Verfahrensinformation
Glücksspielrechtliche Sperrungsanordnung gegen „Reseller" (Weiterverkäufer) von Telekommunikationsleistungen
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer glücksspielrechtlichen Sperrungsanordnung.
Die Klägerin bietet Telekommunikationsdienstleistungen an, ohne über eine eigene Netzinfrastruktur zu verfügen. Hierzu verkauft sie die von Telekommunikationsnetzbetreibern erbrachten Vorleistungen an ihre Endkunden weiter (sog. "Reseller"). Die beigeladenen Unternehmen mit Sitz in der Republik Malta betreiben verschiedene von der Bundesrepublik Deutschland aus erreichbare Internetseiten, auf denen diverse Glücksspiele angeboten werden. Wegen dieser Glücksspielangebote ergingen bereits gegen die Rechtsvorgänger der Beigeladenen von deutschen Behörden seit dem Jahr 2014 mehrere Untersagungsverfügungen, die den Beigeladenen durch die beklagte Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder im Jahr 2020 bekannt gemacht wurden.
Mit Bescheid vom Oktober 2022 ordnete die Beklagte unter Fristsetzung und Zwangsgeldandrohung gegenüber der Klägerin an, im einzelnen benannte Internetseiten der Beigeladenen, auf denen unerlaubte Glücksspielangebote vermittelt oder veranstaltet würden, im Rahmen ihrer technischen Möglichkeiten als Zugangsvermittler für den Zugriff aus Deutschland zu sperren. Gleiches verfügte die Beklagte zudem im Hinblick auf künftig von ihr mitzuteilende Internetseiten, auf denen nach Art und Umfang wesentlich deckungsgleiche unerlaubte Glücksspielangebote (sog. Mirror-Pages) der Beigeladenen oder deren Rechtsnachfolger vermittelt oder veranstaltet würden.
Das Verwaltungsgericht Koblenz hat der hiergegen gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Weder im Glücksspielrecht noch im allgemeinen Ordnungsrecht finde sich eine taugliche Rechtsgrundlage für die gegenüber der Klägerin erlassene Anordnung. Zwar könne die Beklagte gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV 2021) unter bestimmten Voraussetzungen Maßnahmen zur Sperrung von Glücksspielangeboten gegen verantwortliche Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10 des Telemediengesetzes (TMG) ergreifen. Bei der Klägerin handele es sich jedoch nicht um einen Diensteanbieter in diesem Sinne. Die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Halbs. 1 GlüStV 2021 bestimme sich auch nicht aus der Norm selbst ohne Rückgriff auf das Telemediengesetz. Die Sperrungsanordnung lasse sich nicht hilfsweise auf § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 GlüStV 2021 stützen. Einer Anwendung dieser allgemeinen Auffangermächtigung stehe die spezialgesetzliche Sonderregelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 entgegen. Sie enthalte eine abschließende Regelung zu den als Störer in Anspruch zu nehmenden Diensteanbietern. Die Sperrungsanordnung finde auch keine Grundlage in den allgemeinen ordnungsrechtlichen Befugnissen für die Inanspruchnahme von Nichtstörern. § 9 Abs. 1 GlüStV treffe eine besondere Regelung zur Abwehr von Gefahren durch unerlaubte Glücksspielangebote im Anwendungsbereich des Glücksspielstaatsvertrags 2021. Diese schließe einen Rückgriff auf die allgemeinen Eingriffsermächtigungen aus.
Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.
Pressemitteilung Nr. 17/2025 vom 19.03.2025
Anforderungen an glücksspielrechtliche Sperranordnungen
Nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 (GlüStV) kann ein Internetzugangsvermittler nur bei Verantwortlichkeit nach § 8 des Telemediengesetzes (TMG) verpflichtet werden, den Zugang zu Internetseiten zu sperren, auf denen in Deutschland unerlaubtes Glücksspiel angeboten wird. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Die Klägerin vermittelt für ihre Kunden den Zugang zum Internet. Die beigeladenen Unternehmen mit Sitz in der Republik Malta betreiben mehrere Internetseiten, auf denen in Deutschland nicht erlaubte Glücksspiele angeboten werden. Im Oktober 2022 verfügte die beklagte Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder gegenüber der Klägerin, die näher bezeichneten Internetseiten der Beigeladenen im Rahmen ihrer technischen Möglichkeiten als Zugangsvermittler zu sperren. Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Sperranordnungen dürften nur gegenüber Zugangsvermittlern ergehen, die nach § 8 TMG verantwortlich seien. Daran fehle es hier.
Die Revision der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die einschlägige Ermächtigung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV auf die Verantwortlichkeit nach § 8 TMG verweist. Die zwischenzeitliche Aufhebung des Telemediengesetzes ändert hieran nichts, da die Verweisung die bei Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags geltende Fassung des § 8 TMG in Bezug nimmt. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV dürfen Sperranordnungen ausdrücklich nur gegen "im Sinne der §§ 8 bis 10 des Telemediengesetzes verantwortliche Diensteanbieter" gerichtet werden; für Zugangsvermittler ist § 8 TMG einschlägig. Die Entstehungsgeschichte des Glücksspielstaatsvertrags zeigt, dass die Staatsvertragsparteien auf das im Telemediengesetz normierte System abgestufter Verantwortlichkeit verschiedener Arten von Diensteanbietern zurückgreifen wollten. Aus dem Regelungszusammenhang ergibt sich nichts anderes. Der Sinn und Zweck der Vorschrift rechtfertigt keine Auslegung gegen den Wortlaut. Unionsrecht steht der Anwendung der Verweisung auf § 8 TMG nicht entgegen. Nach dieser Regelung ist die Klägerin nicht verantwortlich. Weder veranlasst sie die Übermittlung der Glücksspielinhalte, noch wählt sie diese oder deren Adressaten aus. Es liegt auch kein kollusives Zusammenwirken zwischen ihr und den Beigeladenen vor. Andere Ermächtigungsgrundlagen für den Erlass einer Sperranordnung stehen wegen des speziellen, abschließenden Charakters des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV nicht zur Verfügung.
BVerwG 8 C 3.24 - Urteil vom 19. März 2025
Vorinstanzen:
VG Koblenz, VG 2 K 1026/22 - Urteil vom 10. Mai 2023 -
OVG Koblenz, OVG 6 A 10998/23 - Urteil vom 22. April 2024 -
Urteil vom 19.03.2025 -
BVerwG 8 C 3.24ECLI:DE:BVerwG:2025:190325U8C3.24.0
Anforderungen an glücksspielrechtliche Sperranordnungen gegenüber Internetzugangsvermittlern
Leitsätze:
1. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 enthält eine statische Rechtsgrundverweisung auf §§ 8 bis 10 Telemediengesetz.
2. Zugangsvermittler können nur dann taugliche Adressaten einer Sperranordnung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 sein, wenn sie die Übermittlung des unerlaubten Glücksspielangebots im Internet veranlasst, dessen Adressaten ausgewählt und die übermittelten Informationen ausgewählt oder verändert haben oder absichtlich mit dem Anbieter unerlaubten Glücksspiels zusammengearbeitet haben, um rechtswidrige Handlungen zu begehen.
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Rechtsquellen
VO (EU) 2022/2065 Art. 4 DDG § 7 Abs. 1 TMG §§ 7, 8, 9, 10 GlüStV 2008 § 9 GlüStV 2021 §§ 1, 3, 9, 27j -
Instanzenzug
VG Koblenz - 10.05.2023 - AZ: 2 K 1026/22.KO
OVG Koblenz - 22.04.2024 - AZ: 6 A 10998/23.OVG
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 19.03.2025 - 8 C 3.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:190325U8C3.24.0]
Urteil
BVerwG 8 C 3.24
- VG Koblenz - 10.05.2023 - AZ: 2 K 1026/22.KO
- OVG Koblenz - 22.04.2024 - AZ: 6 A 10998/23.OVG
In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2025 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Held-Daab, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hoock sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Seegmüller, Dr. Meister und Dr. Naumann für Recht erkannt:
- Die Revision wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Gründe
I
1 Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer glücksspielrechtlichen Sperranordnung.
2 Die Klägerin bietet Telekommunikationsdienstleistungen an, ohne über eine eigene Netzinfrastruktur zu verfügen. Hierzu verkauft sie die von Telekommunikationsnetzbetreibern erbrachten Vorleistungen an ihre Endkunden weiter. Die beigeladenen Unternehmen mit Sitz in der Republik Malta betreiben die Internetseiten www.X.com, www.Y.com und www.Z.de. Dort werden Glücksspiele angeboten, die von der Bundesrepublik Deutschland aus erreichbar sind und die Gegenstand mehrerer, den Beigeladenen im Jahr 2020 bekannt gemachter Untersagungsverfügungen deutscher Behörden waren.
3 Mit Bescheid vom 13. Oktober 2022 ordnete die Beklagte gegenüber der Klägerin an, die genannten Internetseiten im Rahmen ihrer technischen Möglichkeiten als Zugangsvermittler zu sperren, so dass ein Zugriff über die von ihr in Deutschland zur Verfügung gestellten Zugänge zum Internet nicht mehr möglich sei (Nr. 1 des Bescheids). Weiterhin verpflichtete die Beklagte die Klägerin, künftig von der Beklagten mitzuteilende Internetseiten, auf denen nach Art und Umfang wesentlich deckungsgleiche unerlaubte Glücksspielangebote (sogenannte "Mirror-Pages") der Beigeladenen oder ihrer Rechtsnachfolger vermittelt oder veranstaltet würden, im Rahmen der technischen Möglichkeiten als Zugangsvermittler zu sperren, so dass ein Zugriff über die von der Klägerin in Deutschland zur Verfügung gestellten Zugänge zum Internet nicht mehr möglich sei (Nr. 2 des Bescheids). Die Nummern 3 und 4 bestimmten Umsetzungsfristen für die Sperranordnungen. Nummer 5 enthielt eine Zwangsgeldandrohung und Nummer 6 legte der Klägerin die Kosten der Verfügung auf.
4 Am 25. Oktober 2022 hat die Klägerin Klage gegen den Bescheid erhoben. Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in Bezug auf die Nummern 3 und 5 des Bescheids in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, hat das Verwaltungsgericht die übrigen Regelungen des Bescheids vom 13. Oktober 2022 aufgehoben.
5 Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Staatsvertrags zur Neuregulierung des Glücksspielwesens in Deutschland vom 29. Oktober 2020 (Glücksspielstaatsvertrag 2021 - GlüStV 2021 - GVBl. RP 2020 S. 767) für die Sperranordnungen des Bescheids seien nicht erfüllt. Bei der Klägerin handele es sich nicht um einen im Sinne des § 8 Telemediengesetz - TMG - verantwortlichen Diensteanbieter. Die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 bestimme sich nicht aus dieser Norm selbst. Dafür spreche die Gesetzesformulierung, wonach nur im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG verantwortliche Diensteanbieter als Adressaten einer glücksspielaufsichtlichen Maßnahme in Betracht kämen. Die Entstehungsgeschichte der Regelung untermauere dieses Ergebnis. Aus der Systematik folge nichts Anderes. Der Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 gebiete es schließlich nicht, eine von der Verantwortlichkeit der Diensteanbieter nach dem Telemediengesetz unabhängige Ermächtigung zu Sperranordnungen anzunehmen. Diese Anordnungen ließen sich auch nicht hilfsweise auf die Generalklausel des § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 GlüStV 2021 stützen, denn § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 enthalte eine abschließende Regelung zu den als Störer in Anspruch zu nehmenden Diensteanbietern. Schließlich gehe § 9 Abs. 1 GlüStV 2021 auch den allgemeinen ordnungsrechtlichen Befugnissen und den Grundsätzen über die Inanspruchnahme Nichtverantwortlicher vor. In Ermangelung einer Rechtsgrundlage sei die auf die Sperrung sogenannter "Mirror-Pages" bezogene Fristsetzung ebenfalls rechtswidrig. Wegen der Rechtswidrigkeit der übrigen Regelungen sei schließlich auch die Kostenentscheidung aufzuheben gewesen.
6 Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, das Berufungsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 auf den jeweiligen Tatbestand der §§ 8 bis 10 TMG verweise. Der Wortlaut der Norm sei nicht stimmig, denn §§ 8 bis 10 TMG regelten nicht die Verantwortlichkeit, sondern die Nichtverantwortlichkeit von Diensteanbietern. Widersprüchlich sei zudem, dass Registrare aufgeführt würden, obwohl sie nicht zu den Diensteanbietern im Sinne des Telemediengesetzes zählten. Die Annahme einer Rechtsgrundverweisung auf §§ 8 bis 10 TMG erweise sich auch vor dem Hintergrund der Bekanntgabeverpflichtung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 als verfehlt, denn §§ 8 bis 10 TMG setzten ohnehin die Kenntnis des Diensteanbieters vom unerlaubten Glücksspielangebot voraus. Das in der Begründung zum Staatsvertrag erwähnte "System abgestufter Verantwortlichkeit" nach dem Telemediengesetz werde nicht in den drei in Bezug genommenen Paragraphen beschrieben. Eine Abstufung existiere nicht zwischen den Diensteanbietern nach §§ 8, 9 und 10 TMG, sondern zwischen der Verantwortlichkeit für die eigene Information und der Verantwortlichkeit für die Durchleitung, Zwischenspeicherung und Speicherung fremder Information. Im Gegensatz zu den Regelungen in vorherigen Glücksspielstaatsverträgen werde die Subsidiarität der Inanspruchnahme der "informationsferneren" Diensteanbieter nun ausdrücklich geregelt. In systematischer Hinsicht erschließe sich nicht, weshalb der Glücksspielstaatsvertrag anders als die Regelungen zur Inanspruchnahme von Diensteanbietern in anderen Staatsverträgen keine Inanspruchnahme Nichtverantwortlicher ermöglichen sollte. Der Staatsvertrag solle die technische Erreichbarkeit der illegalen Glücksspielangebote aus dem Inland unterbinden, wenn es nicht gelingen sollte, das illegale Glücksspielangebot selbst zu beseitigen. Dieses aus den Regelbeispielen erkennbare Ziel sei nur erreichbar, wenn Adressat einer Sperranordnung insbesondere die Zugangsvermittler sein könnten.
7
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz vom 24. [richtig 22.] April 2024 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 10. Mai 2023 zu ändern und die Klage gegen Nummern 1, 2, 4 und 6 des Bescheides der Beklagten vom 13. Oktober 2022 abzuweisen.
8
Die Klägerin und die Beigeladenen beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
9 Sie verteidigen das angegriffene Urteil.
II
10 Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht ist ohne Verstoß gegen revisibles Recht, zu dem gemäß § 33 GlüStV 2021 auch der Glücksspielstaatsvertrag 2021 zählt, davon ausgegangen, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nach der hier maßgeblichen aktuellen Rechtslage (1.) handelt es sich bei der Bezugnahme des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 auf §§ 8 bis 10 TMG um eine statische Rechtsgrundverweisung (2.). Die Voraussetzungen für den Erlass des angefochtenen Bescheids, soweit er noch Gegenstand des Verfahrens ist, lagen dementsprechend nicht vor (3.).
11 1. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung des angegriffenen Urteils ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Revisionsverhandlung des Senats zugrunde zu legen. Für die Beurteilung einer Anfechtungsklage gegen belastende Verwaltungsakte mit Dauerwirkung ist vorbehaltlich einer anderweitigen materiellen Regelung die Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich, weil der Dauerverwaltungsakt seine Regelungswirkung ständig neu entfaltet und das zugrunde liegende Verwaltungsrechtsverhältnis ständig neu konkretisiert wird (BVerwG, Urteil vom 23. Mai 2024 - 10 C 8.23 - NVwZ 2025, 179 Rn. 11 m. w. N.).
12 Bei der Sperranordnung nach Nummer 1 des Bescheids handelt es sich um eine solche Regelung. Sie erschöpft sich nicht in der einmaligen Aufforderung, die erforderliche Programmierung der Rechner der Klägerin vorzunehmen. Vielmehr verlangt sie auch deren Beibehaltung und Neuprogrammierung bei einer erforderlich werdenden Änderung der Konfiguration des Servers (VG Düsseldorf, Urteil vom 29. November 2011 - 27 K 5887/10 - ZfWG 2012, 50 <51 f.> m. w. N.). Nummer 2 der Verfügung, mit der der Klägerin für die Zukunft aufgegeben wurde, nach vorheriger Bekanntgabe sogenannte "Mirror-Pages" zu sperren, ist ebenfalls ein Dauerverwaltungsakt. Die Regelung wirkt dauerhaft in die Zukunft und gilt für eine künftige unbestimmte Anzahl von Fällen.
13 2. Der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Sperranordnungen maßgebliche § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 enthält eine Rechtsgrundverweisung auf die §§ 8 bis 10 TMG (a), die statisch und nicht dynamisch ist (b). Unionsrecht steht dieser Auslegung nicht entgegen (c).
14 a) Aus dem Wortlaut (aa) und der Entstehungsgeschichte (bb) des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 folgt, dass der dortige Verweis auf §§ 8 bis 10 TMG nicht bloß die denkbaren Adressaten einer Sperranordnung beschreiben soll, sondern auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der genannten Vorschriften des Telemediengesetzes Bezug nimmt. Systematik (cc) sowie Sinn und Zweck der Regelung (dd) führen zu keinem anderen Ergebnis.
15 aa) Der Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 legt nahe, dass die Vorschrift ein in §§ 8 bis 10 TMG zum Ausdruck kommendes System abgestufter Verantwortlichkeit im Wege der Rechtsgrundverweisung in Bezug nimmt. Danach kann die Beklagte nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote Maßnahmen zur Sperrung dieser Angebote gegen im Sinne §§ 8 bis 10 TMG verantwortliche Diensteanbieter, insbesondere Zugangsvermittler und Registrare, ergreifen, sofern sich Maßnahmen gegenüber einem Veranstalter oder Vermittler dieses Glücksspiels als nicht durchführbar oder nicht erfolgversprechend erweisen. Die Formulierung, dass ein Einschreiten (nur) gegen die "im Sinne der §§ 8 bis 10 des Telemediengesetzes verantwortliche(n) Diensteanbieter" in Betracht kommt, verwendet §§ 8 bis 10 TMG, um die Voraussetzungen der Verantwortlichkeit zu umschreiben. Sonst hätte der Gesetzgeber eine Formulierung wie etwa "Diensteanbieter im Sinne von ..." gewählt. Etwas anderes folgt auch nicht aus der ausdrücklichen Erwähnung der Zugangsvermittler und Registrare in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021. Der mit dem Wort "insbesondere" eingeleitete Teilsatz konkretisiert vielmehr beispielhaft die unmittelbar zuvor genannten "Diensteanbieter". Ob alle Beispiele zutreffen (dazu unten Rn. 23), ist keine Frage des für die Wortlautauslegung maßgeblichen Satzbaus.
16 bb) Die Entstehungsgeschichte des Glücksspielstaatsvertrags 2021 belegt, dass die Bezugnahme auf §§ 8 bis 10 TMG bewusst als Rechtsgrundverweisung ausgestaltet worden ist.
17 (1) § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 5 des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV 2008) i. V. m. dem Landesglücksspielgesetz vom 3. Dezember 2007 (GVBl. RP S. 240) bestimmte, dass die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die zur Unterbindung unerlaubten Glücksspiels erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen durfte. Dazu konnte sie insbesondere Diensteanbietern im Sinne des vor Erlass des Telemediengesetzes geltenden § 3 Teledienstegesetz, soweit sie nach diesem Gesetz verantwortlich waren, die Mitwirkung am Zugang zu unerlaubten Glücksspielangeboten untersagen. Damit sollte auf die "abgestuften Verantwortlichkeiten nach dem Teledienstegesetz [...] Rücksicht genommen" werden (LT-Drs. RP 15/1454 S. 42). Dementsprechend gingen sowohl die Rechtsprechung als auch die Literatur davon aus, dass Sperrordnungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2008 nur gegen Diensteanbieter ergehen konnten, die verantwortliche Diensteanbieter nach dem Teledienstegesetz oder dem dieses ersetzenden Telemediengesetz waren (OVG Münster, Beschluss vom 26. Januar 2010 - 13 B 760/09 - DVBl. 2010, 442 <443>; VG Düsseldorf, Urteil vom 29. November 2011 - 27 K 5887/10 - ZfWG 2012, 50 <52 f.>; VG Köln, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 6 K 5404/10 - ZfWG 2012, 56 <57>; Ennuschat/Klestil, ZfWG 2009, 389 <390>; Frey/Rudolph/Oster, MMR-Beil. 2012, 1 <14 ff.>; Brenner/Hambach, C., in: Streinz/Liesching/Hambach, W., Glücks- und Gewinnspielrecht in den Medien, 2014, § 9 GlüStV Rn. 88). Das schloss bloße Internetzugangsvermittler in der Regel von einer Inanspruchnahme nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2008 aus.
18 (2) Nach einem im April 2011 veröffentlichten Entwurf eines Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags (https://technical-regulation-information-system.ec.europa.eu/de/notification/7288, zuletzt abgerufen am 19. März 2025) war zunächst beabsichtigt, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2008 dahin zu ändern, dass Diensteanbietern im Sinne des Telemediengesetzes, insbesondere Zugangsprovidern und Registraren, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung am Zugang zu diesen untersagt werden konnte. Damit wäre der Verweis auf eine irgendwie geartete Verantwortlichkeit nach dem Telemediengesetz entfallen. Die Europäische Kommission fragte hierzu das zuständige Bundesministerium, wie die Verhältnismäßigkeit und Wirksamkeit der Maßnahmen beurteilt würden. Dabei wies sie darauf hin, dass solche Maßnahmen/Spezifikationen zu Beschränkungen gemäß Art. 49 und 56 AEUV führen könnten und es den deutschen Behörden obliege, den Nachweis zu führen, dass jede zukünftige Maßnahme in Bezug unter anderem auf die Blockierung des Internetzugangs diesen Anforderungen genüge (Ausführliche Stellungnahme und Bemerkung der EU-Kommission vom 18. Juli 2011 - C [2011] 5319 - ZfWG 2011, 325 <331>). In ihrer Antwort vom 7. Dezember 2011 teilte die Bundesrepublik Deutschland mit, die Länder hätten § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Entwurfs gestrichen (vgl. Nr. 2.8 der Mitteilung 201 der Kommission zu SG[2011] D/52931). Dementsprechend enthielt der Glücksspielstaatsvertrag 2011 keine Regelungen, welche die Anordnung von Internetsperren ermöglichten (vgl. Abghs-Drs. 17/0041 S. 2 der Vorlage des Senats vom 22. November 2011). Auch ein - nicht umgesetzter - Entwurf eines Zweiten Glücksspieländerungsstaatsvertrags (siehe LT-Drs. RP 17/4564 S. 7) und der am 1. Januar 2020 in Kraft getretene Dritte Glücksspieländerungsstaatsvertrag vom 18. April 2019 (GVBl. RP S. 336) sahen keine Möglichkeit zur Verfügung von Internetsperren vor.
19 (3) Mit dem am 1. Juli 2021 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag 2021 wurde § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 als "neue Rechtsgrundlage für Maßnahmen gegen Diensteanbieter mit dem Ziel der Sperrung unerlaubter Glücksspielangebote ('IP-Blocking') geschaffen" (LT-Drs. RP 17/13498 S. 60). Die Wiedereinführung der Ermächtigung zu Sperranordnungen habe sich wegen der Schwierigkeiten des Vollzugs des Glücksspielstaatsvertrags 2012/2020 als erforderlich erwiesen, um die Ziele des § 1 effektiv zu erreichen, nicht zuletzt gegenüber ausländischen Veranstaltern und Vermittlern nach diesem Staatsvertrag nicht erlaubter Glücksspiele, die auf den Geltungsbereich dieses Staatsvertrags ausgerichtet seien. Die staatsvertragliche Ermächtigung zu Sperranordnungen sei angemessen, weil sie dem System abgestufter Verantwortlichkeit, wie es auf der Grundlage der E-Commerce-Richtlinie der Europäischen Union in §§ 8 bis 10 Telemediengesetz vorgesehen sei, Rechnung trage (LT-Drs. RP 17/13498 S. 128 f.).
20 (4) Die dargestellte historische Entwicklung belegt, dass sich der Normgeber in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 bewusst für eine Störerbestimmung unter Inbezugnahme der Regelungen zur (Nicht-)Verantwortlichkeit in §§ 8 bis 10 TMG entschieden hat. Angesichts der vergleichbaren Regelung im Glücksspielstaatsvertrag 2008 mit der dazu in Rechtsprechung und Literatur vertretenen engen Auslegung ist davon auszugehen, dass sich die Staatsvertragsparteien der Tragweite des Verweises auf das Telemediengesetz bewusst waren. Dafür spricht auch, dass nach dem Entwurf des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom April 2011 der Verweis auf die nach dem Telemediengesetz verantwortlichen Diensteanbieter gestrichen werden sollte, um eine wesentlich weitergehende Eingriffsermächtigung zu schaffen. Hinzu kommt, dass die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 ausweislich der Erläuterungen zum Staatsvertrag ausdrücklich dem System abgestufter Verantwortlichkeiten nach dem Telemediengesetz Rechnung tragen soll. Das wird durch den Verweis auf die Voraussetzungen der §§ 8 bis 10 TMG selbst verwirklicht. Der aufgezeigte Wille der Staatsvertragsparteien ist nicht schon dadurch umgesetzt, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 die vorherige Bekanntgabe des illegalen Glücksspielangebots fordert und der Veranstalter oder Vermittler des Glücksspiels vorrangig in Anspruch zu nehmen ist. Dabei handelt es sich zum einen um eine verfahrensrechtliche Regelung und zum anderen um eine Vorgabe zur Adressatenauswahl jeweils ohne unmittelbare Entsprechung im Telemediengesetz. Demgegenüber kommt das in den Materialien zum Staatsvertrag in Bezug genommene System abgestufter Verantwortlichkeit in §§ 8 bis 10 TMG selbst zum Ausdruck. Die Voraussetzungen, unter denen die Verantwortlichkeit von Zugangs-, Cache- und Host-Provider für eine im Internet übermittelte fremde Information danach ausgeschlossen ist, differenzieren nach dem "Näheverhältnis" des jeweiligen Diensteanbieters hierzu. Während der Host-Provider nach § 10 Satz 1 Nr. 1 TMG grundsätzlich bereits bei Kenntnis vom unerlaubten Inhalt haftet, ist diese beim bloßen Zugangsvermittler nach § 8 TMG grundsätzlich unschädlich.
21 cc) Die Gesetzessystematik führt zu keiner anderen als der von Wortlaut und Entstehungsgeschichte vorgegebenen Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021.
22 Unerheblich ist zunächst der eigentliche Regelungszweck des Telemediengesetzes. Den Staatsvertragsparteien blieb es unbenommen, mit dem Telemediengesetz wortgleiche Regelungen zur Verantwortlichkeit in den Staatsvertrag aufzunehmen. Dementsprechend waren sie nicht gehindert, die "Inkorporation" dieser Normen in den Staatsvertrag durch Verweisung zu bewirken. Aus den in Bezug genommenen Vorschriften lassen sich ohne Weiteres die Kriterien für die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter ableiten, auch wenn §§ 8 bis 10 TMG gestufte Voraussetzungen für den Ausschluss der Verantwortlichkeit regeln. Diensteanbieter sind danach verantwortlich für eine von ihnen vermittelte fremde Information, wenn keiner der Tatbestände der §§ 8 bis 10 TMG erfüllt ist. § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG, wonach Verpflichtungen zur Entfernung von Informationen oder zur Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen aufgrund von gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach §§ 8 bis 10 TMG unberührt bleiben, schließt deren Anwendung nicht aus. Er stellt klar, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 i. V. m. §§ 8 bis 10 TMG Internetsperren nicht abschließend regelt, sondern Raum für Anordnungen aufgrund anderer Rechtsgrundlagen auch bei Fehlen der Verantwortlichkeit gemäß §§ 8 bis 10 TMG lässt. Dabei normiert § 7 Abs. 3 Satz 1 TMG keine eigenständige Ermächtigung, sondern erfordert eine gesonderte Beurteilung, ob eine solche Rechtsgrundlage besteht (vgl. Spindler, in: Spindler/Schmitz, Telemediengesetz, 2. Aufl. 2018, § 7 Rn. 43 m. w. N.).
23 Selbst wenn die Erwähnung der Registrare in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 als Beispiel für im Sinne der §§ 8 bis 10 TMG verantwortliche Diensteanbieter systematisch verfehlt wäre, weil Registrare nach der später ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2020 - I ZR 13/19 - BGHZ 227, 173 Rn. 16 f.), keine Diensteanbieter im Sinne des Telemediengesetzes sind, rechtfertigt dies keine von Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Norm abweichende Auslegung. Abgesehen davon kann nicht davon ausgegangen werden, dass auch aus Sicht der Normgeber Registrare nicht zu den Diensteanbietern im Sinne des Telemediengesetzes zählen. Denn die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung war zuvor (jedenfalls teilweise) davon ausgegangen, dass auch Registrare Diensteanbieter im Sinne des Telemediengesetzes sind (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 26. Januar 2010 - 13 B 760/09 - DVBl. 2010, 442 <443>; offen gelassen von VG Düsseldorf, Urteil vom 29. November 2011 - 27 K 458/10 - MMR 2012, 846 <847>). Mit der Verpflichtung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021, dem Adressaten der Sperranordnung die unerlaubten Glücksspielangebote zuvor bekannt zu geben, wird auch keine bei Annahme einer Rechtsgrundverweisung sinnentleerte Anforderung normiert. Dabei handelt es sich um eine verfahrensrechtliche Vorgabe, die sich in den §§ 8 bis 10 TMG in dieser Form nicht findet.
24 Zuletzt führt auch der Vergleich mit ähnlichen Regelungen außerhalb des Glücksspielrechts zu keinem anderen Befund. Sowohl die letzte Fassung des bis zum 6. November 2020 geltenden § 59 Abs. 4 des Rundfunkstaatsvertrags i. V. m. dem Landesgesetz zu dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 10. Dezember 1991 (GVBl. RP S. 369) als auch die vom 7. November 2020 bis zum 30. September 2024 geltende Fassung von § 109 Abs. 3 des Medienstaatsvertrags vom 28. April 2020 (GVBl. RP S. 377) ermöglichten unter bestimmten weiteren Voraussetzungen Maßnahmen zur Sperrung von Angeboten gegenüber den Diensteanbietern von fremden Inhalten oder Dritten. Dabei verwiesen sie in jeweils unterschiedlicher Weise auf das Telemediengesetz. Selbst wenn diese Vorschriften ein Vorgehen gegen Diensteanbieter auch bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 8 bis 10 TMG ermöglichten (vgl. dazu Volkmann, in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, § 59 RStV Rn. 66; Oster, in: Cole/Oster/Wagner, Medienstaatsvertrag, Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Stand Dezember 2024, § 59 RStV Rn. 54), ändert dies nichts an der Auslegung von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021. Dessen Wortlaut unterscheidet sich grundlegend vom Wortlaut der genannten Vorschriften in Rundfunk- und Medienstaatsvertrag, denn er nennt - anders als die Regelungen in den beiden anderen genannten Staatsverträgen - ausdrücklich die nach §§ 8 bis 10 TMG verantwortlichen Diensteanbieter als mögliche Adressaten einer Sperrungsverfügung.
25 dd) Der Sinn und Zweck des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 rechtfertigt nicht, sich über den klaren Wortlaut der Norm und das eindeutige Ergebnis der aus der Entstehungsgeschichte und der Systematik abgeleiteten Auslegung hinwegzusetzen.
26 Ziel der unter anderem mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Glücksspielregulierung ist die Unterbindung unerlaubter Glücksspielangebote. Daher sollen mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 die Vollzugsmöglichkeiten gegenüber unerlaubten Angeboten verbessert werden (LT-Drs. RP 17/13498 S. 1, 48; siehe auch § 1 GlüStV 2021). Diesem Ziel dient auch die mit § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 eingeführte Möglichkeit des "IP-Blocking". Aus Sicht des Normgebers ist sie eine effektive Maßnahme, die insbesondere auf Veranstalter und Vermittler von Glücksspielangeboten mit Sitz im Ausland zielt, die einer vollziehbaren Untersagungsverfügung nicht nachkommen (LT-Drs. RP 17/13498 S. 60 f., 128 f.).
27 Zutreffend ist, dass sich das Ziel der Unterbindung in Deutschland unerlaubter Glücksspielangebote ohne die Einschränkung der Verantwortlichkeit der Diensteanbieter, die sich aus dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte und der Systematik des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 ergibt, effektiver erreichen ließe. Die Bezugnahme insbesondere auf § 8 TMG wird dazu führen, dass Zugangsvermittler - wie die Klägerin - wegen der hohen gesetzlichen Anforderungen faktisch nahezu nie zur Sperrung des Zugangs zu unerlaubten Glücksspielangeboten verpflichtet werden können. Das ändert jedoch nichts an der verbleibenden Anwendungsmöglichkeit im Falle kollusiven Zusammenwirkens zwischen Glücksspielanbieter und Zugangsvermittler (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 3 TMG). Hinzu kommt, dass insbesondere gegenüber Host-Providern eine vergleichsweise niedrigschwellige Eingriffsmöglichkeit besteht, denn bei ihnen reicht nach § 10 TMG grundsätzlich schon die Kenntnis vom unerlaubten Glücksspielangebot. Abgesehen davon erlaubt allein der Umstand, dass der Regelungszweck durch eine andere Normfassung effektiver hätte erreicht werden können, den Gerichten nicht den Anwendungsbereich entgegen dem klaren Wortlaut des Gesetzes und dem ausdrücklich in den Materialien zum Ausdruck kommenden Willen des Normgebers auszuweiten. Mit einer solchen, dem unzulässigen Schluss von einer Aufgabe auf eine Befugnis vergleichbaren erweiternden Auslegung würde auch die gesetzgeberische Bestimmung der Eingriffsgrenzen unterlaufen.
28 b) Die Rechtsgrundverweisung ist nicht dynamisch, sondern statisch auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Glücksspielstaatsvertrags 2021 geltende Fassung der §§ 8 bis 10 TMG bezogen. Die dem Ergehen des angegriffenen Urteils nachfolgende Aufhebung des Telemediengesetzes durch Art. 37 Abs. 2 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG sowie zur Durchführung der Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten und zur Änderung weiterer Gesetze vom 6. Mai 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 149) führt daher zu keiner anderen Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021.
29 Der Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 ist insoweit zwar unergiebig, denn er verweist weder auf eine bestimmte Fassung der §§ 8 bis 10 TMG noch auf die Vorschriften "in der jeweiligen Fassung". Jedoch belegen systematische Erwägungen die Annahme einer statischen Verweisung. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält eine Reihe weiterer Verweise auf andere Regelwerke (vgl. etwa § 3 Abs. 9, § 9 Abs. 8 und § 27j Abs. 1 GlüStV 2021). Insbesondere der Vergleich der in § 9 GlüStV 2021 selbst enthaltenen Verweisungen zeigt, dass der Normgeber in dessen Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens geltende Fassung der §§ 8 bis 10 TMG verweisen wollte. § 9 Abs. 8 GlüStV 2021 verweist auf die "Spielverordnung in der jeweils geltenden Fassung". Damit haben die Staatsvertragsparteien eine in derselben Norm enthaltene dynamische Verweisung eindeutig markiert, was dafür spricht, zumindest eine in derselben Norm enthaltene weitere Verweisung ohne den entsprechenden eindeutigen Zusatz als statische auszulegen. Ebenso verhält es sich bei § 88 Abs. 3 TKG auf den in § 9 Abs. 1 Satz 5 GlüStV 2021 ebenfalls ohne den Zusatz auf "die jeweilige Fassung" verwiesen wird. Der zwischenzeitlichen grundlegenden Änderung der ursprünglichen Fassung vom 3. Mai 2012 (BGBl. I S. 958), durch das Telekommunikationsmodernisierungsgesetz vom 23. Juni 2021 (BGBl. I S. 1858) haben die Staatsvertragsparteien keine Rechnung getragen. Beides deutet auf eine statische Verweisung in § 9 GlüStV 2021 hin. Der Verweis auf § 88 Abs. 3 TKG ist auch nur als statische Verweisung sinnvoll, denn der Regelungsgehalt der Norm ist zwischenzeitlich so verändert, dass eine dynamische Verweisung zu keinem folgerichtigen Ergebnis führen würde. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Staatsvertragsparteien der Aufhebung des Telemediengesetzes Rechnung getragen haben, indem sie die Verweisung in § 109 Abs. 3 MedStV gemäß Art. 1 Nr. 8 Buchst. a des Fünften Staatsvertrags zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge vom 7. März 2024 (GVBl. RP S. 264) durch eine Verweisung auf das nunmehr anstelle des Telemediengesetzes geltende Digitale-Dienste-Gesetz und die Verordnung (EU) 2022/2065 ersetzt haben. Dieselben Staatsvertragsparteien sahen keine Notwendigkeit, die ähnliche Verweisung im Glücksspielstaatsvertrag 2021 ebenfalls an die neue Rechtslage anzupassen, was daraufhin deutet, dass sie von deren unverändertem Fortbestand als statische Verweisung ausgingen. Schließlich ist auch kaum anzunehmen, dass sich die Staatsvertragsparteien angesichts der hohen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit dynamischer Verweisungen in Eingriffsermächtigungen (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 26. April 2022 - 1 BvR 1619/17 - BVerfGE 162, 1 Rn. 385 m. w. N.) dem hohen Risiko der Rechtswidrigkeit einer dynamischen Verweisung in einem ständigen Änderungen unterworfenen Rechtsgebiet aussetzen wollten.
30 c) Mit dem Unionsrecht ist die Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 5 GlüStV 2021 als statische Verweisung vereinbar. Mittlerweile regelt die Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (VO <EU> 2022/2065 - ABl. L 277 S. 1), auf die § 7 Abs. 1 des das Telemediengesetz ersetzenden Digitale-Dienste-Gesetzes vom 6. Mai 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 149) verweist, die Haftung der Diensteanbieter. Nach dem für Zugangsvermittler geltenden Art. 4 VO (EU) 2022/2065 haften diese nicht, wenn sie die Übermittlung nicht veranlassen, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht auswählen und die übermittelten Informationen nicht auswählen oder verändern. Nach Art. 4 Abs. 3 VO (EU) 2022/2065 bleibt die Befugnis einer Justiz- oder Verwaltungsbehörde nach dem Rechtssystem eines Mitgliedstaats unberührt, vom Diensteanbieter zu verlangen, eine Zuwiderhandlung abzustellen oder zu verhindern. Dementsprechend steht es den Ländern frei, Eingriffsermächtigungen wie § 9 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2021 aufrecht zu erhalten und anzuwenden. Im Übrigen sind die Voraussetzungen für die (Nicht-)Verantwortlichkeit von Zugangsvermittlern nach § 8 Abs. 1 TMG im Wesentlichen deckungsgleich mit denjenigen nach Art. 4 Abs. 1 VO (EU) 2022/2065 und führen hier jeweils zum selben Ergebnis (siehe dazu unter 3. a)).
31 3. Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts lagen die Voraussetzungen für ein Einschreiten auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 nicht vor (a). Zutreffend ist auch die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass die Verfügung nicht auf sonstige Ermächtigungsgrundlagen gestützt werden konnte (b).
32 a) Das Oberverwaltungsgericht hat für den Senat mangels durchgreifender Verfahrensrügen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindend festgestellt, dass die Klägerin weder die Übermittlung der Glücksspielinhalte veranlasst noch diese oder den Adressaten ausgewählt hat und auch kein Fall kollusiven Zusammenwirkens zwischen der Klägerin und den Beigeladenen vorliegt (OVG Koblenz, Urteil vom 22. April 2024 - 6 A 10998/23.OVG - ZfWG 2024, 261 <267 f.>). Damit sind die Voraussetzungen der Haftungsfreistellung nach § 8 Abs. 1 TMG ebenso gegeben wie diejenigen des Art. 4 Abs. 1 VO (EU) 2022/2065. Dementsprechend scheidet die Klägerin als Adressatin der Verfügung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 aus.
33 b) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht ist das Berufungsgericht schließlich davon ausgegangen, dass weder ein Rückgriff auf die allgemeine Eingriffsermächtigung des § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 noch auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen des Sicherheits- und Ordnungsrechts in Betracht kommt. Dem steht entgegen, dass die Staatsvertragsparteien mit § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 GlüStV 2021 eine spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlage mit besonders strengen Anforderungen geschaffen haben, die durch einen Rückgriff auf die allgemeineren Regelungen unterlaufen würden. Zweifeln an der landesordnungsrechtlichen Zuständigkeit der Beklagten muss deshalb nicht nachgegangen werden.
34 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Beigeladenen gegenüber der Beklagten einen eigenen Kostenerstattungsanspruch zuzusprechen. Sie haben eigene Anträge gestellt und sich damit am Prozessrisiko beteiligt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).