizügigkeitsberechtigte ausländische Angehörige von EU-Bürger/innen" angehören.

4 Die Antragsteller sind pakistanische Staatsangehörige, die im Gebiet des Antragsgegners wohnen. Nach rechtskräftiger Ablehnung ihrer Asylanträge erhielten sie regelmäßig verlängerte Duldungen.

5 Am 11. Oktober 2019 haben sie beim Oberverwaltungsgericht einen Normenkontrollantrag gegen § 2 Abs. 1 Buchst. c IBO in der Neufassung von 2018 gestellt. Zur Begründung haben sie ausgeführt, es verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 18 SächsVerf, Personen mit Migrationshintergrund ohne deutsche Staatsangehörigkeit oder gesichertes Aufenthaltsrecht von der Wählbarkeit zum Integrationsbeirat auszuschließen.

6 Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag mit Urteil vom 13. Oktober 2020 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragsgegner habe das ihm durch § 43 Abs. 1 SächsLKrO eingeräumte Ermessen bei der Ausgestaltung des Integrationsbeirates in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Insbesondere verstoße die Ermessensausübung nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 18 Abs. 1 SächsVerf. Dessen Anforderungen gingen vorliegend nicht über das bloße Willkürverbot hinaus. Freiheitsrechte der Antragsteller seien nicht betroffen. Das Differenzierungskriterium des gesicherten Aufenthaltsrechts knüpfe weder an ein persönliches Merkmal an, das für die Antragsteller nur schwer verfügbar sei, noch weise es eine Nähe zu Art. 3 Abs. 3 GG auf. Die Wählbarkeit von Einwohnern mit Migrationshintergrund auf solche zu beschränken, die deutsche Staatsangehörige seien oder über ein gesichertes Aufenthaltsrecht verfügten, sei gerechtfertigt, weil bei Ausländern ohne gesichertes Aufenthaltsrecht grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden könne, dass sie mittel- oder längerfristige Vorhaben der Integrationsarbeit begleiten könnten.

7 Im Juli 2021 hat der Antragsgegner die Wählbarkeit zum Integrationsbeirat in seiner Hauptsatzung geregelt. § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung bestimmt seitdem, dass dem Integrationsbeirat drei Einwohner des Antragsgegners mit Migrationshintergrund und deutscher Staatsangehörigkeit oder gesichertem Aufenthaltsrecht, "d. h. ausländische Personen mit Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis, freizügigkeitsberechtigte EU-Bürger und freizügigkeitsberechtigte ausländische Angehörige von EU-Bürgern" angehören. Im Oktober 2021 hat der Antragsgegner die Ordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirates im Landkreis Leipzig aufgehoben.

8 Die Antragsteller haben ihren Normenkontrollantrag daraufhin auf § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung des Antragsgegners umgestellt und tragen zur Begründung ihrer Revision vor, die Vorschrift verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit sie Personen mit Migrationshintergrund ohne deutsche Staatsangehörigkeit oder gesichertes Aufenthaltsrecht von der Wählbarkeit zum Integrationsbeirat ausschließe. Die durch die Vorschrift bewirkte Ungleichbehandlung sei einer strengen Verhältnismäßigkeitskontrolle zu unterwerfen und nicht lediglich am Willkürverbot zu messen. Sie sei unverhältnismäßig und willkürlich, weil sie schon nicht geeignet sei, das mit ihr verfolgte Ziel der Sicherung der Arbeit des Integrationsbeirates zu erreichen. Der Aufenthaltsstatus lasse keine Rückschlüsse auf die typische Aufenthaltsdauer zu.

9 Am 10. Oktober 2022 hat der Antragsgegner dem bis dahin geduldeten Antragsteller zu 2 eine bis zum 9. Oktober 2023 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erteilt.

10 Die Antragsteller beantragen,
das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. Oktober 2020 zu ändern und festzustellen, dass § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung des Antragsgegners vom 21. Juli 2021 insoweit unwirksam ist, als über die darin genannte Voraussetzung eines Migrationshintergrundes hinaus die deutsche Staatsangehörigkeit oder ein gesichertes Aufenthaltsrecht gefordert wird.

11 Der Antragsteller zu 2 beantragt hilfsweise,
das genannte Urteil zu ändern und festzustellen, dass § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung insoweit unwirksam war.

12 Der Antragsgegner beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13 Er hält die Umstellung des Antrags für unzulässig und verteidigt das angefochtene Urteil im Übrigen in der Sache.

14 Die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.

II

15 Die zulässige Revision ist begründet. Die angegriffene Regelung ist unwirksam.

16 1. Der Hauptantrag der Antragsteller ist zulässig.

17 a) In der Umstellung des Antrags liegt keine gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO unzulässige Antragsänderung. Insoweit kann offenbleiben, ob eine Änderung des Antragsbegehrens vorliegt, obwohl die angegriffene Regelung lediglich - unverändert - in die Hauptsatzung verschoben wurde. Selbst bei Annahme einer Antragsänderung wäre diese jedenfalls nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 3 ZPO zulässig. Die Aufnahme der verfahrensgegenständlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen zum Integrationsbeirat in § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung des Antragsgegners und die sich daran anschließende Aufhebung der Ordnung zur Bildung und Arbeit des Integrationsbeirates im Landkreis Leipzig ist eine später, nach Antragstellung eingetretene Veränderung im Sinne der Vorschrift. Die von dieser vorausgesetzte Identität des Klagegrundes ist ebenfalls gegeben. Bei ihrer Beurteilung bleiben die Veränderung selbst und die Umstände, die sie herbeigeführt haben, außer Betracht (vgl. Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar ZPO, 6. Auflage 2020, § 264 Rn. 25 m. w. N.). Im Übrigen hat sich der zur Begründung des Antrags vorgetragene Lebenssachverhalt nicht geändert.

18 b) In der Präzisierung des Begehrens durch den Revisionsantrag liegt keine teilweise Antragsrücknahme entsprechend § 92 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie lässt das Antragsziel und den ihm zugrundeliegenden Sach- und Streitstoff unverändert. Nach wie vor wenden die Antragsteller sich dagegen, dass die angegriffene Regelung die Wählbarkeit von Personen mit Migrationshintergrund zum Integrationsbeirat davon abhängig macht, dass diese über die deutsche Staatsangehörigkeit oder ein gesichertes Aufenthaltsrecht im Sinne der Vorschrift verfügen.

19 c) Der Antrag wahrt die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch hinsichtlich der Umstellung des Antrages auf die Regelung in § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung. Nachdem der Antragsgegner die angegriffenen Satzungsbestimmungen am 6. September 2021 in seinem Amtsblatt bekanntgemacht hatte, haben die Antragsteller am 1. Dezember 2021 ihren Antrag rechtzeitig umgestellt.

20 d) Beide Antragsteller sind antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann jede natürliche oder juristische Person einen Normenkontrollantrag stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Deshalb genügt es, wenn ein Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem eigenen subjektiven Recht verletzt wird. Die Antragsbefugnis fehlt nur, wenn unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens Rechte des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 18. März 2021 - 7 CN 1.20 - BVerwGE 172, 37 Rn. 10 m. w. N.).

21 Danach ist der Antragsteller zu 1 als Inhaber einer Duldung antragsbefugt, weil § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung des Antragsgegners ihn von der Wählbarkeit zum Integrationsbeirat ausschließt und er dadurch in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sein kann.

22 Der Antragsteller zu 2 ist antragsbefugt schon, weil er durch die angegriffene, seinerzeit in der Integrationsbeiratsordnung 2018 enthaltene Regelung bei den letzten Wahlen zum Integrationsbeirat von der Wählbarkeit ausgeschlossen war und die deshalb mögliche Verletzung in Art. 3 Abs. 1 GG nicht mit der späteren Änderung seines Aufenthaltsstatus entfallen ist. Darüber hinaus kann er sich darauf berufen, durch § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung des Antragsgegners in absehbarer Zeit in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt zu werden. Absehbar im Sinne von § 47 Abs. 2 VwGO ist eine behauptete künftige Rechtsverletzung, wenn sie sich der angegriffenen Norm schon tatsächlich und rechtlich zuordnen lässt, weil die Entwicklung von der angegriffenen Norm zu der geltend gemachten Betroffenheit eine konkrete Wahrscheinlichkeit für sich hat (BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1998 - 1 CN 1.98 - BVerwGE 108, 182 <184>). Davon ist hier in Bezug auf den Antragsteller zu 2 auszugehen. Denn seine Wählbarkeit zum Integrationsbeirat aufgrund der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis endet nach dem derzeitigen Stand mit Ablauf des 9. Oktober 2023 vor den nächsten Wahlen zum Integrationsbeirat. Ob die ihm erteilte Aufenthaltserlaubnis verlängert wird, ist derzeit nicht absehbar.

23 2. Das angegriffene Urteil beruht auf der Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG. Das Oberverwaltungsgericht hätte die Beschränkung der Wählbarkeit von Einwohnern des Antragsgegners mit Migrationshintergrund ohne deutsche Staatsangehörigkeit oder gesichertes Aufenthaltsrecht am Verhältnismäßigkeitsprinzip und nicht lediglich am Maßstab des Willkürverbots messen müssen. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Daraus ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen (BVerfG, Beschluss vom 7. Februar 2012 - 1 BvL 14/07 - BVerfGE 130, 240 <254>). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht nur, dass die Ungleichbehandlung an ein der Art nach sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungskriterium anknüpft, sondern verlangt auch für das Maß der Differenzierung einen inneren Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht erweist. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerwG, Urteil vom 6. April 2022 - 8 C 9.21 - NVwZ 2022, 1644 Rn. 24).

24 Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (BVerwG, Urteil vom 6. April 2022 - 8 C 9.21 - NVwZ 2022, 1644 Rn. 25). Die verfassungsrechtlichen Anforderungen verschärfen sich zudem, je weniger die Merkmale, an die die Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (stRspr, vgl. BVerfG, Urteile vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136 Rn. 121 f. und vom 26. Mai 2020 - 1 BvL 5/18 - BVerfGE 153, 358 Rn. 94 f.). Eine strenge Bindung an die Erfordernisse des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gilt schließlich auch dann, wenn eine Differenzierung unmittelbar oder mittelbar zu einer Ungleichbehandlung von Personengruppen führt (BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 - 2 BvR 909, 1981/06 u. a. - BVerfGE 133, 377 Rn. 75).

25 Das angegriffene Urteil geht davon aus, eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung wegen eines für den Einzelnen nicht oder kaum verfügbaren Differenzierungsmerkmals könne nur bei einer Ungleichbehandlung wegen persönlicher Merkmale vorliegen. Diese Annahme trifft nicht zu. Sie lässt unberücksichtigt, dass auch andere Differenzierungskriterien dem Einfluss des Betroffenen ganz oder weitgehend entzogen sein können (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 26. März 2019 - 1 BvR 673/17 - BVerfGE 151, 101 Rn. 64 f. zur Stiefkindadoption). Zu den nicht oder kaum verfügbaren Differenzierungsmerkmalen gehört nach der neueren bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung auch der aufenthaltsrechtliche Status nicht freizügigkeitsberechtigter Personen, also solcher, die weder über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügen noch nach unionsrechtlichen Vorschriften Freizügigkeit genießen (BVerfG, Beschlüsse vom 6. Juli 2004 - 1 BvL 4/97 u. a. - BVerfGE 111, 160 <169 f.> und vom 28. Juni 2022 - 2 BvL 9/14 u. a. - NVwZ 2022, 1452 Rn. 87). Dies gilt besonders für Inhaber humanitärer Aufenthaltstitel, weil etwa das Bestehen zielstaatsabhängiger Abschiebungshindernisse oder die Fortdauer kriegerischer Auseinandersetzungen im Heimatstaat durch sie offensichtlich nicht beeinflusst werden können. Auch die Integration in den Arbeitsmarkt ist nicht zwangsläufig durch eigenes Verhalten zu beeinflussen, weil sie auch von der jeweiligen Arbeitsmarktsituation und der familiären Lage der Betroffenen abhängen kann (BVerfG, Beschluss vom 28. Juni 2022 - 2 BvL 9/14 u. a. - NVwZ 2022, 1452 Rn. 87).

26 Danach hätte das angegriffene Urteil sich nicht auf eine Willkürkontrolle beschränken dürfen. Vielmehr hätte es die Ungleichbehandlung am Maßstab der Verhältnismäßigkeit prüfen müssen. Das Bestehen eines gesicherten Aufenthaltsrechts im Sinne des § 16c Abs. 4 der Hauptsatzung des Antragsgegners ist für die Betroffenen nicht verfügbar. Die von diesem Begriff umfasste unionsrechtliche Freizügigkeitsberechtigung ist regelmäßig aus der Unionsbürgerschaft und den daran anknüpfenden Rechten von Unionsbürgern und deren Angehörigen abgeleitet; damit ist sie - abgesehen von ihrer Nähe zu den Merkmalen des Art. 3 Abs. 3 GG - vom Einzelnen ebenso wenig zu beeinflussen wie nach der eben dargestellten Rechtsprechung der Aufenthaltsstatus nicht freizügigkeitsberechtigter Personen.

27 3. Das angegriffene Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung des Antragsgegners verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit er die Wählbarkeit von Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit vom Bestehen eines gesicherten Aufenthaltsrechts im dort definierten Sinne abhängig macht. Diese Differenzierung nach dem Aufenthaltsstatus ist unverhältnismäßig.

28 Allerdings verfolgt sie ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel. Das Oberverwaltungsgericht hat die inhaltsgleiche Vorläuferregelung des § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung des Antragsgegners dahingehend verstanden, dass sie die Begleitung mittel- oder langfristiger Vorhaben der Integrationsarbeit sicherstellen soll. An diese teleologische Auslegung der irrevisiblen Vorschrift ist der Senat nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO gebunden. Die vom Satzungsgeber bezweckte Sicherung der kontinuierlichen Mitwirkung im Interesse der Funktionsfähigkeit seines Integrationsbeirates stellt ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel dar.

29 Das Unterscheidungskriterium des gesicherten Aufenthaltsrechts ist aber nicht geeignet, dieses Ziel zu verwirklichen. Der Aufenthaltsstatus eignet sich für sich genommen nicht als Grundlage einer Prognose der voraussichtlichen Dauer des Aufenthalts im Landkreis und der damit verbundenen Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum kontinuierlich an der Arbeit des Integrationsbeirates mitzuwirken. Die Gründe, die zur Erteilung eines lediglich befristeten Aufenthaltstitels führen, sind nicht typischerweise vorübergehender Natur. Ihr Wegfall und der Zeitpunkt des Wegfalls des Aufenthaltszwecks sind ungewiss. Außerdem bestehen jeweils gesetzliche Verlängerungs- und Verfestigungsmöglichkeiten (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 6. Juli 2004 - 1 BvL 4/97 u. a. - BVerfGE 111, 160 <174 f.>, vom 10. Juli 2012 - 1 BvL 2/10 u. a. - BVerfGE 132, 72 Rn. 27 f. und vom 28. Juni 2022 - 2 BvL 9/14 u. a. - NVwZ 2022, 1452 Rn. 90 ff.). Auch der Wegfall der häufigsten (vgl. BT-Drs. 19/28234 S. 33) Duldungsgründe der tatsächlichen oder rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung ist ungewiss. Das gilt etwa für Fälle einer alters- oder gesundheitsbedingt fehlenden Reise- oder Transportfähigkeit und für Fälle der ungeklärten Identität oder fortdauernden Passlosigkeit. Darüber hinaus bestehen für die Inhaber von Duldungen wesentliche rechtliche Möglichkeiten zur Verlängerung- und Verfestigung ihres Aufenthaltes. Hierzu zählt unter anderem die Duldung zur Fortsetzung einer qualifizierten Berufsausbildung nach § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG. Schließlich ist bei der Prognose der Aufenthaltsdauer neben der rechtlichen Ausgestaltung des jeweiligen Aufenthaltsstatus auch dessen Einbindung in die tatsächlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. Auch diese können für eine positive Aufenthaltsprognose sprechen (BVerfG, Beschluss vom 4. Dezember 2012 - 1 BvL 4/12 - BVerfGE 132, 360 Rn. 27).

30 4. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO), weil weiterer Aufklärungsbedarf nicht besteht. Der dargelegte Gleichheitsverstoß führt zur Feststellung, dass § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung des Antragsgegners vom 21. Juli 2021 insoweit unwirksam ist, als über die darin genannte Voraussetzung eines Migrationshintergrundes hinaus die deutsche Staatsangehörigkeit oder ein gesichertes Aufenthaltsrecht gefordert wird.

31 Die Unwirksamkeit beschränkt sich auf die von den Antragstellern angegriffene Teilregelung. Diese ist nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB vom Rest der Norm abtrennbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 1989 - 4 N 3.87 - NVwZ 1990, 157 <158>). Außerdem ist anzunehmen, dass der verbleibende Teil der Norm auch ohne den für unwirksam erklärten Teil erlassen worden wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1991 - 4 NB 3.91 - NVwZ 1992, 567).

32 a) Der angegriffene Teil von § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung des Antragsgegners ist vom Rest der Vorschrift abtrennbar. Er ist mit diesem nicht so verflochten, dass die Restbestimmung ohne den nichtigen Teil nicht sinnvoll bestehen bleiben könnte (vgl. zu diesem Kriterium BVerwG, Urteil vom 2. August 2012 - 7 CN 1.11 - Buchholz 445.4 § 51 WHG Nr. 1 Rn. 28). § 16c Abs. 4 Buchst. c der Hauptsatzung des Antragsgegners trifft auch ohne die gleichheitswidrige Beschränkung der Wählbarkeit von Einwohnern des Antragsgegners mit Migrationshintergrund eine vollständige Regelung, die die vom Satzungsgeber bezweckte Mitwirkung sachkundiger Einwohner mit eigener Migrationserfahrung an den Aufgaben des Integrationsbeirates gewährleistet.

33 b) Es ist anzunehmen, dass der Antragsgegner den verbleibenden Teil von § 16c Abs. 4 Buchst. c seiner Hauptsatzung auch ohne den für unwirksam erklärten Teil erlassen hätte. Insoweit ist auf den nach objektiven Anhaltspunkten zu bestimmenden mutmaßlichen Willen des Normgebers abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2015 - 9 B 17.15 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 114 Rn. 9). Dieser ist vorliegend auf den Erlass der Vorschrift ohne den für unwirksam erklärten Teil gerichtet. Darauf deutet der Erlass der ursprünglichen Regelung über die Wählbarkeit zum Integrationsbeirat, welche die hier verfahrensgegenständlichen Einschränkungen der Wählbarkeit nicht enthielt (§ 2 Abs. 1 Buchst. c IBO). Er spricht dafür, dass der Satzungsgeber eher auf die rechtswidrige Einschränkung der Wählbarkeit als auf die Beteiligung der Personen mit Migrationshintergrund als sachkundigen Betroffenen verzichtet hätte.

34 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.