Beschluss vom 05.08.2025 -
BVerwG 1 WNB 1.24ECLI:DE:BVerwG:2025:050825B1WNB1.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 05.08.2025 - 1 WNB 1.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:050825B1WNB1.24.0]

Beschluss

BVerwG 1 WNB 1.24

  • TDG Süd 5. Kammer - 14.03.2024 - AZ: S 5 RL 01/24 und S 5 SL 01/23

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Scheffczyk am 5. August 2025 beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Truppendienstgerichts Süd vom 14. März 2024 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die fristgemäß eingelegte und begründete Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Der vom Antragsteller geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO) liegt nicht vor. Zwar war in der ursprünglichen Fassung des Rubrums des Beschlusses des Truppendienstgerichts Süd vom 14. März 2024 Hauptmann A als Antragsteller aufgeführt, nicht der Örtliche Personalrat, vertreten durch Hauptmann A als dessen Vorsitzender. Das ist vorliegend jedoch unschädlich.

3 Nicht in jedem Verstoß gegen die Ordnungsvorschrift des § 117 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i. V. m. § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO kann ein Verfahrensfehler im Sinne des § 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO gesehen werden. Häufig wird bei Unrichtigkeiten im Rubrum eine Korrektur gemäß § 118 VwGO i. V. m. § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO möglich sein. Ein Verfahrensfehler ist erst dann anzunehmen, wenn eine Korrekturmöglichkeit nicht besteht und einer der Beteiligten so unklar bzw. missverständlich bezeichnet ist, dass er sich nicht eindeutig bestimmen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 1981 - 4 B 77.81 - juris Rn. 4). Das war vorliegend nicht der Fall.

4 Bereits im Rubrum selbst wurde das Verfahren als Antragssache nach § 17 SBG bezeichnet, womit erkennbar war, dass es sich um eine Organbeschwerde, nicht um eine persönliche Beschwerde von Hauptmann A handelte. Darüber hinaus wurde im Tatbestand des Beschlusses unter 2. ein Auszug aus der Beschwerde wiedergegeben, nach dem diese in Bezug auf den hiesigen Verfahrensgegenstand ausdrücklich "namens und im Auftrag des ÖPR ..., in Wahrnehmung der Aufgaben der VP" eingelegt worden war. Auch aus den Entscheidungsgründen geht hervor, dass Antragsgegenstand die Frage sei, "ob der Antragsteller als Soldatenvertreter im örtlichen Personalrat [...] durch die Nichtbeteiligung [...] in der Ausübung seiner Befugnisse i. S. d. § 17 Alt. 2 SBG behindert wurde". In der Folge werden Beteiligungsrechte nach § 63 Abs. 1, §§ 24, 25 SBG geprüft. Damit wird noch hinreichend deutlich, wessen Rechte das Truppendienstgericht prüft und wer Antragsteller und Beschwerdeführer ist. Die Geltendmachung einer Behinderung in Beteiligungsrechten in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, erfolgt nach der Rechtsprechung des Senats aber durch den Personalrat, nicht durch die Gruppe der Soldaten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26. Oktober 2006 - 1 WB 17.06 - BVerwGE 127, 85 Rn. 16 und vom 24. Mai 2011 - 1 WB 60.10 - juris Rn. 18; kritisch Bachmann, in: Fürst u. a., GKÖD Bd. I Teil 5b, Stand März 2025, Yo § 1 Rn. 35 m. w. N.). In diesem Sinne hat das Truppendienstgericht Süd mit Beschluss vom 24. Juni 2024 das Rubrum des Beschlusses vom 14. März 2024 entsprechend berichtigt.

5 2. Die mit der Divergenzrüge (§ 22a Abs. 2 Nr. 2 WBO) geltend gemachte Abweichung von dem Beschluss des Senats vom 24. Februar 2022 - 1 WB 33.21 -‌ ist nicht prozessordnungsgemäß dargelegt.

6 Nach der Rechtsprechung des Senats setzt der Zulassungsgrund der Divergenz voraus, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, den angefochtenen Beschluss tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in einer genau bezeichneten Entscheidung eines Wehrdienstgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz, der sich auf dieselbe Rechtsvorschrift bezieht, widersprochen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Juli 2023 - 1 WNB 4.23 - juris Rn. 9 m. w. N.). Vorliegend fehlt es schon an der Benennung eines inhaltlich bestimmten, den angefochtenen Beschluss des Truppendienstgerichts tragenden abstrakten Rechtssatzes.

7 Im Übrigen geht das Truppendienstgericht davon aus, dass der Anwendungsbereich von § 25 Abs. 3 Nr. 8 SBG auf solche Maßnahmen beschränkt ist, deren erklärter oder konkludenter Zweck (Zielrichtung) die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Dienst ist. Das entspricht inhaltlich der Feststellung des Senats in seinem Beschluss vom 24. Februar 2022 - 1 WB 33.21 -, dass die in der Vorschrift im Wort "dienen" zum Ausdruck kommende Zweckbindung verlangt, dass die Vereinbarkeit von Familie und Dienst entweder der erklärte Zweck der Maßnahme ist oder diese sich unausweichlich auf dieses Ziel regelnd auswirkt (juris Rn. 56). Hiernach liegt die Aufstellung eines widersprechenden abstrakten Rechtssatzes durch das Truppendienstgericht fern. Eine fehlerhafte Subsumtion kann mit der Divergenzrüge nicht geltend gemacht werden.

8 3. Der Beschwerdesache kommt ferner die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu (§ 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO).

9 Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerde entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. November 2011 - 1 WNB 5.11 - Rn. 2 und vom 12. April 2018 - 2 WNB 1.18 - juris Rn. 5 jeweils m. w. N.). Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die der - ggf. erneuten oder weitergehenden - höchstrichterlichen Klärung bedarf, sofern mit dieser Klärung im angestrebten Rechtsbeschwerdeverfahren zu rechnen ist und hiervon eine Fortentwicklung der Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus zu erwarten steht (BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2024 - 1 WNB 3.24 - juris Rn. 14).

10 a) Die vom Antragsteller formulierte Frage,
ob die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 80 Abs. 1 Nr. 6 BPersVG sachgleich auf § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9 SBG zu übertragen ist,
wäre im Rahmen eines Rechtsbeschwerdeverfahrens - unabhängig von der Frage, ob sie in dieser Form den Darlegungsanforderungen genügt - nicht entscheidungserheblich. Denn nach der Rechtsprechung des 5. Senats des Bundesverwaltungsgerichts besteht das Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung eines Urlaubsplans nur, soweit kollektive Interessen betroffen sind, weil entweder dienstliche Interessen mit Freistellungsinteressen allgemein abzustimmen sind oder Urlaubswünsche von Beschäftigten in Widerstreit geraten, da sie aus dienstlichen Gründen nicht gleichzeitig erfüllt werden können (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. August 2022 - 5 P 14.21 - BVerwGE 176, 394 Rn. 18 und vom 21. September 2022 - 5 P 17.21 - BVerwGE 176, 282 Rn. 14). Beides war vorliegend beim Widerruf des individuellen Urlaubs/​Zeitausgleichs der betroffenen Soldatin nicht der Fall.

11 b) Auch der vom Antragsteller aufgeworfenen Frage,
ob die Gewährung von Urlaub zur Wahrnehmung von Familien- und Betreuungspflichten zu den Maßnahmen der Vereinbarkeit im Sinne des SBG gehört,
kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Sie lässt sich unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens beantworten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Dezember 2024 - 1 WNB 2.24 - juris Rn. 9 m. w. N).

12 Wie unter 2. dargelegt verlangt die im Wort "dienen" in § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 SBG zum Ausdruck kommende Zweckbindung, dass die Vereinbarkeit von Familie und Dienst entweder der erklärte Zweck der Maßnahme ist oder diese sich unausweichlich auf dieses Ziel regelnd auswirkt. Das ist bei der Gewährung von Erholungsurlaub - nur insoweit ist die Frage vorliegend entscheidungserheblich - nicht der Fall. Erholungsurlaub nach § 28 Abs. 1 SG dient unabhängig vom familiären Status dem Zweck der Erholung. Dass die Soldatin den ihr gewährten Erholungsurlaub nach Darstellung des Antragstellers zur "Vorbereitung eines Umzugs, dabei insbesondere zur Regelung familiärer Angelegenheiten" nutzen wollte und konnte ändert nichts an dem objektiven gesetzlichen Zweck des Erholungsurlaubs. Dessen Gewährung durch den Dienstherrn wirkt sich auch nicht zwangsläufig regelnd, sondern allenfalls reflexhaft auf das Ziel der Vereinbarkeit von Familie und Dienst aus.

13 4. Soweit der Antragsteller mit seinem übrigen Vortrag die Richtigkeit der Entscheidung des Truppendienstgerichts in Frage stellt, führt auch dies nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde. Einen Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung kennt § 22a Abs. 2 WBO, der die Zulassungsgründe abschließend aufzählt (vgl. Dau/​Scheuren, WBO, 8. Aufl. 2024, § 22a Rn. 7 vgl. auch § 22b Abs. 2 Satz 2 WBO), nicht. Die Rechtsbeschwerde ist nicht als Rechtsmittel mit dem Ziel einer umfassenden Überprüfung der angefochtenen Entscheidung ausgestaltet (vgl. BT-Drs. 16/7955, S. 36).